Röhrenbunker Oberaltenallee

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Röhrenbunker Oberaltenallee
Röhrenbunker Oberaltenallee - Sitzbank
Röhrenbunker Oberaltenallee - Wandmalerei Moorkanal
Röhrenbunker Oberaltenallee - Wandmalerei Treppenspeicher

Sogenannte Röhrenbunker gehören zu den in Hamburg am weitesten verbreiteten Schutzbauwerken. Aufgrund ihrer einfachen Bauweise aus Beton wurden sie im Zweiten Weltkrieg in Hamburg zu Hunderten gebaut. Ob teilversenkt, unterirdisch oder offen sichtbar: Die meisten dieser Anlagen existieren bis in die heutige Zeit. Meist fallen die grauen, länglichen Bauwerke Passanten in der Nähe von Bahnhöfen oder in Innenhöfen von Altbauten auf. Die Gebäude sind in der Regel vermauert oder mit Gittern versehen. Selten gibt es eine Nachnutzung als Abstellraum oder Lager, nur wenige Röhrenbunker wurden zu Schutzräumen für den Kalten Krieg hergerichtet. Da ein Abriss der verwaisten Anlagen zu teuer ist, rotten sie häufig vor sich hin und laufen mit Regenwasser voll.

In den Fokus der Planungsämter rücken die Schutzräume erst wieder, wenn sie Neubauprojekten im Wege stehen. Ein solches Projekt ist auch der Grund, warum an der Oberaltenallee im November 2007 schweres Baugerät auffährt. Hier entsteht ein Neubau für die Hamburger Polizei – ein vorhandener Schutzraum mit drei Röhren ist im Wege und wurde beseitigt. An einem der letzten Tage des Bestehens hatten die Mitglieder von unter hamburg e.V. die Möglichkeit, durch die bereits aufgebrochene Betondecke in das Bauwerk hinabzusteigen und es wenige Tage vor dem Abriss zu dokumentieren.

Überraschend war vor allem die Bauweise der Anlage, die im Jahr 1942 fertiggestellt wurde und 150 Menschen Schutz bot. Während sich Röhrenschutzbauwerke in der Regel nahezu gleichen, erstaunte der verarbeitete Beton bereits das Abbruchunternehmen: Die Bauarbeiter stießen auf stark mit Eisengeflecht armierten Beton sowie eine Deckenstärke von über einem Meter, statt einer sonst für diesen Bauwerktyp üblichen Dicke von 80 Zentimetern mit geringem Metallanteil. Zum anderen befand sich in dem Gebäude nur wenig Wasser.

Erhalten waren Reste von hölzernen Sitzbänken, was besonders ist, da nahezu alle Holzgegenstände aus Bunkern im Hungerwinter 1946/47 verfeuert wurden. Was erhalten geblieben ist, befindet sich durch Wasserschäden meist in extrem schlechtem Zustand. Anders hier.

Außerdem waren Teile der Lüftungsanlage sowie zahlreiche Wandmalereien aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs deutlich erkennbar.

Sie zeigten vor allem traditionell norddeutsche Häuser, Schafställe und Hallenhäuser sowie Ansichten aus dem Alten Land, Lüneburg oder Stade. Die Malereien sollten die Schutzsuchenden vom Wahnsinn des Krieges ablenken. In zahlreichen Bunkerbauwerken sind Wandmalereien erhalten. Sie gliedern sich grob in drei Gruppen: Wie in diesem Bauwerk Darstellungen der deutschen Heimat, teilweise auch mit Gedichten. Zum zweiten heitere Geschichten von Wilhelm Busch, wie beispielsweise im Rundbunker in der Helgoländer Allee [mehr]. Letztlich Propagandaparolen, die den Durchhaltewillen der Bevölkerung in einem bereits verlorenen Krieg steigern sollten und Verhaltensregeln.

Die in Hamburg errichteten Röhrenschutzbauwerke galten in der Regel nicht als volltreffersicher und durften laut eines sogenannten „Führerbefehls“ offiziell nicht als Bunker bezeichnet werden. Die Gebäude waren lediglich splittersicher, konnten somit also nur bei nahen Bombentreffern Schutz bieten. In der Bevölkerung wurde ein solcher Röhrenschutzbau zynisch „Massengrab“ genannt.

Text: Kai Gerullis


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