RMS Lusitania

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Die RMS Lusitania war ein Passagierschiff der britischen Reederei Cunard Line. Das nach der römischen Provinz Lusitania benannte Schiff wurde ab 1907 im Transatlantikverkehr zwischen Liverpool und New York City eingesetzt und war bis zur Indienststellung des Schwesterschiffs Mauretania das größte Schiff der Welt. Die beiden Turbinenschiffe setzten bei Abmessungen, Antrieb und Ausstattung neue Maßstäbe im Schiffbau und stellten einen wesentlichen Entwicklungsschritt hin zum modernen Passagierschiff dar.

Im Ersten Weltkrieg wurde die Lusitania am 7. Mai 1915 von SM U 20, einem U-Boot der deutschen Kaiserlichen Marine vor der Südküste Irlands versenkt, wobei 1.198 Menschen ums Leben kamen. Die Proteste der USA wegen des Todes von 128 US-Amerikanern (Lusitania-Affäre) führten zur Einstellung des uneingeschränkten U-Boot-Kriegs durch das Deutsche Reich bis zum Februar 1917. Gemessen an der Zahl der Todesopfer war die Versenkung der Lusitania der größte Schiffsverlust im Ersten Weltkrieg, hinsichtlich der Tonnage der drittgrößte Verlust nach dem der Britannic 1916 und dem der Justicia 1918.

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Der Untegang

Die Torpedierung

Am Morgen des 7. Mai 1915 erreichte die Lusitania die Südküste Irlands. Seit 8 Uhr befand sie sich in dichtem Nebel, was die Navigation wesentlich erschwerte. Kapitän Turner entschied aufgrund der Wetterverhältnisse, die Geschwindigkeit zunächst auf 18 und kurz darauf auf 15 Knoten zu senken und ließ jede Minute das Nebelhorn tönen;[63] er fürchtete in dem stark von Fischerbooten frequentierten Gewässer eine Kollision. Die eindeutig den Anweisungen zuwiderlaufend niedrige Geschwindigkeit hatte noch einen weiteren Grund: Turner wollte Liverpool bei günstiger Gezeitenlage – also später als geplant – erreichen, um nicht stoppen und einen Lotsen an Bord nehmen zu müssen. Er fürchtete, sein Schiff würde unbewegt ein ideales Ziel für U-Boote abgeben.[58] Um sich in dem Nebel besser zurechtzufinden, steuerte er die Lusitania zudem dicht unter Land, um sich an der irischen Küste orientieren zu können. Gegen 10 Uhr begann sich der Nebel um sie aufzulösen, im Dunst wurden die Umrisse von Land sichtbar.[64]

Der Kapitän des britischen Kreuzers Juno hatte um 07:45 Uhr die Warnung erhalten, dass sich in diesen Gewässern U-Boote aufhielten, und eilte nach Queenstown zurück. Nach 11:02 Uhr muss die Lusitania von Valentia Station folgende neue Warnung erhalten haben: „U-Boote aktiv im südlichen Abschnitt Irischer Kanal; letzte Meldung 20 Meilen südlich Feuerschiff Coningbeg“.[65]

Um 11:50 Uhr fuhr die Juno über U 20 hinweg, das vorher wegen eines im Nebel gesichteten kleinen Fischdampfers getaucht war. Seine anschließende Verfolgung blieb wegen hoher Fahrt und Zickzackkurs des Kreuzers erfolglos. Die Juno verschwand in Richtung Queenstown.[66][67][68]

Kurz vor Mittag wurde von der Lusitania aus backbord voraus eine Landzunge gesichtet, die Turner vermutlich fälschlich für Brow Head hielt.[69] Gegen Mittag liefen die Maschinen der Lusitania mit 120 Umdrehungen, was für 18 Knoten genügte. Dabei wurde auf erhöhten Dampfdruck geachtet, um die Geschwindigkeit bei Bedarf steigern zu können. Die Sicht war inzwischen gut, die letzten Reste des morgendlichen Nebels waren verschwunden und die See war spiegelglatt.[70] Gegen 12:40 Uhr erhielt Kapitän Turner folgende neue Warnung: „U-Boote 5 Meilen südlich von Cape Clear, bei Sichtung gegen 10 Uhr mit westlichem Kurs“. Diese Position musste die Lusitania jedoch schon lange passiert haben.[65]

Das Entschlüsseln des Funkspruchs erforderte einige Zeit, da ein neuer Code verwendet wurde. Turner nahm wegen der U-Boot-Warnung Kurs 67° Ost, um in Landnähe zu bleiben. Bis an sein Lebensende blieb er bei seiner Aussage, er sei durch den Funkspruch angewiesen worden, Queenstown anzulaufen. Die Admiralität bestritt mindestens bis 1972 (Veröffentlichung von Colin Simpsons Die Lusitania) vor 4 Gerichtshöfen, dass zu dieser Zeit irgendein Funkspruch an die Lusitania gesendet worden sei.[71][72]

U 20 tauchte um 12:45 Uhr wieder auf. Die Sicht war ausgezeichnet geworden, die See ruhig.[73]

Gegen 13:00 Uhr wurde von der Lusitania aus eine Landspitze gesichtet, die von Turner für Galley Head gehalten wurde.[74] Gegen 13:40 Uhr wurde auf der Lusitania Old Head of Kinsale mit seinem markanten Leuchtturm ziemlich eindeutig identifiziert und damit Klarheit über ihre ungefähre Position hergestellt. Sie drehte anschließend nach rechts auf ihren ursprünglichen Kurs 87° Ost zurück. Kapitän Turner war jedoch noch unsicher bezüglich seiner genauen Position.[75]

Er beschloss, Kurs auf das Feuerschiff Coningbeg zu nehmen, um eine zeitaufwändige Vierstrichpeilung auf den Leuchtturm Old Head of Kinsale an der Backbordseite vorzunehmen und so seine exakte Position festzustellen. Um das nautische Manöver ausführen zu können, musste das Schiff etwa vierzig Minuten lang parallel zum Land steuern. Das Einhalten des vorgeschriebenen Zickzackkurses war somit nicht möglich. Nach übereinstimmender Meinung von Experten hätte jedoch eine einfache Kreuzpeilung über 3 Minuten genügt. Das Schiff befand sich nun in etwa zwölf Meilen Entfernung vom Land und fuhr mit einer Geschwindigkeit von 18 Knoten. Gegen 13:50 Uhr wurde damit begonnen, den Leuchtturm anzupeilen. Das Feuerschiff Coningbeg war noch etwa 4 Stunden entfernt.[76][77]

U 20 hatte die Rauchwolke der Lusitania etwa um 13:20 Uhr (14:20 MEZ), von Westen kommend, in geschätzten zehn oder elf Kilometern Entfernung ausgemacht[78] und anschließend einen großen Passagierdampfer mit 4 Schornsteinen und zwei Masten erkannt.[79] Der nun eingeleitete Angriff auf das Schiff entsprach grundsätzlich Richtlinien der deutschen Marineführung. In „Anhaltspunkte für die U-Boote bei Durchführung des Handelskrieges“, vom Admiralstab am 12. Februar 1915 erlassen, heißt es: „Es liege im militärischen Interesse, den U-Boot-Krieg so wirksam wie möglich zu machen. Daher sei es nicht angebracht, vor der Vernichtung unzweifelhaft feindlicher Passagierdampfer zurückzuschrecken. Deren Verlust werde vielmehr den allergrößten Eindruck machen.“[80]

Während U 20 wieder getaucht mit 9 Knoten Fahrt versuchte, in Schussposition zu kommen, schien das Schiff, das anhand der britischen Schiffshandbücher Jane's Fighting Ships und Brassey's Naval Annual rasch als Lusitania oder Mauretania identifiziert worden war,[81][82][83] nach einer Kursänderung in zwei Meilen Entfernung zunächst zu weit vom Kurs des U-Bootes abzuweichen, um noch angegriffen werden zu können. Die Lusitania änderte ihren Kurs jedoch erneut und fuhr nun auf dem für U 20 günstigsten Kurs auf Schussposition. U 20 wartete nach kurzer schneller Anfahrt ab und der Kommandant, Kapitänleutnant Walther Schwieger, gab um etwa 14:10 Uhr seinem Wachoffizier, Raimund Weisbach, den Befehl, einen Torpedo auf eine Entfernung von 700 Metern zu lösen.[84] Die Schiffsgeschwindigkeit hatte er hierfür mit etwa 22 Knoten bestimmt,[85] die Torpedogeschwindigkeit betrug 38 Knoten,[86] rund 19,5 Meter pro Sekunde. Berichte über eine angebliche Befehlsverweigerung eines oder mehrerer Besatzungsmitglieder von U 20 im Zusammenhang mit dem Torpedoabschuss sind unglaubwürdig.[87][88][89]

Zwar wurde der anlaufende Torpedo rasch von einem der Zusatzausgucks am Bug der Lusitania gesichtet und durch Zuruf an die Brücke gemeldet, doch diese Warnung erhielt kein Gehör, und der Ausguck verließ seinen Posten, um seinen Bruder, der sich unter Deck befand, zu warnen.[90] Da die Luftblasen des auf 3 Meter Lauftiefe eingestellten Torpedos bei ruhiger See 6,5 bis 8 Sekunden benötigten, um bis zur Wasseroberfläche aufzusteigen, musste er die Schiffswand 9 Sekunden vor dem Zeitpunkt treffen, den seine Blasenbahn an der Wasseroberfläche optisch anzeigte.[91] Als dann aus dem Krähennest eine weitere Warnmeldung an die Brücke erging, war es für ein Ausweichmanöver zu spät. Der Torpedo traf die Steuerbordseite der Lusitania an einem prekären Punkt zwischen dem „Kesselraum Eins und seinem anschließenden Querbunker. Meerwasser drang in das Orlopdeck und die Kohlebunker“ ein. Durch diesen „äusserst unglücklichen Treffer“, dessen Wirkung durch eine vermutliche „Kohlenstaubexplosion“ verstärkt wurde, wurde die gesamte Konstruktion so schwer verformt, dass das Schiff unterging.[92]

Da die Wasserfontäne nach der Torpedoexplosion erst vielleicht 18 Meter hoch[93] aufstieg, ehe sie wieder herunterstürzte, wobei sie Rettungsboot Nummer 5 zerschlug, ließen sich die meisten Augenzeugen und selbst der Kommandant von U 20, aufgrund der tatsächlichen Schiffsgeschwindigkeit von 18 Knoten, über die tatsächliche Position des Torpedotreffers unterhalb der Wasserlinie des Schiffs irreführen.[94] Der Torpedo soll das Schiff etwa auf Höhe der Kommandobrücke getroffen und Kohlenbunker für Kesselraum Nr. 1 auf einer Fläche von etwa 18 m² aufgerissen haben.[95] Innerhalb von 10 Sekunden bekam das Schiff nach Aussage von Kapitän Turner eine Schlagseite von 15°, die es fast unmöglich machte, noch an Deck zu stehen. Kurze Zeit später erfolgte eine zweite, wesentlich stärkere Explosion, die den Sinkvorgang des Schiffes beschleunigte.[96]

Der Untergang der Lusitania

Nach den Explosionen herrschten auf dem Schiff chaotische Zustände. Die Wucht des Torpedoeinschlags schleuderte eine Wassersäule in die Luft, die das Rettungsboot Nr. 5 mit sich riss und eine Flut von Trümmern auf das Deck niederregnen ließ. Im Schiffsinneren hagelte es Glas; Mobiliar und kleinere Gegenstände wurden durch die Luft geschleudert, Menschen stürzten Treppen herab. Die Passagiere stürmten zu den Treppenaufgängen, wobei sie sich gegenseitig schubsten und niedertrampelten. Das Schiff entwickelte rasch eine Steuerbordschlagseite von 20°, wodurch diese Schiffsseite schon nach wenigen Minuten fast auf der Höhe der Wasseroberfläche war, während die Backbordseite hoch in die Luft ragte.

Verzweifelt war die Situation der Kinder. Nach den damaligen Gepflogenheiten durften die Kinder nicht an den Mahlzeiten in den Speisesälen teilnehmen. Sie wurden in separaten Räumen von Stewardessen verköstigt. An diesem Freitag, kurz nach 14 Uhr, befanden sich die meisten Kinder unter Deck und nahmen ihr Essen ein, während ihre Eltern teilweise bereits fertig waren und an Deck flanierten. Durch die starke Krängung war es den meisten Eltern nun nicht mehr möglich, ihre Kinder aus dem Schiffsinneren zu holen. Die Kinder, welche auf das Bootsdeck gelangten, wurden dort im Gedränge erdrückt oder starben im eiskalten Atlantikwasser. Von den 129 Kindern kamen 94 ums Leben.

Passagiere, die das Bootsdeck erreichten, drängten in Panik zu den Booten, die von der unerfahrenen Besatzung nur unter großen Schwierigkeiten klargemacht wurden. Auf der Backbordseite rissen sich aufgrund der Neigung einige Boote aus ihren Halterungen und schlugen binnenbords in die Decksaufbauten, wobei sie wartende Passagiere auf dem Bootsdeck erdrückten. Die Explosionen hatten im Inneren des Schiffes solche Schäden angerichtet, dass seine Fahrt nicht gestoppt werden konnte. Das erschwerte das Fieren der Boote zusätzlich und führte dazu, dass sich die Lusitania selbst unter Wasser drückte. Die Boote, die über die Deckkante geschwungen werden konnten, polterten die mit Nieten besetzte Außenhaut des Schiffes herab, überschlugen sich, warfen die Insassen ins Meer und zerschellten auf der Wasseroberfläche. Viele der Rettungsboote stürzten auch unbesetzt von Bord.

Außerdem fiel nach rund fünf Minuten der Strom aus, wodurch die Kabinengänge im Dunklen lagen, Fahrstühle steckenblieben und darin befindliche Passagiere einschlossen. Der Zusammenbruch der elektrischen Systeme hatte weitere, gravierende Auswirkungen: Die Schotttüren im Schiffsrumpf, die die wasserdichten Abteilungen hätten verriegeln können, konnten nicht mehr geschlossen werden. Die Rudermaschine fiel aus, wodurch die Lusitania manövrierunfähig wurde und ein Versuch Kapitän Turners, das sinkende Schiff in Richtung Küste zu steuern und auf Grund zu setzen, zum Scheitern verurteilt war. Es konnten nur zwei Notrufe abgesetzt werden, die von der Funkstation in Queenstown aufgefangen wurden. In ihnen bat man um sofortige Hilfe und meldete die große Schlagseite, die Torpedierung wurde allerdings mit keinem Wort erwähnt.[97]

Die wenigen Rettungsboote, die besetzt und heil das Wasser erreichten, wurden durch die Vorwärtsbewegung der sinkenden Lusitania mitgerissen und krachten in dahinter befindliche Boote und treibende Trümmer. Das Schiff legte sich währenddessen immer weiter auf die Steuerbordseite. Nur 18 Minuten nach den beiden Explosionen sank die Lusitania um 14:28 Uhr auf der Position ♁51° N, 9° WKoordinaten: 51° N, 9° W | OSM | Das Schiff glitt in einem sehr flachen Winkel unter Wasser, so dass das letzte, was Überlebende von ihm erkennen konnten, die aufragenden Schornsteine und die beiden Masten waren. Als die Schornsteine unter Wasser gerieten, sogen sie alles ein, was sich in der Nähe befand. Auch zahlreiche im Wasser treibende Menschen wurden eingesogen und rußgeschwärzt wieder ausgespien, was nur wenige überlebten. Andere Passagiere wurden durch den Sog der Bullaugen unter Wasser gedrückt und zurück ins Schiff gesogen. Gekenterte Rettungsboote und zahllose Leichen trieben im Wasser. Oliver Bernard fertigte für eine britische Zeitung eine Serie von Zeichnungen vom Untergang des Schiffes an.[98]

Es entstand ein verzweifelter Kampf um Schwimmwesten und Plätze in den wenigen Booten, die sich über Wasser halten konnten. Erst nach 18 Uhr, fast vier Stunden nach dem Untergang, trafen die ersten Rettungsschiffe am Unglücksort ein; überwiegend handelte es sich dabei um kleinere Fischereifahrzeuge und Hilfseinheiten der Royal Navy. Die meisten konnten nur noch Tote bergen, darunter viele Frauen und Kleinkinder. Die letzten Überlebenden wurden nach Einbruch der Dunkelheit gerettet. Insgesamt kamen 1.198 Menschen ums Leben, darunter 94 Kinder und 287 Frauen. Unter den Todesopfern befanden sich 128 Amerikaner.[99]

Die 761 zum Teil verletzten und unterkühlten Überlebenden wurden in das nahe gelegene Queenstown gebracht und in verschiedenen Krankenhäusern, Hotels und Privathaushalten untergebracht. Aus dem Rathaus wurde ein improvisiertes Leichenschauhaus, das sehr schnell voll war und auf einen Schuppen im Hafen und die Hinterzimmer des örtlichen Cunard-Büros ausgedehnt werden musste. Noch Tage später wurden Leichen geborgen. Hinsichtlich der Opferzahlen gilt die Versenkung der Lusitania als die größte Schiffskatastrophe im Ersten Weltkrieg.


Text: Wikipedia

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