Neukirchen/Erzgeb.

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Neukirchen/Erzgeb. (Neukirchen/Erzgebirge) ist eine Gemeinde im Norden des Erzgebirgskreises in Sachsen, südwestlich an Chemnitz angrenzend.

Siegelmarken

Geschichte

Mittelalter

Für die Besiedlung des Ortes als ein Waldhufendorf wird nach neueren Forschungsergebnissen ein Zeitraum von Mitte des 12. Jahrhunderts bis ins erste Viertel des 13. Jahrhunderts eingeschätzt. Zur Besiedlung des Ortes wurden bisher mehrere Ansichten publiziert. Letzter Stand der Heimatforschung ist die Veranlassung der Besiedlung von vorher an das Chemnitzer Benediktinerkloster verschenktes Reichsland durch einen deutschen Kaiser/König über einen Beauftragten. Ein neuer Ort auf diesem Reichsland war u. a. Neukirchen. Dieser neue Ort musste dem Kloster als Grundherren Zinsen und Dienste leisten. Eine Veranlassung der Besiedlung durch das Chemnitzer Kloster, wie bislang meist publiziert, wird mittlerweile ausgeschlossen. Der Heimat- und Geschichtsverein Neukirchen/Erzgeb. vermutet, dass Neukirchen zusammen mit den anderen Orten des Würschnitztales vor Chemnitz durch einen Siedlerzug besiedelt wurde.

Neukirchen wurde erstmals Mitte des 13. Jahrhunderts als nova ecclesia (= Neue Kirche) im Zinsregister des Chemnitzer Klosters mit Zinsaußenständen erwähnt. Der Ausbau der Siedlung begann sehr wahrscheinlich vom sogenannten Fürstenweg ausgehend im heutigen Oberdorf beidseitig des Dorfbachs entlang der heutigen Wege Nordstr. (Sommerseite) und Weststr, Heiterer Blick/Leukersdorfer Str. (Winterseite). Kirche (Kapelle) und Mühle werden vermutlich schon im 13. Jahrhundert bestanden haben. Gesicherte Erwähnungen gab es aber erst 1541 (Mühle im Neukirchener Gerichtsbuch) und für Ende des 16. Jahrhunderts (Kirche mit umgebenden Gottesacker auf dem Stallungsplan des Georg Öder d. J. und in den Kirchenbüchern). Die erste Schankstätte wurde 1331 im Ratsbuch der Stadt Chemnitz beurkundet. Den späteren Ortsname Neukirchen hat man bisher nur von nova ecclesia, also einer neuen Kirche, hergeleitet.

Neukirchen war bis zur Reformation ein dem Chemnitzer Kloster tributpflichtiges Klosterdorf.

Neuzeit

Die drei Klosterdörfer Burkhardtsdorf, Klaffenbach und Neukirchen hat 1543 nach der Säkularisation der Annaberger Bürger Wolf Hünerkopf erworben. Hünerkopf ließ von 1553 bis 1557 einen Gutshof (Rittergut) mit einem Herrenhaus, heute Torhaus genannt, errichten. 1570 kaufte der sächsische Kurfürst August die Herrschaft Neukirchen mit dem Rittergut von Hünerkopfs Erben. und überließ es dem Jägermeister Paul Gröbel und seinen Erben bis 1615 zur Nutzung oder verkaufte es an ihn. Das Rittergut und Schloss gelangte nach mehreren Besitzerwechseln 1615 in den Besitz des aus dem Baltikum stammenden Dietrich von Taube. Das im Brandversicherungskataster von 1785 ausgewiesene zweite Herrenhaus, mit Sicherheit das heutige Wasserschloss, hat Dietrich von Taube bauen lassen. Die Familie von Taube bleibt über 200 Jahre Herrschaft auf Rittergut und Schloss Neukirchen. Dietrich von Taube Neffen Reinhard Dietrich von Taube gelang es im Jahr 1674 die Übertragung der seit mindestens 1568 bestehenden Marktgerechtigkeit für Leinenprodukte von Burkhardtsdorf mit zusätzlichen Erzeugnissen nach Neukirchen beim Kurfürsten Johann Georg II. zu erreichen. Das immer wieder behauptete Stadtrecht für Neukirchen wurde aber nach den eingesehenen Schriftstücken nie gewährt.

Die Hussiteneinfälle Anfang des 15. Jahrhunderts und der Bauernkrieg Anfang des 16. Jahrhunderts haten Neukirchen unbeschadet überstanden. Das Dorf war aber durch Auswirkungen des Dreißigjährigen Kriegs in der Zeit von 1631 bis 1641 betroffen und wurde zwischen 1626 und 1641 mehrfach von der Pest heimgesucht.

1785 wurde ein Brandversicherungskataster von mit Nachträgen bis 1839 219 Grundstücken bei geschätzt vielleicht 1000 Einwohnern erstellt. Am Ende des 18./Anfang des 19. Jahrhunderts entstand abseits von der besiedelten Ortslage Neukirchen in der Nähe zur Würschnitz mit zuerst neun Gehöften die Neukirchener Sorge an der Grenze zur Nachbargemeinde Jahnsdorf. 19. und 20. Jahrhundert

Der Schneeberger Kaufmann Carl Heinrich Hänel erwarb 1819 Schloss und Gutsherrschaft Neukirchen. Der Besitz ging danach an seinen ebenfalls bürgerlichen Schwiegersohn, Rittergutsbesitzer Christian Gotthold Clauss aus Seußlitz und Radwitz, über.

Nach dem Erlass der Sächsischen Landgemeindeordnung am 11. November 1838 wurde am 8. April 1839 im Schloss Neukirchen die erste Gemeindevertreterversammlung und der Halbhüfner Friedrich August Hähle zum ersten Gemeindevorsteher gewählt. Neukirchen hatte in diesem Jahr rund 2700 Einwohner.

Das Rittergut Neukirchen mit dem Schloss blieb bis 1921 eine selbstständige politische Einheit. Rittergut, Schloss und land- und forstwirtschaftliche Flächen von letztlich um 84 ha wurden 1926 von Neukirchen nach Klaffenbach eingemeindet. Der Name Wasserschloss Klaffenbach ist ein unhistorischer Titel der Zeit nach 1990.

1839 lag ein neues Brandversicherungskataster vor. Die hier für die Gehöfte vergebenen Brandkatasternummern entsprechen im Regelfall den bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts gültigen Ortslistennummern. Es wurden 220, mit späteren Nachträgen, 265 Gehöfte erfasst.

1841 Fertigstellung eines Flurbuches und nach Vermessungen angefertigten Flurkarten (Kroki und Menselblätter) von Neukirchen. Alle Flächen von Gehöften, Feldern, Wiesen, Wäldern, Straßen und Gewässern wurden als Parzellen aufgemessen und nummeriert. Man hat 1.085 Parzellen (später Flurstücke) von Gehöften, Acker-, Wiesen-, Weide- und Waldflächen sowie Wege bei einer Neukirchener Gesamtfläche von rund 14 km² aufgemessen. 1883 erfolgte eine Neuvermessung des Ortes. Die Flurstücke wurden dabei neu nummeriert.

Straßennamen mit Hausnummern sind in Neukirchen erst seit 1935 verbindlich gültig. Vorher erfolgte die Unterscheidung der Gehöfte nur durch die Ortslistennummer.

Bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts hinein war Neukirchen ein reines Bauerndorf mit einer leistungsfähigen Handwerkerschaft. Ackerbau, Viehzucht, Forstwirtschaft und im sehr geringen Maße auch Flussfischerei prägten den Ort. Auch das Handelsnetz war im Ort gut ausgeprägt. In der DDR-Zeit wurden Ackerbau und Viehzucht weitgehend genossenschaftlich organisiert und in die Planwirtschaft einbezogen. Die vor allem durch die Strumpfwirkerei eingeleitete Industrialisierung des 19. Jahrhunderts veränderte auch das von Landwirtschaftsbetrieben, Handwerkern und vier Mühlen geprägte Neukirchen. Diese Ära endete nach der in der DDR-Zeit vollzogenen Enteignung der Unternehmenseigentümer mit dem Untergang der DDR.

Parallel zur Industrialisierung wurde die technische Infrastruktur errichtet. Eine zentrale Wasserversorgungsanlage konnte 1914 fertiggestellt und in Betrieb genommen werden.

Ab 1900 gab es Elektroenergie, ab 1901 schon eine elektrische Straßenbeleuchtung auf allerdings noch recht unzureichend befestigten Straßen. Ab 1925 begann schließlich die Ära der Gasversorgung in Neukirchen. Nur die zentrale Abwasserentsorgung wurde in Neukirchen bis zum 21. Jahrhundert nicht angegangen.

Eine Poststation gab es im Ort schon Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1905 ein repräsentatives Postgebäude in Betrieb genommen wurde.

1895 erhielt Neukirchen einen allerdings ungünstig platzierten gemeinsamen Bahnanschluss mit Klaffenbach an die in Betrieb gegangene Bahnlinie Chemnitz – Stollberg.

Seit 1910 war eine Omnibuslinie nach Chemnitz eingerichtet.

Der örtliche Brandschutz wurde seit 1800 durch eine Pflichtfeuerwehr bedient, 1860 eine Freiwillige Feuerwehr gegründet.

Im Ort gab es nacheinander bis heute mit wechselhafter Nutzung wahrscheinlich schon seit dem 16. Jahrhundert fünf Schulhäuser. Mitte des 18. Jahrhunderts, wahrscheinlich aber schon deutlich früher erwarben in Neukirchen die Kinder aus Neukirchen, Adorf, Klaffenbach, Stelzendorf und Markersdorf in einer Schule der Kirche ihre erste Schulbildung. Im 19. Jahrhundert lernten nur noch die Neukirchener Kinder in zwei Schulbezirken im Ort. 1929 nahm eine Berufsschule für Textilberufe und solche der Landwirtschaft in Neukirchen ihren Lehrbetrieb auf. Sie wurde ab 1955 zu einer bis 2007 betriebenen Medizinischen Fachschule weiterentwickelt.

Eine ärztliche Versorgung ist in Neukirchen seit dem zweiten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts nachgewiesen, ein Zahnarzt seit dem ersten Viertel des 20. Jahrh., eine tierärztliche Versorgung seit 1850 und eine Apotheke im Ort öffnete 1866.

Ein vielseitiges Vereinsleben entwickelte sich besonders ab Mitte des 19. Jahrhunderts bis ins 20. Jahrhundert hinein. In der Summe, sicher nicht immer nebeneinander bestehend, gab es 80 Vereine, für deren Aktivitäten u. a. 25 Gaststätten verfügbar waren.

Seit 1908 bis weit in die 30er Jahre errichtete die Gartenstadt-Genossenschaft Häuser in der auch noch heute so bezeichneten Gartenstadtsiedlung. Von 1925 bis nach 1936 entstanden die Heimstättensiedlung entlang der heutigen Max-Weigelt-Str. und mehrere Siedlungen auf der Fläche des sogenannten Hofefeldes des ehemaligen Rittergutes Neukirchen.

Das zweite Neukirchener Rathaus wurde im Dezember 1904 eingeweiht und ist noch heute Sitz der Gemeindeverwaltung.

Für den Bau eines Chemnitzer Neubaugebietes verlor Neukirchen 1975 um 100 ha Gemeindefläche.

Im Ortsteil Neukirchen sind 27 Denkmalschutzobjekte und drei Archäologische Denkmäler registriert.


Text: Wikipedia

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