Thorn

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Toruń, deutsch Thorn, ist – neben Bromberg – eine der beiden Hauptstädte der polnischen Woiwodschaft Kujawien-Pommern. Die kreisfreie Stadt mit vielen Gebäuden der norddeutschen Backsteingotik ist Sitz des Woiwodschaftsparlaments (Sejmik), des Woiwodschaftsmarschalls mit seiner Regierung, der Universität Toruń sowie des römisch-katholischen Bistums Toruń.

Reklamemarken und Siegelmarken

Verzeichnis der sortierten Reklamemarken und Siegelmarken mit einem Bezug zu Thorn.

Gustav Weese

Honigkuchenfabrik Herrmann Thomas

Nikolaus Kopernikus

Sonstige

Geschichte

Mittelalter

Thorn entstand 1231 als erste Siedlung im Kulmerland unter Verwaltung des Deutschen Ordens. Ursprünglich lag diese im Bereich des späteren Dorfes Alt-Thorn (poln. Stary Toruń, seit dem Ende des 20. Jahrhunderts Stadtteil Starotoruńskie Przedmieście), rund 7,5 km westlich der heutigen Stadt, wurde jedoch aufgrund der permanenten Überschwemmungsgefahr 1236 an den heutigen Standort verlegt. Der Deutsche Orden war vom polnischen Herzog Konrad von Masowien ins Land gerufen worden, um die in der Gegend wohnenden heidnischen baltischen Pruzzen zu christianisieren. Aktiv wurde der Orden aber erst, nachdem Kaiser Friedrich II. ihm 1226 das Herrschaftsrecht über das zu erobernde Land zugesichert hatte. Den Grundstein zu der Stadt Thorn legte 1231 der Landmeister Hermann von Balk. Einwanderer aus Westfalen bevölkerten die Stadt, die am 28. Dezember 1233 mit der Kulmer Handfeste das Stadtrecht erhielt. Thorn ist die älteste Stadt Preußens.[5] 1260 wurde die Burg Thorn erbaut. Ihren Namen erhielt die Stadt angeblich nach der Festung und Baronie Toron, einer Kreuzfahrerburg des Deutschen Ordens im Heiligen Land. In alten Dokumenten heißt die Stadt Thoren.

Im 14. Jahrhundert trat Thorn der Hanse bei und gehörte somit wie Elbing, Danzig, Königsberg und Kulm zu den Hansestädten. 1367 trat Thorn der Kölner Konföderation von Hansestädten bei. Das Bestreben des Ordens, gleichzeitig seine Landesherrschaft auszudehnen und den Handel zu kontrollieren, führte zu kriegerischen Konflikten und einer Allianz der deutschen Handelsstädte mit dem Königreich Polen. 1411 wurde der Erste Thorner Frieden zwischen dem polnischen König Władysław II. Jagiełło und dem Deutschen Orden geschlossen. Bei neuen Auseinandersetzungen wurde 1454 die Ordensburg in Thorn vom Preußischen Bund erobert und von seinen Bürgern zerstört.

Nach dem Dreizehnjährigen Städtekrieg wurde am 19. Oktober 1466 der Zweite Thorner Frieden mit dem Deutschen Orden geschlossen. Danach musste der Ordensstaat große Gebiete rund um die untere Weichsel an das autonome Preußen Königlichen Anteils abtreten, das sich freiwillig der Oberhoheit der polnischen Krone unterstellt hatte. Die Städte Thorn, Danzig und Elbing wurden als „Quartierstädte“ des Hansebundes polnisch-preußische Stadtrepubliken mit politischer Vertretung im Sejm.

Thorn als Stadtrepublik im Königlichen Preußen

Als Sohn einer Kaufmannsfamilie wurde 1473 der berühmteste Sohn der Stadt, der spätere Astronom Nikolaus Kopernikus, hier geboren und besuchte die ortsansässige Johannis-Schule, eine Lateinschule.

Zeitweilige Versuche des Hochmeisters Albrecht von Brandenburg-Ansbach, die königlich-polnischen Gebiete Preußens für den Deutschen Orden zurückzuerobern, endeten nach dem erfolglosen Reiterkrieg mit dem Waffenstillstand zu Thorn am 5. April 1521. Auf einer anschließenden Reise nach Süddeutschland fand Albrecht keine Unterstützung für seine bisherigen Pläne und entschloss sich, im Ordensstaat Preußen die Reformation einzuführen und ihn fortan als Herzog zu regieren. Weil er dafür die Unterstützung König Sigismunds I. von Polen, seines Onkels, brauchte, schloss er mit diesem am 8. April 1525 den Vertrag von Krakau, huldigte ihm, wurde von ihm als weltlicher Herzog in Preußen anerkannt und erhielt zudem eine privilegierte Stellung im polnischen Senat.

1557 nahmen Rat und Bürgerschaft die Reformation an. Die Marienschule wurde 1558 zu einem Gymnasium erhoben.

Auf Veranlassung des polnischen Königs Władysław IV. Wasa wurde 1645 unter dem Vorsitz des polnischen Kanzlers Jerzy Ossoliński das Thorner Religionsgespräch (Colloquium charitativum) zur Verständigung von Katholiken und Protestanten veranstaltet.[6] Daran nahmen unter anderem Georg Calixt und Michael Behm teil. Im späten 17. Jahrhundert war der aus Lyck (Ełk) stammende Christoph Hartknoch, ein bedeutender Historiker der Geschichte des Ordensstaates Preußen und Polen-Litauens, Direktor des 1568 gegründeten Thorner Gymnasiums.

Bei Vollstreckung der Todesstrafe wurden noch bis ins 17. Jahrhundert Methoden wie Pfählen oder Rädern angewandt.[7]

Während des Großen Nordischen Krieges sah sich Thorn vom 26. Mai bis 14. Oktober 1703 einer Belagerung durch die Armee des schwedischen Königs Karl XII. ausgesetzt. Die 6.000 Mann zählende Garnison, die aus sächsischen Soldaten Augusts des Starken, des Kurfürsten von Sachsen und Königs von Polen, bestand, konnte den Fall der Stadt letztlich nicht verhindern.[8] Durch den schwedischen Beschuss hatten nicht nur die Befestigungsanlagen der Stadt, sondern auch ihre Häuser schwere Schäden erlitten. Das altstädtische Rathaus war infolge des Beschusses ausgebrannt, ebenso fast die gesamte Westseite des altstädtischen Marktes und weitere Häuser. Zahlreiche andere Gebäude waren zum Teil schwer beschädigt worden. Die Stadtbefestigung wurde nach der Einnahme von den Schweden geschleift. Die Kriegsschäden und die in den Folgejahren mehrmals zu zahlenden Kontributionen ließen die Stadt für lange Zeit verarmen. Überdies wurde Thorn im August und September 1708 von einer Pestepidemie heimgesucht, die bis 1710 andauerte und in der Stadt und ihrer Umgebung rund 4.000 Todesopfer forderte.[9][10][11]

Bei der Fronleichnamsprozession am 16. Juli 1724 kam es zu Streitigkeiten zwischen den Jesuitenzöglingen und den Schülern des protestantischen Gymnasiums. Aus diesem Tumult heraus wurde das Jesuitenkloster gestürmt und verwüstet. Die Regierung des polnischen Königs August des Starken führte daraufhin ein Verfahren gegen die Stadt, ließ den Bürgermeister Johann Gottfried Rösner und neun weitere Bürger am 7. Dezember 1724 enthaupten (Thorner Blutgericht) und bestimmte, dass der Magistrat künftig zur Hälfte aus Katholiken bestehen müsse und die Marienkirche den Katholiken zu übergeben sei.

19. und 20. Jahrhundert

Nachdem Thorn wie Danzig dem Preußischen Bund beigetreten war, erfolgte 1793 im Rahmen der Teilungen Polens die „Wiedervereinigung“ (Leopold Prowe) mit dem Königreich Preußen.[12] Durch die „Wiedervereinigung“ verlor Thorn allerdings sämtliche Autonomierechte im Königreich Preußen und absoluten Monarchie der Hohenzollern. Durch den von Napoleon Bonaparte diktierten Frieden von Tilsit wurde Thorn 1807 vorübergehend dem als Herzogtum Warschau wiederhergestellten Polen zugeschlagen. Aufgrund unvorsichtigen Verhaltens französischer Soldaten, die Schießpulver-Fässer entluden, kam es am 7. August 1807 nach Abschluss des Friedensvertrags an der Weichselbrücke zu einer gewaltigen Explosion, bei der etwa 70 Menschen ums Leben kamen; Schadensersatzforderungen Thorner Bürger wurden von französischer Seite nicht beantwortet.[13]

Am 16. April 1813 kapitulierte die Besatzung Thorns unter dem französischen General Pointcoin[14] nach mehrtägiger Belagerung. 100 französische, 400 polnische und 3500 bayerische Soldaten legten vor den russischen und preußischen Truppen die Waffen nieder; die Stadt hatte unter dem vom 10. bis zum 16. April andauernden Bombardement der Belagerer sehr gelitten.[15] Durch die Wiener Kongressakte von 1815 kam es wiederum an Preußen, das es ab 1818 zur Festung ausbaute. Am 21. Juni 1815 hatte die preußische Regierung Thorn dem westpreußischen Regierungspräsidenten in Marienwerder unterstellt. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts verfügte Thorn über ein Gymnasium mit angeschlossener Realschule.[16]

1864 war die Besatzung der Festung Thorn 2111 Mann stark.[17] 1905 bestand die Garnison aus drei Infanterieregimentern (Nr. 21, Nr. 61 und Nr. 176), dem Ulanen-Regiment von Schmidt (1. Pommersches) Nr. 4, je einem Bataillon des 1. Westpreußisches Fußartillerie-Regiment Nr. 11 und des 2. Pommersches Fußartillerie-Regiment Nr. 15 und Westpreußisches Pionierbataillon Nr. 17.[18]

Zum Ende des 19. Jahrhunderts erlebte Thorn nach dem Bau der Preußischen Ostbahn einen wirtschaftlichen Aufschwung. Eine Spezialität waren die Thorner Kathrinchen (Pfefferkuchen). 1885 hatte Thorn mit der Garnison 23.906 – überwiegend evangelische – Einwohner. Die Einwohnerzahl wuchs bis zur Volkszählung von 1910 auf 46.000, davon waren etwa 67 Prozent deutschsprachig und etwa 32 Prozent polnischsprachig. Weil er von Deutschen bzw. Polen hartnäckig als Angehöriger der eigenen Ethnie beansprucht wurde, beging man den 400. bzw. 450. Geburtstag des größten Sohnes der Stadt, Nikolaus Kopernikus, in den Jahren 1873 und 1923 in Thorn jeweils separat bei den deutschen und polnischen Stadtbewohnern.

Nach Ende des Ersten Weltkrieges wurde Thorn mit dem größten Teil der Provinz Westpreußen aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrags 1920 an die Zweite Polnische Republik abgetreten (Polnischer Korridor). In dieser Zeit war Thorn Hauptstadt der Woiwodschaft Großpommern (Województwo Wielkopomorskie). Aufgrund starker Abwanderung von Deutschen in der Zwischenkriegszeit sowie anhaltender Polonisierung sank der Anteil der deutschen Bevölkerung in der Stadt auf vier Prozent 1939. 1934 wurde aus Stahlfachwerkbögen der 1929 demontierten Münsterwalder Weichselbrücke (siehe Abschnitt Verkehr: Brücken) in Thorn eine neue Weichselbrücke fertiggestellt.

Nach dem Überfall auf Polen im September 1939 wurde Thorn zusammen mit dem Polnischen Korridor vom Deutschen Reich annektiert; die Stadt Thorn wurde dem Regierungsbezirk Bromberg im Reichsgau Danzig-Westpreußen zugeordnet. 1940 wurde die Ingenieurschule für Luftfahrttechnik (IfL) nach Thorn verlegt.

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs besetzte im Frühjahr 1945 die Rote Armee die Region und die weitgehend von Kriegsschäden verschonte Stadt. Die Stadt wurde wieder Teil Polens. Bei der Wiederherstellung der Woiwodschaft Großpommern ab 14. März 1945 blieb Toruń zunächst die Hauptstadt. Im Zuge der Verkleinerung der Woiwodschaft am 7. April 1945, wobei auch das ‚Groß‘ im Namen fortfiel, wurde der Hauptstadtsitz nach Bromberg (Bydgoszcz) verlegt. Die deutsche Bevölkerung floh oder wurde vertrieben.

1997 wurde die mittelalterliche Altstadt von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.[19]

Seit 1999 ist Toruń Sitz des Sejmik der Woiwodschaft Kujawien-Pommern, der Woiwode hat seinen Sitz in Bydgoszcz.


Text: Wikipedia

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