Parchim

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Parchim ist die Kreisstadt des Landkreises Ludwigslust-Parchim in Mecklenburg-Vorpommern.

Reklamemarken und Siegelmarken

Verzeichnis der sortierten Reklamemarken und Siegelmarken mit einem Bezug zu Parchim.

Fritz Reuter

Helmuth Karl Bernhard von Moltke

Sonstige

Geschichte

Name

Der Name Parchim ist aus dem Slawischen abgeleitet. Nach einer sehr freundlichen Version soll der Name von dem Sonnengott Parchom abstammen. Der altpolabische Name Parchom könnte andererseits von parch abstammen und übersetzt aus dem polnischen/niedersorbischen etwa Räude heißen und somit Ort der wüsten Feldmark bedeutet haben. Die Schreibweise veränderte sich im Lauf der Jahre nur wenig, und schon 1170 heißt es Parchim oder 1202 Parchem, wobei beide Formen früher wechselweise zur Anwendung kamen.[3]

Als inoffizielle und volkstümliche Bezeichnung der Stadt wird „Pütt“ seit den 1920er Jahren erstmals in der Literatur erwähnt und ist heute in der Region weit verbreitet. Das plattdeutsche Wort für „Pfütze“ spielte wahrscheinlich auf die Größe des Parchimer Wockersees an, wird aber heute mit der Stadt in Zusammenhang gebracht.[4] Panoramablick von der Kirche St. Georgen in Richtung Osten (für die Westrichtung hier klicken)

Mittelalter

Das Siedlungsgebiet des westslawischen Stammes der Smeldinger wird von der neueren Forschung links und rechts der Elde um Parchim vermutet. Hier konnte eine frühmittelalterliche, in sich abgeschlossene slawische Siedlungskammer archäologisch nachgewiesen werden.[5]

Die erste urkundliche Erwähnung einer Burg Parchim erfolgte 1170 in einer Urkunde des Kaisers Friedrich I. zu Frankfurt am Main. Erweitertes Stadtrecht erhielt Parchim 1225/26 durch Heinrich Borwin II. Von 1238 bis 1248 war Parchim Residenz des Fürstentums Parchim-Richenberg. Fürst Pribislaw I. gründete 1240 am westlichen Eldeufer die Parchimer Neustadt. Beide Städte (Alt- und Neustadt) schlossen sich 1282 zusammen. 1289 brannte ein Teil der Altstadt ab.

Die St. Georgenkirche, damals noch eine Basilika, wurde schwer beschädigt. Sie wurde neu aufgebaut und 1307 geweiht. 1246 kamen Mitglieder des Franziskanerordens nach Parchim. Die Brüder errichteten ihren Konvent am Rande der Neustadt (Aufhebung im Zuge der Reformation 1552/53). Um 1250 wurde auch mit dem Bau der gotischen Marienkirche in der Neustadt begonnen. 1278 erfolgte die Weihe der Kirche der Neustadt St. Marien.

Zwischen 1289 und 1310 errichtete man die Stadtmauer Parchim, teilweise noch sichtbar, mit einer Länge von 2,7 Kilometern, einer Dicke von 90 Zentimetern und einer Höhe von 5,5 Metern. In die Stadt kam man durch die drei Stadttore: Neues Tor, abgebrochen 1797, 1833 und 1838, Kreuztor, abgebrochen 1847/48, Wockertor. Das Wallhotel, die heutige Sparkasse am Moltkeplatz, ist das erste Gebäude, das 1863 außerhalb der Stadtmauer gebaut wurde.

Seit der Mitte des 14. Jahrhunderts wurde die Parchimer Landwehr errichtet. Sie war der äußerste Ring der mittelalterlichen Stadtverteidigungsanlagen in Parchim. Im Norden an der Straße zu Sternberg ist von der alten Wehranlage noch ein Wartturm, der sogenannte Fangelturm erhalten geblieben. An der Südgrenze des Stadtgebietes befinden sich ebenfalls gut erhaltene Reste dieser spätmittelalterlichen Wallanlage zur Grenzsicherung.

1316 tritt Parchim als Sprecher auf dem Städtelandtag auf. Parchim war eine Landstadt in Mecklenburg und bis 1918 als Vorderstadt die erste der landtagsfähigen im Mecklenburgischen Kreis. 1377 kaufte die Stadt die Fürstenburg und 1384 verpflichtete Parchim den Münzmeister Tile von Kampen. 1410 wurde die Schützengilde gegründet. Um 1500 hatte die Stadt ca. 3.000 Einwohner.

16. bis 19. Jahrhundert

Schon um 1530 fand in Parchim die Reformation statt und 1540 ließ sich der Generalsuperintendent Johann Riebling in Parchim nieder. Bald darauf verließen 1550 die Franziskanerbrüder die Stadt. Joachim Loew arbeitete ab 1548 als erster Buchdrucker in der Stadt. Von 1545 bis 1683 waren in Hexenprozessen mindestens 34 Menschen betroffen.[6][7]

Die Große Stadtschule (Lateinschule) wurde 1564 errichtet. Erneut wurde in Parchim 1586 durch einen Stadtbrand die halbe Altstadt zerstört. Auch wurde die Stadt 1604 von einer Pest betroffen.

1612 vernichtete ein Stadtbrand wieder große Teile der Stadt. 1620 hatte die Stadt ca. 5.000 Einwohner. Die Pestepidemie von 1626 ging nicht spurlos an Parchim vorbei, sie forderte 1.600 Todesopfer. Der Dreißigjährige Krieg hinterließ von 1637 bis 1639 unermessliche Schäden. 1648 lebten in Parchim nur noch ca. 1.300 Menschen.

Parchim konnte sich jedoch wieder erholen. Von 1667 bis 1708 war der Sitz des Hof- und Landgerichts in Parchim. Von 1733 bis 1788 befand sich Parchim unter einer preußischen Pfandbesetzung. Die Einwohnerzahl erhöhte sich wieder bis 1789 auf ca. 4.000. Im 18. Jahrhundert siedelten sich auch Juden im Ort an, die sich am Voigtsdorfer Weg westlich des Wockersees ihren Jüdischen Friedhof einrichteten, auf dem bis 1938 Begräbnisse stattfanden.

Ein letzter großer Rückschlag erfolgte während der Besetzung durch napoleonische Truppen im Jahre 1806. In den folgenden Befreiungskriegen wurde 1813 der Parchimer Landsturm gegen Napoleon geführt. Nach 1815 erholte sich die Stadt allmählich.

Von 1818 bis 1840 hatte anstelle des Hof- und Landgerichts das Oberappellationsgericht seinen Sitz in Parchim. Dafür wurde das Rathausgebäude 1818 erweitert und umgebaut (s. Rathaus).

1827 entstand das Friedrich-Franz-Gymnasium, 1838 die Gewerbeschule, 1841 die Realschule, 1848 die städtische Volksschule, 1873 das Mittelschulhaus, 1890 ein größeres Gymnasialgebäude, die heutige Goethe-Schule und 1892 das neue Volksschulhaus, die heutige Fritz-Reuter-Schule.

Parchim erhielt 1832 eine demokratischere Stadtverfassung und 1838 eine neue Gesindeordnung.

Schon 1819 wurde eine Tuchfabrik errichtet, dann folgten 1841 die Papiermühle, 1858 die Maschinenfabrik Bauer, 1874 die Backofenfabrik und 1889 die Viktoriamühle. Ab 1863 fand die weitere Bebauung auch außerhalb der Stadtmauer statt. 1867 wurde Parchim Standort des 2. Mecklenburgischen Dragonerregimentes Nr. 18.

Der Ausbau der Infrastruktur erfolgte u. a. 1841 mit dem Bau der Ludwigsluster Chaussee, 1862 mit dem Telegrafenamt und der Gasanstalt und 1880 bekam die Stadt Eisenbahnanschluss, die Bahnstrecke Ludwigslust–Parchim wurde in Betrieb genommen und 1885 erfolgte der Anschluss an das Eisenbahnnetz der Mecklenburgischen Südbahn auf der Strecke Neubrandenburg-Parchim. Dazu wurde in Parchim die Mecklenburgische Südbahn-Gesellschaft im Jahr 1883 gegründet.

Zwischen 1841 und 1853 wurde mit dem Braunkohlenschacht am Sonnenberg versucht, Braunkohle zu fördern.

20. und 21. Jahrhundert

1905 wurde die Villa Heucke zum Krankenhaus umgebaut. 1910 lebten in der Stadt 12.800 Einwohner. 1906 entstand das Wasserwerk, und 1921 erhielt Parchim elektrischen Strom. Seit 1925 ist Parchim Amtssitz bzw. Kreisstadt. Das neue Gebäude des Landratsamts wurde 1936 gebaut.

Mit Beginn des Ersten Weltkriegs wurde am Stadtrand von Parchim auf dem ehemaligen Kavallerieexerzierplatz eines der größten Kriegsgefangenenlager Deutschlands mit einer Kapazität von bis zu 25.000 Gefangenen eingerichtet. Unter trostlosen Bedingungen waren hier zeitweise 15.000 Kriegsgefangene aus Russland, Frankreich, Belgien, Serbien und England untergebracht. Insgesamt 1402 von ihnen starben hier. Auf Initiative und mit Spenden der Lagerinsassen wurde auf dem Lagerfriedhof am Dammer Weg ein Denkmal errichtet und am 4. Juni 1916 geweiht.[8] Die Pflege und Erhaltung der Anlage obliegt seit 1922 der Stadt Parchim.

Mitte 1937 wurde von der Wehrmacht der Flugplatz Parchim in Betrieb genommen. Der nationalsozialistische Terror erfasste auch Parchim: 1937 wurden 22 jüdische Familien misshandelt; sie wanderten aus oder sie wurden in ein KZ deportiert. Das Schicksal von 14 jüdischen Mitbürgern wird in der Liste der Stolpersteine in Parchim näher beleuchtet. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge verwüstet, später auf Kosten der jüdischen Gemeinde abgerissen und der jüdische Friedhof geschändet und zerstört. Von 1939 bis 1945 wurde ein Arbeitslager im Stadtteil Bramfeld betrieben, in dem etwa 1000 polnische und sowjetische Kriegsgefangene untergebracht waren, die in rüstungswichtigen Bereichen Zwangsarbeit verrichten mussten. Außerdem wurde ein Durchgangslager für ausländische Zwangsarbeiter errichtet, das eine Frequenz von 50.000 Personen aufgewiesen haben soll. An sie erinnert nur noch ein Grabstein.

Den Zweiten Weltkrieg überstand die Stadt weitgehend unzerstört. Wie andernorts auch herrschte in den letzten Kriegstagen großes Chaos in Parchim. Zahlreiche Flüchtlingstrecks, KZ-Häftlinge und versprengte Soldaten der Wehrmacht und Waffen-SS zogen durch die Stadt. Eine Aufklärungseinheit der US-Amerikaner unter der Führung von William A. Knowlton durchquerte den Ort kampflos in Richtung der Stadt Lübz. Um den 3. Mai 1945 besetzte schließlich die Rote Armee Parchim.

Die Luftstreitkräfte der Sowjetunion nutzten von 1945 bis 1992 den Flugplatz. In der Schweriner Straße 3/4 errichtete die sowjetische Geheimpolizei NKWD eine Dienststelle, in deren Gefängnis im Keller brutale Verhöre von angeblich antisowjetischen Festgenommenen stattfanden. Eine Gedenktafel erinnert seit 1993 daran. 1951 wurden die Lehrer des Gymnasiums Erich Creutzfeldt und Karl Richter mit anderen Parchimern verhaftet. Nach ihrer Verurteilung zu 20 Jahren Zwangsarbeit wurden sie in das sibirische Lager Taischet in der UdSSR deportiert, wo Richter starb und Creutzfeldt schwer erkrankte.[9]

1946 wurde – wie in vielen Orten der Sowjetischen Besatzungszone – ein Kulturbund gegründet. Die Tuchfabrik wurde 1948 enteignet und zum Volkseigentum. Der Zusammenschluss von Tischlern zu einer Produktionsgenossenschaft des Handwerks erfolgte 1955, und 1958 entstand ein Volkseigenes Gut. 1961 wurde das Gasbetonwerk und 1968 das Hydraulikwerk gebaut. Ab 1963 entwickelte sich die Weststadt als Großwohnsiedlung, zumeist in Plattenbauweise. Die Stadt wurde um 1970 in die Liste der regionalen Stadtdenkmale der DDR aufgenommen, die Altstadt aber nicht saniert.

Zu DDR-Zeiten unterhielt der VEB Filmfabrik Wolfen in Parchim das Zentrale Pionierferienlager „Kurt Bürger“ für die Kinder seiner Betriebsangehörigen.

Nach der politischen Wende wurde 1991 die historische Altstadt im Rahmen der Städtebauförderung und des Programmes Städtebaulicher Denkmalschutz grundlegend saniert. 1992 wurde auch die 37 Hektar große Regimentsvorstadt als städtebauliche Entwicklungsmaßnahme in die Stadterneuerung einbezogen und bis etwa 2012 zu einem Wohnpark umgewandelt.[10] 1997 war die Rathaussanierung abgeschlossen. Von 1993 bis 2011 wurde die Wohnsiedlung Parchimer Weststadt durch Wohnumfeldverbesserung im Rahmen von Stadtumbau-Ost und der Rückbauförderung saniert.

Von 1952 bis 1990 war Parchim Kreisstadt des gleichnamigen Kreises im DDR-Bezirk Schwerin. Auch nach der Wende und friedlichen Revolution blieb Parchim Kreisstadt des neuen, größeren Landkreises Parchim. Im Zuge der Kreisgebietsreform 2011 wurde die Stadt zum Sitz des neuen Landkreises Ludwigslust-Parchim. Im Vorfeld gab es einen erheblichen Streit über die künftige Kreisstadt, zur Debatte standen Ludwigslust und Parchim.


Text: Wikipedia

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