Nerchau

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Die Stadt Nerchau ist heute ein Ortsteil der Großen Kreisstadt Grimma im sächsischen Landkreis Leipzig.

Reklamemarken und Siegelmarken

Verzeichnis der sortierten Reklamemarken und Siegelmarken mit einem Bezug zu Nerchau.

Farbenwerke Friedr. & Carl Hessel

Sonstiges

Geschichte

Die Ersterwähnung geschah durch Thietmar von Merseburg im Jahr 974 als Nirichua, welches König Otto II. dem Hochstift Merseburg überlässt.[1]

Der heutige Nerchauer Kirchberg bot ehedem mit seiner herausgehobene Lage eine gute Möglichkeit in einem Oval von etwa 120 × 70 Metern einen befestigten Platz, einen Burgward, auszubauen, der den Schutz der nahegelegenen Furt durch die Mulde und der über Leisnig und Wurzen verlaufenden Fernstraße ermöglichte. 1232 wurde der Burgward Nerechowe durch das Erzstift Magdeburg an das Hochstift Naumburg verkauft.[2] Somit ging bei der zwischenzeitlichen Auflösung des Merseburger Bistums 981 Nerchau an das Erzbistum und wurde bei der Wiederherstellung des Merseburger Bistums nicht wieder herausgerückt, was Thietmar in seiner Chronik beklagt. Wie üblich wurde auf dem Burgwardterrain auch eine Kapelle erbaut, aus der Anfang des 11. Jahrhunderts die heutige Sankt-Martins-Kirche hervorging und den seltenen Umstand begründet, dass die Nerchauer Kirche nicht in der Ortsmitte, sondern am äußersten Rand steht.[3] Im Laufe des 15. Jahrhunderts hörte der Burgward auf zu bestehen. Dort erweiterte sich dann das Terrain der Kirche.[4]

Am Ende des Dreißigjährigen Krieges im Jahr 1648 zählte Nerchau nur noch 300 Einwohner, von 60 Häusern waren noch 10 erhalten.

Der Fährmann, der Leute, Tiere und Güter mit seinem Boot über die Mulde beförderte, wohnte bis 1802 auf der Nerchauer Seite in der Kirchstraße 9. Die ältesten Teile dieses Hauses gehen auf das Jahr 1649 zurück. Im Jahr 1803 wurde dann in Wednig ein ufernahes Fährhaus errichtet, wo 1893 auch eine Badeanstalt mit Badehaus entstand. Der Fährbetrieb entlang dem 120 Meter langen Stahlseil über die Mulde wurde 1971 endgültig eingestellt.

Im Jahr 1807 erhielt Nerchau Stadt- und Marktrecht. 1813 lagerten Kosaken auf den Muldenwiesen und in der Stadt. Quartiere und Kontributionen wurden gefordert. Die nahe Muldenfurt wurde zum Weiterritt zur Völkerschlacht nach Leipzig benutzt.

1880 wurde die Feuerwehr und 1882 der Schützenverein in Nerchau gegründet. 1886 erfolgte der Neubau der Schule und 1892 wurde die Beamtenschule Nerchau eröffnet. Die Alte Schule befand sich auf der linken Seite am Aufgang zur Kirche. 1896 erfolgte die Fertigstellung des Clarastift in der Gornewitzer Straße 30 als Kinderbewahranstalt (Kindergarten) – heute Sozialstation. Im Jahre 1905 wurde die Turnhalle errichtet, 1916 das Städtische Wannenbad im Wiesental eröffnet. Im Jahr 1928 bestehen in der Stadt 32 Vereine, von A (Arbeiter-Samariter-Kolonne) bis Z (Züchterverein für Geflügel) und eine Sanitätskolonne. Ferner 10 Fabriken, 9 Bäckereien, 6 Fleischereien, 14 Kolonial- und Materialwarenhandlungen, 11 Töpfereien sowie 11 Gasthöfe, 3 Cafés und 4 Tankstellen.[5] Dazu kamen ein halbes Dutzend Seilerei-Betriebe und mehrere Ziegeleien.

1904 wurde die Nerchauer Gasanstalt in Betrieb genommen und 1909 nach Errichtung des Wasserwerks begann das Anschließen der Grundstücke in der Stadt. Das Gebäude des heutigen Kommunalen Kindergartens in der Jahnstraße 12 wurde 1938 nach Entwürfen des Architekten Hugo Koch erbaut, dem Nerchau außer einer von ihm schlicht gestalteten Kriegergedenkstätte für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs im Wiesental (1921) eine Reihe bemerkenswerter Bauten zu verdanken hat[6] – so zum Beispiel die Sparkasse (1930), das Wohnhaus mit Arztpraxis Dr. Fritzsche (1934) in der Gornewitzer Straße 34 (heute Ärztehaus), Doppelwohnhäuser in der Jahnstraße 5/7 bzw. 9/11 (1933) und die Kleinhaussiedlung Am Graben (1934). Koch betreute ebenfalls die Umbauten der Beamten- sowie der Mittelschule (1927–1930 und 1947).[7]

Am 23. Oktober 1943 kam es zu zahlreichen Bränden und Gebäudeschäden nach dem Abwurf anglo-amerikanischer Spreng- und Brandbomben. Die Kartonagenfabrik Rommel & Co. wurde vollständig, die Farbenwerke teilweise ausgebombt, aber auch Güter am Marktplatz erhielten Treffer. Zwischen 15. April und Anfang Mai 1945 ging der Zweite Weltkrieg in der Nerchauer Region zu Ende. Artilleriebeschuss der Amerikaner über die Mulde beschädigte in Nerchau die Kirche mit den bleigefaßten farbigen Glasbildern und das Obergeschoss der Schule. Auf dem Markt in Nerchau detonierte mitten in dem dort auf Einweisung in Quartiere wartenden Flüchtlingstreck eine Panzergranate und tötete zahlreiche Frauen und Kinder. Sie wurden in einem Massengrab auf dem Nerchauer Friedhof (am Wegekreuz) beigesetzt. Nerchau wurde zunächst von amerikanischen und danach von russischen Truppen eingenommen und war kurze Zeit Kommandanturstandort der Sowjetarmee.[8]

Am 1. Januar 1952 wurde die bis dahin eigenständige Gemeinde Gornewitz eingegliedert, 1964 die Gemeinde Grottewitz mit den Ortsteilen Zaschwitz und Löbschütz. Im Jahr 1954 erfolgte an der Turnhalle der Anbau einer Kegelbahn, die 1971 baulich erweitert und 1985 technisch modernisiert wurde.

Im Jahr 1974 feierte Nerchau das Jahr seiner Ersterwähnung vor 1000 Jahren. In der Festwoche wurde das rekonstruierte Kulturhaus der Öffentlichkeit übergeben. Im Herbst 1977 erfolgte aus dem Saal des Kulturhauses eine Live-Übertragung der die Stadt porträtierenden Hörfunk-Sendung Alte Liebe roste nicht.

Durch die Eingemeindung von Fremdiswalde mit Gaudichsroda, von Cannewitz mit den Ortsteilen Denkwitz, Thümmlitz und Serka, sowie von Golzern mit Bahren und Deditz im Jahr 1994 betrug die Einwohnerzahl 4400.[9] Am 21. Januar 1998 wurde das Haus der Jugend und des Sports, Jahnstraße 12a, eingeweiht und am 21. Oktober 2000 im Rahmen der Neugestaltung des Marktes der Gänsebrunnen. Im Jahr 2003 wurde das neu erbaute Bürgerzentrum der Öffentlichkeit übergeben.

Mit dem 1. Januar 2011 erfolgte die Fusion mit Grimma.[10][11]


Text: Wikipedia

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