Steinheim

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Steinheim (historisch auch Stenhem, Steynhem, Steinheimb oder Stenheym) ist eine Stadt in Nordrhein-Westfalen.

Reklamemarken und Siegelmarken

Verzeichnis der sortierten Reklamemarken und Siegelmarken mit einem Bezug zu Steinheim.

Geschichte

Altertum

Das Steinheimer Becken war, wie Funde beweisen, bereits in der Jungsteinzeit, vor 6000 Jahren, besiedelt. Schon früh wurde auf den fruchtbaren Böden Ackerbau betrieben. Das Gebiet wurde in der Zeit der Geburt Christi von dem germanischen Stamm der Cherusker bewohnt. Ihr herausragender Heerführer war Arminius, der im Jahr 9 in einer Schlacht drei römische Legionen vernichtete und so die Inbesitznahme Germaniens durch die Römer stoppte.

Mittelalter

Um 600 drangen sächsische Stämme aus dem nördlichen Deutschland in das heimische Gebiet ein und nahmen es in Besitz. Der Frankenkönig Karl der Große betrieb knapp 200 Jahre später die Christianisierung und durchsetzte das Land mit fränkischen Neusiedlern. Steinheim war eine der Urzellen der von Würzburg ausgehenden Mission. Steinheim wird zum ersten Mal um 970 in den Güterschenkungen des Klosters Corvey erwähnt. Der Fürstbischof verlieh Steinheim 1275 das Stadtrecht. Um 1275 erhielt der „Holthof“ der Bischöfe von Paderborn in Steinheim eine Befestigung und wurde zur Burg Steinheim ausgebaut. Ab dem 14. Jahrhundert bildete sich das Territorium Hochstift Paderborn (Hochstift) im Heiligen Römischen Reich, darin ab dem 16. Jahrhundert zum niederrheinisch-westfälischen Reichskreis.

Neuzeit

Entwicklung zur „Möbelstadt“

Steinheim wurde im Laufe der Geschichte mehrmals in seiner Entwicklung zurückgeworfen, so durch die Pest, Brände und den Dreißigjährigen Krieg. Im Jahre 1618 starben 375 Menschen. Nachweislich kamen in den Jahren 1636 und 1637 230 Menschen an der Pest um. Vermutlich waren es noch viel mehr. Sie waren jedoch nicht in den Büchern der Pfarrei verzeichnet. Im Jahr 1637 setzten der damalige Bürgermeister Homissen und der Rat der Stadt den Rochustag als Stadtfeiertag (am 16. August) ein und legten das Rochus-Gelübde ab.[8] Seit dieser Zeit ist die Stadt von weiteren Pestepidemien verschont geblieben. Der Rat der Stadt Steinheim beschloss im Jahr 1971, die Patenschaft über ein Krankendorf für Lepra- und Tuberkulosekranke in Kalemie in der Demokratischen Republik Kongo in Afrika zu übernehmen. Seitdem werden alljährlich am Steinheimer Stadtfeiertag St. Rochus Sammlungen für dieses Krankendorf durchgeführt. Der Aachener Bildhauer Hubert Löneke fertigte 1983 die Skulptur St. Rochus hilft einem Kranken an, gestiftet anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Spar- und Darlehnskasse eG Steinheim (seit dem 15. Juli 2011 Vereinigte Volksbank eG).

Steinheim gehörte seit der Gründung zur weltlichen Herrschaft des Bistums Paderborn, ursprünglich im Herzogtum Sachsen. Nach dem Wiener Kongress fiel die Stadt endgültig an Preußen, nachdem sie von 1806 bis 1813 dem von Napoleon gegründeten Königreich Westphalen zugeordnet war.

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts lebten die Bewohner als sogenannte Ackerbürger hauptsächlich von der Landwirtschaft und vom Handwerk. Um 1900 gab es in Steinheim, außer 138 in der Landwirtschaft Beschäftigten und 70 Tagelöhnern, 194 Handwerker, darunter 65 Schuhmacher, 36 Linnenweber und 33 Schneider.

Etwa um die Mitte des 19. Jahrhunderts setzte ein bedeutender Strukturwandel ein, in dem sich die Ackerbürgerstadt zu einer industriellen Kleinstadt entwickelte. Besondere Bedeutung weit über die Grenzen Steinheims hinaus erlangte die Steinheimer Möbelindustrie. Viele bedeutende Fabriken sind dabei aus dem Lehrlings- und Gesellenreservoir der 1864 gegründeten Tischlerwerkstatt Anton Spilker hervorgegangen. Gefördert wurde diese Entwicklung durch den Bau eines eigenen Elektrizitätswerkes durch die Stadt zu Beginn des 20. Jahrhunderts und durch den wachsenden Bedarf an Möbeleinrichtungen in den neu entstehenden industriellen Ballungsräumen insbesondere an Rhein und Ruhr.[9] Positive Auswirkungen auf den Wirtschaftsraum Steinheim gingen auch von der in den Jahren 1868–1873 eingerichteten Eisenbahnlinie Hannover–Altenbeken mit Haltebahnhof in Steinheim aus. Im Jahr 1903 begann die „Steinheimer Möbelfabrik“ mit der industriellen Herstellung von Möbeln. In der Folgezeit entstanden 12 Fabriken und 50 kleinere Betriebe der Möbelwirtschaft.[10]

Judenverfolgung in der Zeit des Nationalsozialismus

Die jüdische Gemeinde hatte in Steinheim eine gewisse Bedeutung und Ansehen in der Gesellschaft erlangt. Per Gesetz ordnete der preußische Staat 1847 die Einrichtung von Synagogenbezirken an. Steinheim bildete mit insgesamt sieben umliegenden Dörfern einen eigenen Synagogenbezirk. Die Steinheimer Synagoge ist am 1. August 1884 unter großer Anteilnahme der Bevölkerung eingeweiht worden; bis 1880 war die Mitgliederzahl der jüdischen Gemeinde auf 137 Personen angestiegen. Während der Novemberpogrome 1938 wurde die Synagoge am 10. November 1938 geschändet und zerstört. 1933 lebten noch 59 Menschen jüdischen Glaubens in Steinheim, von denen 22 noch emigrieren konnten. Die übrigen wurden deportiert. Fünf Personen überlebten den Holocaust.[11]

Ein noch heute sichtbares Mahnmal der Jüdischen Gemeinde in Steinheim ist der jüdische Friedhof an der Detmolder Straße. Auf dem 2250 m² großen Gelände sind 170 Grabstätten erkennbar. Das älteste Grab stammt aus dem Jahr 1846. Zu den bekannten, hier beerdigten Juden zählen der Getreidehändler Siegfried Hochheimer (1871–1913), Vater des Schriftstellers Albert Hochheimer (1900–1976), und der Getreidekaufmann Julius Weil (1852–1919), der im Jahr 1900 Schützenkönig der Bürgerschützen in Steinheim war. Als bisher letzte wurde im Jahr 1979 Sophie Weil auf dem jüdischen Friedhof in Steinheim beerdigt. Die Pflege des unter Denkmalschutz stehenden Friedhofs obliegt der Stadt Steinheim.[12]

Der Kölner Künstler Gunter Demnig verlegte im Jahr 2014 im Auftrag der Stadt Steinheim insgesamt 7 Stolpersteine zum Gedenken an die ermordeten Opfer der nationalsozialistischen Diktatur, der Schwestern Fanny und Elise Löwendorf und der Angehörigen der Familie Carl und Marta Herzfeld (bekanntes Textilhaus), deren Sohn Kurt und dessen Ehefrau Martha und Sohn Denny. Die Steine befinden sich jeweils vor dem letzten Wohnsitz der Opfer, nämlich Detmolder Straße 4 und Marktstraße 13. Für weitere 21 ehemalige jüdische Mitbürger werden noch 21 Steine in Steinheim, 7 im Ortsteil Bergheim, 2 in Vinsebeck und 1 Stein In Ottenhausen gesetzt.[13]

Nachkriegsjahre

Zu nennenswerten Kampfhandlungen ist es während des Krieges in Steinheim nicht gekommen. 1945–1949 war Steinheim Teil der britischen Besatzungszone, ab 1946 staatlich regiert vom Land Nordrhein-Westfalen bzw. ab 1949 auch durch die Bundesrepublik Deutschland. Nach Beendigung der Kriegshandlungen hatte Steinheim eine starke Zuwanderung an Flüchtlingen und Vertriebenen zu verzeichnen. 1948 lebten im heutigen Stadtgebiet rund 11.000 Einwohner, wovon etwa 31 % kriegsbedingt waren. Ausgelöst durch die Einwohnerentwicklung weitete sich auch die Möbelindustrie weiter aus. Im Zuge des Aufschwungs kam es auch zu Neugründungen in anderen bzw. verwandten Branchen wie Möbeleinzel- und Möbelgroßhandel, Furnier- und Spanplattenwerken, Karosserie- und Fahrzeugbau.[14]

Für die angewachsene Bevölkerung musste Wohnraum geschaffen werden. 1949 wurden die ersten Siedlungshäuser weit außerhalb am Stadtrand gebaut. Besondere Bedeutung kam in den Jahren 1958/1959 dem weiteren Ausbau der bereits im Jahr 1936 begonnenen Siedlung am Schorrberg zu. Mit einem weiteren Bauabschnitt wurde 1962 begonnen. Heute leben am Schorrberg 1030 Steinheimer Bürger (Stand August 2012).[15]

Seit der kommunalen Neugliederung im Jahr 1970 besteht die heutige Stadt Steinheim aus dem früheren Amt Steinheim (Westfalen), dem die ehemals lippische Gemeinde Grevenhagen zugeordnet wurde. Gleichzeitig wurde Kempenfeldrom ausgemeindet und an die lippische Stadt Horn-Bad Meinberg angegliedert. Die heutige Kernstadt mit dem mittelalterlichen Stadtkern entspricht der ehemaligen Stadt Steinheim.

Zwecks Verbesserung der Infrastruktur entstand im Norden der Kernstadt ein Schul- und Sportzentrum mit dem Gymnasium mit Sportanlagen und mit einer Realschule. zu der eine Theater- und Konzerthalle gehören. Im Süden wurde ein Erholungs- und Sportzentrum entwickelt mit Leichtathletikeinrichtungen, Freibad, Tennishalle, Tennisplätzen und einer 1987 umgebauten und vergrößerten Stadthalle.[16] In unmittelbarer Nähe liegen das St. Rochus Krankenhaus (Standort des Klinikum Weser-Egge) und das St. Rochus Seniorenhaus, die zur Katholischen Hospitalvereinigung Weser-Egge gehören.

Etwa ab Mitte der 1970er-Jahre setzte in Steinheim ein Strukturwandel ein, der innerhalb von ca. 20 bis 30 Jahren die das Wirtschaftsleben von Steinheim prägende Möbelindustrie zum Erliegen brachte. Folge waren der Verlust von ca. 1000 Arbeitsplätzen innerhalb von 20 Jahren nach 1985. Ursache war vor allem eine veränderte Wohnkultur, mit der ein weitgehender Wegfall der Nachfrage nach hochwertigen Stilmöbeln verbunden war. Hinzu kamen Billigangebote aus Ostblockländern und auch die Verwendung anderer Materialien u. a. im Bereich der Büromöbel.[17]

Zwecks Bekämpfung der entstandenen Probleme, die sich in einem Wegfall von Arbeitsplätzen, in Leerständen von Geschäften und in verlassenen Industriebrachen niedergeschlagen haben, besteht ein Maßnahmenkatalog im Rahmen des Projektes „Stadtumbau West“, das auch auf öffentliche Fördergelder zurückgreifen kann.[18] Verwirklicht wurden seit Anfang 2000 verschiedene Vorhaben wie insbesondere die Gründung eines Möbelmuseums in den Räumen der ehemaligen Möbelfabrik Günther, die Errichtung eines Gesundheitszentrums durch Umbau und Renovierung der früheren Möbelfabrik Strato, Errichtung von Wohnungen und Eröffnung eines Supermarktes auf dem Gelände der Fabrik Friedrich Schwertfeger, Gründung eines Logistikzentrums auf dem sanierten Gelände der Fabrik Schieder-Möbel und Neueröffnung des renovierten Bahnhofs mit angegliedertem Hotel und griechischem Restaurant.


Text: Wikipedia

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