Emanuel Geibel

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Franz Emanuel August Geibel (* 17. Oktober 1815 in Lübeck; † 6. April 1884 ebenda) war ein deutscher Lyriker, der auch unter dem Pseudonym L. Horst veröffentlichte. Auf Geibel geht die Phrase Am deutschen Wesen mag die Welt genesen zurück.

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Leben

Franz Emanuel Geibel wurde als siebtes von acht Kindern in der Fischstraße 25 in Lübeck geboren. Der Sohn des reformierten Pfarrers Johannes Geibel und der Kaufmannstochter Elisabeth Louise Ganslandt (1778–1841), der Schwester von Röttger Ganslandt, besuchte das Katharineum zu Lübeck, bis er ab 1835 in Bonn anfangs Theologie und dann ausschließlich Klassische Philologie studierte. Hier schloss er sich 1834 der Burschenschaft Ruländer Bonn an.[1] In Bonn lernte er auch Karl Marx und Karl Grün kennen. Mit Moriz Carrière u. a. bildeten sie ein ‚Dichterkränzchen‘ in Bonn und Berlin.[2]

Danach ging er nach Berlin, wo er 1836 während seiner Studien mit Chamisso, Bettina von Arnim und Eichendorff Freundschaft schloss. Bevor er nach Griechenland abreiste, stellte Geibel den Antrag, an der Universität Jena zu promovieren. Er wurde dabei von Georg Friedrich Heinrich Rheinwald unterstützt. Geibel erhielt den Doktortitel in absentia, ohne eine schriftliche Dissertation, die nachzuliefern er versprochen hatte, eingereicht zu haben.[3] 1838 erhielt er eine Anstellung als Hauslehrer beim russischen Gesandten in Athen, Gavriil Antonovich Katakazi[4]; sein Jugendfreund Ernst Curtius war zu dieser Zeit ebenfalls in Athen als Hauslehrer tätig. Das Griechenland-Erlebnis wurde bestimmend für seine klassische Dichtung.

Nach seiner Rückkehr weilte er 1841 und 1842 einige Zeit auf Schloss Escheberg bei Zierenberg und veröffentlichte die ersten Gedichte; insbesondere die patriotisch-preußenfreundlichen fanden beim preußischen König Friedrich Wilhelm IV. großen Anklang. 1842 erhielt Geibel von ihm eine – die bisherigen kärglichen und unsteten Einkunftsverhältnisse behebende – lebenslange Pension von 300 Talern. Diese ermöglichte ihm, die ungeliebte Hauslehrertätigkeit aufzugeben und sich nur noch seiner dichterischen Neigung und ausgedehnten Reisen zu widmen. Im Forsthaus Waldhusen im Lübecker Stadtteil Kücknitz verbrachte Geibel mehrmals seine Sommerfrische und schuf dort 1847 das Gedicht Aus dem Walde. Er war ein aktives Mitglied der Jung-Lübeck genannten Erneuerungsbewegung.

1851 verliebte er sich in die erst 17 Jahre alte Amanda („Ada“) Trummer (* 15. August 1834 in Lübeck), die er 1852 heiratete. Die Hochzeit wurde im Lübecker Gartenrestaurant Lachswehr gefeiert, dessen „stillen Garten mit dem schattigen Ulmengang“ er in einem Gedicht besang. 1852 erhielt er eine Ehrenprofessur für deutsche Literatur und Poetik von seinem Bewunderer, Maximilian II. Geibel zog nach München und unterrichtete dort bis 1868. 1853 wurde die Tochter Ada Marie Caroline (1853–1906) geboren, die spätere erste Frau von Emil Ferdinand Fehling. Schon zwei Jahre später starb seine Frau Amanda hier am 21. November 1855 und wurde auf dem Alten Südfriedhof beigesetzt. Geibel förderte auch den über Lübeck nach München gekommenen Wilhelm Jensen. Nach dem Tode Maximilians II. 1864 wurde Geibel wegen seiner preußenfreundlichen Gesinnung angefeindet; er verlor 1868 seine – vom bayerischen Königshaus zugewandte – lebenslange Pension. Geibel verließ den Münchner Dichterkreis Die Krokodile und die königliche Tafelrunde, an denen er seit 1852 beteiligt gewesen war.

Als der preußische König Wilhelm am 12. September 1868 Lübeck besuchte, begrüßte Geibel den Gast mit jenem Gedicht, durch das er bei König Ludwig II. in Ungnade gefallen war und das somit Anlass für die Rückkehr des Dichters in seine Vaterstadt wurde.[5]

In den Jahren 1873 bis 1875 verbrachte er die Sommer in Schwartau, wo er in der näheren Umgebung wanderte. Emanuel Geibel starb am 6. April 1884 in Lübeck, wo er als Stadtdichter verehrt und zum Ehrenbürger ernannt worden war. Die Gedächtnisrede, die ihm sein Schwager Ludwig Trummer, Hauptpastor an St. Petri, am Sarge in St. Marien zu seiner Beisetzung hielt, ging in Druck und machte ihn weit über die Grenzen der Stadt hinaus als Redner bekannt. Geibels Grabstelle befindet sich auf dem Burgtorfriedhof. Den meisten heutigen Lübeckern ist er durch sein Gedicht Zu Lübeck auf der Brücken bekannt. Darin geht es um den Gott Merkur, der als Statue auf der Puppenbrücke steht.

Künstlerisches Schaffen

Geibel war ein Spätromantiker, dessen Werke in ihrer Formvollendung einem klassizistischen Schönheitskult folgten. Sie waren noch vom Stil der Romantik beeinflusst, als diese längst verstrichen war. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war er einer der bekanntesten deutschen Dichter. Seine patriotischen Gedichte standen in scharfem Kontrast zu den Werken der Jungdeutschen und der Naturalisten, von denen er heftig angegriffen wurde. Sein erstes Gedicht veröffentlichte er im Deutschen Musenalmanach für das Jahr 1834 von A. von Chamisso und Gustav Schwab unter Pseudonym.[6]

Sein wohl bekanntestes Werk ist das Gedicht Wanderlied, auch bekannt als Der Mai ist gekommen, das er 1841 auf dem Weg nach Schloss Escheberg zu verfassen begann. In der Vertonung von Justus Wilhelm Lyra aus Osnabrück wird Der Mai ist gekommen am Vorabend des 1. Mai in Osnabrück, Lübeck und anderen Orten bis heute öffentlich gesungen.

Teile seiner Gedichte wurden auch im Nationalsozialismus verwendet. Das Schlagwort „Am deutschen Wesen mag die Welt genesen", in Geibels Originaltext „Und es mag am deutschen Wesen, Einmal noch die Welt genesen.“[7] wurde seinem Gedicht Deutschlands Beruf von 1861 entnommen, obgleich mit dem „deutschen Wesen", im Gegensatz zur späteren Interpretation im Sinne von „Art und Weise“ bzw. von „deutscher Kultur / Rasse“ im Sinne der NS-Ideologie, das Bestehen Deutschlands als Einheit, als ein Staat (als ein Wesen, bei Beibehaltung der kulturellen Vielfalt) zu verstehen ist; das Gedicht ist ein Aufruf Geibels an die deutschen Einzelstaaten zur Einigung hinter einem neuen Kaiser. Nach Ausschluss Österreichs aus dem als Deutschland definierten Gebiet (kleindeutsche Lösung) nach 1866 und dem Deutsch-Französischen Krieg sah Geibel diesen Aufruf 1871 noch verwirklicht. Geibel versuchte sich auch als Dramatiker, zum Beispiel beim Opernlibretto Loreley, jedoch ohne großen Erfolg. Bedeutender sind seine Übersetzungen französischer, spanischer, griechischer und lateinischer Lyrik.

Theodor Fontane setzte Geibel ein literarisches Denkmal in der Prägung „Geibelei“, unter der er schöne, aber formal stereotype Lyrik verstand, die sich mit beliebigen Inhalten füllen ließe. Theodor Storm echauffierte sich noch beim Mahl, das im Rahmen der Verleihung der Ehrenbürgerwürde der Stadt Husum für ihn abgehalten wurde, darüber, dass sein Werk zeit seines Lebens hinter das von Geibel zurückgestellt wurde.[8]

Heinrich Mann verewigte Emanuel Geibel in dem Roman Eugénie oder Die Bürgerzeit (1928) in der Figur des Dichters Prof. von Heines. Wilhelm Buschs Bildergeschichte Balduin Bählamm, der verhinderte Dichter gilt als spöttischer Kommentar zu Emanuel Geibel und den Kreisen, in denen er sich bewegte.

Ehrungen

Am 9. Dezember 1868 wurde Geibel Ehrenbürger der Stadt Lübeck.[9]

Am 18. Oktober 1889 errichtete man ein Denkmal auf dem Geibelplatz, das von Hermann Volz geschaffen wurde, in Lübeck.

Die 1920 gegründete Dritte Mädchenschule Lübecks wurde 1934 in Emanuel-Geibel-Mittelschule umbenannt; seit 1960 heißt sie Emanuel-Geibel-Realschule.

1894 wurde in Wien Rudolfsheim-Fünfhaus (15. Bezirk) die Geibelgasse nach ihm benannt.

In Kiel-Schreventeich wurden 1900 sowohl die Geibelallee als auch der Geibelplatz nach ihm benannt.[10]

Emanuel-Geibel-Straßen oder Geibelstraßen gibt es u.a. in Bremen-Findorff, Bremerhaven-Lehe, Büdelsdorf, Dinslaken, Diedelsheim, Duisburg, Erfurt, Flensburg, Hamburg, Hannover, Leipzig, Norderstedt, Reutlingen, Speyer und Wiesbaden.


Text: Wikipedia

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