Gelnhausen

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Gelnhausen ist die Kreisstadt des Main-Kinzig-Kreises im Südosten Hessens.

Reklamemarken und Siegelmarken

Verzeichnis der sortierten Reklamemarken und Siegelmarken mit einem Bezug zu Gelnhausen.

Barbarossa

Kessler & Co.

Vereinigte Berlin-Frankfurter Gummiwaren-Fabriken

Sonstige

Geschichte

Frühgeschichte

Aus dem Jahr 1133 stammt die erste gesicherte schriftliche Erwähnung Gelnhausens als Geilenhusen. In der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts nannte sich ein (zuvor in Langenselbold ansässiger) Zweig des Adelsgeschlechts der Reginbodonen nach Gelnhausen („Grafen von Selbold-Gelnhausen“). Der Ahnherr dieses Familienzweiges, Graf Dietmar von Selbold-Gelnhausen, erwarb durch seine den Ludowingern und Wettinern nahestehende Gattin Adelheid Besitz in Thüringen, insbesondere in Camburg und weiteren Orten im heutigen Saale-Holzland-Kreis. Auf Nachkommen des Ehepaares gehen dort die Gründungen mehrerer Burgen und Klöster zurück. Der – obwohl mit den Saliern verwandt – kaiserfeindlich gesinnte Graf Dietmar fiel wahrscheinlich 1115 in der Schlacht am Welfesholz. Statuen Dietmars, seiner Gattin Adelheid und seines Sohnes Timo stehen unter den berühmten Stifterfiguren im Naumburger Dom und prägen die politische Programmatik dieses Skulpturenzyklus. Die Reste der Burganlage der Familie in Gelnhausen werden im Norden der Ortslage, zwischen Peterskirche und Obermarkt, vermutet. Archäologisch konnte sie bis jetzt nicht nachgewiesen werden.

Stauferzeit

Gelnhausen wurde im Jahr 1170 als geplante Stadtanlage durch Kaiser Friedrich I. (Barbarossa) gegründet. Dies geschah, indem drei Dörfer am Hang nördlich der Kinzig zusammengeschlossen wurden, eines davon „Gelnhausen“ genannt. Der Ort wurde gewählt, weil er verkehrsgünstig an der Via Regia, der Handelsstraße von Frankfurt am Main nach Leipzig, lag. Hier trafen verschiedene Handelswege aus Wetterau und Rhein-Main-Gebiet zusammen, da sich das Kinzigtal an dieser Stelle zwischen Spessart und Vogelsberg verengt und in östlicher Richtung nur noch diese eine Route zulässt.

Für das neue Gelnhausen wurde ein Straßennetz angelegt und eine Umfassungsmauer errichtet. Rechtlich erfolgte die Gründung durch das verliehene Stadtrecht. Zusätzlich bedeutend wurde die Gründung dadurch, dass in der Kinzigniederung, auf einer Insel im Fluss, eine Kaiserpfalz errichtet wurde. In dieser fand 1180 ein historisch bedeutender Reichstag statt, auf dem Heinrich der Löwe entmachtet wurde. Die entsprechende Urkunde wird nach dem Tagungsort als Gelnhäuser Urkunde bezeichnet. In den Jahren 1186 und 1195 fanden weitere Hoftage statt.

Kaiserliche Handelsprivilegien, wie etwa eine Zollbefreiung, führten dazu, dass Kaufleute sich ansiedelten und es sehr schnell zu einem wirtschaftlichen Aufschwung und Ausbau kam. Das in diesem Zusammenhang verliehene Stapelrecht trug sein Übriges dazu bei, dass der Handel in Gelnhausen florierte. Repräsentant des Königs in der Stadt und Gegenüber der Bürgerschaft war ein Schultheiß.

Mittelalter

Gelnhausen war damit einer der vier städtischen Stützpunkte kaiserlicher Macht im Bereich der Wetterau neben Frankfurt am Main, Wetzlar und Friedberg. Es war – gemessen am Steueraufkommen – eine der reichsten Städte im Heiligen Römischen Reich und wurde zum Oberhof 16 anderer Städte. Ab 1180 prägte hier eine kaiserliche Münze Wetterauer Brakteaten mit der Umschrift GEILENHUS.[3] Gelnhausen hatte im Hochmittelalter etwa 3000 Einwohner. Die wirtschaftliche Blüte begann mit der Gründungszeit und dauerte kaum 150 Jahre. Die Kaiserpfalz wurde nach der Stauferzeit bedeutungslos, Verpfändung und Veränderungen im allgemeinen Wirtschaftsgeschehen bewirkten einen allmählichen Niedergang, der erst im 20. Jahrhundert in einen neuen Aufschwung überging.

Verpfändung

Erstmals von 1282 bis 1323 und zum zweiten Mal ab 1326 wurde die Reichsstadt durch den Kaiser für steigende Summen verpfändet. Das bedeutete, dass die Stadt als dingliche Sicherheit für einen Kredit diente, den ein Pfandherr (Pfandgläubiger) dem Kaiser gewährte. Die Kreditzinsen wurden durch einen entsprechenden Anteil an den sonst dem Reich zustehenden Steuern aus dem Aufkommen der Stadt bedient.

Ab dem Spätmittelalter war das Reich nicht mehr in der Lage – und hatte wohl auch kein Interesse mehr – das Pfand wieder auszulösen. Der Zustand der Reichspfandschaft dauerte deshalb ab 1349 ununterbrochen bis zum Reichsdeputationshauptschluss von 1803 an, mit dem die Rechts- und Territorialverhältnisse im alten Reich neu geordnet wurden. Die Reichsstadt-Eigenschaft erlosch und Gelnhausen wurde durch Mediatisierung normaler Bestandteil der Landgrafschaft Hessen-Kassel.

Mit fortschreitender Verpfändundungszeit geriet die Stadt zunehmend unter den Einfluss der Pfandherren, so dass die ursprünglichen Freiheiten als Reichsstadt stark eingeschränkt wurden und ab dem ausgehenden Mittelalter in der Praxis kaum noch spürbar waren.

Im Jahr 1282 verpfändete König Rudolf I. (HRR) von Habsburg Gelnhausen für 100 Mark Silber an seinen königlichen Landvogt in der Wetterau Gerlach von Breuberg, wo dieser nach den durch das lange Interregnum ausgelösten Wirren wieder Recht und Ordnung herstellen sollte. Nach Aussterben des Geschlechtes im Rahmen der Erbteilung unter den Töchtern ausgelöst.

1326 wurde die Reichsstadt Gelnhausen durch König Ludwig IV. an Ulrich II. von Hanau verpfändet. 1330 wurden die Bürger von ihrem Treueeid gegenüber dem Kaiser entbunden und diesbezüglich auf Hanau verwiesen. Kurz darauf aber wurde, vermutlich gegen einen Rheinzoll, Gelnhausen vom Reich zurück getauscht.

Im Jahr 1347 übergibt Kaiser Karl IV. 15.000 fl an Kraft III. von Hohenlohe, verpfändet auf die Reichsstädte Gelnhausen und Friedberg.[4] Am 26. Mai 1349 verpfändete König Karl IV. Gelnhausen erneut, diesmal an Graf Günther von Schwarzburg und die Grafen von Hohnstein als Gegenleistung für den Thronverzicht Günthers. Dies wurde am 12. Juni veröffentlicht. Am 15. Juni stellte Karl IV. eine Huldigungsanweisung über Gelnhausen zugunsten von Graf Günther aus, und schon am 26. Juni 1349 huldigte die Stadt ihrem neuen Herren.

Am 22. Juli 1431 verkauften die Grafen von Hohnstein ihren Anteil an der Pfandschaft an die Grafen von Schwarzburg. Am 26. Mai 1435 wiederum verkaufte Heinrich IX. von Schwarzburg – zunächst mit dem Vorbehalt der Wiedereinlösung – die Pfandschaft je zur Hälfte an Reinhard II. von Hanau und Kurfürst Ludwig III. von der Pfalz, die die Stadt nun als Kondominium regierten. Das Recht zur Wiedereinlösung wurde dann im Rahmen der Mitgift anlässlich der Heirat des Grafen Reinhard IV. mit Katharina von Schwarzburg-Blankenburg 1496 abgelöst.

Hexenverfolgungen

Während der Hexenverfolgungen wurden von 1574 bis 1645 in Gelnhausen mindestens 51 Menschen Opfer der Hexenprozesse. 24 Namen sind überliefert, einige weitere Opfer können durch Angaben zur Verwandtschaft Familien oder Ehepartnern zugeordnet werden.[6] Prozesswellen gab es in den Jahren 1596[7] und 1597[8], als den Verfolgungen mindestens 15 Frauen und zwei Männer zum Opfer fielen. Eine der Frauen starb schon während der Folter.[9] 1633 bis 1634 kam es zu einer weiteren Verfolgungswelle: Mindestens 18 Personen wurde mit dem Schwert enthauptet, zwei weitere starben zuvor nach der Folter im Gefängnis.[10] Besonders bekannt wurde der Prozess gegen Elisabeth Strupp, Ehefrau des Gelnhäuser Pfarrers Johannes Strupp, die am 3. August 1599 hingerichtet wurde und gegen den Töpfer Konrad Wiesel aus Ziegelhaus 1633, über dessen Geschichte Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen in seiner Schrift Simplicissimi Galgen-Maennlin[11] ausführlich berichtet.[12]

In Gelnhausen finden sich zur Erinnerung an das Unrecht der Hexenprozesse drei Gedenktafeln und zwei Skulpturen an unterschiedlichen Standorten. 1986 wurde am Hexenturm in Gelnhausen eine Gedenktafel angebracht. Mit den Worten: Stellvertretend für alle, die in der Zeit der Hexenverfolgung zwischen 1574 und 1633 in Gelnhausen gefoltert und hingerichtet wurden, wird auf 31 namentlich bekannte und weitere 21 namenlose Opfer hingewiesen. Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Gelnhausen hat am 10. Juni 2015 eine Rehabilitation der Opfer der Hexenverfolgung ausgesprochen.[13]

Verfall

Im Dreißigjährigen Krieg „gab es von 1620 – 1631 eine spanische Besatzung des Generals Spinola, der auf Kaisers Seiten gegen die Protestanten kämpfte“[14]. Gelnhausen wurde mehrfach heimgesucht, „1634 wird das lutherische Gelnhausen von den Kaiserlichen geplündert und in Brand gesteckt“[15]. Eine dieser Episoden hat der in Gelnhausen geborene Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen in seinem Roman Der abenteuerliche Simplicissimus festgehalten. Bei einem Ausfall des Kommandanten der schwedischen Festung Hanau, Jakob von Ramsay nach Gelnhausen, 1634, wurde auf seinen Befehl hin die Pfalz Gelnhausen gebrandschatzt und zerstört. Von den Folgen des Krieges hat sich Gelnhausen erst Mitte des 19. Jahrhunderts wieder erholt.

Bis zur Auflösung der Reichsunmittelbarkeit 1803 dauerte ein seit dem 16. Jahrhundert schwelender Streit der Stadt mit den Pfandherrschaften Kurpfalz und Hanau, vor Reichshofrat und Reichskammergericht, den höchsten Gerichten des Reiches. Es ging um die Rechte und Privilegien der Stadt, vor allem um die Frage, ob sie trotz Verpfändung weiter reichsunmittelbar sei, da die Pfandherren versuchten, sie ihrem Territorium einzuverleiben. Rechtlich sollte die Frage geklärt werden, ob die Stadt dem Kaiser oder der Pfandherrschaft zu huldigen verpflichtet war. In dem Streit kam es zu gewaltsamen Übergriffen. Die militärische Macht lag dabei auf der Seite der Pfandherrschaft. Dem hatten die Bürger wenig entgegenzusetzen.

Mit dem Tod des letzten Hanauer Grafen, Johann Reinhard III., 1736 fiel die Hanauer Hälfte der Pfandschaft zusammen mit der Grafschaft Hanau-Münzenberg an die Landgrafschaft Hessen-Kassel. 1746 kaufte Hessen-Kassel die Kurpfälzer Hälfte der Pfandschaft.

Im Sommer 1736 bewahrte ein schwerer Hagelsturm die Stadt vor einer weitgehenden Zerstörung durch eine Feuersbrunst, in Folge eines Blitzeinschlages im Rathaus[16]. In Erinnerung daran wurde 1738 der 15. August zum Feiertag bestimmt. Seit 1979 wird des sogenannten Hageltages im Rahmen eines ökumenischen Gottesdienstes gedacht.

19. bis 21. Jahrhundert

1803 verlor Gelnhausen durch den Reichsdeputationshauptschluss seinen Status als Reichsstadt und wurde Teil der Landgrafschaft Hessen-Kassel. Während der napoleonischen Zeit stand Gelnhausen ab 1806 zunächst unter französischer Militärverwaltung, gehörte 1807 bis 1810 zum Fürstentum Hanau und dann von 1810 bis 1813 zum Großherzogtum Frankfurt, Departement Hanau. Mit der Wiederherstellung der früheren Landesterritorien fiel es wieder an die Landgrafschaft Hessen-Kassel zurück, die 1815 auf dem Wiener Kongress zum Kurfürstentum Hessen erhoben wurde. Durch die Verwaltungsreform des Kurfürstentums Hessen von 1821 wurde der Staat in vier Provinzen und 22 Kreise eingeteilt. Gelnhausen wurde Sitz der Kreisverwaltung des gleichnamigen Kreises. Mit der Annexion Kurhessens durch das Königreich Preußen nach dem verlorenen Krieg von 1866 wurde auch Gelnhausen preußisch.

Im 19. Jahrhundert, am 1. Mai 1867 erhielt die Stadt mit der Kinzigtalbahn, Teil der damals Bebraer Bahn genannten Eisenbahn, Anschluss an eine überregional bedeutende Bahnstrecke. Gummiindustrie siedelt sich in der Stadt an und sorgte für wirtschaftlichen Aufschwung.

1945 kam Gelnhausen an das neu gegründete Bundesland Hessen. Im Rahmen der Gebietsreform in Hessen verlor Gelnhausen zunächst seinen Status als Kreisstadt. Der Landkreis Gelnhausen wurde Teil des Main-Kinzig-Kreises. Die Stadt Gelnhausen blieb ein regionales Zentrum im Kinzigtal und erhielt eine Außenstelle der Kreisverwaltung. Diese wurde zu einem zentralen Landratsamt für den Main-Kinzig-Kreis ausgebaut und die Kreisverwaltung zog 2005 von Hanau hierhin um. Damit ist Gelnhausen wieder Kreisstadt.


Text: Wikipedia

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