Ernst Ludwig

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Ernst Ludwig Karl Albrecht Wilhelm von Hessen und bei Rhein (* 25. November 1868 in Darmstadt; † 9. Oktober 1937 in Schloss Wolfsgarten bei Langen) war von 1892 bis 1918 der letzte Großherzog von Hessen-Darmstadt.

Reklamemarken

Verzeichnis der Reklamemarken mit einem Bezug zu Ernst Ludwig.

Siegelmarken

Verzeichnis der Siegelmarken mit einem Bezug zu Ernst Ludwig.

Leben

Kindheit und Jugend

Ernst Ludwig entstammte der jüngsten Linie des Hauses Hessen. Seine Eltern waren Großherzog Ludwig IV. und dessen Frau Alice von Großbritannien und Irland. Seine Großeltern mütterlicherseits waren die britische Königin Victoria und Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha.[1]

Ernst Ludwig, von der Familie „Ernie“ genannt, wuchs mit seinen Geschwistern Viktoria, Elisabeth, Irene, Friedrich, Alix und Marie in Darmstadt auf.

Großherzogin Alice war karitativ tätig und nahm ihre Kinder mit zu Besuchen in Krankenhäusern und zu Wohltätigkeitsorganisationen.

Im Jahr 1873 erlebte der damals Fünfjährige den Tod seines jüngeren Bruders Friedrich „Frittie“ aus unmittelbarer Nähe mit. Die Jungen hatten ein Spiel gespielt, als Friedrich, der an Hämophilie litt, durch ein Fenster auf den dreißig Meter tiefer gelegenen Balkon fiel.[2] Ernst Ludwig war untröstlich und sagte zu seiner Gouvernante: „Wenn ich sterbe, müssen auch Sie und alle anderen sterben. Warum können wir nicht alle zusammen sterben? Ich möchte nicht allein sterben, wie Frittie.“

1878 grassierte in Darmstadt die Diphtherie. Ernst Ludwig, sein Vater und seine Geschwister, mit Ausnahme von Elisabeth, die sich bei den Großeltern väterlicherseits aufhielt, steckten sich an. Großherzogin Alice pflegte ihre Kinder und ihren Ehemann. Die jüngste Tochter Marie starb an den Folgen der Erkrankung am 16. November. Alice hielt Maries Tod für einige Wochen vor ihren Kindern geheim, bis Ernst Ludwig, der ein inniges Verhältnis zu seiner Schwester hatte, nach ihr fragte. Als sie Maries Tod offenbarte, war er von Trauer überwältigt. Alice tröstete ihren trauernden Sohn und steckte sich so bei ihm an. Durch die Erkrankung und die Trauer starb die Großherzogin erst fünfunddreißigjährig am 14. Dezember 1878.[2]

Nach den Ereignissen wuchsen Ernst Ludwig und seine Schwestern größtenteils bei der Großmutter Königin Victoria in England auf, die sich ihrer Enkel annahm.[2]

Ehen und Familie

Am 19. April 1894 heiratete Ernst Ludwig auf Schloss Ehrenburg in Coburg seine Cousine Victoria Melita von Edinburgh (1876–1936), genannt Ducky, die Tochter seines Onkels Herzogs Alfred von Sachsen-Coburg und Gotha und Maria Alexandrowna Romanowa. Der Weg zur Ehe wurde maßgeblich von Königin Victoria geebnet, die von einer Verbindung zwischen ihren beiden Enkeln sehr angetan war. Auch seitens der Familie der Braut wurde die Heirat begrüßt. Ernst Ludwig und Victoria Melita hielten weniger von dem Vorhaben, fügten sich dann aber auf Druck der Familie. Auf der Hochzeit verlobte sich Ernst Ludwigs jüngere Schwester Alix mit dem späteren russischen Zaren Nikolaus II.[2]

1895 wurde das erste Kind, Tochter Elisabeth, geboren. Im Jahr 1900 brachte Victoria Melita einen totgeborenen Sohn zur Welt.

Victoria Melita, die als unkonventionell galt, gab während ihrer Ehe mit Ernst Ludwig häufig Hauspartys, bei denen auf Formalitäten verzichtet wurde, um sich ausgelassener amüsieren zu können. Ein Cousin, Prinz Nikolaus von Griechenland, erinnerte sich später an einen Aufenthalt bei ihnen „als die lustigste, fröhlichste Hausparty, auf der ich je in meinem Leben gewesen bin.“ Diese Vergnügungen entsprachen eher Victoria Melitas Neigungen und verdeutlichten die unterschiedlichen Charaktere und Temperamente der Eheleute. Aufgrund dieser Unterschiede wurde die Ehe zunehmend unglücklicher.[2] Hinzu kam, dass Victoria Melita keine Erfüllung in ihrer Rolle als Landesmutter fand und es vermied, den entsprechenden Tätigkeiten ihrer Position nachzugehen. Sie ließ die Korrespondenz unbeantwortet und schob Besuche bei älteren Verwandten, deren Gesellschaft sie nichts abgewinnen konnte, auf. Bei offiziellen Anlässen ignorierte sie Leute hohen Ranges, die sie als langweilig empfand, und sprach nur mit Menschen, die sie mochte und die sie unterhielten. Ihre Unaufmerksamkeit gegenüber ihren Pflichten löste weitere Spannungen mit ihrem Ehemann aus. Es kam zu lautstarken Streitereien, die manchmal auch körperlich wurden.

Über George William Buchanan, den britischen Geschäftsträger in Darmstadt, hörte Königin Victoria von den Schwierigkeiten in der Ehe, doch zog sie aufgrund der gemeinsamen Tochter Elisabeth eine Scheidung nicht in Betracht. Auch Ernst Ludwig hielt sich aus diesem Grund mit Scheidungsplänen zurück. Bemühungen, die Ehe zu retten, scheiterten. Nach der Totgeburt des Sohnes im Mai 1900 trennte sich das Paar nicht nur räumlich voneinander[3], Victoria Melita verreiste vermehrt und Ernst Ludwig verbrachte viel Zeit mit seiner Tochter Elisabeth. Diese entwickelte zu dieser Zeit eine enge Bindung zu Ernst Ludwig, welcher seine Tochter verehrte und ihr viel Zuneigung und Aufmerksamkeit schenkte. Das Kind erwiderte dies und zog ihren Vater der Mutter vor.[3] Inzwischen verbrachte Victoria Melita einen Großteil des Jahres in Südfrankreich und gab Unsummen in den Casinos von Monte Carlo aus. Mit Königin Victorias Tod im Januar 1901 wurde die Opposition gegen eine Scheidung beendet.[2] Ernst Ludwig und Victoria Melita wurden am 21. Dezember 1901 wegen „unbesiegbarer gegenseitiger Antipathie“ durch ein Urteil des Obersten Gerichtshofs von Hessen geschieden.

Nach Gerüchten in Darmstadt soll Ernst Ludwig außereheliche Verhältnisse mit Frauen und Männern unterhalten haben.[4] Nach der Scheidung soll Victoria Melita einigen nahen Verwandten mitgeteilt haben, dass er homosexuell sei. Sie habe ihren Mann mit einem männlichen Bediensteten im Bett erwischt, als sie 1897 von einem Besuch ihrer Schwester Königin Marie von Rumänien zurückkehrte. Sie machte ihre Anschuldigung nicht öffentlich, sagte aber zu einer Nichte, dass „kein Junge in Sicherheit sei, von den Stallburschen bis zur Küchenhilfe. Er schlief ganz offen mit ihnen allen.“

Elisabeth blieb nach der Scheidung in der Obhut ihres Vaters, der sich ihr nun ganz widmete und sich um ihre Erziehung kümmerte. Ernst Ludwig beauftragte 1902 den österreichischen Architekten Joseph Maria Olbrich mit dem Bau des sogenannten Prinzessinnenhauses[3], eines Spielhauses, welches ganz nach den Bedürfnissen eines Kindes eingerichtet ist. Dieses existiert noch heute.

Im Herbst 1903 heiratete Ernst Ludwigs Nichte Prinzessin Alice von Battenberg in Darmstadt Prinz Andreas von Griechenland.[2] An den Feierlichkeiten nahmen auch seine Schwester Alix und ihr Ehemann Nikolaus teil, welche ihn und Elisabeth einluden, sie nach Polen auf deren Jagdschloss in Skierniewice zu begleiten. Ernst Ludwig und Elisabeth reisten einige Tage später nach Polen und planten einen längeren Aufenthalt. Elisabeth verbrachte viel Zeit mit ihren russischen Cousinen und schien guter Gesundheit zu sein. Am Morgen des 15. Novembers klagte sie über Halsschmerzen, die jedoch im Laufe des Tages wieder abklangen. Da es Elisabeth besser ging, besuchten Ernst Ludwig und das Kaiserpaar am Abend eine Theateraufführung. Nach ihrer Rückkehr ging es Elisabeth jedoch zusehends schlechter, sie hatte Brustschmerzen und Atembeschwerden und wurde bewusstlos. Herbeigerufene Ärzte diagnostizierten Typhus, woran Elisabeth am 16. November 1903 mit acht Jahren um sieben Uhr morgens verstarb.[3]

In ihrer letzten Handlung als Eltern begleiteten Ernst Ludwig und die nachgereiste Victoria Melita den Sarg ihrer verstorbenen Tochter zurück nach Darmstadt. Dort fand am 19. November 1903 ein Trauerzug auf die Rosenhöhe statt, wo die kleine Prinzessin beerdigt wurde. Der Bildhauer Ludwig Habich schuf eine Engelsfigur, welche das Grab bewacht. Ernst Ludwig konnte den Tod seines Kindes nie ganz verwinden. Mehr als dreißig Jahre später erklärte der noch immer trauernde Vater, wie die Stunden des Trauerzuges ihm in Erinnerung geblieben waren. „Meine liebste Elisabeth war mein einziger Sonnenschein“, sagte er.[3]

Nach dem Tod seiner Tochter pflegte Ernst Ludwig die Förderung und den Ausbau der Darmstädter Künstlerkolonie, welche er bereits 1899 begründet hatte. Durch sein Mäzenatentum wurde Darmstadt zu einem Treffpunkt wichtiger Architekten, Bildhauer, Künstler und Handwerker und zur deutschen Hauptstadt des Jugendstils.[3] Im selben Jahr begegnete er auch seiner zweiten Frau Eleonore zu Solms-Hohensolms-Lich (1871–1937), die er am 2. Februar 1905 heiratete. Die Ehe galt als ausgesprochen glücklich.[2] Eleonore wurde als loyal und warmherzig beschrieben. Sie erfüllte die Aufgaben ihrer Rolle mit Ernsthaftigkeit, folgte dem Beispiel ihrer Schwiegermutter Alice und wurde karitativ tätig, indem sie beispielsweise im Ersten Weltkrieg Krankentransporte für Verwundete organisierte[3] und Wohltätigkeitsbasare veranstaltete. Aus der Ehe gingen der 1906 geborene Erbgroßherzog Georg Donatus sowie dessen Bruder Ludwig (1908–1968) hervor. Die großherzogliche Familie genoss zu dieser Zeit außerordentliche Popularität.

Im Monat nach seinem Tod im Oktober 1937 starben bei einem Flugzeugunglück nahe Ostende seine Frau und sein Sohn Georg Donatus sowie dessen Gattin Cecilia mit den Kindern Ludwig und Alexander. Sie alle sind in einer Gemeinschaftsgrabstätte im Park Rosenhöhe in Darmstadt begraben.

Ausbildung

Für die Ausbildung des Prinzen Ernst Ludwig war zunächst Hans von Dadelsen und ab März 1879 Moritz Muther verantwortlich. Die Erzieher übernahmen auch die schulische Bildung. Diese erfolgte gemäß dem Lehrplan des Darmstädter Realgymnasiums. Diejenigen Fächer, die Moritz Muther nicht abdecken konnte, wurden von den Fachlehrern des Realgymnasiums abgedeckt. So gab der Rektor des Realgymnasiums, Ludwig Münch, das Fach Chemie. Der Musikunterricht wurde durch den Hofkapellmeister Willem de Haan erteilt.

Von Mai 1889 bis Sommer 1890 studierte er an der Universität Leipzig Rechtswissenschaften. Er wurde von Gustav Römheld begleitet, der später der Kabinettschef Ernst Ludwigs werden sollte. Zum Wintersemester 1890/91 wechselte er zur hessischen Landesuniversität Gießen, wo er im Frühjahr 1891 seine Studien beendete.

Militärische Ränge

Als hoher Adliger war es üblich, dass Ernst Ludwig auch eine militärische Laufbahn einschlug. Er erhielt daher eine militärische Grundausbildung und wurde regelmäßig in höhere Dienstgrade befördert, ohne dass er eine nennenswerte militärische Tätigkeit aufwies.

Politik

1896 schloss Ernst Ludwig für die Hessische Ludwigsbahn mit Preußen einen Vertrag über eine Eisenbahngemeinschaft. Mit dem Ziel „Mein Hessenland blühe und in ihm die Kunst“ gründete Ernst Ludwig 1899 die Darmstädter Künstlerkolonie („Mathildenhöhe“) und förderte als Mäzen unter anderem die namhaften Künstler Peter Behrens, Hans Christiansen, Ludwig Habich, Bernhard Hoetger, Albin Müller und Joseph Maria Olbrich. 1901 fand die erste Ausstellung der Künstlerkolonie unter dem Titel Ein Dokument deutscher Kunst in Darmstadt statt. Drei weitere Ausstellungen folgten 1904, 1908 und 1914.

Nach der Novemberrevolution 1918 weigerte er sich abzudanken und wurde daher vom Darmstädter Arbeiter- und Soldatenrat am 9. November 1918 abgesetzt. Hessen-Darmstadt wurde damit zum Volksstaat. Ausschnitt aus einem von Ernst Ludwig gestifteten Fenster mit hessischem Wappen in der Stadtkirche Friedberg

Fürstenenteignung

Mit der Absetzung des Großherzogs bestand die Notwendigkeit, sein Privatvermögen vom Staatsvermögen zu trennen. Zwischen dem Volksstaat Hessen und dem Großherzog wurde hierzu am 9. Mai 1919 eine Vereinbarung getroffen.[5] Die Prinzipien hierbei waren, dass die Domänen Staatseigentum werden sollten, dem großherzoglichen Haus hierfür jedoch eine Entschädigung zustand. Maßstab für die Entschädigung war nicht der Wert der Domänen, sondern die Höhe der Zivilliste abzüglich Staatsaufgaben (z. B. die Finanzierung des Hoftheaters), die der Monarch bisher daraus bestritten hatte. Als Abfindung wurde eine Abfindungssumme von 10 Millionen Mark festgelegt, die als Staatsanleihe mit 4 % Zinsen geleistet wurde sowie eine Barzahlung von 900.000 Mark. Als Schatullgut wurden das Schloss Seeheim, das Neue Palais und das Schloss Tarasp vereinbart. Die Domänen Hötensleben und Öbisfelde in Sachsen und Schloss und Domäne Fischbach in Schlesien verblieben ebenfalls als Schatullgut, da sie außerhalb Hessens lagen.

Reichsweit wurde die Behandlung der Vermögen der ehemaligen Herrscherhäuser kontrovers diskutiert. 1926 scheiterte eine Volksabstimmung, die die entschädigungslose Fürstenenteignung forderte. In anderen Ländern kam es zu landesrechtlichen Enteignungen, die (ein wegweisendes Urteil war das Urteil des Reichsgerichts vom 18. Juni 1925 bezüglich der Ansprüche der Herzöge von Sachsen-Gotha) aufgrund der Eigentumsgarantie in Artikel 153 der Weimarer Verfassung aufgehoben wurden.

In der Folge kam es zu erneuten Verhandlungen, die im Vertrag vom 6. Mai 1930 zwischen Land und Großherzog endeten. In diesem Vertrag wurden die Regelungen von 1919 weitgehend bestätigt und die Entschädigungssumme (vor allem im Hinblick auf die Inflation) auf 8 Millionen Goldmark festgesetzt. 1934 wurde die Regelung (mit der einzigen Änderung, dass das Eigentum Ernst Ludwigs an Schloss Romrod in ein lebenslanges Wohnrecht geändert wurde) per Landesgesetz final festgeschrieben.[6]

Tod

Nach seinem Tod am 9. Oktober 1937 in Schloss Wolfsgarten bei Langen wurde Ernst Ludwig in Darmstadt beigesetzt, und zwar seinem Wunsch entsprechend nahe seiner Tochter Elisabeth. In der als Gemeinschaftsgrab auf der Rosenhöhe gestalteten Anlage sind auch die aus dem Haus Hessen stammenden Toten des Flugunfalls von Ostende 1937 bestattet.[7]


Text: Wikipedia

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