Margarethe von Rochow

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Margarethe v. Rochow, geb. v. Lücken, mit zwei Enkeltöchter, Margarethe und Gerda v. Rohr, 1926

Die Gutsfrau Margarethe v. Rochow, geborene v. Lücken, lebte von 1867 bis 1927. In den Jahren von 1901 bis 1919 führte Margarethe v. Rochow offiziell das Rittergut Stülpe. Sie tat das stellvertretend für den minderjährigen Sohn und Erben, Hans Wichard v. Rochow-Stülpe. Nach 1914 kam noch durch die Erbfolgeregelung der Familienfideikommißstiftung auch das Rittergut Plessow bei Werder (Havel) hinzu. Plessow gehörte zuvor dem Schwager, respektive Onkel, Ritterschaftsrat Friedrich Ludwig (genannt Fritz) v. Rochow. Der war als Rittmeister gleich zu Beginn des Ersten Weltkriegs in Ostpreußen gefallen und hinterließ keinen männlichen Erben. 1) Margarethe Valeska Anna Maria Elisabeth, so der vollständige Vorname, wurde am 16. Oktober 1867 in Görlitz geboren. Ihr Vater Leopold v. Lücken (1827-1881) war zunächst Gutsbesitzer auf Nieder-Neundorf in Schlesien und später kurz auf Stresow in der Prignitz. Die Familie v. Lücken gehört zum ältesten Adel Mecklenburgs. 2) Die Familie von Margarethes Mutter Anna, Freiin v. Meerheimb (1828-1915), wurde dagegen erst im 17. Jh. geadelt aber gleich in den Reichsfreiherrenstand erhoben. Zu jener Zeit hatte es ein Vorfahre durch Tapferkeit vom einfachen Trompeter zum höheren Offizier gebracht. 3) Margarethe v. Lücken heiratete am 5. April 1888 in Ludwigslust den damaligen Sekondeleutnant (Unterleutnant) Rochus Friedrich Rudolf v. Rochow- Plessow (1856-1901). Er gehörte damals dem Mecklenburgischen Dragoner- Regiment 17 und verwaltete schon für seinen Vater das Rittergut Stülpe. 4)

Nach der Hochzeit in der genannten Garnisonstadt bestimmte man Schloss Stülpe zum Wohnsitz. Aus der Ehe zwischen Rochus und Margarethe gingen die Kinder Anna Luise (1889 -1945) Margarethe (1894-1980) und der schon erwähnte Hans Wichard (1898-1945) hervor. Die Kinder kamen alle im Stülper Herrenhaus zur Welt. 5) Die Taufpaten kamen alle aus den anverwandten Adelsgeschlechtern und von Nachbargütern. Erziehung genossen die Töchter zu Hause und teilweise mit den Kindern von Pfarrer Kratzenstein. 6) Der Ehemann war dann mit dem Ableben seines Vaters seit 1891 Eigentümer der großen Stülper Herrschaft. Er wurde einer der führenden Forstwirte der Brandenburger Südregion, führte als erster einen langfristigen Betriebsplan und feste Arbeitsverträge mit sozialen Absicherungen für die Angestellten und Mitarbeiter ein. Es ging auch um die Absicherung außerhalb der Waldsaison. 7)

Bei einem Reitunfall verunglückte Rochus v. Rochow später und erkrankte schwer. Er saß im Rollstuhl und dennoch ließ er es sich nicht nehmen selbst noch zur Jagd zu chauffieren. 8) Trotz der Amputation beider Beine konnte die Wundbrandinfektion nicht mehr gestoppt werden. Rochus starb am 30. August 1901 in Stülpe und wurde auf eigenen Wunsch nicht im alten Erbbegräbnis unter der Patronatsloge bestattet sondern im hinteren Teil des Schlossparks in einer neuen kleinen Erbbegräbnisstätte. An ihn erinnert bis heute eine von seiner Ehefrau gestiftete Gedenktafel im Stülper Kirchturm. 9) Ursprünglich war die Tafel, so ältere Aufnahmen, im Kirchenschiff angebracht. Im Heimatjahrbuch des Kreises Jüterbog- Luckenwalde von 1903 steht dazu: „Herrn Rittmeister Rochus v. Rochow hat man in der Nähe des Schlosses an einem ruhigen Platze unter hohen Waldesbäumen sein Grab bereitet, an einem Orte, der so recht in dem Sinne des edlen Verstorbenen gewählt wurde; denn dem Walde, in dem er das Wild in beinahe ängstlicher Schonung hegte und pflegte, galt sein ganzes Sinnen, in ihm suchte er Erholung, und nur dort konnte er sein schweres Leiden vergessen, nun ruht er für immer in seinen Schatten“. 10)

Danach führte Margarethe v. Rochow mit Unterstützung der leitenden Beamten zwei Jahre selbst als Gutsfrau den Besitz von gut 4700 ha. Die Verwandtschaft aus Mecklenburg kam reichlich zu Besuch, auch zur Jagd. Im Jahre 1903 entschloss sie sich mit ihren Kindern dann aber zu einem Umzug in die mecklenburgische Residenzstadt Schwerin. Dort mietete Margarethe eine kleine Villa am Ostorfer Ufer 11. Im gleichen Haus lebte ihre Mutter Anna, verwitwete v. Lücken, geborene v. Meerheimb. Gleich in der Nachbarschaft wohnte die Schwägerin Anna v. der Schulenburg, geborene v. Rochow - Plessow (1855-1928). In Schwerin lebte auch ihre älteste Schwester Else, vermählte v. Arnim (1864-1947). Alles nachzulesen in den Adressbüchern von Schwerin. 11) Das Stülper Rittergut wurde für die Rochow` schen Erbengemeinschaft nun vom Königlich Preußischen Oberförster Friedrich Dwilling (1861-1940) verwaltet. Als Berater und wohl mehr als eine Art Oberaufsicht fungierten die Cousins des verstorbenen Ehemanns, Oberpräsident Wilhelm v. Waldow (1856-1937) und sein Bruder Gutsbesitzer und General August v. Waldow (1854-1928), 12) zugleich entfernte Vettern vom späteren Reichspräsidenten P. v. Beneckendorff und v. Hindenburg. 13) Das Schloss Stülpe selbst verpachteten die Rochows ohne größeren Nebengelass für zwölf Jahre an den wohlhabenden Rittmeister Fritz Quirin v. Forcade de Biaix (1864-1935). So konnten die enormen Unterhaltungskosten des Herrenhauses eingespart werden und zugleich war die Nutzung des Hauses pragmatisch gesichert. 14)

Sehr häufig hielt man sich noch auf dem Rittergut der Familie v. Gundlach im mecklenburgischen Rumpshagen zu Besuch auf. Dort lebte die Familie von Margarethes Schwester Ida, geb. v. Lücken. 15) In Schwerin wohnten die Rochows bis 1918. Der Sohn Hans Wichard, zuvor auf einem bürgerlichen Gymnasium dort, ging schon aber seit 1913 als Zögling auf die für den Adel ehrwürdige Brandenburger Ritterakademie neben dem Dom befindlich. Seit 1916 war er Fahnenjunker und dann Fähnrich im 1. Garde-Ulanen-Regiment in Potsdam und wurde an der Ostfront 1917 zum Leutnant befördert. 16) Die älteste Tochter Anna Luise wollte sich zur Konzertsängerin ausbilden lassen, lebte später etwa in Berlin und heiratete 1928 den Vetter Lothar Freiherr v. Rochow (1888-1945). Die zweite Tochter Margarethe hatte bereits 1914 den damaligen Leutnant Otto v. Rohr geehelicht. Margarethe v. Rohr, geb. v. Rochow – Stülpe, lebte während der Mann im Krieg war, zeitweise mit ihren Kindern bei der Mutter in Schwerin und zeitweise in Potsdam. 17)

Nach Ende des Ersten Weltkrieges trat der Sohn Hans Wichard das Erbe der Besitzungen Stülpe (seit 1648 in Familienhand) und Plessow (seit 1351 den Rochows gehörend) an. Das Plessower Herrenhaus wurde anstatt Schwerin nun Domizil für Mutter und Sohn 18), der ab und zu Vorlesungen an der Forstakademie Eberswalde wahrnahm. 19) Im Jahr 1921 heiratete er seine Cousine Irmgard v. Gundlach - Rumpshagen (1901-1955). 20) Anschließend übernahm Hans Wichard v. Rochow die Gesamtleitung des Besitzes um Plessow und Stülpe und wohnte mit seiner jungen Familie im Herrenhaus Stülpe. Die Mutter lebte weiterhin im Herrenhaus Plessow. Dort führte später ihr Schwiegersohn Dr. Otto v. Rohr, er hatte inzwischen Staatswissenschaften studiert, die Verwaltung des Landwirtschaftlichen Betriebes. Vorher war er Rentmeister in Stülpe. 21) Margarethe v. Rochow hatte in Plessow einen kleinen "Hofstaat" mit Diener, Kutscher und Mamsell. Für ihre Kinder und Enkelkinder stand sie im Mittelpunkt der gesamten Familie und wird als gütige und sehr gläubige Frau beschrieben. Margarethe v. Rochow, geborene v. Lücken, starb am 5. Januar 1927 an Lungenentzündung in einem Potsdamer Krankenhaus. 22) Sie wurde mit einem großen Begräbnis neben ihren Gatten im Stülper Schlosspark bestattet. Die Rochow` schen Förster trugen damals den Sarg. In den 1970` er Jahren wurde diese schlichte Begräbnisstätte von unbedachten Jugendlichen fast zerstört. Heute ist die Anlage durch die Nachfahren teilweise wieder hergestellt worden. Der Sockel mit Kreuz, umrahmt von einem alten Metallgitter, führt die Namenszüge v. Rochow und v. Lücken. Mittig sind noch Vertiefungen zu sehen, sicher die Halterung für ein Fusionswappenschild (Allianzwappenschild) beider Familien. Drei springende Steinböcke - Rochow - und - Lücken - drei Lilien und drei Rosen. Die Stätte ist im Vergleich mit anderen Anlagen in Brandenburg insgesamt eher schlicht. 23)


Text + Bild: Andreas Kitzing, Luckenwalde

Quellen:

1) Gothaisches Taschenbuch der Uradeligen Häuser, 1917, S. 703

2) Gothaisches Taschenbuch der Uradeligen Häuser, 1904, S. 503

3) Gothaisches Taschenbuch der Briefadeligen Häuser, 1934, S. 326

4) Die Zöglinge der Ritterakademie zu Brandenburg a. H., 1705-1913, S. 284, vgl. Geschichte des 1. Großherzoglich Mecklenburgischen Dragoner=Regiment No. 17, Band II, Anlage 8 b Lebensläufe, S. 92

5) Standesbeamten-Unterlagen Stülpe-Holbeck, 1889, No. 18; 1894, No. 13, 1898 No. 14

6) Erinnerungen Familie Kratzenstein – Manuskript, Abschrift | vgl. Taufbuch der Kirchengemeinde Stülpe ab 1888

7) Unterlagen Familienarchiv v. Rochow

8) Erinnerungen Familie Kratzenstein – Manuskript Abschrift

9) ebenda, vgl. Fotoaufnahme

10) Illustrierter Kreiskalender Jüterbog-Luckenwalde, 1903, S. 128

11) Familienarchiv v. Rochow; Adressbuch der Stadt Schwerin 1913, S. 383, 402 - ebenda

12) Familienarchiv v. Rochow, Unterlagen, Briefverkehr vom 2.2.1904 zwischen Gutsnachbar und Teilpächter in Stülpe, Ferdinand v. Lochow mit Oberpräsident Wilhelm v. Waldow; und Pachtvertrag vom 1.10.1904 v. Lochow-Petkus mit den v. Rochowschen Erben vertreten durch den Testamentsvollstrecker v. Waldow

13) Die Geschichte derer von Waldow, 1927, S. 138, S. 172, S. 178

14) Korrespondenz Familienarchiv v. Rochow, vgl. Jahrbuch des Vermögens und Einkommen der Millionäre im Königreich Preußen, Erster Band, Berlin und Brandenburg, 1913, S. 114

15) u. a. Einträge im Fremdenbuch des Gutes v. Gundlach-Rumpshagen; interne private Quelle, Eigentum der Irmgard v. Gundlach-Leizen

16) Aus dem Kriegstagebuche des 1. Garde-Ulanen-Regiments, 1919, S. 60

17) Vgl. Gothaisches Taschenbuch der Adeligen Häuser, 1917, S.703

18) Gothaisches Taschenbuch der Adeligen Häuser, 1919, S. 697

19) Unterlagen Forstakademie Eberswalde, Information von 1994, im Besitz des Autors

20) Gothaisches Taschenbuch der Adeligen Häuser, 1923, S. 573

21) Johanniter-Ordensblätter, Nr. 8, September 1922, 63. Jg.; Nr. 4, April 1924, Jg. 65; und Liste der Mitglieder der Brandenburgischen Genossenschaft des Johanniterordens, 1. Mai 1935, S. 36 und S. 63

22) Gothaisches Taschenbuch der Adeligen Häuser 1936, S. 526

23) Anmerkung des Autors, Andreas Kitzing, „Das Leben eines märkischen Junkers- Hans Wichard von Rochow-Stülpe 1898-1945“ PS: Das hier zitierte private Familienarchiv v. Rochow ist nicht (eins zu eins) mit dem neu archivierten Gutsarchiv v. Rochow-Stülpe-Plessow zu verwechseln, welches vom Autor am 25.6.1991 gesichtet wurde und nun beim Landkreis Teltow-Fläming im dortigen Archiv sich mittlerweile mit Fördermitteln überwiegend restauriert befindet. Des weiteren sind im BLHA in Potsdam wichtige Unterlagen vorliegend. Insgesamt ist eine sehr gute Aktenlage zu konstatieren, es bestehen oft mehrere von einander unabhängige Primärquellen.