St. Kastor (Koblenz)

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St. Kastor (Koblenz)

Die Basilika St. Kastor, auch Kastorkirche genannt, ist eine katholische Kirche in der Altstadt von Koblenz. Die Basilika, deren erster Bau in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts vollendet wurde, ist das älteste erhaltene Kirchenbauwerk der Stadt und steht hinter dem Deutschen Eck an der Landspitze zwischen Rhein und Mosel. Die Kirche, in der deutsche Geschichte geschrieben wurde, ist ein Hauptwerk der Romanik am Mittelrhein und wegen ihres umfassend erhaltenen Baubestandes sowie der zum großen Teil überlieferten Ausstattung von großer historischer Bedeutung. Sie prägt mit den anderen beiden romanischen Kirchen, der Liebfrauenkirche und der Florinskirche, die Silhouette der Altstadt. Auf dem Vorplatz der Basilika steht der sogenannte Kastorbrunnen, ein kurioses Zeugnis der Napoleonischen Kriege. Papst Johannes Paul II. erhob am 30. Juli 1991 die Kastorkirche zur Basilica minor. Sie trägt das Patrozinium des heiligen Castor von Karden.


Geschichte

An der Stelle der heutigen Kastorkirche, die in einem hochwasserfreien Areal errichtet ist, sind Besiedlungsreste bis in vorgeschichtliche Zeit nachweisbar. Die Römer bauten in diesem Bereich zur Zeit des Kaisers Augustus (27 v.–14 n.Chr.) ein erstes Kastell, dessen erstmaliger Nachweis im November 2008 gelang, als man bei Bauarbeiten zur Bundesgartenschau 2011 einen antiken Graben entdeckte. Der vier Meter breite und immer noch 2,5 Meter tiefe Graben des 100 mal 100 Meter großen Kastells ist der fehlende Beweis für die frührömische Besiedlung von Koblenz, nach dem zuvor 150 Jahre lang vergebens im Bereich der Altstadt gesucht wurde. Nach Aufgabe des Kastells entstand im Bereich des heutigen Chors der Kirche ein gallo-römischer Umgangstempel, der vom späten 1. bis zum 4. Jahrhundert bestand. In fränkischer Zeit wurde um 600 auf dem Areal des Tempels ein Friedhof angelegt, der bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts genutzt wurde.

Ein erster Bau der Kastorkirche wurde von 817 bis 836 unter dem Trierer Erzbischof Hetti mit Unterstützung Kaiser Ludwigs des Frommen vor den Toren der Stadt Confluentes erbaut und am 12. November 836 geweiht. Da sich in Koblenz ein fränkischer Königshof befand, galt Ludwig als Bauherr und die Kirche als karolingische Eigenkirche. Allerdings kam Ludwig erst nach der Weihe der Kirche nach Koblenz. Dies erhöht die Bedeutung des Erzbischofs für den Kirchbau, zumal sich die Kirche bis zum 13. Jahrhundert außerhalb der Stadt Koblenz befand. Die Reliquien des heiligen Kastors wurden zur Weihe aus der Stiftskirche St. Castor in Karden an der Mosel nach Koblenz übertragen. Als Heilige der Stadt Koblenz wurde Ludwigs angebliche Tochter Rizza in der Kirche verehrt, deren Reliquienschrein noch immer in der Kirche steht.

Die erste Kastorkirche des 9. Jahrhunderts war ein karolingischer Saalbau mit der Breite des heutigen Mittelschiffs. Im Westen schloss sich eine Vorhalle an, dazu kam ein Querhaus und eine direkt abschließende halbkreisförmige Apsis im Osten. Darum führte von außen ein Ringkorridor, in dessen Scheitel lag ein Zwischenbau, der bis zu einer im Osten vorgelagerten Rotunde reichte. Diese Außenkrypta hing wohl mit der kaiserlichen Stiftung zusammen. Der Kirchenbau gehörte zum sogenannten Kastorstift (Kollegiatsstift St. Kastor), in dem Priester in einem klosterähnlichen Rahmen lebten.

Im 9. Jahrhundert war das Stift St. Kastor eng mit der Reichsgeschichte verbunden. Im Jahre 842 wurden hier die Bestimmungen über die fränkische Reichsteilung von 110 Bevollmächtigten der Söhne des damaligen Statthalters Ludwigs des Frommen, Lothar I., Karl II. des Kahlen und Ludwig des Deutschen, ausgehandelt, die dann im Vertrag von Verdun 843 unterzeichnet wurden. Ergebnis dieses Vertrags war, dass das Fränkische Reich in drei Teile (Westfrankenreich, Lotharingien und Ostfrankenreich) geteilt wurde.

Das Stift St. Kastor wurde zum bedeutenden Treffpunkt der Kaiser und Könige sowie deren Nachfahren und Schlichtungsort, wo Streitigkeiten der herrschenden Kaiser und Könige verhandelt und beigelegt wurden. Im Juni 860 trafen sich beispielsweise die Karolinger zur Beilegung familieninterner Streitigkeiten und handelten den Frieden von Koblenz aus.

Mit Einfall der Normannen 882 wurde die Kastorkirche zerstört, aber sofort wieder aufgebaut. In einer weiteren Bauphase Mitte des 11. Jahrhunderts erfolgte der Ausbau der dreiteiligen westlichen Vorhalle zur Doppelturmfassade. Der Umbau der Kirche zu seiner heutigen Form und Größe begann etwa 1160 unter Propst Buvo. Die gesamte ältere Bausubstanz östlich des Querhauses wurde abgebrochen. An gleicher Stelle entstand ein dreiteiliger Chor mit einer reich gegliederten Mittelapsis, die von zwei schlanken Türmen als Pendants zu den Westtürmen flankiert wird. Zwischen Querhaus und Chor entstanden die eingeschossigen Schatzkammern. Die Westtürme wurden 1180 um ein sechstes Geschoss erhöht.

Beim Kampf zwischen Otto IV. und Philipp von Schwaben im ausgetrockneten Moselbett bei Koblenz wurde im Oktober 1198 auch die Kastorkirche beschädigt. Ein Ritter namens Walter fiel bei der Verteidigung des Kastorstifts. Danach wurde Anfang des 13. Jahrhunderts das karolingische Saalschiff durch ein basilikales Langhaus mit gewölbten Seitenschiffen ersetzt. Erzbischof Johann I. weihte die erneuerte Kirche mitsamt ihren Altären am 27. Juli 1208. Das Mittelschiff von 1208 besaß eine Flachdecke, das alte Querhaus und die Seitenschiffe bekamen in dieser Umbauphase aber ein Kreuzgratgewölbe. Mit Erweiterung der Stadtbefestigung von Koblenz Mitte bis Ende des 13. Jahrhunderts wurde nun auch die Kastorkirche durch die neue Stadtmauer geschützt.

Der Trierer Erzbischof Bruno von Lauffen gründete 1110 neben der Kastorkirche ein Hospital in Koblenz, eine der ersten Einrichtungen zur Krankenpflege nördlich der Alpen. Erzbischof Theoderich von Wied rief 1216 die Ritter des Deutschen Ordens nach Koblenz und schenkte ihnen einen Teil des Geländes der Kastorkirche mitsamt dem dort befindlichen St.-Nikolaus-Krankenhaus. Eine Motivation für die Ansiedlung des Ordens war dessen Tätigkeit in der Krankenpflege. Unmittelbar an der Ecke, wo die Mosel in den Rhein fließt, entstand bald danach die Deutschordenskommende zur Verwaltung der Ordensprovinz (Ballei) Koblenz. Die Ballei war dem Hochmeister des gesamten Ordens direkt unterstellt. Seit dieser Niederlassung des Deutschen Ordens trug die Stätte zunächst die Bezeichnung Deutscher Ordt und dann den Namen Deutsches Eck.

Im Jahre 1338 fand das letzte bedeutende Treffen in der Kastorkirche statt. Bei einem Hoftag in Koblenz besiegelten Kaiser Ludwig der Bayer und der englische König Eduard III. Bund und Freundschaft. Von 1496 bis 1499 wurde die Flachdecke des Mittelschiffs von einen Meister Matthias durch ein gotisches Sternrippengewölbe ersetzt. Auch das Vierungsgewölbe wurde in der Zeit erneuert. Damit erreichte der Kirchenbau in der Form der Architektur sein bis heute bestehendes Aussehen. Wiederaufbau der Kastorkirche (um 1946) inmitten eines zerstörten Koblenz

Bis 1802 blieb St. Kastor ein Kollegiatstift. Die Stiftsgebäude standen vor der Westfassade der Kastorkirche und auf deren Südseite, vor der sich auch der Kreuzgang befand. Am Chor der Kirche lag ein Kirchhof für die Angehörigen der Pfarrei St. Kastor. Während der Säkularisierung in französischer Zeit wurde das Kastorstift aufgehoben und die Stiftsgebäude samt Kreuzgang abgerissen. Die Kastorkirche blieb aber Pfarrkirche. Anfang des 19. Jahrhunderts kehrten einige Reliquienpartikel des hl. Castors aus Koblenz nach Karden zurück und wurden wieder im historischen Castorschrein deponiert.

Nach Plänen des preußischen Bauinspektors Johann Claudius von Lassaulx wurde 1848–1850 mit einer völligen Restaurierung begonnen, im Inneren erfolgte eine Ausmalung mit Fresken durch Joseph Settegast. Dabei wurde die barocke Ausstattung beseitigt. In den Jahren 1890–1895 wurde unter Leitung des Stadtbaumeisters Friedrich Wilhelm Ludwin Mäckler eine Außenrestaurierung und eine Erneuerung aller Portale durchgeführt. In den 1930er Jahren erfolgt eine erneute Restaurierung im Inneren.

Beim schwersten Luftangriff auf Koblenz vom 6. November 1944 wurde die Kastorkirche erheblich beschädigt. Artillerietreffer bei Einmarsch der amerikanischen Truppen im März 1945 beschädigten zusätzlich den Bau. Die steinerne Substanz inklusive der Gewölbe blieb allerdings weitgehend intakt. Mit dem Wiederaufbau wurde bereits 1945 begonnen. Eine neue Ausmalung im Inneren erfolgte 1955. Eine neue Orgel wurde 1962 im Querhaus eingebaut. Die Westtürme wurden 1980–1983 gesichert, in dem man große Teile der Tuffsteinverblendung auswechselte. Der Innenraum erfuhr 1985–1990 die letzte Restaurierung. Dabei wurden vom Landesamt für Denkmalpflege archäologische Grabungen und Bauuntersuchungen durchgeführt.

Papst Johannes Paul II. erhob die Kastorkirche am 30. Juli 1991 zur päpstlichen Basilica minor. Seit 1999 bilden die katholischen Pfarrgemeinden Liebfrauen und Herz-Jesu eine Pfarreiengemeinschaft und haben einen gemeinsamen Pfarrer. Im Jahr 2005 kam noch die Pfarrei St. Kastor zu dieser Gemeinschaft hinzu. Das Areal um die Kastorkirche war 2011 Teil der Austragungsfläche der Bundesgartenschau in Koblenz. Dazu wurden die Grünanlagen um die Kirche neu gestaltet. Auf der Südseite entstand ein religiöser Paradiesgarten.



Text: Wikipedia

Bild: Wikipedia(Holger Weinandt

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