Rio Reiser (Grab)

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Grab von Rio Reiser
Grab Rio Reiser 2015

Rio Reiser (* 9. Januar 1950 in Berlin; † 20. August 1996 in Fresenhagen, Nordfriesland; bürgerlich Ralph Christian Möbius) war ein deutscher Sänger, Musiker, Komponist, Liedtexter und Schauspieler.

Bestattet auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof, Abt. C-W-019/020


Leben

Reiser war von 1970 bis 1985 Sänger und Haupttexter der Band Ton Steine Scherben. Nach der Auflösung der Band setzte er seine musikalische Karriere als Solokünstler fort. Zu seinen bekanntesten Liedern gehören Macht kaputt, was euch kaputt macht, Keine Macht für Niemand und die Hausbesetzer-Hymne Rauch-Haus-Song mit Ton Steine Scherben sowie König von Deutschland und Junimond aus seiner Solozeit. Herkunft

Sein Vater war Ingenieur für Kartonverpackungen bei der Siemens AG, die Familie musste mehrmals infolge seiner Versetzung umziehen. So lebte diese in West-Berlin, Traunreut/Oberbayern, Nürnberg, Brühl bei Mannheim, Stuttgart und Rodgau/Nieder-Roden. Reiser scheiterte angeblich daran, „sich an irgendeinem dieser Orte zu Hause zu fühlen“. In einem Interview, das erst nach seinem Tod 1998 über den Fernsehsender ARTE ausgestrahlt wurde, äußerten einige seiner Freunde die Vermutung, dass „Reiser mit der Musik begann, um diesen Verlust zu kompensieren“.

Reiser brach die Schule ab, um stattdessen eine Ausbildung in einem Fotografenstudio in Offenbach-Bieber zu machen. Er brachte sich selbst das Cello-, Gitarre- und Klavierspielen sowie weitere Instrumente bei. Seinen bürgerlichen Namen änderte er in Anlehnung an die Hauptfigur des psychologischen Romans Anton Reiser von Karl Philipp Moritz in Rio Reiser. Während seiner Jugendjahre war Reiser ein großer Fan der Beatles und später der Rolling Stones.

1970 hatte er sein Coming-out und stand ab da offen zu seiner Homosexualität. Allerdings wurde dieser Umstand erst mit Beginn seiner Solokarriere zu einem öffentlichen Thema. Spätestens ab 1986 begann Reiser in Interviews und Talkshows dazu Stellung zu nehmen.

1970 gründete Reiser zusammen mit seinem Freund R.P.S. Lanrue sowie mit Kai Sichtermann und Wolfgang Seidel die Band Ton Steine Scherben. Im selben Jahr hatte die Gruppe den ersten Liveauftritt auf dem von Beate Uhse gesponserten Love-and-Peace-Festival. Mit den beiden im Selbstvertrieb erschienenen Alben Warum geht es mir so dreckig (1971) und vor allem Keine Macht für Niemand (1972) brachten die Scherben die Zustände, Gedanken und Strömungen der radikalisierten Linken in West-Deutschland nach 1968 auf den Punkt. „Agitrock“ nannte man das, eine Mischung aus politischer Agitation und Rockmusik mit deutschen Texten. Die Band erlangte schnell Kultstatus und lieferte beispielsweise mit dem Rauch-Haus-Song den Soundtrack zur linken Hausbesetzer-Szene in Berlin-Kreuzberg und anderen westdeutschen Städten, in denen sie auftraten. Im Anschluss an Ton-Steine-Scherben-Konzerte kam es meist vor Ort zu einer Hausbesetzung.

Als sich die Scherben zunehmend als „Jukebox der Linken“ in Berlin missbraucht sahen, zogen sie aufs Land – nach Fresenhagen. Dort entstand 1975 das Doppelalbum Wenn die Nacht am tiefsten … – eine Abkehr von den Politparolen der Anfangszeit und eine Hinwendung zu privaten, melancholischen Themen – bevor die Band eine langjährige Auszeit nahm, jedoch weiter als Kommune zusammenlebte. In dieser Zeit entstanden Hörspiele, Kinderplatten und musikalische Beiträge für Theaterstücke der schwulen Theatergruppe Brühwarm (u. a. mit Corny Littmann), wie beispielsweise Mannstoll und Entartet.

Udo Arndt produzierte zusammen mit Annette Humpe 1985/86 Reisers erstes Soloalbum Rio I. für die CBS. Das Album baute auf den zahlreichen Demos auf, die die Scherben für eine mögliche weitere LP aufgenommen hatten. Reisers Solo-Karriere begann mit seinen beiden größten Hits König von Deutschland und Junimond und war so erfolgreich, dass er nach kurzer Zeit schuldenfrei war.

Viele Fans von Ton Steine Scherben konnten (und wollten) es allerdings nicht gutheißen, dass Reiser als Idol der linksalternativen Szene ein kommerziell erfolgreicher Musiker im Fahrwasser der NDW sein sollte. Dabei verkannten sie, dass die meisten der Lieder, die Reiser im Laufe seiner Solokarriere aufgenommen und gespielt hat, alte Scherben-Lieder waren (Junimond, Menschenfresser, Jetzt schlägt’s Dreizehn, Irrenanstalt und König von Deutschland wurden schon 1976 live gespielt). Nur waren sie hier glatter, gefälliger oder besser produziert. Eingespielt wurden die Platten allerdings von einer Reihe professioneller Studiomusiker (anstatt wie bisher im Kollektiv). Bei den Live-Auftritten wurde Reiser von zahlreichen Musikern aus dem Scherben-Umfeld begleitet, so spielte R.P.S. Lanrue bis 1988 in Rios Live-Band.

1986 beendete Rio Reiser mit einer Allstar-Band (u. a. mit Herbert Grönemeyer, den Rodgau Monotones, den Toten Hosen und Herwig Mitteregger) vor über 100.000 Zuschauern das Anti-WAAhnsinns-Festival. Als letztes Lied spielte er allein am Klavier eine Version von Somewhere over the Rainbow.

Tod

Rio Reiser starb am 20. August 1996 im Alter von 46 Jahren an Kreislaufversagen aufgrund innerer Blutungen (Ösophagusvarizen).

Die Bemühungen von Lanrue und der Familie um eine Sondergenehmigung, Reiser auf seinem Privatgrundstück begraben zu dürfen, wurden nicht nur vom Kreis Nordfriesland, sondern auch von der damaligen schleswig-holsteinischen Ministerpräsidentin Heide Simonis unbürokratisch unterstützt. Nachdem sie die Genehmigung erteilt hatte, konnte Reiser auf dem Grundstück Fresenhagen 11 beigesetzt werden. Das Grab wurde zur Pilgerstätte. Sein Haus wurde als Rio-Reiser-Haus bekannt und diente als Tagungsort und Studio für Kulturschaffende. Nach dem Verkauf des Hofes in Fresenhagen wurde der Leichnam Reisers am 11. Februar 2011 auf den Alten St.-Matthäus-Kirchhof in Berlin umgebettet. Reisers Grabstein sowie der Grabschmuck sind mit nach Berlin gezogen und weisen nun dort auf seine letzte Ruhestätte hin. Das alte Grab in Nordfriesland wurde eingeebnet.


Text: Wikipedia

Bild 1: Wikipedia/Avda
Bild 2: commons.wikimedia/L. Wekenborg

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