Lüdenscheid

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Lüdenscheid liegt im Nordwesten des Sauerlandes im Regierungsbezirk Arnsberg in Nordrhein-Westfalen.

Reklamemarken und Siegelmarken

Verzeichnis der sortierten Reklamemarken und Siegelmarken mit einem Bezug zu Lüdenscheid.

F.W. Assmann & Söhne

Gustav Selve

Spannagel & Caesar

Vossloh

Sonstige

Geschichte

Ur- und Frühgeschichte

Erste Spuren von Menschen im Lüdenscheider Gebiet stammen aus der Mittelsteinzeit. Größte Fundstelle ist die Station Brockhausen, von welcher 2500 Artefakte (Mikrolithen, Klingen, Kernsteine, Abschläge aus Flint und Kieselschiefer) stammen. Weitere Stationen mit über 500 Artefakten sind: Bellmerei und Rittinghausen (Homert). Außerdem sind aus dieser Zeit in Lüdenscheid sieben Lagerplätze (50 bis 500 Artefakte), zwölf Rastplätze (5 bis 50 Artefakte) und 24 Streufunde (ein bis fünf Artefakte) bekannt.[8] Ein mittelsteinzeitlicher Lagerplatz bei Oedenthal diente in dieser Funktion auch Menschen aus der Jungsteinzeit.[9] Siedlungs- und Grabspuren aus der Jungsteinzeit auf Lüdenscheider Gebiet sind unbekannt. Einzelfunde dieser Zeit gab es an folgenden Orten: Augustenthal, Haus Schöneck, Hulsberg, Römerweg, Brockhausen, Tweer, Stilleking und Brunscheid.[10] Artefakte aus der Bronzezeit sind bislang nicht gefunden worden. Zur Anwesenheit von Menschen in der frühen Eisenzeit heißt es: „Nur ein eisernes Tüllenbeil, das in der Umgebung von Lüdenscheid gefunden worden sein soll, bildet den einzigen, allerdings sehr unsicheren Anhaltspunkt.“[11] Erste Siedlungsfunde aus der Zeit von 800 bis 1000 n. Chr. sind aus Brockhausen, Stilleking, Rittinghausen, Ellinghausen, Springe bei Vogelberg, der Woeste, Brunscheid und vom Grünen Siepen bei Ellinghausen bekannt. Für diese Zeit konnten auch Eisenverhüttungen und Schmieden in der Normecke bei Ellinghausen und in Eggenscheid nachgewiesen werden.[12] Ob Sugambrer, die im Sauerland siedelten, sich auch im Raum Lüdenscheid dauerhaft niederließen, dürfte kaum noch belegbar sein. Im Gegensatz zu den ab etwa 700 n. Chr. das Sauerland durchdringenden Sachsen zählten sie zu den Franken. Das ursprüngliche örtliche Idiom soll neben den dominierenden sächsisch-niederdeutschen auch niederfränkische Einflüsse besitzen.[13] Da zuerst die ertragreichen Gebiete des Sauerlandes und nicht die kargen Böden und die klimatisch, insbesondere wegen ihrer Höhenlage, weniger begünstigten Lagen besiedelt wurden, wird heute davon ausgegangen, dass die kontinuierliche Besiedelung des Lüdenscheider Raumes erst nach dem siebten Jahrhundert begonnen hat. Wann sie genau erfolgte, liegt wegen fehlender Belege im Dunkeln.[14]

Mittelalter

Vermutlich im 9. Jahrhundert entstand Lüdenscheid als sächsische Siedlung an einem Heerweg, welcher von Köln über die Gebiete der heutigen Städte Wipperfürth, Halver, Werdohl und Arnsberg nach Soest führte. Es handelte sich zunächst um eine Bauerschaft, eventuell mit einer Zollstätte der Erzbischöfe von Köln, den seinerzeitigen Landesherren. Der Ort markierte die Stelle, an der der Weg die Wasserscheide zwischen Lenne und Volme passierte. Bis heute ist der Verlauf der alten Fernverbindung an der Folge von Knapper-, Wilhelm- und Werdohler Straße ablesbar. Ebenfalls bereits im 9. Jahrhundert soll ein erster Vorgänger der heutigen Erlöserkirche errichtet worden sein. Nach der Theorie des Historikers Albert K. Hömberg gehörte Lüdenscheid zu den angenommenen sogenannten Stammpfarreien des Kölner Erzbistums. Faktisch war es bald das Zentrum eines Dekanates mit 15 Kirchspielen, zu welchen im Westen Radevormwald und im Norden auch Schwelm, Hagen und Ergste gehörten. Das Patrozinium für die Kirche bezog sich auf den Heiligen Medardus, den in der gleichnamigen Kirche in Soissons begrabenen Bischof von Noyon und Tournai. Nordfranzösische Einflüsse sind nicht belegt. Bedenkt man die klimatischen Verhältnisse Lüdenscheids, ist es aber nicht unwahrscheinlich, dass er gewählt wurde, weil er als „Wetterheiliger“ gilt. 1067 wurde der Ort zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Erzbischof Anno II. übertrug einen Teil der Zehnteinnahmen aus dem Dorf (villa) Luidolvessceith dem neugegründeten Stift St. Georg in Köln. 1072 stattete er das nun gegründete Kloster Grafschaft im Hochsauerland mit weiteren Einnahmen aus Luidolfessceide aus.[15] Dem Abt des Klosters oblag dann auch die Kollatur (Berufung) des Lüdenscheider Pfarrers bis in nachreformatorische Zeit. Im Jahr 1114 wurde in Lüdenscheid der Bau einer Burg (castrum munitissimum imperatoris) durch Kaiser Heinrich V. begonnen. Sie sollte als Stützpunkt gegenüber dem Kölner Erzbischof Friedrich I. von Schwarzenburg und den Grafen von Arnsberg dienen. Bereits im Jahr darauf, 1115, wurde sie durch Friedrich von Arnsberg erstmals zerstört. Der Standort der kleinen Anlage wird im Bereich des heutigen Alten Rathauses angenommen. In der Folgezeit wurde Lüdenscheid eines von sieben Archidiakonaten des Erzbistums Köln. Leiter dieser bedeutenden mittleren Verwaltungseinheit (Archidiakon) war jeweils der Dekan des Kölner Stiftes St. Georg, welches ja bereits seit 1067 Einnahmen aus Lüdenscheid bezog.

Stadtwerdung

Das frühe Mittelalter war für Lüdenscheid geprägt durch den Gegensatz der Kölner Erzbischöfe und der Grafen von Altena, der späteren Grafen von der Mark. Die geistlichen Herren besaßen zugleich den Titel eines Herzogs von Westfalen; die Grafen von Altena standen in ihren Diensten. Somit wurde von Kurköln auch über das später märkische Gebiet die weltliche Oberhoheit beansprucht. Die örtlichen Grafen strebten jedoch die Errichtung einer eigenständigen Territorialherrschaft an. In diesem Zusammenhang besaß das strategisch und kirchenorganisatorisch wichtige Lüdenscheid Bedeutung: Mit einer Erhebung zur Stadt beabsichtigten die Grafen von der Mark die Stärkung ihres Einflusses. Jedoch musste eine Genehmigung Kurkölns eingeholt werden. Graf Engelbert I. von der Mark war mit einer Nichte des Erzbischofs Engelbert II. von Falkenburg verheiratet, bat 1268 seinen Schwiegervater um Vermittlung und schrieb: „[…] dat de Hertoghe van Lymburg den van Valkenberghe und den van Henszberghe dar voir guit sind van des Byschoppes wegen van Colne, dat men van Ludenscheyde eyn Stat mach marken.“[16] Gräben und Mauern entstanden, und der bereits etwa 400 Jahre alte Ort wurde zur Stadt. Die damit verbundenen vollen Rechte und Privilegien erwarb sie jedoch erst nach und nach. Auch wenn 1268 als Jahr der Stadtwerdung gilt, erfolgte die erste Erwähnung als oppidum (kleine Stadt) nicht vor 1278: Graf Eberhard von der Mark erhielt in diesem Jahr von Erzbischof Siegfried von Westerburg die Anweisung, die Mauern zu schleifen und die Gräben zu verfüllen.[17] Dies konnte jedoch abgewendet werden, indem er ihm die Stadt im folgenden Jahr als Lehen auftrug. Nach der Schlacht von Worringen 1288 war der Kölner Einfluss bereits weitgehend Vergangenheit.

Im Jahr 1287 wird erstmals ein Stadtrat erwähnt, und für 1351 gibt es den ersten Hinweise auf zwei gleichzeitig amtierende Bürgermeister („Proconsules et consules“), vergleichbar der Regelung in Dortmund. Der erste namentlich noch bekannte Amtsinhaber (Vrolich Hake) erscheint in einer Urkunde von 1396 aus dem Herscheider Kirchenarchiv. Die lange Zeit endgültige Form der städtischen Selbstverwaltung nach Dortmunder Vorbild hatte sich bis 1462 herausgebildet: Neben dem Bürgermeister bestanden „Rat“ und „Gemeine“ mit je sechs von der Bürgerschaft zu wählenden Mitgliedern. Das Marktprivileg wurde Lüdenscheid 1425 erteilt; zunächst waren es jährlich drei und ab 1533 vier Jahrmärkte.[18]

Bis 1491 wurde als zweites Gotteshaus die sogenannte Kreuzkapelle im Bereich des heutigen Sternplatzes errichtet (1885 abgerissen). Bereits 1248 wurde Lüdenscheid als Hanseort des Soester Quartiers erwähnt. Seit 1549 wurde es bei dem Städtebund durch Unna vertreten. Bei noch schwankender Haltung der Grafen von der Mark führte die Stadtgemeinde zwischen 1563 und 1578 die Reformation ein; Lüdenscheid bekannte sich zur lutherischen Konfession.[19]

Gerichtsort

Im Mittelalter bestand in Lüdenscheid lange Zeit ein Veme-Freigericht mit weit überregionaler Bedeutung. Verhandelt wurden vor allem Fälle aus dem süddeutschen Raum. Beispielhaft zu nennen ist ein Rechtsstreit von 1433 ff. zwischen Herzog Wilhelm III. von Bayern-München und Herzog Heinrich XVI. von Bayern-Landshut. Vom 14. bis zum 18. Jahrhundert hatte ein Obergericht der Grafschaft Mark seinen Sitz in der Stadt. Lüdenscheids Tochterstädte im rechtlichen Sinn, Neuenrade und Bergneustadt, nach Walter Hostert (1992) auch Breckerfeld, Plettenberg und die Freiheit Altena, holten Rechtsauskünfte beim hiesigen Ratsgericht ein. Am Ende des Mittelalters wurde es in ein bis 1719 bestehendes Vestengericht umgewandelt, ein Obergericht für Berufungsfälle. Zum Vest Lüdenscheid gehörten neben dem Gebiet des ehemaligen Kreises Altena auch Breckerfeld und Dahl im Volmetal.[20][21][22]

Stadtbrände

Lüdenscheid war in den Jahren 1530, 1578, 1589, 1656, 1681 und 1723 von sechs großen Stadtbränden betroffen, die jeweils beinahe die gesamte Bausubstanz vernichteten. Mehrfach, zuletzt 1842, zerstörten kleinere Feuer Teile der Stadt. Die Brände waren so verheerend, da die Häuser lange Zeit aus Holz oder Fachwerk gebaut und mit Stroh gedeckt waren und zusätzlich innerhalb der Stadtgrenzen eine sehr dichte Bebauung vorhanden war. Auslöser war häufig das eisenverarbeitende Gewerbe, welches 1693 vor die Stadtmauer an die heute untere Wilhelmstraße verlagert wurde. Im gleichen Jahr erließ Bürgermeister Cronenberg eine erste städtische Feuerordnung. Die Errichtung von Stroh- oder Rohrdächern in Städten wurde in der Grafschaft Mark erst 1720 verboten.[23] Von 1656 ist der Bericht eines Augenzeugen überliefert. Der Drost Steffen von Neuhoff besaß neben Schloss Neuenhof ein Stadthaus und schrieb in sein Tagebuch: „Anno 1656 ist das Städtchen Lüdenscheid nachmittags um 2 Uhren ahngegangen und ist der Brand entstanden ahn unserem Hause nicht weidt vom Kirchhove, dahero das Städtlein in einer Stunden abgebrannt, das nicht ein Haus unverletzet stehenplieben. Die Kirche auch bis auf das Gewelbe abgebrannt, der Turm auch eingebrandt und alle Klocken zerschmolzen bis auf ein kleines so nicht gehangen, sondern auf dem Gewelbe gestanden.“[24] Der Wiederaufbau der Stadt erfolgte wie stets auf dem alten Grundriss. Neben der erhaltenen Substanz der Kirche wurden auch stehen gebliebene Kellergewölbe und Außenmauern der Häuser mit einbezogen. Nach dem letzten großen Brand 1723 erfolgte der Wiederaufbau unter preußischer Herrschaft. Es entstanden die für die Altstadt charakteristischen traufständigen Bürgerhäuser mit ihren Dachgauben. Sie erinnern an die in Potsdam auf staatliche Anordnung errichteten Typenbauten. Gleichzeitig wurde eine Bauordnung geschaffen, die für Lüdenscheid den passiven Brandschutz umfangreich neu regelte.[25]

Neuzeit

1609 gelangte Lüdenscheid mit der Grafschaft Mark durch Erbfall unter die gemeinsame Herrschaft Brandenburgs und Pfalz-Neuburgs (letzteres bis 1614). Seit dieser Zeit war es Bestandteil des kurbrandenburgischen und später preußischen Staatsverbandes, wodurch die kulturelle und konfessionelle Eigenart bis heute mitbestimmt wird. Während des Siebenjährigen Krieges (1756–1763) war Lüdenscheid fünf Jahre von den Franzosen besetzt. Unter der napoleonischen Herrschaft (1806–1813), früher Franzousentied genannt, gehörte Lüdenscheid zum Großherzogtum Berg. Im November 1806 besetzten die Truppen des französischen Generals Louis Henri Loison die Grafschaft Mark. Die verwaltungstechnische Neuorganisation war jedoch erst im August 1808 abgeschlossen, als Peter Kercksig als Maire (Bürgermeister) der Mairie Lüdenscheid vereidigt wurde. Zur Mairie Lüdenscheid gehörten neben Stadt und Kirchspiel auch die weiteren sogenannten Munizitäten Meinerzhagen, Ebbe und Halver.[26] Nach der durch die napoleonischen Truppen verlorenen Völkerschlacht bei Leipzig erreichten mit Preußen verbündete Kosaken in russischen Diensten im November 1813 Lüdenscheid und quartierten sich teilweise auch hier ein. Am 18. November 1813 feierte man auf Anordnung Peter Kercksigs die „Wiedervereinigung mit Preußen“; am Rathaus wurde in einer feierlichen Zeremonie erneut der Preußenadler angebracht.[27] Zwei Jahre nach dem Ende Napoleons wurde Lüdenscheid als Ergebnis des Wiener Kongresses Teil der neugebildeten preußischen Provinz Westfalen.

Aufgrund der ungünstigen topographischen Lage erfolgte erst 1880 der Anschluss an das Eisenbahnnetz mit der Bahnstrecke Brügge–Lüdenscheid. Damit war eine Verbindung zur Volmetalbahn hergestellt. Schmalspurstrecken der Kreis Altenaer Eisenbahn (KAE) nach Altena und Werdohl folgten. Hierdurch wurde die Anbindung an die bereits 1862 erbaute Bahnstrecke im Lennetal verbessert.

Eine Episode in der Geschichte Lüdenscheids ist die Produktion der Profile des Aluminiumgerüstes der frühen Zeppelin-Luftschiffe die in der gleichnamigen Fabrik des industriellen Carl Berg im Werdohler Ortsteil Eveking im Versetal produziert und dann als Halbzeuge nach Lüdenscheid gebracht wurden. Aus dem Vermögen der Gesellschaft zur Förderung der Luftschiffahrt, an der Berg beteiligt war, wurde eigens an der Lüdenscheider Fabrik Bergs (am Bahnhof) eine später als Reithalle genutzte Ringbauhalle zur probeweisen Vormontage der Luftschiffgerüste gebaut. Tatsächlich fanden sämtlich konstruktiven Ingenieursleistungen in Eveking statt, es gab zeitweise einen regen Austausch der Ingenieure Bergs und Zeppelins zwischen Eveking, Stuttgart und Friedrichshafen. Bergs Schwiegersohn Alfred Colsman aus dem benachbarten Werdohl war ebenfalls als Aluminiumfabrikant. Nach dem Unglück des LZ 4 bei Echterdingen am Morgen des 5. August 1908 wurde er zum kaufmännischer Direktor der Luftschiffbau Zeppelin GmbH berufen. Aluminium steht u. a. für die industrielle Bedeutung der Stadt seit dem 19. Jahrhundert. Nach starkem Bevölkerungszuwachs infolge stetigen wirtschaftlichen Wachstums wurde Lüdenscheid 1907 kreisfreie Stadt.

Die Folgen des Ersten Weltkriegs waren auch in Lüdenscheid zu spüren. Zwar waren die Jahre zwischen 1924 und 1928 stabil, aber auch in dieser Zeit lag die Arbeitslosenquote um zehn Prozent. Lange behielten die demokratischen Parteien eine klare Mehrheit. Bei der Stadtverordnetenwahl von 1929 wurde die SPD deutlich stärkste Partei, während die NSDAP den Einzug in das Gremium verfehlte und dort bis zur Kommunalwahl am 13. März 1933 nicht vertreten war. Selbst bei diesem Urnengang behielten bürgerliche und linke Parteien die Oberhand; allein SPD und KPD erhielten gemeinsam 14 Sitze, gegenüber 13 Sitzen der NSDAP; weitere 8 Sitze fielen an bürgerliche Kandidaten.[28] Am 30. Januar 1933, dem Tag der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler, fand in Lüdenscheid anstelle einer nationalsozialistischen Kundgebung eine kommunistische Demonstration gegen die „faschistische Diktatur Hitler-Papen“ statt. Zu diesem Zeitpunkt konnte dies von örtlicher Polizei, Verwaltung und dem bürgerlichen Stadtoberhaupt Ludwig Schneider (DVP) noch toleriert werden. Erst in den folgenden Wochen setzten die Nationalsozialisten ihren Machtanspruch gegen Widerstände der starken sozialdemokratischen und kommunistischen Kräfte in Lüdenscheid durch.[29] Nun verlief die Machtergreifung ähnlich wie in vielen vergleichbaren Städten. Wie im gesamten Deutschen Reich wurden im Frühjahr 1933 alle politischen und gesellschaftlichen Kräfte gleichgeschaltet oder verboten. Am 29. März 1933 kam es zur Verhaftung der ersten fünf Kommunisten und zu deren Verbringung in ein ehemaliges Arbeitshaus in Lippstadt-Benninghausen. Am 18. April 1933 wurde Adolf Hitler zum Ehrenbürger Lüdenscheids ernannt.[30]

Am 15. Oktober 1935 wurde Lüdenscheid Garnisonsstadt.[31] Es kam zur Stationierung des Infanterie-Regiments 60, einer Panzerabwehr-Abteilung, einer Sanitätsstaffel und – während des Krieges – mehrerer Ersatztruppenteile. 1940 wurden starke Flak-Verbände hierher verlegt, unter anderem fünf Batterien des Flak-Regiments 14. Walter Borlinghaus, zuvor NSDAP-Ortsgruppenleiter in Lüdenscheid und Partei-Kreisleiter im Kreis Altena, wurde zum 1. Januar 1944 auf den Kreisleiterposten im weitaus bedeutenderen Dortmund berufen.[32] Im gleichen Jahr begann in Lüdenscheid die Fertigung von Teilen der Brennkammer der Rakete A4, auch V2 (Vergeltungswaffe 2) genannt, versehen mit dem Geheimhaltungsgrad Streng geheim, in örtlichen Betrieben. Ein Jahr danach wurden im Zuge von Kriegsendphasenverbrechen 14 sowjetische Häftlinge der Gestapo im Arbeitserziehungslager Hunswinkel exekutiert. Das Lager war schon seit Ende 1942 regelmäßig für „Sonderbehandlungen“ der Gestapos Dortmund und Köln benutzt worden.[33] Die Zahl der exekutierten Menschen liegt zwischen 100 und 350. Insgesamt kamen ca. 550 Häftlinge in Hunswinkel ums Leben.[34] Auch Lüdenscheider Bürger fielen dem „Verbrechen der Endphase“ zum Opfer. Die Lüdenscheider Paul Anton Weber und Alex Usseler wurden nach Dortmund gebracht und dort im März/April 1945 ermordet. Kurz vor Kriegsende wurden am 9. April 1945 auf dem Marktplatz drei Soldaten wegen Fahnenflucht erhängt. Die letzte Gräueltat (Erschießung des Zivilisten Hermann Masalski wegen „defätistischer Äußerungen“) geschah wenige Stunden vor Einmarsch der US-Truppen. Ex-Oberbürgermeister Schumann, Karl Gertenbach – langjähriger örtlicher Gestapo-Chef und Leiter des Lagers Hunswinkel – sowie Walter Borlinghaus entzogen sich durch Selbstmord ihrer Verantwortung, letzterer während des Versuchs, sich von Iserlohn nach Lüdenscheid durchzuschlagen.[35] Von größeren Schäden durch Bombardements oder Kampfhandlungen blieb die Stadt verschont. Die Ge-Denk-Zellen im Keller des Alten Rathauses sind eine Mahn-, Gedenk- und Dokumentationsstätte zur örtlichen Geschichte des Nationalsozialismus.

Die US-Truppen übergaben Lüdenscheid den britischen Streitkräften, in deren Besatzungszone es lag. Die Briten wiederum überließen die Kaserne Buckesfeld (von den Belgiern La-Lys-Kaserne genannt), die Kaserne Baukloh, die Kaserne Hellersen, den Truppenübungsplatz südlich von Lüdenscheid sowie eine Reihe von beschlagnahmten Gebäuden den belgischen Streitkräften. Wegen eines größeren Bedarfs wurden für die Belgier zusätzlicher Wohnraum beschlagnahmt sowie eigene Siedlungen (Belgiersiedlungen) gebaut. Als zunächst belgische Freizeiteinrichtung entstand der Komplex aus Parktheater und Parkbad, außerdem das sogenannte Belgierkaufhaus an der Herscheider Landstraße.[36] Zu den militärischen Anlagen zählten das Munitionsdepot Stilleking II, die ehemaligen Panzerhallen am Stilleking, der ehemalige Übungsplatz unterhalb der Homert, das Panzertestgelände an der Heerwiese und der Schießplatz an der Spielwigge. Das Munitionsdepot Stilleking I diente von 1960 bis 1963 zur Lagerung atomarer Munition, die von US-amerikanischen, belgischen und deutschen Soldaten bewacht wurde.[37] Die Sprengköpfe wurden danach zum Sondermunitionslager Lahn verlegt.[38]

Nachkriegszeit

Die Zeit nach 1945 war von einem starken Bevölkerungswachstum infolge des Zuzugs zahlreicher Vertriebener und Flüchtlinge aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten sowie schwerpunktmäßig aus Sachsen und Thüringen geprägt. Stadterweiterungen bislang ungekannten Ausmaßes (Lüdenscheid-Worth, Lüdenscheid-Honsel, Lüdenscheid-Höh, Bierbaum, Gevelndorf, Buckesfeld oder Wehberg) und zahlreiche Neubauten von Kirchen, Schulen und anderen öffentlichen Einrichtungen wurden erforderlich. Gleichzeitig profitierte Lüdenscheid in starkem Maße vom wirtschaftlichen Aufstieg der jungen Bundesrepublik.

1968/1969 verlor die Stadt ihre Kreisfreiheit und wurde mit dem Kreis Altena zum Kreis Lüdenscheid zusammengeschlossen, dessen Sitz sie fortan war. Altena behielt jedoch zunächst den Kreistag.

Mit dem Bau der Bundesautobahn 45 im Jahr 1968 wurde die verkehrstechnisch ungünstige Lage erheblich verbessert.

Von 1971 bis 1973 fand jeweils in den Sommermonaten bei großem Interesse (unter anderem Besuch von Bundeskanzler Willy Brandt) auf einem eigens angelegten Ausstellungsgelände auf der Höh die Internationale Kunststoffhausausstellung „IKA“ statt. Teile des Ausstellungsgeländes wurden bis 1975 genutzt; im gleichen Jahr wurden die meisten der teils futuristisch anmutenden Objekte zwangsversteigert. Wirtschaftlich war die IKA kein Erfolg, denn das Konzept des vorgefertigten Kunststoffhauses setzte sich nicht durch. Gleichwohl war die Ausstellung Höhepunkt eines international jahrzehntelang verfolgten Ansatzes und erregte in Fachkreisen teils durchaus lebhafte Resonanz.

Seit 1975 ist die Stadt Sitz des seinerzeit geschaffenen Märkischen Kreises, gebildet im Wesentlichen aus den Altkreisen Iserlohn und Lüdenscheid und der bis dahin kreisfreien Stadt Iserlohn. 1986 wurde das neue Kreiskrankenhaus in Hellersen bezogen und im Jahr darauf das Kreishaus an der Heedfelder Straße fertiggestellt. Im gleichen, überwiegend von wirtschaftlicher Prosperität gekennzeichneten Jahrzehnt entstanden zahlreiche weitere öffentliche Bauten und Kultureinrichtungen, so das Kulturhaus, das neue Stadtmuseum, die neue Stadtbücherei, das heute nicht mehr existierende Wellenbad im Stadtzentrum und das neu gestaltete Frei- und Hallenbadgelände Nattenberg.


Text: Wikipedia

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