Rügenwalde

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Darłowo (deutsch Rügenwalde) ist eine Stadt im Powiat Sławieński (Schlawe) der polnischen Woiwodschaft Westpommern.

Reklamemarken und Siegelmarken

Verzeichnis der sortierten Reklamemarken und Siegelmarken mit einem Bezug zu Rügenwalde.

Geschichte

Rügenwalde wurde in einer Region des Schlawer Landes gegründet, in der zahlreiche archäologische Funde wie Steinwerkzeuge, Urnen, Fibeln, Schnallen, Ringe auf frühzeitliche Siedlungsansätze hinweisen. Die Stadt befindet sich jedoch nicht an der Stelle, an der in der Karte Germania magna des Ptolemäus ein Ort der Rugier namens „Rugium“ verzeichnet ist. Dieser Karte zufolge lag Rugium am linken Ufer des Flusses Grabow; der Ortskern Rügenwaldes dagegen liegt am rechten Ufer der Wipper, in einigen Kilometern Entfernung. Jedoch verdankt die Stadt den Rugiern ihren Namen.

Mittelalter

Lange vor der Gründung der Stadt existierte in der Gegend die Burg Thirlow oder Dirlow mit der gleichnamigen Kastellanei, einem Burgbezirk, der in lateinischen Urkunden als terra Dirlova[2] bezeichnet wird. Die Burg lag jedoch in der Nähe der Wippermündung, einige Kilometer entfernt von dem Ort, an dem später die Stadt Rügenwalde entstand. Von dieser Burg rührt der heutige polonisierte Name der Stadt. Die erste urkundliche Erwähnung als Stadt erfolgte am 5. Februar 1271 in einer auf der Burg Schlawe ausgestellten Urkunde, mit der Herzog Wizlaw II. von Rügen dem Kloster Buckow zwei Hausstellen und zwei Hufen Land „in civitate nostra Ruyenwolde“ (lat. „in unserer Stadt Rügenwalde“) übereignet. Es wird angenommen, dass Wizlaw II. die slawische Siedlung im Jahre 1270 nach Lübischem Recht relokalisiert hatte.

Das Gebiet gehörte ursprünglich zur pommerschen Teilherrschaft Schlawe-Stolp. Nach dem Aussterben der hinterpommerschen Seitenlinie des Greifenhauses gelangte die Herrschaft Schlawe-Stolp sowie das Gebiet der späteren Stadt Rügenwalde nach 1227 in den Besitz des pommerellischen Herzogs Swantopolk II. Nach Swantopolks II. Tod, 1266, rückte um 1269 Herzog Barnim I. von Pommern in das Gebiet um Schlawe und Rügenwalde ein und überreichte dieses 1270 an Herzog Wizlaw II. von Rügen zu Pfand. Dieser verlor das Gebiet um 1275 an Herzog Mestwin II. von Pommerellen. Der letzte souveräne Herrscher von Pommerellen aus der Linie der Samboriden, Mestwin II., hatte 1273 im Vertrag an der Dragebrücke sein Herzogtum von den Markgrafen von Brandenburg zu Lehen genommen. Da er ohne männliche Nachkommen war, hatte er dabei die brandenburgischen Anwartschaftsrechte über die Lande Schlawe, Rügenwalde und Stolp vertraglich anerkannt,[3] unter Verzicht auf Danzig aus dem Vertrag von Arnswalde. Doch spätestens ab 1278 überwarf er sich mit den Brandenburgern und ging eine Allianz mit dem Herzogtum Großpolen ein, das ebenso mit der Mark Brandenburg im Streit lag. Als Mestwin II. im Dezember 1294 verstarb, erbte Przemysław, Herzog von Großpolen, das Herzogtum Pommerellen, darunter die Stadt und Land Rügenwalde.[4] Es kam zum Erbfolgestreit, in dessen Verlauf Rügenwalde 1297 von dem pommerschen Herzog Bogislaw IV. zerstört wurde.[5][6]

Nachdem in Pommerellen bedingt einer Allianz mit den Swenzonen die Markgrafen von Brandenburg ihre strittigen Rechte 1307 durchgesetzt hatten, wurde der Wiederaufbau der Stadt in Angriff genommen. Am 31. Mai 1312 wurde eine Urkunde ausgestellt, in der bestimmt wurde, dass für die Stadt Lübisches Stadtrecht gelten solle.[7] Das Datum gilt bis heute als Tag der Neugründung Rügenwaldes. Die Neugründung erfolgte unter der Verwaltung der Swenzonen, die mit der praktischen Durchführung fünf Bevollmächtigte betrauten. Die Stadt erhielt bei dieser Gelegenheit eine Reihe von Privilegien, darunter auch das Recht auf Heringsfang. Für letzteren Zweck wurden sechs neue Boote angeschafft, sogenannte ‚Bordinge‘ (eine Art Leichterschiffe, die für das Befahren flacher Küstengewässer geeignet sind), von denen drei Eigentum der Stadt blieben.[8] 1317 gingen die Stadt und ihr Umland infolge des Friedens von Templin von der Mark Brandenburg an das Herzogtum Pommern-Wolgast über.

Es wird vermutet, dass bereits während dieser Zeit mit dem Bau der Rügenwalder Marienkirche begonnen wurde. 1327 erwarb die Stadt für 213 Mark die wendische Burg Dirlow bei dem Dorf Münde, der späteren Ortschaft Rügenwaldermünde (heute Stadtteil Darłówko).

Mitte des 14. Jahrhunderts errichtete die Stadt zu ihrem Schutz eine größere Stadtmauer, in die drei Stadttore eingelassen wurden. Im Jahre 1350 trat Rügenwalde der Hanse bei,[9] wurde jedoch 1356 für 14 Jahre suspendiert, weil sich die Stadt im Krieg gegen Dänemark nicht an der Handelssperre beteiligt hatte. 1352 kaufte Herzog Bogislaw V. für 1.500 Mark die spätere Schlossinsel und begann mit dem Bau des Rügenwalder Herzogsschlosses.

1407 wurde ein Kartäuserkloster Marienkron in die Nähe von Rügenwalde verlegt. Das Kloster war 1406 zunächst von dem Dorf Körlin bei Lanzig nach Schlawe verlegt worden.

Unter den Herzögen Bogislaw VIII. und Erich I., der auch für 42 Jahre König der skandinavischen Länder war, war Rügenwalde von 1402 bis zum Tode Erichs I. 1459 pommersches Herzogtum. Erich I. pflegte guten Kontakt zu dem Kartäuserkloster.

Am 17. September 1497 wurde die Stadt von einer der größten Sturmfluten an der pommerschen Küste heimgesucht. Am 8. Februar 1558 erreichte ein weiteres Hochwasser die Stadt.[10]

In Rügenwalde gab es bereits lange vor der Reformation eine von Geistlichen geleitete Lateinschule.[11] Im Jahr 1333 wurde sie von Rektor Stephanus geleitet. Dem Spendenbuch (liber beneficiorum) des Kartäuserklosters zufolge waren die Schulleiter 1431 Arnoldus, 1434 Ryke und 1502 Hinrich Hildebrant. Absolventen pommerscher Lateinschulen besuchten bevorzugt die Universitäten Greifswald (gegründet 1456), Rostock (gegründet 1419), Frankfurt an der Oder (gegründet 1506) und Wittenberg (gegründet 1502).[12] Die Anzahl Rügenwalder Studenten betrug in Rostock im Zeitraum 1456 bis 1490 insgesamt 14, im Zeitraum 1491 bis 1524 insgesamt 20; in Greifswald betrug sie in denselben beiden Zeiträumen 14 bzw. 8.[13] Hohes Tor bzw. Steintor – Stadtseite Hansabrunnen auf dem Rathaus-Vorplatz von Rügenwalde (geschaffen von Wilhelm Groß, gestiftet von der Reederei Hemptenmacher).

Nach der Reformation

Als Johannes Bugenhagen in den Jahren 1534 und 1535 für die Einführung der Reformation in Pommern warb, wählte er das Rügenwalder Schloss als einen seiner Stützpunkte aus. 1534 wurde das Karthäuserkloster Marienkron aufgelöst.

Am 4. Juli 1589 wurde Rügenwalde durch einen verheerenden Brand schwer beschädigt. Auch die Marienkirche brannte zu großen Teilen nieder. Von 1622 bis 1637 machte der letzte Pommernherzog Bogislaw XIV. Schloss Rügenwalde zu seiner Residenz. Bereits 1618 hatte er im Schloss eine Münzprägeanstalt in Betrieb genommen.[14] Am 11. November 1624 wurde die Stadt zum zweiten Mal Opfer eines Großbrandes, bei dem die Marienkirche völlig zerstört wurde. Erst 1639 konnte sie wieder aufgebaut werden. Während des Dreißigjährigen Kriegs rückten im Jahr 1630 für den Schwedenkönig Gustav Adolf kämpfende, von dem schottischen Offizier Robert Monroe angeführte schottische Truppen in Rügenwalde ein und vertrieben die Kaiserlichen.[15][16] Anschließend wurden schwedische Truppen einquartiert. Am 10. August 1648 wurde Rügenwalde erneut durch einen Brand zerstört.

Vor dem Hafen Rügenwaldermünde, der bereits während des Dreißigjährigen Kriegs (1618–1648) von den Kaiserlichen zerstört worden war, ankerte während des Siebenjährigen Kriegs am 30. Juli 1761 ein Verband russischer Kriegsschiffe, und während der darauffolgenden Tage erhielt Rügenwalde eine einige tausend Mann starke russische Besatzung.[17] Die Hafenanlagen wurden erst 1772 wieder aufgebaut, und zwar auf Veranlassung Friedrichs des Großen, des Königs von Preußen. Der Hafen wurde zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor Rügenwaldes. Als Vorbote der sich anbahnenden Industrialisierung wurden 1778 eine Segeltuchfabrik und eine Leinwandmanufaktur gegründet. Die Stadt galt bald danach als bedeutendes Ausbildungszentrum für Seiler und Segelmacher.[18] Es bestand auch bereits eine Werft, auf der größere Schiffe gebaut wurden.[19] Rügenwalde verfügte über eine eigene Kalkbrennerei.[20]

Im 19. Jahrhundert

Im Koalitionskrieg gegen Napoleon war Rügenwalde von 1806 bis 1808 von französischen Truppen besetzt, das herzogliche Schloss wurde französisches Lazarett.

Nach Ende der französischen Besatzung wurden in Preußen Verwaltungsreformen durchgeführt. Die Stadt Rügenwalde wurde zum Zwecke der regionalen Verwaltung der Provinz Pommern 1816 dem neugeschaffenen Kreis Schlawe im Regierungsbezirk Köslin zugeordnet, dem sie bis 1945 angehörte.

Der Arzt Georg Büttner baute von 1814 an den Vorort Rügenwaldermünde zum ersten preußischen Seebad aus. In den Jahren 1831 bis 1853 litt das damals 3.400 Einwohner zählende Rügenwalde unter Cholera und anderen Epidemien. Von 1836 an, als mit dem Neubau einer Chaussee der Anschluss an das pommersche Fernstraßennetz hergestellt wurde, begann sich die Infrastruktur in und um die Stadt zu verbessern. 1848 verfügten die Reeder von Rügenwalde über 17 Handelsschiffe.[21] Der Hafen wurde vom preußischen Staat übernommen und weiter ausgebaut, sodass 1856 mit 50 vor Anker liegenden Schiffen ein neuer Rekord aufgestellt werden konnte. 1863 wurde Rügenwalde an das Telegrafennetz und 1878 durch den Bau der Strecke Rügenwalde–Schlawe (19 km) an den Eisenbahnverkehr angeschlossen. Rügenwaldes industrieller Aufschwung wurde auch durch die Tatsache belegt, dass Ende des 19. Jahrhunderts die größte Reederei Pommerns mit über 40 Schiffen dort beheimatet war.

1866 veröffentlichte der Dichter Paul Heyse das in Rügenwalde handelnde Schauspiel in fünf Akten „Hans Lange“, das eine sich um die Kindheit des Pommernherzogs Bogislaw X. rankende Legende[22][23] zum Thema hat.[24] Das Thema war zuvor bereits von dem pommerschen Dichter Wilhelm Meinhold (1797–1851) aufgegriffen worden.[25]

Am Ende des 19. Jahrhunderts gab es in Rügenwalde zwei evangelische Kirchen, eine Synagoge (Müllerstraße),[26] ein Amtsgericht, ein Hauptzollamt, zwei Hospitäler, ein Seemannsamt, eine Reichsbank-Nebenstelle, eine Wurstfabrik sowie Schifffahrt und Handel. Gehandelt wurde hauptsächlich mit Fleischwaren (geräuchertem Fisch und Gänsebrüsten sowie Dauerwürsten) und mit Getreide und Holz. In ganz Deutschland bekannt wurde Rügenwalde seit Mitte des 19. Jahrhunderts durch den Vertrieb der „Rügenwalder Teewurst“. Aus den Herstellungsbetrieben der „Rügenwalder Teewurst“ sind nach Flucht und Vertreibung unter anderem das heute in Niedersachsen ansässige Unternehmen Rügenwalder Mühle und das in Hessen ansässige Unternehmen Rügenwalder Spezialitäten Plüntsch hervorgegangen.[27][28]

Im 20. Jahrhundert

Durch den Ersten Weltkrieg wurde die Stadt nicht unmittelbar beeinträchtigt. Rügenwalde gab in der Nachkriegszeit ein eigenes Notgeld heraus (siehe auch Deutsche Inflation 1914 bis 1923). In den 1920er Jahren wurde die Stadt durch die Errichtung der Kopfberg-Siedlung erweitert. 1929 übernahm der Landkreis das herzogliche Schloss, das in den Jahrzehnten zuvor teilweise abgerissen worden war und als Gerichtsgebäude, Gefängnis und Getreidelager gedient hatte, um dort das Heimatmuseum des Kreises einzurichten.

Am Rathausplatz gab es unmittelbar neben dem Rathaus eine Apotheke, die Löwen-Apotheke, deren Betreiber auf eine 300-jährige Geschichte zurückblicken konnten.[29] Die Löwen-Apotheke wurde bis über das Ende des Zweiten Weltkriegs hinaus geführt, bis der deutsche Apotheker vertrieben wurde. Das Apotheken-Gebäude wurde nach dem Krieg abgerissen.

Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs kam es in Rügenwalde für kurze Zeit noch einmal zu einer wirtschaftlichen Expansion. 1935 wurde bei Rügenwaldermünde der Schießplatz Rügenwalde-Bad gebaut. 1939 begann man mit dem Bau zweier Großsilos im Hafen. 1943 lief in der Rügenwalder Werft unter großer Geheimhaltung das erste große Betonschiff vom Stapel. Im März 1943 testete man auf dem Schießplatz die 80-cm-Kanone (E), ein Eisenbahngeschütz und das damals größte Geschütz der Welt.

Das Ende des Aufschwungs deutete sich ab 1943 an, als das Herzogsschloss in ein Mehl-Pflichtlager umfunktioniert und kurz darauf in der Hanseschule ein Lazarett eingerichtet wurde. Am 2. August 1944 wurden alle arbeitsfähigen Bürger Rügenwaldes zum Bau des so genannten Pommernwalles zwangsverpflichtet. Im Dezember 1944 trafen die ersten Flüchtlinge aus Ostpreußen und Westpreußen in der Stadt ein. Nach Rügenwalde waren außerdem Familien aus Hagen und Bochum evakuiert worden. Ab Januar 1945 lief eine groß angelegte Evakuierungsaktion der Kriegsmarine an, mit der 5600 Personen die Stadt verließen. Rund 3500 Einwohner waren in der Stadt geblieben.[30] Hinzu kam eine große Anzahl neu aus Ost- und Westpreußen angekommener Flüchtlinge.

Vor 1945 gab es in Rügenwalde insgesamt sechs Wohnplätze:[31]

Friedrichshof, Gittelsmühle, Rügenwalde, Stadtforsthaus, Tunnelberg, Villenkolonie

Bis 1945 gehörte Rügenwalde zum Landkreis Schlawe im Regierungsbezirk Köslin der Provinz Pommern des Deutschen Reichs.

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Rügenwalde am 7. März 1945 von der Roten Armee besetzt. Im Juli 1945 wurde Hinterpommern zusammen mit Schlesien, Westpreußen und der südlichen Hälfte Ostpreußens von der Sowjetunion unter polnische Verwaltung gestellt. Anschließend setzte in Rügenwalde die Zuwanderung von Polen aus Zentralpolen und Polen und Ukrainern aus den an die Sowjetunion gefallenen Gebieten östlich der Curzon-Linie ein. Rügenwalde wurde in Darłowo umbenannt.

Bis auf Personen, die für die Aufrechterhaltung der Infrastruktur der Stadt unentbehrlich oder die in Arbeitslager verschleppt worden waren, wurde die gesamte eingesessene Stadtbevölkerung von Rügenwalde in der darauf folgenden Zeit vertrieben. Die ersten Vertreibungen erfolgten am 17. Oktober 1945. Zum Abtransport wurden Güterwaggons eingesetzt. Ab 17. August 1946 wurden regelmäßig weitere Transporte organisiert, bis im Oktober 1948 nur noch etwa 200 Deutsche in der Stadt wohnten, 1949 nur noch rund 70 (siehe auch Deutsche Minderheit in Polen).


Text: Wikipedia

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