Kloster St. Pauli (Brandenburg an der Havel)

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Ansichtskarte des Klosters St. Pauli (1917)
Ansichtskarte des Klosters St. Pauli (1928)
Ansichtskarte der Innenansicht des Klosters St. Pauli (1920)
Kreuzgang

Das Paulikloster ist ein ehemaliges Dominikanerkloster in Brandenburg an der Havel auf dem Gebiet der Neustadt.


Entstehung

Nachdem die Brandenburger Markgrafen die alte Slawenfeste Brandenburg verlassen hatten, wählten die Askanier ein Gebiet am südwestlichen Rande der Neustadt Brandenburg als Sitz ihrer Residenz aus. Die Neustadt war von den Brandenburger Markgrafen vor 1196 planvoll gegründet und angelegt worden. 1267 starb Markgraf Otto III. auf dem markgräflichen Hof, umgeben von Dominikanermönchen. Sein Sohn Otto IV. (der Lange) verschenkte 1286 die markgräfliche Residenz an den Dominikanerorden. Schon im selben Jahre wurde mit der Errichtung der Klosteranlage begonnen. Dabei stellt der Chor den ältesten Teil des Baus dar. Erst ca. 100 Jahre später wurden die den Laien vorbehaltene Hallenkirche sowie die angrenzenden Klausurgebäude vollendet.

Im Jahre 1286 weihte Bischof Gebhard von Brandenburg die Kirche dem Hl. Andreas und der Hl. Maria Magdalena. Beinahe einhundert Jahre später, nach Vollendung des Kloster-Kirchen-Komplexes weihte Bischof Dietrich III. von der Schulenburg im Jahre 1384 die Kirche um und widmete sie den Heiligen Drei Königen und dem Hl. Paulus.


Lage

Einer im Mittelalter verbreiteten Tradition folgend, findet sich auch dieses Kloster eines Bettelordens in medievaler Stadtrandlage. Im Süden begrenzt die noch immer zum großen Teile intakte Stadtmauer das Klosterareal. Damit ergibt sich eine Gemeinsamkeit zum ehemaligen Franziskanerkloster St. Johannis in der Altstadt Brandenburg am gegenüberliegenden Havelufer. Eine vom städtischen Treiben abgeschiedenere, marginale Lage begünstigte die Mönche in ihren kontemplativen Bestrebungen, ohne sie jedoch allzu sehr in ihren geistlichen Verpflichtungen der Stadtbevölkerung gegenüber zu behindern.


Bauweise und Stil

Die Kirche ist ein schlichter dreischiffiger gotischer Hallenbau ohne Chorumgang. Die gesamte Anlage wurde in märkischer Backsteintechnik errichtet. An seiner Südostecke, vor dem Übergang zum Ostflügel der Klosteranlage, wird das Kirchenschiff von einem fragil wirkenden, schmalen Turm begleitet.

Südlich des Kirchenschiffs schließt sich die einen Friedgarten umgebende Klosteranlage an.


Geschichte

Mit dem Einzug der Reformation in die Mark Brandenburg endete die katholische Ära des Klosters. Die Mönche durften auf Lebenszeit im Kloster verbleiben, eine Neubesetzung aber wurde untersagt. Im Jahre 1560 schenkte Kurfürst Joachim II. die Klosteranlage der Neustadt Brandenburg. Die Kirche selbst wurde evangelisch umgeweiht, die Klostergebäude einer karitativen Nutzung als neustädtisches Hospital und als Einrichtung der Altenpflege zugeführt.

In den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs, während der Kampfhandlungen vom 26. und 27. April 1945, wurde der Turm des Pauliklosters beim Herannahen der Roten Armee als Beobachtungs- und Scharfschützenposten missbraucht. Infolgedessen wurde das gesamte Areal unter schweren Artilleriebeschuss genommen und sowohl die angrenzenden Wohnviertel als auch das Kloster selbst in schwerste Mitleidenschaft gezogen.

In den sechziger Jahren des Zwanzigsten Jahrhunderts plante die DDR, die Ruine wiederaufzubauen und museal zu nutzen. Finanzielle Engpässe ließen das Vorhaben scheitern. Die Ruine aber konnte zumindest gesichert werden, Teile der Klostergebäude wurden wieder überdacht und so vor weiterem Verfall geschützt.

2002 fiel der Entscheid zur völligen Rekonstruktion des Klosters. Nach Abschluss der Restaurierungsarbeiten wurde am 24. September 2008 das Archäologische Landesmuseum eröffnet. Darüber hinaus wird das Kirchenschiff häufig für andere kulturelle Veranstaltungen genutzt.

Kloster und Kirche St. Pauli sind ein besonders geglücktes Beispiel für eine behutsame und sachkundige Sanierung eines mittelalterlichen Baukomplexes, der durch Kriegseinwirkung von Grund auf zerstört war. Ohne massiv in den Baukörper einzugreifen, wurden moderne technische Erfordernisse mit dem ursprünglichen Klosterkonzept in Einklang gebracht. Für die Ausbesserung der schadhaften Bauabschnitte wurden extra in der Region angefertigte Ziegelsteine im sogenannten "Klosterformat" verwendet.


Chorscheitelfenster

Das Chorscheitelfenster der Läutkirche zu St. Pauli wurde nach fünfundsechzigjähriger Auslagerung an den Klosterkomplex zurückgeführt und sollte bis Ostern 2008 mit Mitteln des Landes Brandenburg, der Ostdeutschen Sparkassenstiftung und aus Spenden der Bevölkerung restauriert und an seinen ursprünglichen Platz eingehängt werden. Kriegsbedingt wurde es vor der Zerstörung des Pauliklosters während der Kampfhandlungen um Brandenburg an der Havel im April 1945 ausgelagert und zunächst von der Gemeinde zu St. Gotthardt, etwa 30 Jahre später von der Kirchengemeinde zu St. Katharinen in Verwahrung genommen. Die Gemeinde hängte 1975 das Fenster in das Chorscheitelfenster zu St. Katharinen ein, wo es, seiner geringeren Größe und des vorgelagerten Altares wegen kaum zur Geltung kam. Nach abgeschlossener Restaurierung der Klosteranlage wurde der Beschluss gefasst, das Fenster an seinen ursprünglichen Platz zurückzuführen.

Das Chorscheitelfenster ist in Teilen etwa 30 Jahre älter als die Fenster der St. Marienkirche zu Frankfurt (Oder). Es zählt zu den ältesten und schönsten mittelalterlichen Kirchenfenstern Brandenburgs und ist das zehntälteste Buntglasfenster Deutschlands. In der Mark Brandenburg wird nur ein einziges Buntglasfensterfach der Dorfkirche zu Lindena (Mitte 13. Jh.) älter datiert.

Das Chorscheitelfenster zu St. Pauli besteht aus 12 Reihen und 3 Spalten, insgesamt also 36 Fächern, begleitet von aufgesetztem Maßwerk, von denen 22 Fächer nach traditioneller Besetzung Motive der christlichen Typologie des Mittelalters zeigen. Sinn und Zweck der typologischen Darstellung alt- und neutestamentlicher Szenen war die Intention zu belegen, dass alttestamentliche Zitate auf Geschehnisse des Neuen Testaments verweisen und somit eine legitime Nachfolge des Christentums in den von Gott mit den Juden geschlossenen Bund untermauert wird.

Der Rest der Felder ist mit Ausnahme der sich oben anschließenden Maßwerksfelder mit Ornamentdarstellungen belegt.

Üblicherweise gestaltete man typologischer Fenster, die in aller Regel den Platz des exponiertesten, also des Chorscheitelfensters einnahmen, nach festen Regeln. So wurden bei dreispaltigen Fenstern die Szenenabfolge von Christi Geburt bis Christi Himmelfahrt von unten nach oben in der Mittelspalte dargestellt. Diese dem Neuen Testament zugeordneten Bilder wurden dann jeweils links und rechts von Bildzitaten des Alten Testamentes flankiert, welche sich als Verweis auf den Gottessohn und sein Wirken interpretieren ließen.

In der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts erfuhr das Chorscheitelfenster eine gründliche Restaurierung durch eine bislang unbekannte Werkstatt. Kunsthistorisch sachverständig wurden abhandengekommene Felder unter anderem durch Hinzuziehung von typologischen Vorlagen aus der mittelalterlichen Biblia Pauperum (Armenbibel) ergänzt. Dabei wurde jedoch der härtere, kantigere und ausdrucksvollere Darstellungsstil der Gotik zugunsten des Zeitgeschmacks des 19. Jahrhunderts abgeändert. Die Figuren bekamen gefälligere, weichere, "süßlichere" Konturen und Züge.

Bei dem Chorscheitelfenster von St. Pauli lassen sich originale und restaurierte bzw. ergänzte Glasfelder sehr gut durch Betrachtung der Rückseiten unterscheiden, da die alten Fensterflächen einen ungleich höheren Korrosionsstand aufweisen.

Beachtenswert ist ebenfalls der Umstand, dass der mittelalterliche Glasmaler zum direkten Malen nur die Farbe Schwarz verwandte. Diese Farbe wurde auf verschieden eingefärbte Glasflächen aufgebracht, die dann mosaikartig miteinander durch Bleistränge verbunden wurden


Besonderheiten

In einem Winkel zwischen der Kirche und dem Kloster wurde ein jahrhundertelang überbautes romanisches Fenster entdeckt, welches mittlerweile zu den ältesten Fensteröffnungen der Mark Brandenburg gerechnet wird.



Text: Wikipedia

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