Turin

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Turin (italienisch Torino, lateinisch Augusta Taurinorum, piemontesisch Türin) ist eine Großstadt im Nordwesten Italiens, Verwaltungssitz der Metropolitanstadt Turin und der Region Piemont.

Die Stadt zählt 870.952 Einwohner im Stadtgebiet und ist somit die viertgrößte italienische Stadt (nach Rom, Mailand und Neapel), in der Europäischen Union steht sie an 20. Stelle. Etwa 1,7 Millionen Einwohner leben in der Agglomeration (2006) und 2,2 Millionen in der Metropolregion.

Die Stadt gehört zu den wichtigsten Kultur-, Universitäts-, und Wirtschaftszentren Italiens und ist für ihr architektonisch vielfältiges Stadtzentrum bekannt. Viele der öffentlichen Plätze, Schlösser, Gärten und eleganten Paläste, wie der Palazzo Madama, wurden zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert errichtet. Zudem wird das architektonische Erbe durch zahlreiche Gebäude im Stil des später aufkommenden Neoklassizismus und des Art Nouveau bereichert. Ein Teil des historischen Barockzentrums von Turin wurde unter dem Namen Residenzen des Königshauses von Savoyen im Jahr 1997 in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen. Darüber hinaus beherbergt die Stadt das Museo Egizio und die Mole Antonelliana, das architektonische Wahrzeichen der Stadt, in dem sich das nationale Kinomuseum befindet, die beide zu den wichtigsten Museen Italiens gehören.

Die Stadt ist zudem historisch ein wichtiges politisches Zentrum Europas. Ab dem Jahr 1563 war sie die Hauptstadt des Herzogtums Savoyen, dann des Königreichs Sardinien, das vom Haus Savoyen regiert wurde, und von 1861 bis 1865 die erste Hauptstadt des vereinigten Italiens, bevor der Regierungssitz später zuerst nach Florenz (1865) und dann nach Rom (1871) verlegt wurde.

Reklamemarken und Siegelmarken

Verzeichnis der sortierten Reklamemarken und Siegelmarken mit einem Bezug zu Turin.

Eugen von Savoyen

Viktor Emanuel II.

Weltausstellung Turin 1911

Sonstige

Geschichte

Ereignisgeschichte

Der Name der Stadt stammt von tau ab, einem keltischen Wort, das „Berge“ bedeutet. Volksetymologisch kann der italienische Name Torino als „kleiner Bulle“ übersetzt werden, weshalb auf dem Wappen der Stadt ein Bulle dargestellt wird. Die Gegend wurde in vorrömischer Zeit vom keltisch-ligurischen Stamm der Tauriner besiedelt. Eine dieser Siedlungen wurde im Jahr 218 v. Chr. durch Hannibal bei dessen Marsch Richtung Alpen zerstört.

Im ersten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung (wahrscheinlich im Jahr 28 v. Chr.) errichteten die Römer hier ein Militärlager (Castra Taurinorum), das später dem Kaiser Augustus gewidmet wurde (Augusta Taurinorum). Die typische römische Stadtstruktur mit rechtwinklig zueinander verlaufenden Straßen hat sich bis in die heutige Zeit erhalten. Das Quartiere Romano ist der älteste Stadtteil. In römischer Zeit zählte Turin etwa 5.000 Einwohner, die alle innerhalb der hohen Stadtmauern lebten. Im Jahr 312 fand die Schlacht von Turin statt, bei denen die Truppen Kaiser Konstantins des Großen jene seines Kontrahenten Maxentius bezwangen.

Nach dem Fall des Römischen Reiches wurde die Stadt zuerst von den Langobarden, dann von den Franken erobert und wurde von Bischöfen regiert. Ende des 13. Jahrhunderts nahmen die Herzöge von Savoyen die Stadt ein. Die Gärten und Paläste entstanden im 15. Jahrhundert, als man die Stadt von Grund auf neu errichtete. 1404 wurde die Universität gegründet. Emanuel Philibert machte Turin im Jahr 1563 zur Hauptstadt des Herzogtums Savoyen. Ab 1564 wurde am südöstlichen Stadtrand die fünfeckige Zitadelle von Turin errichtet, die jedoch 1857 im Zug der Stadterweiterung fast vollständig abgetragen wurde.

1706 belagerten die Franzosen während des Spanischen Erbfolgekriegs die Stadt 117 Tage, ohne sie jedoch einnehmen zu können (Schlacht bei Turin). Gemäß dem Frieden von Utrecht erhielt Savoyen das Königreich Sardinien. Architekt Filippo Juvarra begann mit der erneuten Umgestaltung der Stadt, die damals rund 90.000 Einwohner zählte. Nach der Verschmelzung der beiden Landesteile Savoyen und Piemont unter König Karl Albert wurde Turin 1847 Hauptstadt des Königreiches.

Durch die Vereinigung Italiens im Jahr 1861 wurde Turin italienische Hauptstadt. König Viktor Emanuel II. regierte von hier aus, 14 verschiedene Schlösser zeugen von der herrschaftlichen Vergangenheit. Die Hauptstadtfunktion war jedoch ein Status, den die Stadt schon vier Jahre später an Florenz weitergeben musste. Die Eröffnung des Mont-Cenis-Eisenbahntunnels im Jahr 1871 machte Turin zu einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt.

Den Verlust der Hauptstadtfunktion machte Turin mit einer raschen Industrialisierung wett, wobei die Automobilindustrie eine überragende Bedeutung erlangte. 1899 erfolgte die Gründung von Fiat, 1906 jene von Lancia. Die Internationale Ausstellung für moderne dekorative Kunst des Jahres 1902 gilt als Höhepunkt des Jugendstils. 1911 fand eine Weltausstellung in Turin statt, damals zählte die Stadt bereits 430.000 Einwohner. Durch Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg wurden in Turin 7,4 % der Gebäude zerstört und 30,4 % beschädigt.[2] Die Luftangriffe forderten in Turin 2069 Todesopfer.[3]

Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte die Industrie einen ungeahnten Aufschwung. Zehntausende von Arbeitern, vor allem aus Süditalien, zogen jährlich nach Turin. Turin wurde 1960 eine Millionenstadt und erreichte 1975 mit 1,2 Millionen das Bevölkerungsmaximum.[4] Die industrielle Krise der 1980er Jahre traf Turin hart und die Bevölkerung ging wieder auf unter eine Million zurück.

Städtebauliche Entwicklung

Das rechtwinklige Raster der römischen Stadtstruktur hat sich bis heute im zentralen Altstadtviertel Quadrilatero Romano erhalten. Deren Hauptachsen in Ost-West-Richtung (decumanus) entsprechen der heutigen Via Garibaldi und in Nord-Süd-Richtung (cardo) der Via S. Tommaso. Die Porta Palatina und die Porta Decumana, deren Reste im Palazzo Madama verbaut wurden, markieren den Verlauf der römischen Stadtmauer.

Bis zur Rangerhöhung als Hauptstadt Savoyens war Turin noch mittelalterlich geprägt. Doch dann folgte im 17. Jahrhundert eine bis ins 18. Jahrhundert fortgesetzte Umgestaltung der Stadt, die ein Erscheinungsbild von in Europa fast einzigartiger Einheitlichkeit hervorbrachte. Die Neugestaltung war so durchgreifend, dass keine der 21 Pfarrkirchen bestehen oder unverändert blieb.[5] Neue Schneisen wurden durch die alte Bebauung geschlagen: Die wichtigste Achse, parallel zur römischen cardo entlang der heutigen Via Roma, zielte vom neuen Herrscherpalast an der gleichzeitig umgestalteten Piazza del Castello auf ein Schloss im Süden der Stadt, die diagonale Via Po hingegen negierte das Rechteckraster, um auf den Palast ausgerichtet zu sein, auch sie erschloss ein Stadterweiterungsareal innerhalb des neu errichteten Bastionengürtels. Von Bebauung freigehaltene Plätze schufen eine Bühne für fürstliche Feierlichkeiten und Festzüge. Erscheinung und Struktur der Stadtplanung wurden so zu einer Inszenierung absolutistischer Herrschermacht.[6] Mehrere Edikte um 1640 verpflichteten den Adel, dem Grundstücke um die Piazza San Carlo überlassen wurden, in kurzer Zeit ihre Paläste nach vorgegebenen Fassadenentwürfen zu realisieren.

Im Gegensatz zur französischen Baukunst hatten die Turiner Straßenfronten von einer Cour d′honneur abzusehen, sie bildeten eine geradlinig fortlaufende, aber in der Erdgeschossebene sich oft mit Arkaden zur Straße öffnende Fassadenreihe. Erst dahinter beginnt die architektonische Freizügigkeit und die barocke Vielfalt der Raumanordnungen, wie dem „charakteristischen Turiner androne, der meist als weitläufiges, zentralisiertes Vestibül geformt ist, das ein Gefühl festlicher Offenheit zwischen Eingang und cortile schafft“,[7] den Höfen, Treppenhäusern und Innenräumen. Oft wurden die Häuser von verschiedenen Schichten der städtischen Gesellschaft gemeinsam genutzt: Erdgeschoss und Hinterhof von Kaufleuten und Handwerkern, das piano nobile vom Adel, die Obergeschosse von der unteren Mittelschicht.[8] Kleinere Blockbebauungen des 18. Jahrhunderts erlauben auch Mietshäuser mit ihren eigenen Strukturen. Die Erhebung zum Königreich 1720 gab Anlass zu neuen Straßenzügen (Via Garibaldi und Via Milano, 1736), repräsentativen Umgestaltungen (Palazzo Madama, Piazza Castello) und Neubauten im Stadtumfeld (Wallfahrtskirche Superga, 1731, Schloss Stupinigi, 1734). Die Hauptstadt des neuen gesamtitalienischen Königreiches schuf sich mit dem Bahnhof Porta Nuova ein der beginnenden Industrialisierung angemessenes Entrée in die Stadt.

Die neue Rolle als bedeutender Industriestandort (1899 Gründung von Fiat) führte zu Stadterweiterungen mit vorherrschendem Mietwohnungsbau, während sich am rechten Po-Ufer der Stadtteil Crimea (entstanden nach dem Krimkrieg 1853–1856 und bis zum Jugendstil) mit prächtigen Villen schmückte. Zwischen den Weltkriegen erneuerten Mussolinis Architekten im faschistischen Stil Teile der Via Roma um die Piazza C. L. N. herum und es entstanden die ersten Hochhäuser (Torre Littoria,[9] 1934).

Nachdem durch Zuzug von Fabrikarbeitern aus dem Mezzogiorno in den 1960er Jahren die Wohnbevölkerung vorübergehend die Millionengrenze überstiegen hatte, in der Rezession der 1980er Jahre aber erheblich zurückging, legte sich Turin ein neues Image zu: Das 1982 geschlossene Lingotto baute Renzo Piano bis 1989 zu einem Messe- und Kongresszentrum um, die Olympischen Winterspiele 2006 erforderten umfangreiche neue Sportanlagen auch in der Stadt, im Westen baute man ein neues Universitätsviertel, legte den Bahnhof Torino Porta Susa unter die Erde und im Nordwesten begrünte man die Industriebrachen, etwa mit dem Parco Doria.

Turin war vom 10. bis zum 14. Mai 2022 Austragungsort des 66. Eurovision Song Contest. Ausgetragen wurde er im Pala Alpitour.


Text: Wikipedia

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