Kaiserdom St. Bartholomäus

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Reklamemarke vom Dom
Reklamemarke am Römerberg mit Dom

Der Kaiserdom St. Bartholomäus in Frankfurt am Main ist der größte Sakralbau der Stadt und eine ehemalige Stiftskirche. Als einstige Wahl- und Krönungskirche der römisch-deutschen Kaiser ist der Dom eines der bedeutenden Bauwerke der Reichsgeschichte und galt vor allem im 19. Jahrhundert als Symbol nationaler Einheit.

Der heutige Bau ist der dritte Kirchenbau an gleicher Stelle. Seit dem späten 19. Jahrhundert ergrabene Vorgängerbauten lassen sich bis in das 7. Jahrhundert zurückverfolgen. Die Vorgeschichte ist durch die Rolle als sakrales Pendant der Königspfalz Frankfurt eng mit der allgemeinen Geschichte Frankfurts und der Frankfurter Altstadt verbunden.

Die jetzige Kirche entstand im Wesentlichen zwischen 1250 und 1514, als der fast vollendete Westturm aus Geldmangel mit einer Notkuppel geschlossen werden musste, die als in Mitteleuropa einzigartige Lösung das Stadtbild über Jahrhunderte prägen sollte. Erst das 19. Jahrhundert vollendete den – architektonisch immer noch einzigartigen – Turm nach den erhaltenen Plänen des Mittelalters.

Typologisch handelt es sich um eine dreischiffige Hallenkirche mit gestrecktem 5/8-Chorschluss und angesetztem Westturm auf quadratischem Grundriss. Durch das aus städtebaugeschichtlichen Gründen sehr kurze (nur drei Joche) Langhaus und das sehr lange Querhaus weist der Dom die Grundform eines Zentralbaus auf.


Bedeutung

Der Frankfurter Dom war niemals Kathedralkirche eines Bischofs und gehört auch baulich nicht zu den größten Sakralbauten in Mitteleuropa. Seine große Bedeutung als nationales Symbol beruht vielmehr auf seiner politisch-geschichtlichen Rolle im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation.

Der Dom gilt jedoch auch als baulich interessant, weniger wegen seiner Größe oder seiner kunstgeschichtlichen Rolle als vielmehr wegen seiner langen und verwickelten Baugeschichte und einiger ungewöhnlicher architektonischer Lösungen. Die Architekten der meisten Bauteile sind unbekannt, die wichtigsten namentlich bekannten Baumeister sind Madern Gerthener, der Erbauer des Westturms, und Franz Josef Denzinger, der Leiter des Wiederaufbaus nach dem Dombrand 1867.

Der Kaiserdom St. Bartholomäus ist die größte Kirche des römisch-katholischen Bistums Limburg und Pfarrkirche der Dompfarrei St. Bartholomäus mit St. Leonhard.


Das Reichsstift

Das Salvatorstift, später Bartholomäusstift, war fast 1000 Jahre lang Hausherr des Domes und gehörte zeitweise zu den bedeutendsten seiner Art im Reich.

Mit der Weihe des dritten Vorgängerbaus des Doms, der Salvatorbasilika, gründete der ostfränkische König Ludwig der Deutsche 852 „aus Liebe zum Herrn und zur Vermehrung seines himmlischen Lohnes“ das Salvatorstift Frankfurt. Es sollte das bei der Reichsteilung 843 verlorengegangene (weil ans Mittelreich gefallene) Marienstift in Aachen als Reichsstift ersetzen. Ähnliches tat sein Bruder Karl in seinem Westreich, in Compiègne bei Paris.

Die Einkünfte wurden durch zahlreiche Stiftungen und Erbschaften frommer Bürger gesichert. Als Gründungsmitglieder wurden ein Abt namens Williheri und 12 Kanoniker genannt, die umfangreiche Privilegien besaßen, u. a. die Befreiung vom Militärdienst (was im stürmischen Frühmittelalter durchaus ein Privileg war).

Ähnlich einem Kloster führten die Kanoniker des Stifts ein Gemeinschaftsleben, so teilten sie etwa Ess- und Schlafraum. Vorbild waren die von Bischof Chrodegang von Metz im Jahr 766 für die Kanoniker seiner Kathedrale entworfenen Regeln für ein gemeinsames Leben von Weltpriestern (Priestern, die kein Ordensgelübde abgelegt haben). 816 änderte das Aachener Stift diese Metzer Regeln und erlaubte Privateigentum, was auch in die Frankfurter Regeln übernommen wurde.

Ende des 11. Jahrhunderts endete das Gemeinschaftsleben, die Kanoniker regelten ihre persönlichen Angelegenheiten selbst. Es blieb aber beim gemeinsamen Chorgebet und Gottesdienst. Das Stift entsandte Vikare in anvertraute Kirchen und Kapellen und betrieb Seelsorge in anderen Frankfurter Kirchen.

Der Propst, ursprünglich als Abt bezeichnet, meist ein adeliger Angehöriger des Mainzer Domkapitels (u. a. aus den Familien Eppstein, Nassau, Solms, später Metternich, Schönborn, teils auch französische Kardinäle), war der Vertreter und Vorsteher des Stifts. Er wurde vom Mainzer Erzbischof, oft auch direkt von Rom ernannt. Die innere Leitung des Stifts oblag dem Stiftsdekan. Ein Kantor erfüllte gottesdienstliche Aufgaben und leitete die Schule der Sängerknaben. Der Scholaster führte die Stiftsschule, der Kustos war der Verwalter der Gebäude und Güter, er sorgte für Arme und Kranke (was später an vom Stift gegründete Spitäler übertragen wurde). Der Pleban war für Seelsorge zuständig und diente als Stadtpfarrer. Das Stiftskapitel, d. h. alle Stiftsherren gemeinsam, entschied über die Aufnahme neuer Mitglieder, wählte den Dekan und verlieh die genannten Ämter.

Das Stift erlebte eine lange, bewegte Geschichte und wurde erst mit dem Reichsdeputationshauptschluss 1803 aufgelöst.

Der Dom ist, wie alle Innenstadtkirchen, seitdem im Eigentum der Stadt, die ihn jedoch weiterhin ihren Katholiken zur Nutzung, jetzt als einfache Pfarrkirche, zur Verfügung stellt. Dies wurde 1830 im Dotationsvertrag und dessen Bestätigung von 1854 festgehalten. Darüber hinaus verpflichtet sich die Stadt zur Instandhaltung der Gotteshäuser.


Die Bartholomäusreliquien

Die wertvollste Reliquie des Frankfurter Doms ist die Schädeldecke des Apostels Bartholomäus, der seit 1239 Patron der Kirche ist.

Bartholomäus, der in den synoptischen Evangelien von Matthäus, Markus und Lukas als einer der zwölf Apostel Christi genannt wird, ist wohl identisch mit Nathanael aus Kana in Galiläa, dessen Bekehrung im Johannesevangelium geschildert wird. Dieser Nathanael wurde Sohn (hebr.: bar) des Tholmai, also Bar-Tholmai (Bartholomäus) genannt.

Nach frühchristlicher Überlieferung soll Bartholomäus nach Jesu Tod als Apostel zur Missionierung in Indien und Armenien gewirkt haben. Die Legende berichtet, er habe die „von einem bösen Geist besessene“ Tochter des armenischen Königs Polymios geheilt. Dieser bekehrte sich angesichts des Wunders zum Christentum und ließ sich von Bartholomäus taufen, „mit ihm seine Frau, seine Kinder und alles Volk“. Heidnische Tempel wurden zerstört. Heidnische Priester wandten sich deshalb an den Bruder des Königs, Astyages. Dieser ließ Bartholomäus gefangen nehmen und, weil er seinen Bruder vom Glauben seiner Ahnen abgebracht hatte, auf grausamste Weise hinrichten: Dem Apostel wurde bei lebendigem Leibe die Haut abgezogen und dann der Kopf abgeschlagen.

Die barbarische Hinrichtungsart des Schindens fand durch Bartholomäus’ Geschichte Eingang in die europäische Kunstgeschichte: Der Apostel wird mit seiner eigenen, wie ein nicht benutztes Kleidungsstück locker über dem Unterarm hängenden Haut dargestellt.

Die Bartholomäusreliquien gelangten von Armenien über die Liparischen Inseln nach Benevent und von dort durch Kaiser Otto III. nach Rom ins neue Bartholomäuskloster auf der Tiberinsel (San Bartolomeo all’Isola). Otto wollte das Apostelgebein später mit dem Schiff nach Deutschland bringen, starb aber vor der Verwirklichung dieser Idee, und die Reliquien blieben in Rom.

Im Jahr 1166 begleiteten Gottfried, der Propst des Frankfurter Stifts, und sein Herr, der neue Mainzer Erzbischof Christian I., Kaiser Friedrich I. auf einem seiner zahlreichen Italienzüge. In einer Urkunde Friedrichs zur Bestätigung der Übertragung der Bartholomäusreliquien nach Rom trat Gottfried als Zeuge auf. Möglicherweise erbat er bei dieser Gelegenheit von Friedrich den Schädel des Apostels für sein Frankfurter Stift. Man war nicht in friedlicher Absicht nach Italien gekommen, und der Diebstahl von Reliquien aus unterworfenen italienischen Städten war durchaus üblich. So nahm z. B. nur kurz zuvor der Kölner Erzbischof Rainald von Dassel, ebenfalls in Begleitung Friedrichs I., im zerstörten Mailand die vollständigen Überreste der Heiligen Drei Könige mit, um sie nach Köln zu bringen, wo sie heute noch im Dreikönigenschrein liegen.

Wenn nicht auf diese Weise, so muss doch die Übertragung der Bartholomäusreliquien nach Frankfurt trotzdem weit vor 1215 stattgefunden haben. Aus diesem Jahr stammt die älteste die Bartholomäusverehrung erwähnende Urkunde. Deren Siegel zeigt den Apostel, ist aber offenbar weit älter als die Urkunde.


Wahl und Krönung im Kaiserdom

Die Kaiserkrönung fand ursprünglich in der Peterskirche in Rom durch den Papst statt. Voraussetzung dafür war die vorherige Krönung zum Römischen König. Diese erfolgte seit 936 üblicherweise in der Aachener Pfalzkapelle, der Grabeskirche Karls des Großen, als dessen Nachfolger die Kaiser sich betrachteten.

Frankfurt war in der Goldenen Bulle Karls IV. von 1356 als Ort der Königswahl festgelegt worden. Seit der Zeit Maximilians I. galt der von den Kurfürsten zum König Gewählte auch ohne Zustimmung und Krönung durch den Papst als Erwählter Römischer Kaiser. In der Folge galt auch die Königs- zugleich als Kaiserkrönung. Sie fanden von 1562 an – in der Regel wenige Tage nach der Wahl – ebenfalls in Frankfurt statt. Diese Tradition endete erst mit der Auflösung des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation.

Im Laufe der Jahrhunderte bürgerten sich für Wahl und Krönung feste Rituale ein, die teilweise auch an die im Dom vorhandenen Baulichkeiten gebunden waren.


Königswahlen

Ort der Königswahlen war seit dem späten Mittelalter die südlich an den Chor angebaute Wahlkapelle, die sonst als Stiftsbibliothek diente. Für die Wahl existierten ein an der Ostwand aufgestellter Altar sowie sieben Stühle an den Längswänden. Dahinter standen die Büchergestelle der Bibliothek. Bei Königswahlen wurden die Lehnstühle der Kurfürsten mit rotem Samt überkleidet und die Bücherregale mit Gobelins oder wertvollen Tüchern abgedeckt.

Die Kurfürsten waren anfangs sieben, davon drei geistliche (der Erzbischof von Mainz als Erzkanzler für Deutschland, der Erzbischof von Köln als Erzkanzler für Italien und der Erzbischof von Trier als Erzkanzler für Burgund) und vier weltliche: der König von Böhmen als Erzschenk, der Pfalzgraf bei Rhein als Erztruchsess, der Herzog von Sachsen als Erzmarschall und der Markgraf von Brandenburg als Erzkämmerer des Reiches. 1623 wurde die Kurwürde des Erztruchsesses an den Herzog von Bayern übertragen, jedoch 1648 für den Pfalzgraf bei Rhein eine achte Kurwürde (das Erzschatzmeisteramt) geschaffen; mit der dynastischen Vereinigung von Bayern mit der Kurpfalz 1777 ging diese Kurwürde wieder unter. 1692/1708 wurde das Amt des Erzbannerherrn und damit eine neunte Kurwürde für den Herzog von Braunschweig-Lüneburg geschaffen (Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg). Die Umwandlungen im Kurkollegium durch den Reichsdeputationshauptschluss 1803 hatten keine praktischen Auswirkungen mehr auf die Königswahl, weil bis zum Ende des Reiches 1806 keine Wahl mehr stattfand.

Diese sieben trafen sich zunächst zu einleitenden Verhandlungen im Römer, dem Rathaus der Stadt. Am folgenden Tag, frühmorgens begaben sie sich im vollen kurfürstlichen Ornat zur Bartholomäuskirche. Das Stiftskapitel empfing sie dort und eröffnete die Zeremonie mit einer Heiliggeistmesse, um den Segen für eine weise Entscheidung zu erbitten. Vor dem Altar der Wahlkapelle wurde ein Eid abgelegt. Im Altarraum, über den Sesseln der Kurfürsten, befand sich eine eindrucksvolle Darstellung des Jüngsten Gerichts mit Christus als Weltenrichter, die den irdischen Herrschern wohl die Folgen allzu machtgierigen Handelns bewusst machen sollte. Der Reichserzmarschall verschloss die Kapelle, die Kurfürsten tagten als Konklave. Die eigentliche Wahl war geheim, die einfache Stimmenmehrheit genügte.

Das Ergebnis wurde dann feierlich im Dom verkündet. Der Gewählte wurde vom Mainzer Erzbischof vereidigt und von den Kurfürsten auf den Kreuzaltar vor dem Lettner gehoben. Nachdem man gemeinsam das Te Deum gesungen hatte, wurde die Wahl des Königs öffentlich proklamiert.


Kaiserkrönungen

Von 1562 bis 1792 fanden zehn Kaiserkrönungen im Frankfurter Dom statt. Die Feierlichkeiten leitete der Erzbischof von Mainz. Er und die beiden anderen geistlichen Kurfürsten empfingen den neugewählten Kaiser am Kreuzgangportal des Doms mit Weihwasser. Er wurde durch den Kreuzgang seitlich in den Dom zum Krönungsaltar vor dem Lettner geführt.

Während eines feierlichen Hochamts fand die Krönung statt. Teilnehmer an der Messe waren u. a. die weltlichen Kurfürsten und andere Reichsfürsten und Vertreter der Reichsstände, der Rat der Stadt Frankfurt, Delegationen aus dem Ausland sowie die königliche Familie. Der Konsekrator (der Mainzer Erzbischof) salbte den Kaiser mit Chrisam (einer Mischung aus Balsam und Öl) auf Scheitel, Brust, zwischen den Schulterblättern, am rechten Arm und am Ballen der rechten Hand. In der Wahlkapelle legte man ihm die „Gewänder Karls des Großen“ an. Wieder am Altar, reichte ihm der Mainzer Bischof das Schwert, steckte ihm den Ring an den Finger und bekleidete ihn mit dem Mantel. Der Kaiser nahm Zepter und Reichsapfel entgegen, und alle drei geistlichen Kurfürsten setzten ihm gemeinsam die Reichskrone aufs Haupt. Er schwor einen Eid auf das Evangelium und wurde zum Kaiserthron geleitet. Damit hatte er das Reich nach außen sichtbar in Besitz genommen, König und Kaiser mit allen Rechten war dieser jedoch bereits mit der Wahl geworden. Zum Abschluss wurde das Te Deum gesungen.

Als erste Amtshandlung erteilte der Kaiser verdienten Personen den Ritterschlag. Danach wurde das unterbrochene Hochamt fortgesetzt. Nach dessen Ende zog der kaiserliche Krönungszug durch das Nordportal über den „Königsweg“ zum „Römer“, wo im Kaisersaal das Krönungsmahl stattfand.



Text: Wikipedia

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