Strandbad Wannsee

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Ansichtskarte des Strandbades (1912)
Ansichtskarte des Strandbades mit Propagandastempel „Gott strafe England“ (1918)
Ansichtskarte des Strandbades (1932)
Ansichtskarte des Strandbades (1940)
Ansichtskarte des Strandbades

Geschichte

Anfangsjahre

Im Mai 1907 erlaubte der Landrat des Kreises Teltow, zu dem das Areal bis zur Eingemeindung nach Berlin 1920 gehörte, das bis dahin verbotene Baden im Großen Wannsee. Am 8. Mai 1907 begannen die Bauarbeiten zur Umgestaltung des Wannsee-Ufers in ein Strandbad. Fortan wurde die Badestelle nicht nur ein beliebtes Ausflugsziel, sondern bald schon zur „Badewanne der Berliner”.

Einwohner der Hauptstadt und Millionenmetropole, die sich eine Reise in die „Sommerfrische“ eines der mondänen Ostseebäder nicht leisten konnten, hatten nunmehr am Wannseestrand als Naherholungsgebiet die Möglichkeit, mit der ganzen Familie (berlinerisch: mit Kind und Kegel) sonnen und baden zu gehen. Darüber hinaus zog das für damalige Verhältnisse ungewöhnlich freizügige „wilde Treiben“ auch viele Schaulustige an.

Bald wurden erste Umkleidebauten errichtet, um keinesfalls die „Sittlichkeit“ beim gemischten Baden zu gefährden. Während konservative Kreise und vor allem Villenbesitzer aus der noblen Umgebung gegen das lebensreformerische und proletarische Freibad protestierten, bildeten sich ab 1909 Clubs: der „Club fideler Sonnenbrüder“, die „Wannseaten“ und der „Arbeiter-Schwimmverband“.

Entwicklung der Besucherzahlen: Nachdem im Jahre 1912 über 500.000 Badende zum Wannsee kamen, waren es 1927 schon 900.000. Den absoluten Rekord erreichte das Strandbad im Jahr der Neueröffnung (1930) mit 1.300.000 Besuchern.

Das heutige Strandbad Wannsee basiert auf den Planungen des Architekten Martin Wagner, der 1915 ein erstes Bebauungskonzept für die bis dahin noch kaum erschlossene Badestelle am Ufer des Großen Wannsees erarbeitete und 1927 schließlich ein modernes „Weltstadtbad“ im Sinne der Neuen Sachlichkeit konzipierte. Der denkmalgeschützte Gebäudekomplex mit einer Länge von 540 Metern wurde von 1929 bis 1930 nach Entwürfen des Architekten Richard Ermisch und des ihm unterstellten Oberbaurates Haenisch errichtet.

Infolge der Weltwirtschaftskrise wurde die Anlage allerdings nur zur einen Hälfte (Nordachse) einschließlich des als Mittelpunkt gedachten Strandrestaurants „Lido“ realisiert. Ein späterer Weiterbau scheiterte daran, dass den ab 1933 herrschenden Nationalsozialisten das Strandbad Wannsee wegen seines zwar modernen, jedoch für das Dritte Reich nicht zeitgemäßen Baustils missliebig war.

Juden wurde der Besuch öffentlicher Badeanstalten, außer während der Olympischen Sommerspiele 1936, generell verboten. Ab 1942 wurde das bis dahin strafbare Nacktbaden innerhalb ausgewiesener Bereiche erstmals offiziell erlaubt. Während des Zweiten Weltkrieges war in einigen Gebäuden des Strandbades Wannsee die Organisation Todt untergebracht. Nach 1945 wurde der Badebetrieb in dem von Kriegseinwirkungen weitgehend verschont gebliebenen Strandbad Wannsee fortgesetzt.


Nachkriegszeit und Verfall

Nach dem Krieg war für große Teile der West-Berliner Bevölkerung das Strandbad Wannsee der Ersatz für die Fahrt ans Meer, die sich in den frühen Nachkriegsjahren nur die wenigsten leisten konnten. Zu Problemen führte der von den amerikanischen Besatzungstruppen unweit des Strandbades in der nicht fertiggestellten Südkurve der AVUS angelegte Übungsplatz Keerans Range. Querschläger flogen bis zum Badestrand und erst erhielt ein Badegast im Juli 1951 einen Steckschuss in die Schulter und am 5. August 1952 schließlich ein siebenjähriges Mädchen in den Hals. Das Mädchen überlebte knapp, und der Vorfall wurde von der Ostdeutschen Presse propagandistisch genutzt. Im Jahr 1955 wurde schließlich noch eine Frau im Strandbad in die Leber getroffen.

Seit den 1960er Jahren kam es zu einem fortschreitenden baulichen Verfall und damit zusammenhängend einem Besucherrückgang auf jährlich nur noch etwa 200.000 Badegäste, wofür insbesondere folgende Ursachen verantwortlich waren:


der allgemein zunehmende Massentourismus breiter Bevölkerungskreise,

der Bau neuer Freibäder in vielen Berliner Bezirken,

der in fast drei Jahrzehnten der Teilung Berlins zeitweise eingeschränkte S-Bahn-Verkehr nach Wannsee/Nikolassee,

das zu Spitzenzeiten völlig ungenügende Parkplatzangebot im Umfeld des Strandbades,

stetig steigende Eintrittspreise,

die über Jahrzehnte nur notdürftig instand gehaltene Infrastruktur und

das dem Strandbad Wannsee anhaftende Stigma eines „Lido der Armen“.


Die daraufhin in den 1980er Jahren begonnene Sanierung wurde jedoch aus Denkmalschutz- (falsche Abmessungen der beschafften gelben Klinker) und letztlich finanziellen Schwierigkeiten der hoch defizitären Berliner Bäderbetriebe bald wieder gestoppt. Infolgedessen verfiel der Gebäudekomplex immer weiter, so dass beispielsweise die Sonnenterrassen auf den vier Hallen und Sanitäreinrichtungen zum Teil geschlossen werden mussten.


Sanierung

Von 2005 bis 2007 wurde ein von der Stiftung Denkmalschutz Berlin getragenes Sanierungskonzept realisiert, durch das die baulichen Anlagen bis zum 100. Geburtstag des Strandbades im Mai 2007 weitgehend wiederhergestellt werden konnten. Die Kosten dafür betrugen 12,5 Millionen Euro. Zeitgleich erfolgte die nicht durch Stiftungsmittel förderfähige Instandsetzung der Infrastruktur aus dem Etat der Berliner Bäderbetriebe.


Kulturelles

Mit einem Lied über das Strandbad Wannsee unter dem Titel Pack die Badehose ein wurde Cornelia Froboess 1951 zum Kinderstar. Das Lied hatte ihr Vater Gerhard Froboess ursprünglich für die Schöneberger Sängerknaben komponiert (Text von Hans Bradtke). Es wurde dort aber zunächst abgelehnt. Der Vorfall vom 5. August 1952, als ein Mädchen im Strandbad Wannsee durch einen amerikanischen Querschläger verletzt wurde, inspirierte die ostdeutsche Kabarettistin Gina Presgott zu einer Satireversion auf die Melodie von Froboess’ Schlager mit dem Text Schließ’ die Badehose ein, lass’ das Baden lieber sein, denn der Ami schießt am Wannsee.



Text: Wikipedia

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