Mühlendamm (Berlin)

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Mühlendamm Ansichtskarte 1911
Ansichtskarte Mühlendamm 1899
Mühlendamm-Sparkasse
Sprengung der Reste der Mühlendammbrücke (1952)

Mühlendamm bezeichnet gleichzeitig die Mühlendammbrücke im Berliner Ortsteil Mitte und die die Spree überquerende Straße zwischen Gertraudenstraße und Molkenmarkt. Erst entstand ein Damm, der nicht nur als Flussübergang, sondern auch für Wassermühlen benutzt wurde. Über die weiteren Stationen der Anlage eines Wehrs, einer Schleuse und einer Bebauung erfolgten häufige Veränderungen der Spreequerung. Die heutige Spannbetonbrücke stammt aus dem Jahr 1968 und ist Teil der Ost-West-Straßenverbindung im Berliner Stadtzentrum.


Geschichte der Straße und der Brücke

Seine Entstehungsgeschichte hängt mit der Lage an einem Fernhandelsweg zwischen dem Teltow (von Halle und Wittenberg her) und dem Barnim (Richtung Oderberg und Stettin) zusammen, der an dieser schmalen und flachen Stelle den Spreefluss kreuzte. Im letzten Drittel des 12. Jahrhunderts angelegt, entstand der neue Spreepass in Konkurrenz zu den bisherigen Übergängen in Spandau und Köpenick. An der Furt wurde zunächst eine Brücke errichtet, die dann zu einem Damm verfüllt wurde zur Nutzung der Wasserkraft, insbesondere für Mühlen. Dieser neue Spreeübergang war die Ursache für die Gründung der Orte Cölln und Alt-Berlin. Der Damm erhielt die Bezeichnung Mühlendamm; er entstand zwischen 1220 und 1230.

Der Name Mühlendamm („Molendam tu Berlin“) stammt aus der Zeit der Stadtgründung, als der Damm der einzige befestigte Spreeübergang zwischen den Städten Berlin und Cölln war. Dort liefen die im Spreetal angelegten Fernstraßen zusammen. Zugleich diente der Mühlendamm als Wehranlage und Mühlenstau für die seit 1220 betriebenen Wassermühlen. Die sechs Korn-, Walk- und Schneidemühlen lagen quer durch den Fluss, nur ein Mittelstück zur Schiffspassage wurde freigehalten. Seit 1448 befanden sich die einträglichen Mühlen im Besitz des Landesherrn, verwaltet durch das Kurfürstliche Amt Mühlenhof (heute Standort Neue Münze). Die hier bearbeiteten Erzeugnisse wurden in einfachen hölzernen Buden an Ort und Stelle zum Verkauf angeboten. Das bestehende Stapelrecht beim Umladen der Schiffe auf ihrem Weg zwischen Schlesien und Hamburg führte zur Niederlassung weiterer Händler, was der Stadtkasse wiederum zu guten Einnahmen verhalf. Am Mühlendamm herrschte ein reges Markttreiben.

1578 wurde hier die erste schiffbare Schleuse erbaut. Die Verkaufsstände wurden 1687 auf Geheiß des Großen Kurfürsten im Zusammenhang mit einem befestigten Flussübergang in Stein neu errichtet:

„Um dem Ganzen ein besseres Aussehn zu geben, wurde das Untergeschoss des Baues als Arkaden eingerichtet, während auf der südlichen Seite des Mühlendamms der Durchgang auf die sogenannte Fischerbrücke mit einem hohen Portal verziert wurde, über dessen Schlussstein die Büste des Kurfürsten aufgestellt ward. Die fünf Gänge, wodurch das Wasser gegenwärtig auf die Mühlen einströmt, liess Friedrich I. in den Jahren 1706 bis 1710 durch den Baumeister Soothé aus Quadern ausführen.“

– Samuel Heinrich Spiker: Berlin und seine Umgebung im 19. Jahrhundert

Die neuen Verkaufseinrichtungen – sechs massive Gewölbe – wurden nach Plänen von Johann Arnold Nering gebaut und Mühlenkolonnaden genannt. Über ihnen befand sich ein Saal, der den Kaufleuten für Zusammenkünfte diente und bis 1739 auch als Börse fungierte.

Nach mehreren Bränden in den folgenden Jahrzehnten wurden die Kolonnaden Anfang des 19. Jahrhunderts aus Sandstein neu errichtet. Der Mühlendamm war zu dieser Zeit eine belebte Geschäftsstraße.

Im Jahr 1888 ersetzte eine neu gebaute 110 Meter lange Schleuse am Mühlendamm die seit dem Mittelalter mehrfach vergrößerte Schleuse im Kupfergraben. Das Spreebett wurde für die zunehmenden Schiffstransporte vertieft und die Brücke umgestaltet. Die Mühlen stellten nun ein Hindernis dar, weswegen der Mühlenbetrieb eingestellt und die Gebäude bis 1892 abgerissen wurden. Die seit 1850 vorhandene burgenartig aus rot-gelben Ziegelsteinen mit Türmen und Zinnen gestaltete Getreidemühle („Mühlendammgebäude“) wurde 1893 zum Sitz der Städtischen Sparkasse, die zuvor zusammen mit der Armenverwaltung im alten Berliner Rathaus untergebracht war. Bei den Berlinern hieß das Gebäude die „Normannenburg“, was von der Bezeichnung des früher an dieser Stelle vorhandenen Kastells abgeleitet worden war. Dabei handelte es sich aber um einen Mehlspeicher. Gottfried Keller, der 1850 bis 1855 in Berlin weilte, erwähnte dieses Gebäude in seinem Gedicht Mühlenromantik mit folgenden Reimen:

„Doch zu Berlin, im ästhetisch erweckten,

da sah ich nagelneu und auf das beste

ausgeführt vom Staatsarchitekten

eine gewaltige normannische Feste.

Und es war eine Mehlfabrike,

hoch und herrlich mit Zinnen und Türmen.

Schäumend und brausend unter der Brücke

sehen die Berliner die Spree herstürmen!“

Erstmals ließen die Stadtoberen – nach einer Vertiefung des Flussbettes – eine auch als Brücke erkennbare Stahlkonstruktion errichten. Zusätzlich mussten weitere Brücken angelegt werden, um die „Gerinne“ und die Kammerschleuse überqueren zu können. Sieben verschiedene eiserne Brückenkonstruktionen verbanden schließlich die Schleuse mit den beiden Ufern der Spree. Es handelte sich unter anderem um die Straßenbrücken Fischerbrücke und Mühlendammbrücke, deren Stützen aus Gusseisen bestanden und die auf eisernen Trägern unterhalb der Fahrbahnen lagerten. Die Mühlendammbrücke erhielt eine 15 Meter breite Fahrbahn für den inzwischen enorm angewachsenen Kutschenverkehr. Für die Fußgänger gab es beiderseits 8,5 Meter breite Gehwege. Die den Fußgängern vorbehaltene neue bogenförmige Mühlenwegbrücke über das „Große Gerinne“ war 4,5 Meter breit und ornamental verziert.

Zwischen 1936 und 1940 wurde der Mühlendamm erneut umgestaltet, wobei das Mühlendammgebäude und das Wehr verschwanden, genauso wie das Ephraim-Palais an der Ecke Poststraße. Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs verhinderte die Vollendung der Umbauarbeiten. Zwei je 35 Meter lange und elf Meter breite stählerne Fachwerkbrücken nach beiden Seiten der Schleuse und eine Stahlbalkenbrücke über den Wehrkanal standen zur Verfügung. In den letzten Kriegstagen wurden die Brücken von der Wehrmacht gesprengt.

1946 begann eine behelfsmäßige Wiederherstellung der stählernen Tragwerksteile, die aus der Spree geborgen werden konnten. Die reparierte Mühlendammbrücke wurde am 1. September 1946 dem Verkehr übergeben. In den 1960er Jahren wurde die Anlage eines modernen Brückenbauwerks geplant. 1964 mussten zunächst Reste der alten Schleusenanlagen abgetragen und der Spreegrund beräumt werden. Zwischen 1966 und 1968 entstand eine schmucklose dreifeldrige Spannbetonbrücke. Die Brücke besteht aus zwei getrennten Brückenteilen, jedes Teil besitzt zehn Meter breite Gehwege und mehrere Fahrspuren. Die Hohlkästen enthalten die notwendigen Versorgungsleitungen. Die Brücke galt bei ihrer Fertigstellung als die größte in der DDR gebaute Straßenbrücke. Anlässlich der 750-Jahr-Feier Berlins wurde von 1985 bis 1987 das Ephraim-Palais etwa 12 Meter nördlich von seinem Vorkriegsstandort wieder aufgebaut.



Text: Wikipedia

Unteres Bild: Wikipedia/Bundesarchiv, Bild 183-13605-0004 / Schack / CC-BY-SA

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