Gioachino Rossini

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Gioachino Antonio Rossini (auch Gioacchino) [dʒoaˈkiːno anˈtɔːnjo rosˈsiːni] (* 29. Februar 1792 in Pesaro, Kirchenstaat, heute Marken; † 13. November 1868 in Passy, Paris) war ein italienischer Komponist. Er gilt als einer der bedeutendsten Opernkomponisten des Belcanto; seine Opern Il barbiere di Siviglia („Der Barbier von Sevilla“), L’italiana in Algeri („Die Italienerin in Algier“) und La Cenerentola („Aschenputtel“) gehören weltweit zum Standardrepertoire der Opernhäuser.

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Leben

Kindheit und Jugend

Gioachino Rossini war der einzige Sohn aus der Ehe des Hornisten Giuseppe Rossini (1758–1839) mit der Sängerin Anna Rossini geb. Guidarini (1771–1827).[1] Eigentlich wurde der Sohn noch am Tag seiner Geburt in Pesaro auf den Namen Giovacchino getauft, doch bekannt wurde sein Name ohne „v“, und Rossini selbst schrieb ihn fast durchwegs als Gioachino, weshalb auch diese ungewöhnliche Namensform heute allgemein von der Musikwissenschaft verwendet wird.

Als Kind lernte Rossini Violine und Cembalo zu spielen; außerdem hatte er eine gute Gesangsstimme. Seine Mutter lehnte jedoch energisch den Vorschlag ihres Bruders ab, die Sopranstimme ihres Kindes als Sängerkastrat zu bewahren, wofür ihr Rossini später dankbar war. Als die Familie 1802 nach Lugo zog, machte Gioachino Rossini die Bekanntschaft mit dem wohlhabenden Giuseppe Malerbi, von dem ein nachhaltiger Einfluss ausging. In Malerbis Bibliothek lernte Rossini die Werke von Haydn und Mozart kennen. Am 22. April 1804 hatte der zwölfjährige Rossini gemeinsam mit seiner Mutter einen ersten öffentlichen Auftritt im kommunalen Theater von Imola.[2] Im selben Jahr schrieb Rossini seine erste Komposition für zwei Violinen, Violoncello und Kontrabass, die Sei sonate a quattro, deren komplette Urfassung erst 1954 im Druck erschien.[3]

1805 zog die Familie nach Bologna, wo Gioachino Rossini als Sänger auftrat. Seit April 1806 besuchte er das Liceo Musicale. Hier erhielt er Unterricht in Komposition sowie Violoncello, Horn, Klavier und Gesang. 1810 verließ Rossini das Liceo ohne Abschluss und ging nach Venedig. Zu diesem Zeitpunkt hatte er mit Demetrio e Polibio bereits seine erste Oper sowie einige weitere Stücke komponiert. Für seine Leistungen als Sänger wurde er durch die Aufnahme in die Accademia Filarmonica di Bologna geehrt. In Venedig trat der zwanzigjährige Rossini mit der Uraufführung der Oper La cambiale di matrimonio am 3. November 1810 erstmals als Komponist an die Öffentlichkeit.[4]

Der Weg zum Ruhm

In den folgenden Jahren schrieb Rossini mehrere Opern, die jedoch noch nicht sonderlich bekannt wurden. Erst mit der Opera seria Tancredi hatte er im Februar 1813 seinen ersten durchschlagenden Erfolg. Die Uraufführung erfolgte in Venedig am Teatro La Fenice, mit der Altistin Adelaide Malanotte in der Titelrolle;[5] ihre Auftrittsarie Di tanti palpiti wurde so berühmt, dass sie sogar von den Gondolieri gesungen wurde,[6] und Niccolò Paganini schrieb darüber Variationen (Op. 13) für Violine und Orchester. Nur wenige Monate später, am 22. Mai 1813, erlebte auch Rossinis Opera buffa L’italiana in Algeri einen rauschenden Erfolg, ebenfalls in Venedig, aber am Teatro San Benedetto.

Nach einigen weiteren Opernkompositionen für verschiedene Opernhäuser in Italien wurde Rossini 1815 Leiter der beiden Opernhäuser in Neapel, dem Teatro San Carlo und dem Teatro del Fondo. Das Teatro San Carlo gehörte neben der Mailänder Scala zu den beiden führenden Opernhäusern Italiens, und so boten sich ihm einmalige Möglichkeiten: Es verfügte über ein ungewöhnlich gutes Orchester, und das Sängerensemble bestand aus lauter Virtuosen, wie der Primadonna Isabella Colbran, außerdem die Tenöre Andrea Nozzari, Manuel Garcia, Giovanni David, und der Bass Michele Benedetti. Für dieses außergewöhnliche Ensemble komponierte Rossini eine Reihe von Opere serie, die zu seinen am besten ausgearbeiteten und einfallsreichsten Partituren gehören: Elisabetta regina d’Inghilterra (1815), Otello (1816), Armida (1817), Mosè in Egitto (1818), Ricciardo e Zoraide (1818), Ermione (1819), La donna del lago (1819) und Maometto II (1820).

Obwohl er vertraglich verpflichtet war, für jedes der beiden neapolitanischen Häuser eine Oper pro Jahr zu schreiben, konnte Rossini daneben auch für andere Städte tätig sein. So komponierte er für die Karnevalssaison 1816 im Teatro Argentina in Rom seinen Barbiere di Siviglia. Die Uraufführung war ein komplettes Fiasko, aber schon die zweite Aufführung erhielt großen Beifall, und in derselben Nacht machte das Publikum einen Fackelzug zu Rossinis Ehren zu seiner Herberge und weckte ihn aus dem Schlaf.[7] Der Barbier wurde später und bis heute zu seiner beliebtesten Oper. Auch die Uraufführung der Cenerentola im Karneval 1817 im römischen Teatro Valle war zunächst kein Erfolg, erst durch spätere Aufführungen wurde das Werk beliebt.[8] Einige Monate später war Rossini an der Mailänder Scala, wo die Premiere von La gazza ladra am 31. Mai 1817 bejubelt wurde. Isabella Colbran, um 1810–1815.

In Neapel begann Rossini eine Liebschaft mit Isabella Colbran, der Primadonna seiner neapolitanischen Opern, die er schließlich am 16. März 1822 in Castenaso bei Bologna heiratete, wo die Colbran eine Villa besaß. Die Hochzeit fand im kleinsten Kreise in der kleinen Kirche Vergine del Pilar statt.[9] Kurz darauf reiste das Ehepaar Rossini und die beiden Tenöre Giovanni David und Andrea Nozzari nach Wien, wo Barbaja eine Rossini-Saison am Kärntnertortheater organisiert hatte. Für diese Tournee hatte Rossini die Opera seria Zelmira komponiert, und es wurden außerdem unter anderem seine Elisabetta, regina d'Inghilterra und Ricciardo e Zoraide gegeben.[9] Es war ein triumphaler Erfolg und ganz Wien lag im berühmten „Rossini-Taumel“.[10] Bei dieser Gelegenheit besuchte Rossini den tauben Beethoven, der sich die Partitur des Barbier von Sevilla angesehen, und diejenigen der Seria-Opern Tancredi, Otello und Mosè „durchgeblättert“[11] hatte; er riet Rossini, sich ausschließlich auf komische Opern zu beschränken, und fügte hinzu: „...sehen Sie, die ernste Oper liegt nun einmal den Italienern nicht. Um das wahre Drama zu behandeln, haben sie zu geringe musikalische Kenntnisse...“.[12]

Rossini und seine Frau kehrten im Spätsommer desselben Jahres zurück nach Italien, wo seine letzte für die Colbran und Italien geschriebene Oper Semiramide am 3. Februar 1823 ihre Uraufführung am La Fenice in Venedig erlebte.[13] Die Oper wurde allein bis zum 17. März, dem Tag ihrer Abreise, 28 Mal wiederholt,[14] und wurde eine seiner beliebtesten Opern (siehe unten).

London und Paris

Ende 1823 ging das Ehepaar Rossini zunächst nach Paris, und einen Monat später für fünf Monate nach London, wo sich die feine Gesellschaft um sie riss.[15] Im Januar 1824 wurde am King’s Theatre seine Zelmira aufgeführt. Es war kein Erfolg,[9] aber Rossini wurde mit 7000 Pfund großzügig entlohnt. Ab August des Jahres 1824 waren sie in Paris, wo Rossini den Posten des Leiters der italienischen Oper annahm. Zwei Jahre später wurde er königlicher Hofkomponist und Generalinspekteur des Gesangs in Frankreich. Schon 1825 hatte Rossini zu den Krönungsfeierlichkeiten Karls X. die Oper Il viaggio a Reims (Die Reise nach Reims) komponiert, mit einem ungeheuren Staraufgebot an Sängern, zu denen unter anderem Giuditta Pasta, Laure Cinti-Damoreau, Ester Mombelli, Domenico Donzelli und Nicholas-Prosper Levasseur gehörten. Große Teile dieses unwiederholbaren Werkes verwendete er einige Jahre später für seine einzige komische Oper in französischer Sprache Le comte Ory (1828). Zuvor hatte er für die Pariser Oper zwei seiner neapolitanischen Seria-Opern zu französischen Grand Opéras umgearbeitet: So wurde aus Maometto II (von 1820) Le siège de Corinthe (1826), und aus Mosé in Egitto (von 1818) Moïse et Pharaon (1827). 1829 wurde Rossinis Guillaume Tell aufgeführt. Auch diese gehörte zum Genre der Grand Opéra. Es sollte die letzte Oper seines Lebens sein.

Ein Leben als Ikone

Das Jahr 1830 brachte für Rossini den Verlust seiner Ämter, da der französische König im Verlauf der Julirevolution abdanken musste. Es gelang Rossini jedoch, gerichtlich eine lebenslange Rente durchzusetzen.

Von seiner Frau Isabella Colbran lebte Rossini de facto seit 1830 getrennt; sie lebte zusammen mit seinem Vater in Castenaso und Bologna; dieser beschwerte sich häufig über sie in zahlreichen Briefen an Gioachino. Eine offizielle Trennung von Isabella erfolgte 1837.[9] Zu dieser Zeit war er bereits mit seiner neuen Lebensgefährtin, der Französin Olympe Pélissier, zusammen, die er 1832 kennengelernt hatte. Nach dem Tode Isabellas 1845 heiratete er Olympe am 16. August; diese Ehe hielt bis zu seinem Tode.[16] 1839 war auch Rossinis Vater gestorben.[17]

Von 1836 bis 1848 wirkte Rossini in Bologna als Direktor des Musiklyzeums. Er war auch weiterhin zumindest sporadisch als Komponist tätig, widmete sich aber mehr der geistlichen und der Kammermusik. In dieser Zeit entstand sein berühmtes Stabat Mater, das seine Uraufführung 1842 erlebte, am 7. Januar in Paris, in der Salle Ventadour des Théâtre-Italien, und am 13. März in Bologna unter Leitung von Gaetano Donizetti.[18]

Wegen politischer Unruhen in Bologna floh Rossini 1848 nach Florenz.

Nach seinem Rückzug von der Bühne litt Rossini häufig an Depressionen;[19] er litt außerdem an den Folgen einer Gonorrhoe, die er sich schon in jungen Jahren zugezogen hatte. Eine allgemeine Besserung zumindest seines seelischen Zustandes trat ab 1855 ein, nach seiner Rückkehr nach Paris (Passy), die von seiner Frau Olympe initiiert worden war.[20] Ab 1858 gaben sie sogar jeden Samstagabend Soireen, bei denen auch musiziert wurde, und zu denen die Einladungen heißbegehrt waren.[21]

Ab 1858 entstanden auch zahlreiche, heute meist unbekannte Werke, die sogenannten Péchés de vieillesse, die „Alterssünden“, die Rossini in 13 Bänden und zwei Supplements sammelte. Darunter sind allein über 100 Klavierstücke, die für ihren Witz bekannt sind. Unter anderem heißen die Stücke Gefolterter Walzer, asthmatische Etüde, chromatischer Drehteller oder Fehlgeburt einer Polka-Mazurka. Zu den bekannten und großen Werken nach seiner Zeit als Opernkomponist zählt die Petite Messe solennelle (1863), die trotz ihres Namens („kleine Messe“) ein neunzigminütiges Werk ist. Rossinis Grab bis 1887 auf dem Pariser Friedhof Père-Lachaise Rossinis Grab seit 1887 in Santa Croce in Florenz

Rossini war bekannt für seinen humorvollen, liebenswerten Charakter,[22] selbst im Gespräch mit einem musikalischen Gegner wie Richard Wagner (1860) hatte er noch lauter witzige Bonmots auf der Zunge, und besaß auch Selbstironie.[23] Dies war allerdings teilweise eine Reaktion einerseits auf seine enorme Berühmtheit,[24] und andererseits auf für ihn sicher schmerzliche und einengende Einstufungen als angeblich ausschließlicher Meister der Opera buffa, die er schon von dem tauben (!) Beethoven, aber vor allem in seiner zweiten Lebenshälfte auch sonst manchmal hinnehmen musste. Er war außerdem ein sehr hilfsbereiter Mensch, der jüngere Kollegen (und Konkurrenten) selbstlos unterstützte, so gut er konnte.[25] Das gilt z. B. für Vincenzo Bellini, dem er 1834 einen Auftrag an der Pariser Opéra vermittelte, und danach bei der Arbeit an der Oper I puritani mit vielen guten Ratschlägen beistand.[26] Ähnliches gilt auch für Gaetano Donizetti[27] und selbst für Carl Maria von Weber, der sich zwar öffentlich nicht besonders wohlwollend über Rossinis Musik geäußert hatte, dem er aber 1826 aus Hochachtung vor seinem Genie und aus Mitleid wegen seiner tödlichen Schwindsucht, Empfehlungsschreiben zu einflussreichen Bekannten nach London mitgab.[28]

Rossini starb am 13. November 1868 an den Folgen einer Darmoperation. Er wurde zunächst auf dem Pariser Friedhof Père-Lachaise beigesetzt, bevor man seine Gebeine 1887 in die Kirche Santa Croce in Florenz überführte.

Unter dem Eindruck von Rossinis Tod lud Giuseppe Verdi die zwölf bedeutendsten Komponisten Italiens seiner Zeit ein, sich an der Gemeinschaftskomposition einer Totenmesse für Rossini zu beteiligen, die am ersten Todestag aufgeführt werden sollte. Die Messa per Rossini wurde 1869 fertiggestellt, eine Aufführung kam jedoch wegen widriger Umstände nicht zustande. Die Gemeinschaftskomposition wurde erstmals 1988 postum aufgeführt. Verdi übernahm seinen eigenen Beitrag, das abschließende Libera me, als Keimzelle für die Komposition seines eigenen Requiems. Auch der Florentiner Musiker Guido Tacchinardi komponierte zur gleichen Zeit sein Requiem a Rossini, das erst 2014 veröffentlicht wurde.

Der italienische Staat hat Rossinis Geburtshaus in Pesaro, das heute ein Museum beherbergt, zugleich mit den Geburtshäusern von Giacomo Puccini und Giuseppe Verdi, mit dem Europäischen Kulturerbe-Siegel ausgezeichnet. Rossini wurde vielfach geehrt, darunter durch seine Aufnahme als auswärtiges Mitglied in die Académie des Beaux-Arts (1823) und als ausländisches Mitglied in den preußischen Orden Pour le Mérite für Wissenschaft und Künste am 31. Mai 1842.[29] Im Opernhaus seiner Geburtsstadt Pesaro und in der Scala von Mailand standen bereits um 1840 Büsten von Rossini, und in Bologna wurde sein Namenstag zum offiziellen Festtag erklärt.[30]


Text: Wikipedia

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