Großfunkstelle Nauen

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Blick in den großen Senderaum der Funkstation Nauen.
Reklamemarke Telefunken

Die Großfunkstelle Nauen ist die älteste noch bestehende Sendeanlage der Welt. Sie wurde am 1. April 1906 vom Telefunken-Ingenieur Richard Hirsch ins Leben gerufen, indem er nördlich von Nauen vom Fideikommissar Fritz Stotze aus Neukammer ein 40 Hektar großes Grundstück pachtete. Die heutigen Sendeantennen wurden 1964 und 1997 fertiggestellt und sind 70 Meter und 80,5 Meter hoch. Die Station diente bis 2011 der Ausstrahlung des Programms der Deutschen Welle über Kurzwelle.


Geschichte

Am 9. August 1906 wurde der Probebetrieb und am 16. August 1906 der operative Betrieb als Versuchsstation von Telefunken aufgenommen. Als Sendemast diente ein 100 Meter hoher, gegen Erde isolierter Stahlfachwerkmast, der eine Schirmantenne trug. Als Sender wurden Knallfunkensender verwendet.

Da die Station über keinen Stromanschluss verfügte, wurde im Sendergebäude, einem leichten Fachwerkhaus, eine Lokomobile mit einer Leistung von 35 PS aufgestellt, welches einen 50 Hz Wechselstromgenerator mit 24 kVA Leistung antrieb.

Bereits bei den ersten Funkversuchen wurden die Signale Nauens von den Stationen in Norddeich (ca. 300 Kilometer), Rigi-Scheidegg (ca. 700 Kilometer) und Sankt Petersburg (ca. 1.300 Kilometer) empfangen.

1909 wurden als Sender Löschfunkensender installiert. Mit ihnen konnten Reichweiten von 5.000 Kilometern erzielt werden.

1911 gelang erstmals eine Funkverbindung mit der Funkstation Kamina in der damaligen deutschen Kolonie Togo. Im gleichen Jahr wurde auch der Antennenmast auf 200 Meter Höhe aufgestockt. Allerdings wurde dieser Mast durch einen Sturm am 31. März 1912 zerstört. Er wurde durch eine Antenne ersetzt, die zwischen zwei 120 Meter hohen Masten gespannt war. Ende 1912 wurde diese wiederum durch eine von fünf Masten getragene L-Antenne mit V-förmigen Grundriss ersetzt.

1913 war in Nauen der erste Maschinensender installiert worden. Er arbeitete mit Frequenzverdopplung nach dem System Arco. Am 10. Februar 1914 wurde eine 1.037 Meter lange, von einem 260 Meter hohen und zwei je 120 Meter hohen Masten getragenen L-Antenne installiert. Zeitgleich erhielt die Station ein neues Sendergebäude.


Erster Weltkrieg und Zwischenkriegszeit

Mit Beginn des Ersten Weltkriegs unterstand die Station der Kaiserlichen Admiralität und bekam eine große Bedeutung, denn die nach Deutschland führenden Überseekabel waren von den gegnerischen Staaten unterbrochen worden. Von Nauen erreichte die Nachricht vom Kriegsausbruch die deutschen Kolonien, die wiederum zahlreiche deutsche Handelsschiffe warnten.

1916 erfolgte auf Drängen von Hans Bredow (damaliger Telefunken-Direktor und späterer Reichsrundfunk-Kommissar) der Ausbau der Station. So wurde die Antennenanlage enorm vergrößert und weitere Hochfrequenzmaschinensender aufgestellt.

Von 1918 bis 1931 gehörte die Anlage zur Transradio AG. 1920 bekam die bis dato fertiggestellte Hauptantenne der Station, welche von zwei 260 Meter und von vier 125 Meter hohen Masten getragen wurden, beachtliche Ausmaße: sie erstreckte sich über eine Länge von 2.484 Metern. Im rechten Winkel zu dieser gab es noch eine kleinere Antenne, die von drei Masten getragen wurde, von denen einer wie ein Freileitungsmast aussah. Außerdem wurde 1920 das von Hermann Muthesius gestaltete neue Sendegebäude, der charakteristische Muthesiusbau, errichtet. Die modernisierte Sendestelle wurde am 29. September 1920 durch Reichspräsident Friedrich Ebert eingeweiht. Dazu erschien eine Festschrift und ein Führer durch die Station.

1923 wurde in Nauen der letzte Maschinensender aufgestellt, ab 1924 folgten Kurzwellensender.

Am 1. Januar 1932 übernahm die Deutsche Reichspost die Station. Obwohl in den 1930er Jahren schon längst Röhrensender Stand der Technik waren, wurden die Maschinensender 1937 noch modernisiert.


Zweiter Weltkrieg und Nachkriegszeit

Im Zweiten Weltkrieg dienten die Längstwellensender der Station hauptsächlich zur Übermittlung von Befehlen an getauchte U-Boote.

Die Station, die den Zweiten Weltkrieg unbeschadet überstand, unterlag ab Ende Mai 1945 der Demontage durch die sowjetischen Besatzungsmächte. Alle technischen Einrichtungen wurden abgebaut und die Masten der Station gesprengt. Ob und wo die demontierten Maschinensender in der Sowjetunion zum Einsatz kamen, ist nicht bekannt.

Ursprünglich sollte auch der 1920 errichtete Muthesiusbau gesprengt werden, doch konnte dies durch gezielte Überzeugungskraft verhindert werden.

Bis 1955 herrschte Funkstille in Nauen und das Gebäude wurde als Kartoffellager genutzt. 1955 begann man in Nauen mit dem Aufbau von Kurzwellensendern, erst für diplomatische Kontakte, ab 1958 auch für den Auslandsrundfunk. Als Sendeantennen wurden zunächst 39 Rhombusantennen errichtet.

Im Jahr 1964 errichtete man am Dechtower Deich eine der ersten drehbaren Kurzwellenantennen. Die noch heute existierende Antenne hat eine Höhe von 70 Metern. Sie verfügt über zwei Antennenfelder von 40 Tonnen und 70 Tonnen Masse.

1972 wurde in der Nähe dieser Antenne eine Vorhangantenne errichtet und weitere Sender in Betrieb genommen.

Nach der deutschen Wiedervereinigung ging die Anlage in Nauen an die Deutsche Bundespost über. Es wurden alle Sender und Antennen, die nicht dem Kurzwellenrundfunk dienten, abgeschaltet und demontiert.


Aktueller Stand

Von 1995 bis 1997 wurde in Nauen eine neue Antennenanlage errichtet. Sie besteht aus vier drehbaren Kurzwellenantennen der Firma Thomcast (heute Thomson Broadcast GmbH in Schifferstadt) und vier 500-Kilowatt-Sendern, die von der Firma Telefunken Sendertechnik (heute Transradio SenderSystemeBerlin) gefertigt wurden und bis auf die Endstufe volltransistorisiert sind. Als Besonderheit stehen die drehbaren Antennen auf dem Dach des Sendergebäudes und erlauben unlimitierte Rotation in alle Richtungen. Die Energieübertragung erfolgt dabei mittels Schleifringen. Zwei der vier Antennen haben ein umschaltbares Vertikaldiagramm für unterschiedlich weit entfernte Zielgebiete.

Seit 2008 gehört die Sendeanlage dem Unternehmen Media Broadcast.



Text: Wikipedia

Bild: Wikipedia/Bundesarchiv, Bild 102-13265 / CC-BY-SA

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