Freiheit für Teufel

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Freiheit für Teufel

Transparente an einer Fußgängerbrücke über die Tauentzienstraße in Berlin mit dem Aufruf "Freiheit für Teufel".

Fritz Teufel wurde bei einer Demonstration gegen den Schah Reza Pahlavi am 2. Juni 1967 verhaftet mit dem Vorwurf einen Stein geworfen zu haben.

Er wurde am 22. Dezember 1967 freigesprochen.

Fritz Teufel

Fritz Teufel (* 17. Juni 1943 in Ingelheim; † 6. Juli 2010 in Berlin) war West-Berliner Kommunarde, Autor und aktiver Teilnehmer der Studentenbewegung und Mitglied der terroristischen Bewegung 2. Juni.[1]

Leben

Kindheit und Jugend

Fritz Teufel wurde während des Krieges 1943 in Ingelheim als jüngstes von sechs Kindern geboren. Die Familie zog 1946 nach Ludwigsburg. Er kam 1963 nach West-Berlin und begann ein Studium der Germanistik, Publizistik und Theaterwissenschaften an der Freien Universität Berlin. Mit Dieter Kunzelmann war er einer der Mitbegründer der Kommune I, die vor allem durch ihre bewusst provokanten und gegen die herrschenden Gesellschaftsbedingungen gerichteten Aktionen weltweite Aufmerksamkeit erregte.[2]

Pudding-Attentat

Teufel und andere wurden Anfang 1967 festgenommen, als sie beim Werfen von Tüten beobachtet wurden. Die Polizei und die Presse bezeichneten dies als Attentat auf den damaligen US-Vizepräsidenten Hubert H. Humphrey, die Wurfgeschosse entpuppten sich aber als Pudding- und Mehlbomben („Pudding-Attentat“). Am Tag nach dem Besuch Humphreys wurden die vermeintlichen Attentäter wieder freigelassen.

Vorwurf eines Steinwurfs während Schah-Besuch

Am 2. Juni 1967 wurde Teufel unter dem Vorwurf, einen Stein geworfen zu haben, während der Demonstration gegen den Schah Reza Pahlavi verhaftet und saß bis zum Verhandlungsbeginn im November in Untersuchungshaft. Während der Verhandlungen fiel Teufel vor allem durch – aus Sicht der Staatsanwaltschaft – respektloses Verhalten auf. Als er eine längere Stellungnahme abgeben wollte, wurde er vom Richter ermahnt, er möge nur Tatsachen vorbringen, die der Wahrheitsfindung dienten. Etwas später kam er dann der Aufforderung des Richters, sich zu erheben, mit der Bemerkung nach: „Wenn’s denn der Wahrheitsfindung dient.“ Dieser Satz wurde zu einem geflügelten Wort. Am 22. Dezember 1967 wurde Teufel freigesprochen.

Festnahme wegen Entführung von Peter Lorenz, Untersuchungshaft und Freispruch

Seit dem Herbst 1969 war Teufel ein führendes Mitglied der Tupamaros München, die in der bayerischen Landeshauptstadt für eine Reihe von Brand- und Sprengstoffanschlägen verantwortlich waren.[3] 1975 wurde Teufel erneut festgenommen und angeklagt, als führendes Mitglied der Bewegung 2. Juni an der Entführung des Berliner CDU-Vorsitzenden Peter Lorenz mitgewirkt zu haben. Nach fünf Jahren Untersuchungshaft fand 1980 die Gerichtsverhandlung statt. Erst nach den Plädoyers der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft, die 15 Jahre Haft gefordert hatte, legte Teufel ein Alibi vor, mit dem er nachweisen konnte, dass er zur Tatzeit in einer Essener Fabrik (Pagette) unter falschem Namen gearbeitet hatte. Die späte Präsentation des Alibis begründete er damit, so könne er „zeigen, wie ein Angeklagter für definitiv nicht begangene Taten vorverurteilt wurde und wie das ganze System funktionierte“. Außerdem ging er davon aus, dass er wegen unerlaubten Waffenbesitzes bei seiner Verhaftung und wegen Unterstützung der Bewegung 2. Juni ohnehin zu 5 Jahren Haft verurteilt würde.[4] Er wurde zwar umgehend aus der Haft entlassen, jedoch eröffnete das Gericht eine neue Anklage wegen einiger in Berlin begangener Banküberfälle, bei denen die Räuber an Personal und Kunden der ausgeraubten Banken Schokoküsse verteilt hatten. Teufel gab dazu in einem „B-Libi“[5] an, im Tatzeitraum in Köln untergetaucht gewesen zu sein, wollte aber mögliche Entlastungszeugen nicht nennen, um sie nicht ebenfalls der Gefahr einer Strafverfolgung auszusetzen.

Ikone der Spaßguerilla

Teufel hat laut einem Spiegel-Interview vom 3. November 1980 den Begriff der „Spaßgerilja“ (Spaßguerilla) geprägt und propagiert: „‚Spaßgerilja‘ ist für mich die aktuelle Form des Klassenkampfes“ und: „Seit ich mich bemühe, den Begriff ‚Spaßgerilja‘ in Umlauf zu bringen, Wortschöpfungen sind mein Hobby …“[6] Am 19. Februar 1982 erregte er in der Fernsehsendung 3 nach 9 Aufsehen, in der er unter anderen mit dem damaligen Bundesminister für Finanzen Hans Matthöfer über gutes Benehmen diskutierte. Im Gespräch mit dem Moderator zog er eine Wasserpistole und spritzte den Minister mit Zaubertinte nass. Matthöfer reagierte, indem er Teufel mit einem Glas Wein übergoss.[7] In Nachrufen wurde Teufel als „Spaßrevoluzzer“ bezeichnet.[8]

Spätere Tätigkeiten und Parkinson-Erkrankung

Nach Beendigung der Gerichtsprozesse arbeitete Teufel als freier Mitarbeiter bei der taz und als Fahrradkurier in Berlin. Weil er an Parkinson erkrankt war, musste er diese Tätigkeit aufgeben.[9] Zuletzt lebte er zurückgezogen mit seiner Lebensgefährtin Helene Lollo und Freunden in Berlin-Wedding. 2001 wurde ihm der Wolfgang-Neuss-Preis für Zivilcourage verliehen. Fritz Teufel in seiner Danksagung: „Dank gilt meinen ungeborenen, ungezeugten Kindern, die mir ein Leben in Luxus und Freude ermöglichen.“[10][11]

Trauerfeier und Grabschändung

Teufel starb am 6. Juli 2010 in Berlin an den Folgen seiner Parkinson-Erkrankung.[12] Die Trauerfeier fand am 15. Juli 2010 auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin-Mitte statt. Ulrich Enzensberger und Hans-Christian Ströbele würdigten Teufel in Nekrologen.[13]

Am 6. August 2010 wurde der Diebstahl von Teufels Urne festgestellt. Da bei der Grabschändung zunächst von politischen Motiven ausgegangen wurde, übernahm der polizeiliche Staatsschutz die Ermittlungen.[14] Am 13. August 2010 wurde die Urne in Berlin-Dahlem neben dem Grab von Rudi Dutschke aufgefunden.[15] Inzwischen geht die Polizei aufgrund eines Bekennerschreibens davon aus, dass es sich um einen makabren Spaß von Sympathisanten Teufels aus der linken Szene handelt.[16]


Text von Teufel: Wikipedia

Liste der Autoren


Ein Coding da Vinci Projekt (2015).

Bildquelle: Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Fotograf: Ludwig Binder

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