Dorfkirche Gröben (Ludwigsfelde)

Aus veikkos-archiv
Wechseln zu: Navigation, Suche
Kirche Gröben
Vorraum mit Fenster

Seine oft und zumeist ohne Kontext zitierte Aussage über Gröben, „ein Dorf wie andere mehr“, traf Theodor Fontane wie folgt:

„Groeben gilt bei seinen Bewohnern und fast mehr noch bei seinen Sommerbesuchern als ein sehr hübsches Dorf. Ich kann aber dieser Auffassung, wenn es sich um mehr als seine bloße ‚Lage‘ handelt, nur bedingungsweise zustimmen. Groeben hat ein märkisches Durchschnittsansehen, ist ein Dorf wie andere mehr, und alles, was als bemerkenswert hübsch in seiner Erscheinung gelten kann, ist seine von einem hohen Fliedergebüsch, darin die Nachtigallen schlagen, umzirkte Kirche.“


Baugeschichte

Diese also laut Fontane „bemerkenswert hübsche“ Gröbener Kirche wurde im 13. Jahrhundert erbaut, 1508 erneuert und geweiht, 1860 erweitert – so kannte sie Fontane –, 1908 durch ein Feuer bis auf die Grundmauern zerstört und 1909 neu aufgebaut.


Erster Bau, 13. Jahrhundert

Nach den jüngsten Ergebnissen von Engeser und Stehr gehen die heute noch in Teilen vorhandenen Grundmauern nicht auf die ursprüngliche Kirche aus dem 13. Jahrhundert zurück, sondern auf den 1508 geweihten und zuvor wahrscheinlich grundlegend veränderten Bau. Lediglich einige wenige Bruchstücke von Mauerziegeln stammen wahrscheinlich noch aus dem 13. Jahrhundert. Diese erste, von Mönchen des Klosters Lehnin erbaute Kirche war nach heutigem Forschungsstand entweder eine Rechteckkirche aus Feldsteinen oder ein Holzfachwerkbau. Über die Gründe, die zum Bau von 1508 führten, liegen keine Daten vor.


Zweiter Bau, 1508

Der zweite Bau von 1508 war ein „Rechteckbau mit einem polygonalen Chorschluß“ und Backsteinkanten, weitgehend aus Feldsteinen gemauert. Er verfügte auf der Südseite über ein Priesterportal, auf dem Giebel des Westportals befand sich ein wahrscheinlich hölzerner Dachturm. Die Kirche war niedriger und rund 7 Meter kürzer als die heutige. 1508 nahm „Bischof Johann von Schlabrendorf“ die Weihe vor, gestiftet wurde ein Altar für den Patron St. Nikolaus. Die von Schlabrendorfs übten über die Jahrhunderte die so genannte „Patronatsherrschaft“, die die Rechte und Pflichten des Stifters einer Kirche einschließt, aus. Laut einer Eintragung im Kirchenbuch bekam das Bauwerk 1598 seine erste Uhr: „1633 wurde das 1598 gestiftete Uhrwerk reparirt.“


Dritter Bau, Umbau 1858–1860

Der von Gräfin Emilie von Schlabrendorf mittels testamentarischer Verfügung finanzierte Umbau zwischen 1858 und 1860 wurde von dem Königlichen Baurat Friedrich Adler (1827–1908) vorgenommen. Er umfasste den Bau der Vorhalle, der Empore und des sieben Meter langen Westteils, auf dessen Giebel ein kleines eingezogenes Dachtürmchen mit Zeltdach saß. Adler behielt das Feldsteinmauerwerk bei und war bemüht, auch neue Einrichtungen wie Kanzel, Altar und Taufe dem Frühgotischen Stil anzupassen; sämtliche Öffnungen bekamen allerdings eine neugotische Form. An Heiligen Abend 1908 brannte die Kirche bis auf die Grundmauern nieder und völlig aus – noch heute wird zur Erinnerung an die Brandkatastrophe zu jedem 24. Dezember um 15 Uhr geläutet.


Vierter Bau, 1909

Schon ein Jahr später stand die neue Kirche, deren Pläne der Architekt Franz Heinrich Schwechten, der Erbauer der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche und des Anhalter Bahnhofs in Berlin, entworfen hatte. Das Backsteinbauwerk wurde auf den verwendbaren Ruinen der Umfassungsmauern errichtet, somit stammen der heutige Chor und untere Teile der Seitenmauern vom zweiten Bau des Jahres 1508, darin wiederum einige wenige Bruchstücke aus dem ersten Bau des 13. Jahrhunderts. Das kleine Dachtürmchen, das auf dem Westgiebel saß, wurde nicht rekonstruiert. Der heutige neugotische, ebenfalls eingezogene Westturm mit Vorhalle fiel ein Stück schlanker aus als sein Vorgänger. Er ist mit Putzblenden, Schartenfenstern und Öffnungen im Glockengeschoss gegliedert und mit Biberschwanzziegeln gedeckt. Das Satteldach des Schiffes wurde teils mit Doppelbibern, teils mit Falzziegeln geschlossen. Die Sakristei auf der Nordseite entstand neu, der zuvor vorhandene kleine Südeingang wurde zugemauert. Die gleichfalls zerstörte Krypta unter dem Altarraum (Apsis) wurde zugeschüttet. Den Chor ließ Franz Schwechten rund ausbauen, aufwändige neugotische Formen wurden vereinfacht.

Die Baukosten betrugen rund 60.000 Goldmark und wurden zum Teil über Sammlungen von der Dorfbevölkerung aufgebracht, der überwiegende Teil wurde von dem neuen Gutsherrn Dr. Gottfried Badewitz übernommen. Zur Einweihung am 6. Februar 1910 stiftete Kaiserin Auguste Viktoria eine Altarbibel.


Heutige Innenausstattung

Die neuromanische, aus Ziegeln gemauerte Kanzel auf der Nordseite des Kirchenschiffs stammt noch aus dem Umbau 1858/1860. Ein Durchgang führt von der Kanzel zur ehemaligen Sakristei, die heute eine kleine Ausstellung zur Kirchen- und Ortsgeschichte enthält. Die weitere Innenausstattung rührt bis auf Teile der Fenster aus dem Wiederaufbau 1909 her. Ebenso die lebhaften Farben der Ornamente, die kunstvollen Fresken an den Wänden und die teils rosettenartigen Verzierungen im Chorraum und dem Tonnengewölbe, diese Ausmalungen nahm Professor August Oetken vor. Ein großer Radleuchter beherrscht das mittlere Schiff.


Glasfenster (Altarraum)

In den drei Facetten des Chores gibt es drei sehenswerte historische Fenster. Das linke, so genannte Schlabrendorfsche Fenster, enthält das Wappen der Familie und zeigt darüber eine Bischofsmütze. In dieses Fenster wurden einige erhaltene bemalte Scheiben eingebaut, die wahrscheinlich aus der Zeit des zweiten Baus von 1508 stammen und von Johann von Schlabrendorf, dem Bischof von Havelberg, gestiftet wurden. Schon Fontane, der dieses Fenster noch vor dem Brand in unversehrtem Zustand sah, berichtet von einer Bischofsmütze über dem Wappen. Auch das mittlere, das Auferstehungsfenster, enthält wahrscheinlich alte Teile aus dem frühen 16. Jahrhundert. Die erhaltenen Teile sind somit auch Zeugnis der Kunstfertigkeit märkischer Glasmalerei im 16. Jahrhundert. Das rechte Fenster zeigt das Wappen der Familie Goertzke, die seit 1597 das Kirchenpatronat der Nachbargemeinde Großbeuthen innehatte.


Fenster und Grabplatten (Vorraum)

Die gleichfalls kunstvollen Glasfenster von 1909 im Vorraum zeigen zur Rechten Fischer im Gröbener Kietz und zur Linken laut Textzeile im Fenster einen „Gröbener Besitzer“ auf dem Feld.

Von den seinerzeit zehn Schlabrendorfschen Grabsteinen, die laut Fontane hinter dem Altar eingemauert waren und „eine malerische Nischenwand“ bildeten, existieren im Jahre 2004 noch zwei Platten, untergebracht im Vorraum. Die teils mit Wappen und Putten versehenen Epitaphe enthalten Inschriften für Christina Elisabeth von Schlabrendorf († 1694, Vorraum links) und Gustav Albrecht von Schlabrendorf († 1703, Vorraum rechts, Abbildung unten), die heute noch gut lesbar sind. Deshalb bewahren wir mit Fontanes Wiedergabe die Inschrift einer vom Feuer zerstörten Grabplatte eines Schlabrendorfs, der im Ersten Schlesischen Krieg in der Schlacht bei Mollwitz fiel:

„Steh Sterblicher und beachte die unvergängliche Krohn’, welche erlanget hat der Hochwohlgeborene Ritter und Herr, Herr Johann Christian Siegmund v. Schlabrendorf, Sr. K. Majestät in Preußen bei Dero Infanterie … hochverdienter Lieutenant, Herr der Güter Groeben, Beuthen, Jütchendorf und Waßmannsdorf, welcher den 20. Dezember 1711 auf dem Hause Groeben geboren und den 10. April 1741 in der zwischen der Preußischen und Oesterreichischen Armee bei ‚Mollwitz‘ in Schlesien vorgefallenen scharfen Aktion, in der auf Seiten der Preußischen der Sieg geblieben, durch einen Musquetenschuß, so ihn durch den Kopf getroffen, für Gottes, des Königs und des Vaterlands Ehr’ und Rechte, seinen Heldengeist aufgegeben, nachdem er sein Alter gebracht auf 29 Jahr und 4 Monat.“


Pest und Ofen (Eingangsflur)

Der Kircheneingang befindet sich im Westportal mit dem Turm und führt, bevor man in den Vorraum kommt, durch einen kleinen Eingangsflur. In diesem Durchgang befindet sich links eine Gedächtnistafel mit einem allmählich verblassenden Schlachtengemälde im oberen Teil. Auch hier wird ein Schlabrendorf geehrt, der sein Leben „für das Vaterland“ gelassen hat, in diesem Fall Gustavus Albertus von Schlabrendorf am 15. Juli 1686 als Fähnrich vor der Festung Ofen in Ungarn; das Bild zeigt den gegenseitigen Beschuss der beiden Bastionen Pest und Ofen beiderseits der Donau bei Budapest. Der Text preist in Reimen unerschrockenen Mut und Heldentum gegen den „Erbfeind“ mit heute seltsam anmutenden Wendungen wie: „Es war ihm nur zur Lust Carthaunen hören knallen“.

Auf der rechten Seite des Eingangsflures sind drei Figuren in das Mauerwerk eingelassen, Reste eines Epitaphs. Sie wurden 1909 unter dem Schutt gefunden.


Orgel, Glocken und Turmuhr

Die Orgel auf der Empore aus dem Jahr 1910 ist eine der sehr seltenen noch existierenden Original-Sauer-Orgeln aus Frankfurt (Oder). Die vom Brand zerstörten Bronzeglocken wurden durch drei Gussglocken ersetzt, die noch heute von Hand geläutet werden. Damit die 1996 restaurierte mechanische Turmuhr die genaue Zeit anzeigt, müssen laut Faltblatt Dorfkirche in Gröben wöchentlich „die schweren Gewichte für Uhr- und Schlagwerk fast sechs Meter hochgezogen werden.“



Text: Wikipedia

1. Bild: Wikipedia/Lienhard Schulz

2. Bild: Wikipedia/Lienhard Schulz

Liste der Autoren

Der Text und die Bilder sind unter der Lizenz „Creative Commons Attribution/Share Alike“ verfügbar; zusätzliche Bedingungen können anwendbar sein. Einzelheiten sind in den Nutzungsbedingungen von Wikipedia beschrieben.