Bunzlauer Keramik

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Als Bunzlauer Keramik werden keramische Erzeugnisse (Haushaltsgeschirr, Kunstgegenstände) aus der niederschlesischen Stadt Bunzlau (heute polnisch Bolesławiec) und ihrer Umgebung bezeichnet.

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Geschichte und Herstellung

Die Keramikherstellung in Bunzlau geht auf das 16. Jahrhundert zurück – bereits damals wurden reich verzierte vielfältigste Gebrauchs- und Kunstgegenstände hergestellt. Später schlossen sich die Töpfer zu einer Zunft zusammen, u. a. um die Qualität zu sichern. Die Zahl der Töpfereien war auf fünf beschränkt. 1762 wurde diese Beschränkung aufgehoben – Bunzlau war jedoch bereits damals europaweit von Bedeutung.

Die große wirtschaftliche Bedeutung der Bunzlauer Keramik währte bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges. Sie war darüber hinaus mit ihrem typischen Dekor stilbildend. Ein besonderer Vorzug dieser Tonwaren war ehedem ihre Feuerfestigkeit. Damit konnten aus diesem fast weiß bis leicht ocker brennenden Scherben Koch- und Schmortöpfe sowie Kannen zum Warmhalten der Getränke auf der Herdplatte hergestellt werden. Bunzlauer Keramik, vor allem das Braunzeug, auch "Sanitätsgeschirr" genannt, fand weite Verbreitung. Es war nicht nur in Deutschland gebräuchlich, sondern wurde auch nach Skandinavien, Großbritannien, in die Niederlande, die Schweiz und nach Übersee exportiert. Herausragende Eigenschaften der Bunzlauer Keramik waren die Temperaturwechselbeständigkeit und die Freiheit von Haarrissen in der Glasur.

Der im Bunzlauer-Naumburger Tonbecken geförderte Ton wurde bei bis zu 1260 Grad Celsius gebrannt und galt im gebrannten Zustand als hochgebrannte Irdenware. Der Scherben war trotz hoher Brenntemperatur nicht dicht gesintert, also noch etwas porös und konnte dadurch Temperaturwechsel gut überstehen. Die aufgeschmolzene Lehmglasur – ursprünglich reiner niedrigschmelzender rotbrauner Lehm – machte die Keramik dicht für alle Arten von Flüssigkeiten. Während in anderen europäischen Töpfergegenden noch lange Zeit viel Bleioxid verwendet wurde, war die frühzeitige Bleifreiheit der verwendeten Glasuren ein wesentlicher Beitrag zum großen Erfolg der Bunzlauer Keramik.

Der Vorzug der Feuerfestigkeit verlor allerdings mit der Einführung von emaillierten Gusseisen- und Stahlblechtöpfen und schließlich von solchen Gerätschaften aus Aluminium zum Beginn des 20. Jahrhunderts weitgehend an Bedeutung. Auch manches andere wurde durch neue Formen der Lebensmittelversorgung überflüssig: Vorratsgefäße verloren ihre Bedeutung durch bessere Versorgungswege, insbesondere in den Städten. Essensträger für die Land- und Fabrikarbeiter wurden schließlich nicht mehr benötigt.

Neuerungen im Töpferhandwerk förderte die 1897 in Bunzlau nach österreichischem Vorbild gegründete Königliche Keramische Fachschule, nach 1922 Staatliche Keramische Fachschule. Bis zuletzt gab es neben der industriellen Fertigung in Bunzlau und Umgebung eine Vielzahl von Handtöpfereien in Familienbesitz, die auf der Scheibe drehten oder in Gipsformen gossen. In unmittelbarer Konkurrenz zu den Töpfereien in der Stadt Bunzlau standen die Werkstätten in der Nachbarschaft, die durch abgewanderte Töpfer gegründet wurden, zum Beispiel in Naumburg am Queis, Tillendorf und Ullersdorf. Der Erfolg der Bunzlauer Keramik führte zu Nachahmungen in anderen Töpferorten, die dann auch unter diesem Gattungsnamen verkauft wurden. Die Töpfer in Bunzlau und Umgebung versuchten sich deshalb mit dem Markenstempel „Original Bunzlau“ zu schützen. Herstellermarken findet man vorzugsweise auf den mehr industriell gefertigten Produkten; auf älteren, insbesondere auf der Töpferscheibe gedrehten Tonwaren fehlen sie. Aufgrund des Zweiten Weltkrieges fand die Produktion ein jähes Ende. Die Firma Reinhold & Co. konnte jedoch bereits im August 1946 den Betrieb wieder aufnehmen und firmierte unter dem Namen Bunzlauer Töpfer- und Keramikwerke.

Altes Bunzlauer Geschirr ist heute noch in vielen Haushalten und auf Flohmärkten und Auktionen zu finden. Bekannte Töpfereien waren Gleisberg, August Hude, Julius Paul und Sohn, Hugo Reinhold & Co und Edwin Werner.

In Bunzlau stellte die Tonröhren- und Schamottfabrik Hoffmann & Co Keramik zur kommerziellen Verwendung u. a. in Töpfereien, aber z. B. auch in Futterkrippen her. Solche keramischen Erzeugnisse werden jedoch nicht als Bunzlauer Keramik bezeichnet.


Text: Wikipedia

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