Ernst-Amme-Straße 41 (Braunschweig)

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MIAG

Die MIAG Mühlenbau und Industrie Aktiengesellschaft ist ein ehemaliges Maschinenbauunternehmen aus Braunschweig, Deutschland, das 1972 von dem Unternehmen Gebrüder Bühler in Uzwil, Schweiz übernommen wurde.

Das Unternehmen entstand 1925 in Frankfurt/Main aus der Fusion der dort ansässigen Hugo Greffenius AG mit vier weiteren Getreidemühlenherstellern:

Mühlenbauanstalt und Maschinenfabrik vorm. Gebrüder Seck - Dresden-Zschachwitz, gegr. 1873

Maschinenfabrik für Mühlenbau, vorm. C.G.W. Kapler Akt.Ges. - Berlin, gegr. 1875

G. Luther, Maschinenfabrik und Mühlenbau (Luther-Werke) - Braunschweig, gegr. 1875

Braunschweigische Mühlenbauanstalt Amme, Giesecke & Konegen (AGK) - 1895 von den ehemaligen Luther-Mitarbeitern Ernst Amme, Carl Giesecke & Julius Konegen gegründet

Reklamemarken

Verzeichnis der Reklamemarken und Siegelmarken mit einem Bezug zu MIAG.

Geschichte

Dr. H. Greffenius, Inhaber der gleichnamigen Frankfurter Mühlenbauanstalt (vormals Simon - Bühler - Baumann), erwirbt 1921 mit Hilfe einiger Banken die Aktienmehrheit von den vier anderen o.a. Unternehmen. Es wird zunächst eine Dachfirma unter dem Namen Mühlenbau- und Industrie AG in Frankfurt gegründet, die 1922 in MIAG Mühlenbau und Industrie AG umbenannt wird. Zwischen der MIAG und den fünf Firmen wird 1923 eine Interessengemeinschaft gebildet, in der die gegenseitige Nutzung der Patente, Gebietsaufteilungen usw. vereinbart werden. Die fünf Firmen bleiben aber noch selbständig, bis es 1925 zur Fusion aller Firmen kommt. In den folgenden Jahren erfolgt eine totale Umorganisation und Rationalisierung. Die Zentrale mit der Verwaltung und Konstruktion kommt nach Braunschweig, die Fertigung wird aufgeteilt (Walzenstühle nach Dresden, Plansichter nach Braunschweig). Nach einer Auftragsflaute werden 1927 die Werke in Berlin und Frankfurt stillgelegt. Dann belebt sich das Geschäft aber wieder, und in Braunschweig und Dresden wird die Mitarbeiterzahl um 1000 auf 6861 erhöht. In dieser Zeit kommen auch die ersten MIAG-Maschinen auf den Markt, Neukonstruktionen, in denen das Know-how und die Patente aller Vorgängerfirmen zusammenfließen. Der erste Walzenstuhl ist das Modell „GN“, aus dem A.G.K-Stuhl „G“ weiterentwickelt, im ersten MIAG-Plansichter kommen der Freischwinger von Konegen, die Reiterbürste von Luther und der Einlegerahmen von Seck zusammen. Ein weiterer neuer Markterfolg sind die Getreide-Vorbereiter und der Walzenstuhl HN mit Servo-Regulierung. Die MIAG wird die bedeutendste Mühlenbauanstalt der Welt. Die Weltwirtschaftskrise 1930 geht auch an der MIAG nicht vorbei. Es kommt zu Massenentlassungen, der Personalstand sinkt auf ca. 4000. Ernst Amme stirbt auf einer Geschäftsreise im Fernen Osten, die Roßstraße wird 1934 in Ernst-Amme-Straße und in Verlängerung in Julius-Konegen-Straße umbenannt. Nach der „Machtübernahme“ kommt es 1933 zu brutalen Auseinandersetzungen der verschiedenen politischen Richtungen, zehn Gewerkschaftler, von denen vier der MIAG angehörten, werden von den Nazis ermordet. Der Personalstand sinkt weiter auf ca. 3500, das Lutherwerk ist fast ganz stillgelegt. H. Lerch, der von den Hanomag-Werken in Hannover kommt, übernimmt 1935 die Aktienmehrheit und wird Vorsitzender des Vorstands. Das Gelände des Ammewerks wird durch Landzukauf nach hinten erheblich erweitert. Die Firma erhält große Staatsaufträge, dafür wird das Lutherwerk wieder reaktiviert. Stephan Luther, der vorher Direktor bei Seck in Dresden war, wird kaufmännischer, Walter Jordan technischer Leiter. Das Werk erhält eine gewisse Selbständigkeit. Der Mühlen- und Speicherbau-Umsatz steigt ebenfalls, die Gesamtmitarbeiterzahl erhöht sich bis 1937 auf 8000.

Während des Zweiten Weltkrieges war die MIAG im Programm zur Herstellung von Sturmgeschützen und leichten Jagdpanzern eingebunden. Der Unternehmensdirektor Ernst Blaicher, ein förderndes Mitglied der SS, unterhielt dabei den Kontakt zur SS.

Während der Big Week 1944 wurden zwei Fabriken der MIAG als Ziele in Braunschweig ausgewählt, in denen Teile für das Jagdflugzeug Messerschmitt Bf 110 produziert wurden. 76 US-Maschinen sollten dieses Ziel angreifen. Als sich die Flugzeuge über Braunschweig befanden, war die Wolkendecke über der Stadt zu tief, sodass der größte Teil der Bombenlast auf Wohngebiete in der Stadt sowie andere Unternehmen, aber nur wenige Bomben auf die MIAG-Werke niedergingen. Der Angriff kostete 110 Menschen in Braunschweig das Leben, 2.000 wurden obdachlos.

Im Panzerbau bei der MIAG-Mühlenbau im damaligen Zschachwitzer Ortsteil Sporbitz (seit 1950 Stadtteil von Dresden) wurden Zwangsarbeiter aus den Konzentrationslagern eingesetzt. Hierzu wurde auf dem Betriebsareal ein Fremdarbeiterlager eingerichtet. Nach einer Statistik im Januar 1945 waren es 1.097 Zwangsarbeiter.

Das Lutherwerk scheidet 1941 ganz aus der MIAG aus und firmiert unter Luther & Co. GmbH, der „Co.“ ist Walter Jordan. 1944 wird es durch gezielte Bombenabwürfe zu 90 % zerstört, Stephan Luther stirbt an den Folgen einer schweren Verwundung. Nach dem Krieg folgt die Demontage und Beschlagnahmung durch die Briten. Erst 1950 kommt unter W. Jordan wieder eine Produktion von Konsumgütern, Fahrzeuganhängern etc. in Gang, Mühlenbau wird nie mehr betrieben. 1979 geht das Werk in Konkurs und wird 1980 ganz stillgelegt.

Schwere Bombenschäden treffen 1945 auch das Ammewerk, es ist zu 55-70 % zerstört. Durch geschicktes Lavieren der Geschäftsführung bleibt das Werk von der Demontage verschont. Der Wiederaufbau der zerstörten Fabrik wie auch der Vertriebsabteilungen und Auslandsvertretungen beginnt unverzüglich.

Die Dresdner Niederlassung wurde 1949 verstaatlicht, in den „VEB Mühlenbau Dresden-Zschachwitz“. Nach dem Verlust dieses Werks muss die Fertigung für die gesamte Produktpalette in Braunschweig aufgebaut werden. Der Personalstand liegt zu der Zeit bei ca. 2440 Mitarbeitern. 1947 wird die Firma in eine GmbH umgewandelt, Alleininhaber ist H. Lerch. Die MIAG kommt mit ihren bewährten Maschinen wieder gut auf den Markt, das Auftragsvolumen steigt von Jahr zu Jahr, die Mitarbeiterzahl beträgt Ende 1950 bereits 3685. 1955 wird die Tochtergesellschaft MIAG Northamerika in Minneapolis gegründet. Neben dem nachlassenden Mühlenbau wurden auch der weltweite Anlagenbau für die Zementherstellung oder Papiertechnik und die Großsilotechnologie für Getreide in Seehäfen zu weiteren Standbeinen.

Als H. Lerch 1958 plötzlich stirbt, übernimmt die Witwe Mary Lerch die Gesellschaftrechte, die Firma wird von einer 5-köpfigen Direktion geführt. Das ehemalige Amme-Zweigwerk in Buenos Aires wird zurückerworben und firmiert neu unter MIAG Argentina. In den Folgejahren werden zahlreiche weitere Auslandsniederlassungen, z. T. mit eigenen Fabriken, gegründet (u. a. in Sao Paulo, Malmö, Kuala Lumpur, Paris, Mailand, Toronto, Tokio, Johannesburg). Der Personalstand 1960 ist ca. 4300 Mitarbeiter. Ende der 1960er Jahre kommt es zu Umsatzeinbußen, der Personalstand sinkt bis 1972 auf ca. 3300. Im September 1972 werden alle Geschäftsanteile der MIAG einschließlich elf Tochtergesellschaften durch Fa. Bühler, Konstanz, der deutschen Tochter von Fa. Bühler in Uzwil/Schweiz übernommen. Der Geschäftsbetrieb läuft zunächst unverändert weiter, es werden nur die Neuentwicklungen und die Verkaufsgebiete aufeinander abgestimmt.

Ab 1973 ist der neue Firmenname des Braunschweiger Werks und aller Auslandsgesellschaften BÜHLER-MIAG. Das Maschinenprogramm beider Häuser wird bereinigt und der weltweite Vertrieb zusammengeführt, die z. T. sehr veraltete Fabrikation in Braunschweig durch erhebliche Investitionen modernisiert.


Nutzfahrzeugherstellung

Die MIAG stellte von 1936 bis 1938 in Bielefeld auch Elektrofahrzeuge her. Der Elektrofahrzeugbau wurde dann in das ehemalige Werk der Röhr Auto AG nach Ober-Ramstadt verlegt. Bis zum Krieg wurden dort auch Gabelstapler und Kranfahrzeuge gebaut. Weiterhin wurde eine landwirtschaftliche Zugmaschine vom Typ LD20 mit einem 2 Zylinder-Dieselmotor hergestellt. Erst 1950 wurde wieder ein Transporter mit 2 t Nutzlast hergestellt, der von dem 25-PS-Motor des VW Käfer angetrieben wurde. Da das Volkswagenwerk 1950 den VW T1 als eigenen Transporter auf den Markt brachte und Konkurrenzunternehmen nicht weiter beliefern wollte, musste die MIAG in der Folge einen Zweizylindermotor der Motoren-Werke Mannheim verwenden. Die Verkaufszahlen waren nicht gut, und nach einem Jahr wurde die Produktion wieder eingestellt. Bis in die 1980er Jahre wurden vom Bühler-Konzern noch Krananlagen für LKW-Fahrgestelle hergestellt.

1983 wurde die Fahrzeugherstellung der Bühler-MIAG GmbH als „MIAG Fahrzeugbau GmbH“ ausgegliedert. Diese stellt bis heute in Braunschweig Gabelstapler und explosionsgeschützte Flurförderzeuge her.


Bergbauausrüstung

Nachweisbar sind zwei, wahrscheinlich aber drei für das Preussag-Bergwerk Clausthal gebaute Akkulokomotiven. Die Maschinen scheinen sich gut bewährt zu haben, denn sie wurden nach der Stilllegung der Clausthaler Gruben noch zu den Gruben Grund und Bergwerkswohlfahrt abgegeben und dort erst Ende der 1940er Jahre durch leistungsstärkere Maschinen vom Einheits-Typ EL9 verdrängt.


Adresse: Ernst-Amme-Straße 41 (früher: Roßstrasse 41)



Text: Wikipedia

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