Justizvollzugsanstalt Münster

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Siegelmarke vom Gefängnis
Siegelmarke der Strafanstalt

Die Justizvollzugsanstalt Münster im westfälischen Münster gehört zu den ältesten Justizvollzugsanstalten des Landes. Es gilt als zweitältestes Gefängnis Deutschlands, nur die Justizvollzugsanstalt Waldheim wurde früher in Betrieb genommen. Das Gebäude ist denkmalgeschützt. Das Gefängnis verfügt über rund 600 Haftplätze, davon 63 im Pädagogischen Zentrum. Zur JVA Münster gehört die Zweiganstalt Coesfeld. Sie befindet sich in einem Gebäude aus dem Jahr 1850 und verfügt über 42 Haftplätze im geschlossenen Vollzug.

Mitte April 2013 befanden sich zwischen 514 und 528 Häftlinge am Standort in Münster.


Bau und Erweiterung

Die JVA Münster wurde ab 1848 an der Gartenstraße nach Plänen der preußischen Architekten Karl Friedrich Schinkel und Carl-Friedrich Busse im Stil der englischen Neugotik erbaut. Sie wurde 1853 in Betrieb genommen. Dabei ersetzte sie den münsterschen Zwinger, der nur wenige Meter entfernt an der Promenade liegt. Der Bau erfolgte in der zu dieser Zeit üblichen Sternbauweise mit vier Flügeln, im Zentrum liegt ein Kirchengebäude mit Kirchturm. Das Isolier-Strafanstalt genannte Gefängnis bestand aus 456 Einzel- sowie 80 Schlafzellen. In den darauffolgenden Jahrzehnten wurde das Gefängnis mehrfach erweitert, unter anderem 1861 durch eine Krankenstation, Lager, Wirtschaftsgebäude, Küche mit Bäckerei sowie einer psychiatrischen Abteilung 1893.


Zeit des Nationalsozialismus

In der Zeit des Nationalsozialismus wurde die Anstalt, die eine Kapazität von 605 Gefangenen hat, mit bis zu 1100 überbelegt. Unter anderem wurde eine kriminalbiologische Forschungsstelle eingerichtet, in der Straftäter auf ein „Urteil über den Wert oder Unwert des einzelnen für Volk und Staat, für die Gesellschaft und für die Rasse“ hin untersucht wurden. In einem Flügel wurden Gefangene von SS und Gestapo bewacht, auf dem Gelände wurden Erschießungen durchgeführt. Am 29. März 1945 erschossen Gestapo-Mitarbeiter 17 sowjetische Kriegsgefangene und verscharrten sie in einem Bombentrichter. Ein zweiter Flügel, Teile der Kirche sowie das Verwaltungsgebäude und die Krankenstation wurden bei Luftangriffen zerstört. Nach Kriegsende wurden die Gebäude rasch wieder aufgebaut.


Nachkriegszeit

Seit 1971 besitzt die JVA ein Pädagogisches Zentrum, in dem bis zu 63 Gefangene Schulabschlüsse erlangen können. Im Herbst 2005 machten Häftlinge in Münster das erste Abitur hinter Gittern in Nordrhein-Westfalen. 1975 wurde ein neues Wirtschaftsgebäude fertiggestellt, außerdem wurden 13 Plätze für Drogenabhängige geschaffen, die an einer Therapie über bis zu 18 Monate teilnehmen können. Ein solches Modell ist einmalig in Nordrhein-Westfalen. 1985 wurde eine Besuchsabteilung ausgebaut. In den 1990er Jahren wurde eine Kooperation mit der Westfälischen Wilhelms-Universität begonnen, die Jura-Studenten einen Einblick in die Justizvollzugsanstalt ermöglicht. Die Anzahl der Mitarbeiter beträgt über 300, insgesamt bietet die JVA Platz für circa 550 Häftlinge. Seit 2003 ist die Fachstelle Gefangenenbüchereiwesen bei der JVA Münster angesiedelt, sie koordiniert die Bibliotheksarbeit im Justizvollzug und Jugendarrest in Westfalen-Lippe (circa 30 Büchereien). Die Gefangenenbücherei wurde 2005 kernsaniert und neu gestaltet. Dezember 2006 wurde hier der Förderverein Gefangenenbüchereien gegründet, um Büchereien in Kooperation mit Jugendarrest- und Justizvollzugsanstalten zu fördern. 2007 wurde die Bibliothek der JVA mit dem mit 30.000 Euro dotierten Preis „Bibliothek des Jahres“ ausgezeichnet.


Planungen eines Neubaus

Seit 2010 wird ein Neubau geplant. Am 30. August 2012 wurde die Entscheidung zur Stilllegung der Justizvollzugsanstalt in der Gartenstraße sowie zum Neubau des Gefängnisses vom NRW-Justizministerium bekanntgegeben. Der Neubau, der in einer Bauzeit von fünf Jahren entstehen soll, soll Platz für 640 bis 760 Häftlinge bieten, zudem sollen weitere 60 Jugendliche aufgenommen werden können. Weiterhin soll 500 Mitarbeitern Platz geboten werden. Das Baugrundstück müsse dazu eine Größe von rund 12 bis 15 Hektar aufweisen. Die Vorgaben des Landes Nordrhein-Westfalen für den Baugrund sieht eine Fläche von 15 Hektar sowie eine Bushaltestelle vor. Der Stadt Münster präferiert eine Errichtung des neuen Gefängnisses auf dem Stadtgebiet, vorzugsweise auf einem Grundstück der Stadt, um den Wünschen der Stadtdirektion zu entsprechen. Als Standort des Neubaus war das Kasernengelände in Münster-Handorf im Gespräch. Ebenso wurde ein Grundstück östlich der Kanalstraße in der Nähe der Provinzial-Versicherung als Standort gehandelt. Ein Sprecher des Düsseldorfer Justizministeriums gab Ende März 2013 bekannt, dass keiner dieser beiden Standorte für das Ministerium bei der Wahl des Bauplatzes eine Rolle spielen würden. Bei der Standortsuche für das neue Gefängnis wurde eine Verwaltungsvorlage aus dem Jahr 2001 mit dem Titel „Standortsuche für den Neubau des Münsterland-Stadions“ bemüht, die mögliche Standorte für ein neues Stadion des SC Preußen Münster enthält, da für beide Bauprojekte eine Freifläche von etwa 15 Hektar sowie eine gute Nahverkehrsanbindung benötigt wird. Insgesamt wurden 34 mögliche Standorte geprüft. Davon kämen etwa ein Dutzend für den Bauplatz in die nähere Auswahl. Für den neuen Standort ist ausdrücklich eine stadtnahe Lage gewünscht. Dies wurde mit einer schnellen Überführung von Untersuchungshäftlingen zum Landgericht Münster sowie einer guten Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr für Besucher begründet. Stadt und Land gaben an, dass die Bürger bei der Standortsuche beteiligt werden sollen. Das Budget für den Neubau beläuft sich nach Angaben des NRW-Justizministeriums auf 180 bis 200 Millionen Euro. Als Favoriten für den neuen Standort wurden Ende April 2013 ein Gelände nahe Haus Uhlenkotten sowie eine Fläche an der Weseler Straße gehandelt. Nach Angabe der Landesregierung solle sich die Suche nach einem für das Bauvorhaben geeigneten Standort „auf die Bereiche rund um die beiden Autobahnkreuze“ konzentrieren. Im Mai 2013 gab das Justizministerium bekannt, dass der Neubau bis zum Jahr 2019 auf dem Gelände des ehemaligen Truppenübungsplatzes in Handorf errichtet werden soll. Der Stadtverband Münster des Naturschutzbundes Deutschland sieht dies kritisch, weil es sich bei dem Gelände um ökologisch wertvolle Flächen handele.

Der sternförmige Bau an der Gartenstraße soll ähnlich wie die Dreifaltigkeitskirche, die Bonifatiuskirche oder die Alte Feuerwache umgenutzt werden, wobei die Fassade erhalten bleiben soll. Aufgrund der teilweise maroden Bausubstanz gilt der Erhalt des Gebäudekomplexes jedoch als fraglich. Nach Urteil eines Gutachters sei die Sanierung des Gefängnisses wirtschaftlich nicht machbar.

An dem Tag, an dem der Mietvertrag zwischen dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW und dem Land Nordrhein-Westfalen für den Neubau beginnt, wird automatisch das Mietverhältnis für den Standort an der Gartenstraße enden. Ebenso soll nach Fertigstellung des Neubaus der Standort in Coesfeld aufgegeben werden.



Text: Wikipedia

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