Heiligenbeil

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Mamonowo (russisch Мамоново, deutsch Heiligenbeil, polnisch Świętomiejsce oder Święta Siekierka, litauisch Šventapilė) ist eine Stadt in der russischen Oblast Kaliningrad.

Reklamemarken und Siegelmarken

Verzeichnis der sortierten Reklamemarken und Siegelmarken mit einem Bezug zu Heiligenbeil.

Geschichte

Mittelalter

Bis 1272 befand sich hier eine Ansiedlung der Prussen namens Swento mest (prußisch swentas, swints: heilig/ mestan: Stadt), deren Name als „heilige Stadt“ und heidnische Verkündigungsstätte (prußisch bila: Sprache) gedeutet werden kann. Nach 1272 unterstand die Gegend dem Deutschen Orden. Die Stadt wurde 1301 unter dem Namen Heiligenstadt vom Deutschen Ritterorden mit kulmischem Recht in der Nähe der prußischen Kultstätte Swentomest gegründet. 1344 wurde der Name in Heiligenbil umgewandelt und 1349 eine Kirche eingeweiht. Die Endung „Beil“ stammt vom altpreußischen Begriff „bila“: Sprache, Predigt.

Die ersten Ordensritter waren per Schiff über das Frische Haff bereits 1238 am Ufer bei Balga gelandet. Heiligenbeil selbst lag nicht am Frischen Haff, doch entwickelte sich hier unterhalb der Stadt der Hafenplatz Rosenberg. Historische Ansicht von Heiligenbeil

Neuzeit

In den Jahren 1463, 1519, 1520, 1571, 1677 und auch im 19. Jahrhundert war die Stadt durch Feuersbrünste in Mitleidenschaft gezogen worden.[2] Die Einwohner ernährten sich hauptsächlich von bürgerlichen Gewerben oder Ackerbau; auch wurde in der Stadt Bier gebraut, das an die umliegenden Ortschaften ausgeliefert wurde. Bereits im 18. Jahrhundert gab es in der Stadt eine Lateinschule, an der drei Lehrer unterrichteten.[3]

Von 1819 bis 1945 war Heiligenbeil die Kreisstadt des gleichnamigen Kreises.

20. Jahrhundert

Am Anfang des 20. Jahrhunderts hatte Heiligenbeil eine evangelische Kirche, eine römisch-katholische Kirche, eine Landwirtschaftsschule, ein Amtsgericht, eine Maschinenfabrik, einen Obstverwertungsbetrieb und Mühlenwerke.[4] 1939 zählte Heiligenbeil 12.100 Einwohner.

Bei der Reichstagswahl am 5. März 1933 erreichten die NSDAP und die mit ihr verbundene DNVP im Landkreis Heiligenbeil einen Anteil von 70 % (Reichsdurchschnitt 52 %).[5] Von 1936 bis 1945 befand sich östlich von Heiligenbeil der Fliegerhorst Heiligenbeil. Nach 1939 wurde ein Außenarbeitslager des KZ Stutthof errichtet.

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das Kreisgebiet im Februar und März 1945 Kriegsschauplatz. Die nationalsozialistische Gauleitung unter Gauleiter Erich Koch unterließ die rechtzeitige Evakuierung der Bevölkerung und stellte selbständige Fluchtbewegungen unter schwere Strafe. In den Winterwochen zuvor flüchteten Hunderttausende völlig ungeordnet (unter anderem behindert durch die Wehrmacht) aus allen Teilen Ostpreußens – darunter auch der größte Teil der Bevölkerung des Kreises Heiligenbeil – über das Eis des Haffs auf die Frische Nehrung und von dort auf die rettenden Schiffe in Pillau oder auf dem Landweg der Nehrung nach Danzig.[6] Bei den Kriegshandlungen bildete sich der Heiligenbeiler Kessel. Nach wochenlangen Abwehrkämpfen der deutschen 4. Armee gegen mehrere sowjetische Armeen fiel Heiligenbeil. Am 29. März 1945 schifften sich die letzten deutschen Soldaten vom Haffufer unterhalb der Burgruine Balga in Richtung Pillau ein. Die fast symmetrisch angelegte Altstadt wurde vollständig zerstört.

Von den rund 53.000 Bewohnern des Kreises Heiligenbeil verloren ca. 20 Prozent ihr Leben durch Krieg, Flucht, Vertreibung, Deportation, Vergewaltigungen, Hunger, Krankheiten oder unmenschliche Behandlungen in nationalsozialistischen bzw. später sowjetischen Zwangslagern.

Nach der Besetzung des Kreisgebietes durch die Rote Armee war zunächst geplant, dass der gesamte Landkreis Heiligenbeil Teil des polnischen Staates werden sollte. Bei der Konferenz in Teheran skizzierte Stalin angeblich seine Vorstellungen des Grenzverlaufs im ehemaligen Ostpreußen, wonach dieser von West nach Ost direkt südlich von Königsberg entlang der Flüsse Pregel und Pissa – etwa 30 km nördlich der heutigen Grenze – verlaufen sollte. Tatsächlich wurde zunächst das gesamte Kreisgebiet den polnischen Behörden übertragen, wobei auch die polnische Ortsbezeichnung Świętomiejsce für die Stadt Heiligenbeil verwendet wurde.[7]

Am 17. Oktober 1945 wurde Ostpreußen gemäß dem Potsdamer Abkommen von der sowjetischen Besatzungsmacht vorläufig in zwei Besatzungszonen aufgeteilt. Dabei wurde, entgegen der ursprünglichen Planung, der Kreis doch aufgeteilt. Die nördliche Hälfte Ostpreußens, zu der auch die Stadt Heiligenbeil gehörte, kam unter sowjetische Verwaltung, während die südliche Hälfte unter polnischer Verwaltung blieb.

Die Demarkationslinie zwischen diesen beiden Besatzungszonen verlief südlich einer horizontalen Linie von Leisuhnen, Heiligenbeil, Deutsch Thierau, Hermsdorf-Pellen, Zinten, Schwengels und Robitten. Alles, was nördlich davon lag, kam unter sowjetische Verwaltung. Die letzten noch im sowjetischen Teil verbliebenen Deutschen wurden 1948 ausgewiesen. Zahlreiche Dörfer wurden gänzlich aufgelöst, Häuser und Straßen sind verschwunden. Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion sind Stadt und Region Teil Russlands.

Die Stadt Heiligenbeil wie auch viele Nachbarorte war bei Kriegsende fast vollständig zerstört. Nur Heiligenbeil selbst, das seit 1947 nach dem sowjetischen Oberstleutnant Nikolai Wassiljewitsch Mamonow (1919–26. Oktober 1944 in der Nähe von Pułtusk) Mamonowo heißt, hat wieder eine gewisse Größe erreicht und wird heute von rund 8000 Menschen bewohnt. Das neue Zentrum der Stadt liegt nordwestlich der alten im Bereich der allerdings nicht erhaltenen früheren katholischen Kirche, während die Altstadt Brachgelände ist. Fundamente und Straßenzüge sind kaum noch zu erkennen, Teile der evangelischen Kirche ragen neben einem Spielplatz hoch, ein paar Wohnblocks aus den 1960er- oder 1970er-Jahren wurden auf dem Gelände der Altstadt gebaut. Einzig erhaltenes Gebäude auf dem Gebiet der früheren Altstadt ist das der Heiligenbeiler Brauerei. Die Ruine befindet sich im südwestlichen Teil des Areals. Andere Kommunen in der Nachbarschaft von Mamonowo sind völlig unbedeutend geworden. Wegen seiner strategischen Bedeutung wurde der Ort ebenso wie Laduschkin vom Flottenstützpunkt Baltijsk aus verwaltet.[8]

Im Süden des alten Stadtgebiets befindet sich ein deutscher Soldatenfriedhof, der vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge wiederhergestellt und 2002 eingeweiht worden ist. Auf ihm liegen 4700 Gefallene (Stand 2002) vor allem der Kämpfe um den Kessel von Heiligenbeil.


Text: Wikipedia

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