Siegen
Siegen ist eine Große kreisangehörige Stadt und die Kreisstadt des Kreises Siegen-Wittgenstein im Regierungsbezirk Arnsberg im Land Nordrhein-Westfalen.
Reklamemarken und Siegelmarken
Verzeichnis der sortierten Reklamemarken und Siegelmarken mit einem Bezug zu Siegen.
Sonstige
Geschichte
Frühgeschichte und Mittelalter
Der Name Siegen geht auf den vielleicht keltischen Flussnamen der Sieg zurück, ungewiss ist eine Verwandtschaft mit dem Namen des keltisch-germanischen Stammes der Sugambrer, der in vorchristlicher Zeit in Teilen des heutigen Nordrhein-Westfalen lebte. Erste urkundliche Erwähnungen des Ortes Sigena reichen bis in das Jahr 1079 zurück.[7]
Die Spatenforschung hat für das Siegerland Erzförderung und „eine beachtliche latènezeitliche Eisenverhüttung“ für den Zeitraum von etwa 500 v. Chr. bis 100 n. Chr. nachgewiesen. Einzelne solcher Fundstellen befinden sich auch auf dem heutigen Gebiet der Stadt Siegen, so Schmelzöfen im Engsbach-Seifen bei Achenbach. Sie gehören zu den ältesten im Siegerland. Diese älteste Eisenverhüttung erfuhr eine mehrhundertjährige Unterbrechung, um im Frühmittelalter (10./11. Jahrhundert) wieder aufgenommen zu werden. Erzförderung und -verhüttung dauerten bis vor wenigen Jahrzehnten an.[8]
Auf einer Münze, die um das Jahr 1175 entstanden ist, wird Siegen unter der Bezeichnung „civitas“ (deutsch: Stadt) genannt.[9]
Im Jahre 1224 wurde Siegen als eine aufs Neue erbaute oder wiederaufgebaute Stadt oder Landgemeinde (genauer lateinischer Wortlaut: „oppidi Sige de novo constructi“) in einer neunzeiligen Urkunde in lateinischer Sprache erwähnt, die Erzbischof Engelbert I. von Köln dem Grafen von Nassau, Heinrich dem Reichen, zum halben Miteigentum übertrug.[10] Möglicherweise wurde der alte Siedlungsplatz vom Weißtal auf den Bergsporn verlegt, auf dem sich die Altstadt befindet. Es ist belegt, dass das Obere Schloss zu dieser Zeit schon existierte. Am 19. Oktober 1303 erhielt die Stadt das Soester Stadtrecht. Auf den 21. August 1345 datiert die erstmalige Erwähnung des Hof Winterbach rechts des Leimbachtals.[11] Bis zum 1. Februar 1381 hatte die Stadt zwei Eigentümer. Erst dann ging sie gänzlich in die Hände der Nassauer über. Das älteste Siegel stammt vom 25. März 1309.
Frühe Neuzeit
Die Stadt Siegen bot im 16. Jahrhundert einen wehrhaften Anblick. Sie war von gewaltigen Mauern mit 16 Türmen und drei Stadttoren umgeben und besaß eine mächtige Burg. Die drei Tore der Siegener Stadtbefestigung waren das Kölner Tor nach Westen, das Löhrtor nach Süden und das Marburger Tor nach Osten. Mehrere Stadtbrände suchten die Stadt heim, von denen die vom 16. August 1593 und vom 10. bis 20. April 1695 urkundlich erwähnt sind. Der Großbrand in den Mittagsstunden des 16. August 1593, als sich fast alle Siegener zur Ernte außerhalb der Stadt befanden, war auf den Schmied Johann Busch in der Marburger Straße zurückzuführen. Dort waren Funken in den Flachs geflogen, was dazu führte, dass in kurzer Zeit 25 Wohnhäuser und 15 Scheunen vernichtet und 11 Häuser und 12 Scheunen schwer beschädigt wurden.[12]
Zum erwähnten zweiten Stadtbrand wird berichtet, dass dieser am frühen Abend des 10. April 1695 im Hause des Bäckers Johann Daub in der Barstewende ausbrach und die Stadt vom Markt abwärts vernichtete. Insgesamt wurden 252 Häuser und 52 „Bäue“ sowie der Nassauische Hof ein Raub der Flammen. Das von starkem Wind angetriebene Feuer traf fast ausschließlich auf strohgedeckte Häuser. Bei diesem Brand waren 11 Tote im Hospital zu beklagen, da die alten Leute nicht gerettet werden konnten. 20 Nutztiere kamen ebenfalls in den Flammen um. In diesem Zusammenhang wird von einem Beileidsschreiben der Herborner Hohen Schule Siegen an die reformierte Fürstin berichtet, in dem Siegen als „das Auge und die Zier der Nassau“ bezeichnet wird.[13] Am 12. April 1869 gegen 21 Uhr brach zudem ein Großfeuer aus, bei dem Siegens „Klubb“ niederbrannte, ein dicht an der Nikolaikirche am Markt gelegener Häuserblock mit 25 Häusern, in denen 49 Familien mit etwa 200 Personen wohnten, die jedoch unversehrt blieben.
Der nassauische Graf Wilhelm der Reiche (1487–1559) richtete im Jahr 1536 in den Gebäuden des ehemaligen Franziskanerklosters ein Pädagogium ein, aus dem das Gymnasium am Löhrtor der Stadt Siegen hervorgegangen ist. In den Jahren 1594 bis 1599/1600 und von 1606 bis 1609 war Siegen und das Pädagogium Standort der nassauischen Hohen Schule, die Graf Johann VI., der Ältere, von Nassau-Dillenburg (1535–1606), ein Bruder Wilhelms des Schweigers, Graf von Nassau und Prinz von Oranien (1533–1584), 1584 in Herborn errichtet hatte und nach Siegen verlegte. Die Hohe Schule, Johannea nach ihrem Gründer, Graf Johann VI., genannt, war eine Hochburg der calvinistisch-reformiert geprägten Föderaltheologie.
Rektor der Hohen Schule während der Verlegung nach Siegen war 1599/1600 der aus Diedenshausen in der Grafschaft Sayn-Wittgenstein stammende Staatsrechtler und calvinistische Politiktheoretiker Johannes Althusius (vormals Althaus), dessen Hauptwerk Politica Methodice Digesta (1603), die erste systematische Politiklehre des frühneuzeitlichen Ständestaates, ihn zu einem der bedeutendsten deutschen Staatstheoretiker des 16. und 17. Jahrhunderts und zu einem der Väter der Entwicklung der Föderalismustheorie in der frühen Neuzeit machte. Während seiner Siegener Professorenzeit heiratete Althusius die junge Witwe Margarethe Keßler, die Tochter des Siegener Rentmeisters Friedrich Neurath (Naurath). Althusius (1563–1638) war von 1604 an Stadtsyndikus im calvinistischen Emden.
Johann VII., der Mittlere, (1561–1623), Graf von Nassau-Siegen, der älteste Sohn des Grafen Johann VI. von Nassau-Dillenburg und erste Nassauer, der nach vielen Generationen wieder eine eigene Hofhaltung im Oberen Schloss in Siegen begründete, richtete im Jahr 1616 eine ritterliche Kriegsschule im heute noch bestehenden alten Zeughaus an der Burgstraße ein. Ein aufgelassenes Franziskanerkloster baute er zum Nassauer Hof genannten Witwensitz für seine zweite Ehefrau um; die nächsten Generationen erweiterten es dann zum Unteren Schloss.
Sein Sohn Johann VIII., der Jüngere, trat 1612 wieder zur katholischen Kirche über. Dies veranlasste den Vater 1621, seine Nachfolge auf drei Söhne zu verteilen, um das reformierte Bekenntnis zu erhalten und die Bürger vor dem Zwang zum Konfessionswechsel zu bewahren. Nach seinem Tod 1623 usurpierte Johann VIII. aber mit Hilfe kaiserlicher Truppen, deren General er war, die gesamte Grafschaft. Kaiser Ferdinand II. unterstützte ihn, indem er das Testament von 1621 für ungültig erklärte. Mit Hilfe von Jesuiten aus Köln begann Johann VIII. die Rekatholisierung der Grafschaft – sehr im Sinne des diesbezüglich radikal eingestellten Kaisers. Während Johann VIII. auf der spanischen Seite in den Niederlanden und Frankreich kämpfte, besetzen 1632 schwedische Truppen die Grafschaft.
Sein Halbbruder Johann Moritz, der im Dienst der protestantischen Republik der Vereinigten Niederlande stand und 1623 von Johann VIII. um sein Erbteil geprellt worden war, nutzte die Gelegenheit, die Macht in der Grafschaft zu ergreifen. Er vertrieb auch sogleich die Jesuiten aus Siegen. 1636 ging er jedoch als Generalgouverneur nach Niederländisch-Brasilien und gleichzeitig wendete sich das Kriegsglück im Dreißigjährigen Krieg wieder zugunsten der Kaiserlichen, sodass Johann VIII. die Grafschaft wieder in Besitz nehmen und dort seine Rekatholisierung mit Gewalt wiederaufnehmen konnte. 1638 starb Johann VIII., was den langjährigen Erbstreit um Nassau-Siegen (1623–1648) weiter eskalieren ließ. Erst 1648 wurde dieser durch kaiserlichen Schiedsspruch beendet: Entsprechend dem Testament Johanns des Mittleren von 1621 wurde nun die Herrschaft auf drei Verwandte aufgeteilt, welche die Grafschaft in Form eines Kondominiums regierten, intern aber eine Teilung vornahmen, die auch die Stadt betraf. Einer von ihnen war wiederum Johann Moritz, der 1650–51 für eine Teilung des Siegerlands nach Konfessionen sorgte; 1652 wurde er in den Reichsfürstenstand erhoben und regierte bis 1679.
Am 19. Februar 1673 versetzte ein Erdbeben die Bevölkerung in Angst und Schrecken. Am 10. Februar 1679, andere Sekundär-Quellen nennen hier den 19. Februar 1679[14], war der Beginn der Blockade durch osnabrückische Truppen. Am 15. Januar 1682 richtete ein Hochwasser im Siegtal großen Schaden an.[15] Der 20. Februar 1716 war der Tag, an dem eine Anordnung getroffen wurde, alle bis dahin mit einer Einzäunung umgebenen Höfe und Gärten in Siegen nunmehr mit Hecken zu umfrieden.[14]
Unter Fürst Wilhelm Hyacinth kam es ab 1699 zu Gewalttaten zwischen beiden Konfessionen. Allerdings führten nicht die konfessionellen Streitigkeiten zu seiner Absetzung 1707, sondern seine Willkür und sein exorbitanter Lebensstil. Die Unternehmerfamilie Flender als eine der höchstbesteuerten weigerte sich, die erdrückende Steuerlast zu zahlen, und einer ihrer Angehörigen wurde ohne Gerichtsverfahren im Hasengarten des Siegener Schlosses geköpft; nach der Enthauptung des Bürgers Friedrich Flender von der Hardt (1674–1707) am 29. März 1707 wurde Wilhelm Hyacinth vom Kaiser abgesetzt und floh aus Siegen. Er starb 1743 in Hadamar als Letzter der katholischen Linie. Da mit Friedrich Wilhelm II. bereits 1734 auch die reformierte Linie erloschen war, übertrug Kaiser Karl VI. dem Prinzen Wilhelm IV. von Oranien und Fürsten von Nassau-Diez die Regierung. Siegen war nunmehr Hauptort des Fürstentums Siegen innerhalb von Oranien-Nassau. Von 1747 bis 1751 wurde er dann auch Erbstatthalter der Republik der Sieben Vereinigten Provinzen.
Für den 6. September 1777 ist in Siegen die Entstehung der Löhrtor-Brücke an der ersten westdeutschen Kunststraße Hagen-Olpe-Krombach-Siegen verzeichnet.[16] Am 15. März 1806 zog das Elite-Dragoner-Regiment Napoleons in der Krönchenstadt ein.[17] Für den 8. Januar 1809 wird berichtet, dass es in Siegerländer Kirchen wieder Te Deum als Dank für Napoleons Erfolge gab.[18]
1816 konnten in Siegen bereits 572 Häuser mit 3421 Einwohnern gezählt werden, nachdem 18 Jahre zuvor lediglich 555 Häuser, davon 58 auf der Sieghütte, 41 auf der Hammerhütte und 26 in Hain, vorhanden waren.[18]
19. Jahrhundert bis Ende des Kaiserreichs Der Bergbau im Siegerland, die Hauptquelle des Wohlstands, und die Landwirtschaft entwickelten sich positiv. Als Fürst Wilhelm von Oranien sich weigerte, dem von Napoleon initiierten Rheinbund beizutreten, wurde er von ihm abgesetzt. Das Siegerland wurde Teil des Siegdepartements innerhalb des Großherzogtums Berg. Nach der Niederlage Napoleons in der Schlacht von Leipzig nahm Wilhelm Friedrich als Prinz von Oranien im Dezember 1813 wieder Besitz seiner deutschen Erblande,[19] die er aber 1815 an Preußen abtrat, wofür er im Gegenzug das Großherzogtum Luxemburg erhielt. Die Stadt wurde dem Kreis Siegen, zunächst im Regierungsbezirk Koblenz (Provinz Großherzogtum Niederrhein), ab 1817 im Regierungsbezirk Arnsberg (Provinz Westfalen) zugeordnet.
Bis zum 8. November 1813 fand im Siegerland ein vier Tage andauernder Durchzug von 16.000 Soldaten Blüchers mit 8.000 Pferden statt. Etwa ein Jahr später, am 15. November 1814, konnte Siegen erstmals eine Straßenbeleuchtung in Form von 16 Petroleumlampen aufweisen.[20] Am 1. September 1841 trat in Siegen der erste „Königliche Land-Fußboten-Postler“ seinen Dienst an. Der 9. September 1875 war der Tag des erstmaligen Einsatzes einer von einem Pferd gezogenen Straßenfegemaschine auf der Sandstraße und der Koblenzer Straße in Siegen.[16]
Am 20. Juli 1881 richtete ein Unwetter nach wochenlang anhaltender Hitze schwere Schäden in der Stadt an.[21]
Durch den Anschluss an Preußen wurden die historischen Bindungen nach Süden aufgelöst. Das Siegerland wurde nach Westfalen hin ausgerichtet, von dem es bis dahin durch eine jahrhundertealte politische, kulturelle, sprachliche und konfessionelle Grenze getrennt gewesen war.
Weimarer Republik
Auf dem Hintergrund der Novemberrevolution konstituierte sich auch in Siegen ein Arbeiter- und Soldatenrat. Er setzte sich die Aufgabe, für „Ruhe, Ordnung und Sicherheit“ zu sorgen. Die alten städtischen Autoritäten bestimmten weiterhin den Gang der Dinge. Der bis dahin amtierende Bürgermeister Anton Delius trat Ende 1918 aus Altersgründen zurück. Sein Nachfolger wurde der nationalkonservative Alfred Fissmer.[22]
Am 1. März 1923 schied die Stadt Siegen aus dem Kreis Siegen aus und wurde kreisfrei, blieb aber Verwaltungssitz des Kreises Siegen.
Am 6. Dezember 1927 wurde am Herrengarten in Siegen ein neues Finanzamt eröffnet[23]. Hier hatte das Amt seinen Sitz bis zum im Dezember 1981 begonnenen Umzug an den heutigen Standort im Weidenauer Neubau.[24]
Am 27. Dezember 1929 bestand der Rat der Stadt Siegen aus neun Mitgliedern der DNVP, acht der Zentrums und jeweils vier von DVP, SPD und NSDAP. Die restliche vier Sitze belegten „Sonstige“.[24]
Bei den Reichspräsidentenwahlen am 10. April 1932 erhielten Hindenburg in Siegen 50,8 Prozent der Stimmen (Reich: 53 Prozent), Hitler 44,8 Prozent (36,8 Prozent) und Thälmann 4,4 Prozent (10,2 Prozent). Seit den Landtagswahlen am 24. April 1932 war die NSDAP (45,6 Prozent; Preußen: 36,3 Prozent) die mit weitem Abstand stärkste Partei. Die zweite Position hatte zu diesem Zeitpunkt das Zentrum (18,4 Prozent).[25]
Nationalsozialismus Auf die Übergabe der Regierungsgewalt an die NSDAP und ihre deutschnationalen Bündnispartner („Kabinett Hitler“) am 30. Januar 1933 folgten in Siegen zunächst die Schließung des Parteibüros der KPD, Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen, dann Verhaftungen, nach den bereits unter irregulären Bedingungen stattfindenden Wahlen am 5. März systematische Verhaftungsaktionen, ferner Verschleppungen von Mitgliedern und Anhängern von KPD, SPD, Zentrum und Freien Gewerkschaften in den Keller des Braunen Hauses der NSDAP, wo sie misshandelt und gefoltert wurden.[26] Am 25. Februar 1933 begann im Siegerland die Einrichtung von Arbeitslagern.[24]
Am 10. November 1938 wurde die Synagoge der Jüdischen Gemeinde im Obergraben von einer Gruppe Nationalsozialisten, die meisten Angehörige der SS, unter den Augen einer großen Zahl Schaulustiger verwüstet und in Brand gesetzt. Sie brannte völlig aus. Es kam mindestens vereinzelt zu Angriffen auf jüdische Geschäfte in der Oberstadt und zu wenigstens einem Übergriff auf ein Privathaus. Die Männer aus der Gemeinde, zumindest soweit sie über Ladengeschäfte verfügten, wurden in das KZ Sachsenhausen deportiert, um ihnen die Läden abzupressen und die Familien ins Ausland zu vertreiben, was weitere erhebliche Eigentumsverluste zur Folge hatte. Die bereits vor dem Pogrom einsetzenden Vertreibungen und „kalten“ Umverteilungen erhielten so einen erheblichen Schub.[27] An Opfer des Nationalsozialismus erinnern heute zahlreiche Stolpersteine.
Vom 4. Dezember 1938 datiert die Einweihung des heutigen, nach der Malerin Anna Seel benannten Haus Seel als damaliges „Haus der Kunst“.[23] Nach der kompletten Zerstörung des ursprünglich an der Löhrstraße gelegenen Gebäudes, beim großen Bombenangriff am 16. Dezember 1944, befindet das Haus Seel sich heute am Siegener Kornmarkt. Seit 1962 befindet sich darin eine Bücherei und die städtische Galerie.[28][29]
Am 30. November 1940 begann in Siegen, Weidenau und Geisweid der Bau von 16 Luftschutzbunkern.[20] Die Planung dafür wurde bereits 1939 vor Kriegsbeginn aufgenommen.[30]
Entsprechend dem Vormarsch der Wehrmacht wurden seit 1939 ausländische Zwangsarbeiter in die Stadt gebracht. Kurz vor dem Höhepunkt des Arbeitseinsatzes in der ersten Jahreshälfte 1944 waren 2.310 Menschen aus neun Staaten in 22 Siegener Lagern und in einigen wenigen Privatquartieren gemeldet. Knapp zwei Drittel der Zwangsarbeiter stammten aus der Sowjetunion, 141 davon waren Kinder unterschiedlicher Altersgruppen.[31]
Am 28. April 1942 kam es zur ersten Deportation jüdischer Siegener ins Lager Zamość in Polen. Eine zweite Deportation folgte am 27. Juli 1942 in das KZ Theresienstadt, die dritte Deportationswelle fand am 27. Februar 1943 statt, die in das Vernichtungslager Auschwitz führte. Nur einzelne Deportierte überlebten. Das Eigentum der Deportierten wurde enteignet und ging in den Besitz der Mehrheitsbevölkerung und des Staates über.
Im September 1944 ging ein Transport von mit Nichtjuden Verheirateten sowie von „Mischlingen 1. Grades“ zur Zwangsarbeit in verschiedene Lager des Altreichs, wie zum Beispiel nach Kassel-Bettenhausen und Berlin (Jüdisches Krankenhaus). Diese Häftlinge überlebten.[32]
Am 16. Dezember 1944 wurde die Innenstadt Ziel eines schweren britischen Luftangriffs, bei dem 80 Prozent des Stadtgebiets zerstört wurden. Dabei starben 348 Deutsche sowie eine nie festgestellte Zahl ausländischer Zwangsarbeiter und es gab zahlreiche Schwerverletzte. Zu etwa demselben Zeitpunkt detonierte eine vom Leitstand Siegen aus geführte V 2 in einem vollbesetzten Kino der Rubens-Stadt Antwerpen, wobei 567 Menschen starben und 291 schwer verletzt wurden.[33] Von Ende Januar bis März 1945 kam es zu weiteren Bombenangriffen mit Toten und erheblichen Sachschäden in Ortsteilen des heutigen Stadtgebiets (29. Januar, 1., 4., 14. Februar, 12., 17., 23. März). Damit war der Luftkrieg über dem Siegerland erst spät in seine dramatische Phase eingetreten. Die Bevölkerung kam dabei vergleichsweise glimpflich davon, da bei frühen Kriegsvorbereitungen viele Schutzräume gebaut wurden und der Bevölkerung bei den Luftangriffen Schutz boten. Die Bevölkerung zum Widerstand gegen die Führung zu bringen, bewirkte der Luftkrieg auch im Siegerland nicht.[34][35]
Auch auf dem Gebiet der heutigen Stadt Siegen kam es zu einer größeren Zahl von Endphaseverbrechen. Die Opfer, Deutsche und ausländische Zwangsarbeiter, traten für ein rasches Kriegsende ein, wurden dessen verdächtigt, für Regimegegner gehalten oder waren anderen Vorwürfen ausgesetzt.[36][37]
In schweren Bodenkämpfen versuchten Einheiten der Wehrmacht in der Schlussphase Anfang April 1945 trotz großer Unterlegenheit das Kriegsende hinauszuzögern. Die Truppenteile ignorierten ein Kapitulationsangebot der US-Armee und setzten die Kämpfe fort, bei denen auch eine größere Anzahl US-Soldaten fiel. Am 6. April 1945 gelang es den US-Truppen, die Kasernen am Westrand der Stadt einzunehmen, drei Tage später konnten sie ihren Gefechtsstand in Siegen schließen. Damit war der Krieg für die Stadt beendet.[38] Insgesamt wurden von den vor Kriegsbeginn in der Stadt vorhandenen 4.338 Gebäuden mit 10.452 Wohnungen über 90 Prozent, nämlich 4.096 Gebäude mit 10.169 Wohnungen, beschädigt oder zerstört. Alle Brücken über die Sieg waren von der Wehrmacht gesprengt worden.[39] Allein in Eiserfeld wurden am 30. und 31. März 1945 fünf Eisenbahn- und fünf Straßenbrücken zerstört.[40]
Seit 1945
Nach dem Abschluss der Kampfhandlungen übergaben die US-Kampfverbände die Stadt am 9. April 1945 der Britischen Militäradministration. Am 24. April ernannte die Militärregierung den Sozialdemokraten Fritz Fries zum Oberbürgermeister.[41][42]
Zwischen 1945 und 1994 waren Tausende Soldaten der Belgischen Streitkräfte mit ihren Familien in Siegen stationiert.
In Ausführung des Gesetzes zur Neugliederung des Landkreises Siegen wurde die Stadt Siegen am 1. Juli 1966 in den Landkreis Siegen eingegliedert. Gleichzeitig wurden sechs vorher selbständige Kommunen eingemeindet. Die Vorschriften für kreisfreie Städte fanden mit Ausnahmen Anwendung. Zudem wurden die Amtstitel Oberbürgermeister und Oberstadtdirektor zunächst beibehalten.[43] Dieser Sonderstatus der Stadt wurde durch das Sauerland/Paderborn-Gesetz am 1. Januar 1975 aufgehoben. Im Zuge dieses Gesetzes wurde Siegen mit zehn weiteren Gemeinden zu einem neuen Kreis, der am 1. Januar 1984 den Namen Kreis Siegen-Wittgenstein erhielt, zusammengefasst.
Infolge dieser kommunalen Neugliederung überschritt die Einwohnerzahl 1975 erstmals die Grenze von 100.000, wodurch Siegen zur Großstadt wurde. Infolge des Zensus 2011, der eine Einwohnerzahl von 99.187 ergab, verlor Siegen den Status als Großstadt.[44] Bei der Zählung vom 31. Dezember 2014 wurde die Marke mit 100.325 Einwohnern erneut überschritten.[45]
2004 entstand in einem Siegener Wohngebiet am Rosterberg ein Tagesbruch. Häuser waren einsturzgefährdet. Dieser Bergschaden wurde als Siegener Loch bekannt.
2017 wurde Siegen in die 27. Auflage des Dudens aufgenommen.
Text: Wikipedia
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