Franz Reuleaux

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Franz Reuleaux

Franz Reuleaux [røˈloː] (* 30. September 1829 in Eschweiler-Pumpe; † 20. August 1905 in Charlottenburg, heute Berlin) war ein deutscher Ingenieur, der auf vielen Gebieten des Maschinenbaus aktiv gewesen ist. Insbesondere versuchte er, die Ingenieurwissenschaft des Maschinenbaus in eine exakte Wissenschaft zu verwandeln.

Anfänge

Franz Reuleaux wurde am 30. September 1829 in Eschweiler-Pumpe geboren. Er entstammte einer angesehenen und alteingesessenen Technikerfamilie. Sein Vater war Teilhaber der Maschinenfabrik Englerth, Reuleaux & Dobbs (heute Werk Ermag des EBV), beide Großväter übten ebenfalls technische Berufe aus. 1833 zog Franz Reuleaux mit seiner Mutter nach Koblenz, da sein Vater plötzlich verstorben war. Dort begann er auch eine Maschinenbaulehre in der Eisengießerei und Maschinenfabrik Zilken.

1846 begann er im väterlichen, inzwischen von seinem Onkel übernommenen Betrieb zu arbeiten. 1850 bis 1852 studierte er an der Polytechnischen Hochschule Karlsruhe Maschinenbaukunde bei Professor Ferdinand Redtenbacher (1809–1863) und wurde Mitglied der Burschenschaft Teutonia. Die Ausbildung in Karlsruhe orientierte sich an der Pariser École polytechnique, der damals richtungsweisenden Hochschule auf dem Gebiet der Technik. Redtenbacher dürfte es auch gewesen sein, der Reuleaux zu Studien der Philosophie bewog, die er dann in Bonn und Berlin gemeinsam mit Mathematik und Mechanik betrieb. 1854 folgte eine Tätigkeit als selbständiger Ingenieur in der Kölner Maschinenbaufabrik Baehrens.

In Zürich

Das erste Kapitel des Fachbuchs Construktionslehre für den Maschinenbau, welches Reuleaux gemeinsam mit Carl Ludwig Moll verfasste, wurde schon 1853 vorabgedruckt. Es stieß aufgrund seiner klaren Gliederung und der mustergültigen Zeichnungen auf große Resonanz. Das letzte Kapitel des Werkes betrachtete sogar den Maschinenbaustil. Die Gedanken hierzu waren zwar dem Historismus verhaftet, verfolgten aber neue und nicht von der Architektur übernommene Ideen.

Reuleaux wurde mit seinen Aktivitäten auch von Gustav Zeuner bemerkt, der ihn 1856 als ordentlichen Professor zur mechanisch-technischen Abteilung des Eidgenössischen Polytechnikums Zürich holte. Das Prinzip der Einheit von Lehre und Forschung, welches in Zürich einen hohen Stellenwert besaß, kam Reuleaux sehr entgegen. So konnte er seine Studenten auch schnell begeistern. In der Zürcher Zeit entstand auch das Lehrbuch Der Construkteur, welches drei Jahrzehnte lang als Standardwerk galt. Es erschien ab 1861 in fünf Auflagen und vier Sprachen. Darin sah Reuleaux die Maschinenelemente als ein selbständiges Fach und setzte sich für soviele Normalkonstruktionen wie irgend möglich ein.

In Berlin

1864 folgte Reuleaux einem Ruf des Königlichen Gewerbe-Instituts Berlin. Gleichzeitig wurde er Mitglied der Technischen Deputation für das Gewerbe, und vier Jahre später Direktor der Schule, die sich jetzt Königliche Gewerbeakademie nannte. Nach deren Zusammenschluss mit der Berliner Bauakademie zur TH Charlottenburg im Jahr 1879 leitete er zunächst die Abteilung für Maschinenwesen, bevor er 1890/91 Rektor wurde. Zu seinen Schülern gehörten Carl von Linde, Trajan Rittershaus und Hermann Rietschel[1].

Reuleaux führte in den Maschinenbau die Begriffe Verbund, Zwangslauf (für Kinematik) und Austauschbau ein. Für letzteren setzte er sich sehr stark ein.

In dieser Zeit beschäftigte er sich mit der seinerzeit noch unterentwickelten Kinematik, der er mit seinem 1875 erschienenen Werk Theoretische Kinematik einen entscheidenden Impuls gab. Reuleaux nahm dort auch eine allgemeine Systematisierung der bewegten Mechanismen vor (Reuleaux’sche Getriebesystematik). Dieses Werk fand viele Bewunderer, aber auch zahlreiche Gegner: In den 1880er und 1890er Jahren entstanden viele Maschinenbau-Labore, die alle empirisch arbeiteten und sich nicht auf komplizierte Berechnungen stützten.

Ein entschiedener Vertreter dieser Richtung kam 1888 mit Professor Alois Riedler (1850–1936) an die TH Charlottenburg, der sich als Gegenspieler von Reuleaux betätigte und sogar dafür sorgte, dass Reuleaux 1896 seine Lehrtätigkeit beendete. Seine Ideen verfolgte Reuleaux aber weiter. Ein zweiter Band seiner Kinematik erschien 1900, der dritte sollte ebenfalls folgen, konnte aber nicht mehr fertiggestellt werden. Mit den in den 1940er Jahren aufkommenden Computern gewann die Theoretische Kinematik an Bedeutung.

Am 20. August 1905 starb Franz Reuleaux 75-jährig in Charlottenburg. Seine letzte Ruhestätte fand er in einem Ehrengrab der Stadt Berlin auf dem evangelischen Alten Zwölf-Apostel-Friedhof in der Abt. 302 - 001A -034/035, G2 (verortet).

Als Preisrichter

Eine besondere Ehre war es für Reuleaux, bei den Weltausstellungen von 1862 (London), 1867 (London), 1873 (Wien), 1873 (Dublin) und 1876 (Philadelphia) zum Preisrichter ernannt zu werden. In seinen Briefen aus Philadelphia, die durch ihre Offenheit großes Aufsehen erregten, machte er auf Missstände innerhalb der deutschen Wirtschaft aufmerksam. Sein Ausspruch Deutsche Waren sind billig und schlecht traf zunächst auf eine Welle der Empörung, die Forderung Konkurrenz durch Qualität fand dann aber doch Gehör.[2] Bei den Weltausstellungen in Sydney (1879) und Melbourne (1881) leitete Franz Reuleaux als Reichskommissar die deutsche Abteilung.

Als Preisrichter verhalf Reuleaux der Gasmaschine von Otto und Langen zur ersten öffentlichen Anerkennung, sorgte er doch dafür, das sie in Paris die Goldene Medaille erhielt, auch half er bei der Patentierung dieser Erfindung. Für das Schrägwalzverfahren von Mannesmann, mit dem sich nahtlose Röhren produzieren ließen, setzte er sich in gleicher Weise ein. Ebenso unterstützte er die junge Elektrotechnik.

Weitere Aktivitäten

In den 1880er Jahren beteiligte sich Reuleaux maßgeblich an der Schaffung eines einheitlichen Patentgesetzes. Er förderte auch das Kunstgewerbe, so befasste er sich auch intensiv mit dessen Reorganisation und stellt dafür wichtige Grundsätze und Richtlinien auf. Seine literarische Ader zeigte sich in Reisebeschreibungen und Gedichtübersetzungen – er sprach sogar Arabisch und Sanskrit. Schließlich gehörte er auch zu den Mitbegründern einer Technikphilosophie, wobei man ihm aber Eklektizismus vorwarf.

Ehrungen

Reuleaux war Ehrenmitglied zahlreicher in- und ausländischer Gesellschaften. Die Université de Montréal und die TH Karlsruhe verliehen ihm die Ehrendoktorwürde. Vor der TH Charlottenburg wurde sieben Jahre nach seinem Tod ein Gedenkstein, geschaffen nach dem Entwurf des Bildhauer Johannes Röttger [3], mit folgender Inschrift gesetzt: Franz Reuleaux – dem Forscher und Lehrer, Ergründer des Zusammenhanges der Technik mit Wissenschaft und Leben. Es befindet sich heute auf dem zentralen Campus der TU Berlin.

Seine Vaterstadt Eschweiler machte ihn zu ihrem Ehrenbürger und benannte eine Straße nach ihm.

Familiäres

Reuleaux war verheiratet mit Charlotte Wilhelmine Friederike Overbeck (1829–1882), Enkelin des Lübecker Bürgermeisters, Domherrn, Senators und Dichters Christian Adolph Overbeck (1755–1821). Sein Schwager war der Archäologe Johannes Overbeck, sein Schwippschwager der Anthropologe und Leibarzt des hypochondrischen Alfred Krupp, Emil Ludwig Schmidt.

Einer seiner Enkel war Otto Reuleaux (1896–1979), Vorstandsmitglied der Metallgesellschaft (heute GEA Group), Vorstandsvorsitzender der Kali Chemie, Vorsitzender des Geld-, Kredit und Währungsausschusses im BDI und Wehrwirtschaftsführer.

Ein weiterer Enkel, Erich Reuleaux (1883–1967), ein deutscher Bauingenieur und Verkehrswissenschaftler, war als Professor an der Technischen Hochschule Darmstadt tätig.


Wohnadresse in Berlin: Ahornstraße 2 (1885)

Bild: Wikimedia

Text: Wikipedia

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