Dorfkirche Wildenbruch

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Ansichtskarte der Kirche von Wildenbruch

Strategische Funktion Wildenbruchs in der Deutschen Ostsiedlung

Wildenbruch wurde erstmals 1375 im Landbuch Karls IV. als Wildenbruke (= „Siedlung bei einem wilden, öden Sumpf“ beziehungsweise Bruch) urkundlich erwähnt. Sehr wahrscheinlich wurde das Dorf bereits im ausgehenden 12. Jahrhundert im Zuge der Deutschen Ostsiedlung errichtet, die nach der Gründung der Mark Brandenburg durch Albrecht den Bären im Jahr 1157 einsetzte. Das Landbuch erfasst Wildenbruch mit einem umsatzstarken Krug an einer Handelsstraße und gibt seine Ausstattung mit 59 Hufen Acker- und Weideland an. Diese wie im Nachbardorf Fresdorf großzügige Ausstattung mit Land und überdurchschnittliche Ansiedlung mit Bauern war strategisch begründet. Denn Wildenbruch und Fresdorf sollten die Heer- und Handelsstraße Wittenberg – Spandau (spätere Poststraße nach Berlin) sichern, die an der Landenge zwischen dem Kähnsdorfer See und dem Seddiner See besonders gefährdet war.


Kennzeichnung als Wehrkirche

Auf diesem Hintergrund und wegen ihres wuchtigen Breitturms und ihrer ein Meter dicken Mauern wird die Kirche in der Literatur und in Darstellungen wie der Internetseite der Gemeinde Michendorf oft als Wehrkirche bezeichnet. Diese Kennzeichnung wird von der aktuellen Kirchenforschung zurückgewiesen. Es fehlten Möglichkeiten zur aktiven Verteidigung wie Schießscharten und hohe Wehrmauern um die Kirche herum sowie räumliche Möglichkeiten zur Vorratshaltung von Lebensmitteln. Durch die Schlitzfenster im Turm konnte kein Angriff abgewehrt werden; ihr Profil hätte nicht erlaubt, mit Armbrust oder Bogen zu schießen. Soweit sich die Bauern von den Feldern in die Kirche retten konnten, bot sie allerdings dank ihrer massiven Bauweise einen gewissen Schutz als Zufluchtsort, beispielsweise vor marodierenden Söldnern oder Bewaffneten, die sich auf keine Belagerung einlassen konnten. Die jüngere wissenschaftliche Diskussion wie auf der Leipziger Dorfkirchen-Tagung 2005 kommt zu dem Ergebnis, dass der Begriff Wehrkirche auf keine einzige Brandenburger Kirche anwendbar ist. Auch Engeser/Stehr stellen fest:

„Die Wuchtigkeit der Westtürme hat den brandenburgischen Dorfkirchen oft das Attribut "Wehrkirchen" eingebracht. Vor allem in der Zeit des Dritten Reiches war dies eine beliebte Interpretation. In der letzten Zeit wurde die Funktion der mittelalterlichen Feldsteinkirchen als "Wehrkirchen" etwas abgeschwächt. Man gesteht ihnen aber immer noch eine Schutzfunktion ("Schutzkirche") zu. Zumindest das Attribut "Wehrkirche" muß wohl für die meisten Kirchen definitiv ins Reich der Fabulierkunst verwiesen werden, […].“

– Theo Engeser und Konstanze Stehr: Mittelalterliche Dorfkirchen in Brandenburg. 1999/2004.

Auch der von Kitschke angeführte 11 cm starke „Wehrbalken“ ist kein hinreichender Beleg für den angeblichen „Wehrcharakter“ der Wildenbrucher Kirche. Derartige quergelegte Balken wurden im Mittelalter oft zur inneren Schließung der Portaltüren verwendet, während die aufwändigeren und teureren Schlösser in der Regel der einzigen von außen verschließbaren Tür vorbehalten waren.


Kirchenpatronat und Reformation

Das Landbuch von 1375 verzeichnet für die Wildenbrucher Pfarre 2 Hufen Land. Das Kirchenpatronat lag bis 1466 bei dem Prämonstratenser-Chorherrenstift Unserer lieben Frau auf dem Berge auf dem Marienberg zu Brandenburg, das im Sedes Brietzen mehrere Besitzungen hatte, darunter seit 1438 die Fischerei auf dem Seddiner See. 1466 erwarb Dietrich von Rochow das Kirchenpatronat. Die Adelsfamilie von Rochow gehörte im Spätmittelalter zu den einflussreichsten Familien in der Zauche. Die Wetterfahne trägt über der Jahreszahl 1737 die Inschrift „A.F.v.R.“, das Kürzel des Patronatsherren Adolph Friedrich von Rochow.

Die Pfarrei Wildenbruch blieb dem Brandenburger Domkapitel zugeordnet, auch über die 1539 von Joachim II. in der Mark Brandenburg eingeführte Reformation hinaus. Wie in vielen Orten der Mark wurden in Wildenbruch die katholischen Bräuche nach der Reformation noch lange gepflegt. So verzeichnet ein Inventarverzeichnis von 1600 ausdrücklich eine seidene Casel. Noch 1715 wurde der Chorrock benutzt und die Liturgie wurde bis in das 19. Jahrhundert gesungen.

Die Kirche ist vom Friedhof umgeben. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts ließ Friedrich der Große in Wildenbruch eine Seidenraupenzucht anlegen und 1722 auf dem Kirchhof die ersten 26 Maulbeerbäume pflanzen. Bis Ende des 19. Jahrhunderts bestanden in dem Dorf zahlreiche Maulbeerplantagen.



Text: Wikipedia

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