Ulrich von Hutten

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Ulrich von Hutten (* 21. April 1488 auf Burg Steckelberg in Schlüchtern; † 29. August 1523 auf der Ufenau im Zürichsee) war ein deutscher Renaissance-Humanist, Dichter, Kirchenkritiker und Publizist. Er wird auch als erster Reichsritter bezeichnet.

Reklamemarken

Verzeichnis der sortierten Reklamemarken mit einem Bezug zu Ulrich von Hutten.

Bund der Deutschen Nordmährens

Sonstige

Leben

Die frühen Jahre

Ulrich entstammt dem fränkischen Adelsgeschlecht der Hutten. Er war ein Sohn von Ulrich von Hutten-Gronau (1458–1522) zu Steckelberg und Ottilie von Eberstein († 1523) zu Brandenstein. Obwohl ihm als Erstgeborenem eigentlich das Erbe zustand, wurde er 1499 von seinem Vater Ulrich in das Benediktiner-Kloster Fulda verfügt, wo er nach Erreichen des entsprechenden Alters Mönch werden sollte. Diese Maßnahme traf die Familie wohl hauptsächlich aus praktischen Erwägungen: Der junge Ulrich schien sich aufgrund seiner körperlichen Verfassung nicht für den Dienst als Ritter zu eignen und sollte daher eine geistliche Laufbahn einschlagen, die Versorgung und zahlreiche Aufstiegsmöglichkeiten versprach.

Studien in Erfurt, Mainz und Köln (1505–1506)

Hutten wandte sich aber nach Aufnahme eines – zunächst vom Stift finanzierten – Studiums endgültig vom Klosterleben ab. Im Sommersemester 1505 studierte er an der Universität Erfurt, wo er sich dem Kreis der Humanisten anschloss, dem unter anderem Crotus Rubeanus, Mutianus Rufus und der Dichter Eobanus Hessus angehörten. Bevor er im Wintersemester desselben Jahres an die Universität zu Köln wechselte, verweilte er für kurze Zeit an der Universität in Mainz.[1] Im folgenden Sommersemester war er an der Brandenburgischen Universität Frankfurt (Oder), der Viadrina, eingeschrieben, wohin er seinem Lehrer Johannes Aesticampianus gefolgt war und wo er am 15. September 1506 das Bakkalaureat ablegte.[2][3] Zu Ehren seiner neugegründeten Universität verfasste er als Achtzehnjähriger In laudem carmen Marchiae.[4][5]

Studien in Leipzig (1508–1509), Greifswald (1509–1510), die ersten literarischen Werke

Im Jahr 1508 besuchte er die Universität Leipzig. Schon in Leipzig infizierte sich Hutten möglicherweise mit der Syphilis. Wo er sich in der darauffolgenden Zeit aufhielt, ist nicht bekannt. Zum Wintersemester 1509/1510 erschien er als mittelloser Student in Greifswald. Der aus einer zeitgenössischen Darstellung seines Aufenthalts in Norddeutschland durch Joachim Vadian interpretierte Schiffbruch an der pommerschen Küste gilt heute als unwahrscheinlich. Hutten war von Henning Lotze, Professor der Rechte an der Universität Greifswald, in sein Haus aufgenommen und finanziell unterstützt worden. Das zuerst gute Verhältnis zu seinem Förderer kühlte sich offenbar bald ab, möglicherweise hatten unüberbrückbare Gegensätze zwischen dem humanistischen Dichter Hutten und dem scholastischen Akademiker Lotze daran Anteil. Henning Lotze und sein Vater, der Greifswalder Kaufmann und Bürgermeister Wedego Lotze, lehnten Huttens Wunsch, Greifswald zu verlassen und nach Rostock zu gehen, ab. Der bei den beiden verschuldete Hutten verließ schließlich Greifswald, nach seiner Darstellung mit dem Einverständnis der Lotze, denen er zugesagt hatte, die Mittel für die Rückzahlung seiner Schulden anderenorts aufzubringen. Die Lotze machten jedoch von ihrem Pfandrecht Gebrauch und ließen ihn durch Amtsdiener verfolgen, die ihm seine gesamte Habe und trotz des strengen Winters seine Kleidung abnahmen. Huttens möglichen Tod nahmen sie dabei wohl bewusst in Kauf. Dieser gelangte trotzdem nach Rostock, wo er die Auseinandersetzung mit den Lotze literarisch in der Querelae in Lossios aufarbeitete. In den Querelae in Wedegum Loetz et filium eius Henningum stellte er die beiden als verschlagen, grausam und gewalttätig dar und stilisierte sie schließlich zu Feinden aller Humanisten hoch. Damit gelang es ihm, den in der privaten Sphäre begründeten Konflikt in den damaligen gesellschaftlichen und politischen Kontext einzubetten.[3]

Studien in Wittenberg (1511), Wien (1511) und Söldnerdienst in Italien (1512)

1511 verfasste Hutten in Wittenberg eine kleine Schrift über die Verskunst (De Arte Versificandi), die als Lehrbuch auch im Ausland rasch Anerkennung fand. Sie begründete zugleich seinen Ruhm bei den Zeitgenossen als lateinischer Schriftsteller. Er reiste nach Wien und weiter nach Italien. 1512 folgten Aufenthalte in der Republik Venedig und Pavia und darauf in Bologna. Dort nahm Hutten das bereits 1511 in Wien begonnene[6] Rechtsstudium wieder auf, sehr wahrscheinlich auf Wunsch des Vaters, der sich davon für seinen Sohn eine Anstellung in fürstlichen Diensten versprochen haben dürfte. Die Auswirkungen der Italienischen Kriege schnitten den jungen Hutten aber von den Zahlungen aus der Heimat ab, so dass er gezwungen war, sein Studium aufzugeben und seine Rückreise nach Deutschland über Söldnerdienste zu finanzieren. Während dieser Zeit verfasste Hutten auch seine ersten national motivierten Mahnschreiben an Kaiser Maximilian und die deutschen Fürsten, den Krieg in Italien fortzusetzen.

Hofdienst (1514–1519)

1514 erhielt Hutten, mit Unterstützung seiner beiden Gönner Eitelwolf vom Stein († 1515) und Frowin von Hutten (1469–1529), die Aussicht auf eine Anstellung beim neuen Erzbischof von Mainz, Albrecht von Brandenburg. In Mainz traf Hutten auch zum ersten Mal persönlich mit Erasmus von Rotterdam zusammen. Diesem überreichte er zur kritischen Durchsicht das Manuskript der Epistolae obscurorum virorum (Dunkelmännerbriefe), die er in Zusammenarbeit mit anderen Humanisten zur Verteidigung Reuchlins abgefasst hatte. Der darin enthaltene scharfe Spott gegenüber den Anhängern der Scholastik sollte noch große Nachwirkungen zeigen. Auf Wunsch seines Dienstherrn in spe reiste Hutten 1515 erneut nach Italien, um seine Studien fortzusetzen. Nach knapp zwei Jahren aber, im Sommer 1517, verließ er Italien erneut, ohne einen akademischen Grad erlangt zu haben, und kehrte nach Deutschland zurück. Maximilian I., der Hutten wahrscheinlich in sein eigenes Propagandaprogramm integrieren wollte, zeichnete ihn mit der Dichterkrone aus. Diese wurde durch die von ihm besungene Tochter des befreundeten Ehepaars Konrad und Margarete Peutinger gewunden und ihm am 12. Juli 1517 in Augsburg verliehen.

In seiner 1518 veröffentlichten Mahnung Ad principes Germanos ut bellum Turcis inferant ruft er die deutschen Fürsten dazu auf, ihre Streitigkeiten beizulegen und gemeinsam gegen die Türkengefahr vorzugehen.[7] Im selben Jahr schildert Hutten in seinem Brief an Willibald Pirckheimer vom 25. Oktober 1518 anschaulich die beengten und sorgenvollen Zustände auf der heimatlichen Burg Steckelberg.[8] Diese berühmte Klage hat allerdings übertreibende Momente, denn sie ist nicht nur als privater Brief verfasst, sondern als Druckschrift und literarischer Topos, als Widerspruch gegen Kritik und als ausführliche Begründung, warum er gern an einen Fürstenhof gehen würde. Hutten trat nun auch endgültig in die Dienste des Mainzer Erzbischofs, wo ihm aber genug Freiraum gelassen wurde, um sich weiter der Schriftstellerei zu widmen. Im Jahre 1518 beobachtete Hutten im Auftrag des Mainzer Erzbischofs den Reichstag zu Augsburg, in triefender Satire verspottete er Jakob Fugger.

Im Jahr 1519 beteiligte Hutten sich an einer Familienfehde gegen Herzog Ulrich von Württemberg, an der auch der Schwäbische Bund maßgeblich mitwirkte. Den Anlass hierfür hatte vor allem die Ermordung des Hofjunkers Hans von Hutten, eines Vetters von Ulrich, durch den Herzog im Jahr 1515 aufgrund eines Eifersuchtsdramas gegeben.[9] Ulrich von Hutten betätigte sich als Propagandist und veröffentlichte in diesem Zusammenhang den Phalarismus, einen in der Unterwelt angesiedelten Dialog zwischen dem antiken Despoten Phalaris und einem deutschen Tyrannen – ungenannt, aber unverkennbar Ulrich von Württemberg.

„Pfaffenkrieg“ und Lebensende

Bereits während seiner ersten Italienreise hatte Hutten das weltliche Auftreten des Papsttums erlebt und angeprangert. In den Folgejahren verschärfte sich diese Gegnerschaft: In Huttens Schriften trat an die Stelle einer humanistisch-aufgeklärten Kirchenkritik der Wunsch nach einem radikalen Befreiungsschlag, der die verweltlichte Kirche zur Räson bringen sollte (vgl. die Schriften im Gesprächbüchlin). Hutten verfasste Aufrufe an die deutsche Nation, sich dem Kampf gegen die sogenannten Kurtisanen, also die Profiteure der säkularen Herrschaft der Kurie, anzuschließen. Von den Zeitgenossen wurde er deshalb, trotz inhaltlicher Differenzen, an die Seite Luthers gestellt. Die Wendung an eine breitere Öffentlichkeit bedingte auch die Übertragung von Huttens Schriften ins Deutsche – späterhin verfasste er direkt in deutscher Sprache (vgl. zum Beispiel die Clag und Vormanung).

Im Jahr 1520 publizierte Hutten die Erstausgabe der von ihm entdeckten mittelalterlichen Schrift „Liber de unitate ecclesiae conservanda“ eines anonymen Parteigängers Heinrichs IV. aus dem 11. Jahrhundert.

Hutten fand in Franz von Sickingen einen einflussreichen Gesinnungsgenossen. Der mächtige Ritter und Söldnerführer förderte die reformatorische Bewegung und plante, wenn auch wohl eher politisch motiviert, einen Anschlag auf das Kurfürstentum Trier. Hutten schloss sich Sickingen 1520 an, als ihm der kirchliche Bann angedroht wurde. Während des Wormser Reichstags von 1521 konnten die beiden Ritter noch ruhiggehalten werden. Im Folgejahr aber schlugen sie los: Hutten sagte den „ungeistlichen Geistlichen“ die Fehde an und hoffte, durch gewagte Einzelaktionen die Ritterschaft zu bewegen, ihm beizustehen. Sickingen eröffnete derweil den Krieg gegen Trier, wurde aber von einer Fürstenopposition zurückgeschlagen und erlag zwei Tage nach seiner endgültigen Niederlage seiner im Kampf erlittenen Verwundung[10]. Dies markiert zugleich das vorzeitige Ende von Huttens „Pfaffenkrieg“.

Er floh, vermutlich bereits schwer an Syphilis erkrankt, vor der Exekution der inzwischen gegen ihn erwirkten Reichsacht und zog sich schließlich in die Schweiz zurück, wo er von seinem einstigen Lehrer Erasmus in Basel nicht empfangen, aber von Zwingli in Zürich aufgenommen wurde. Am 29. August 1523 erlag Ulrich von Hutten auf der Insel Ufenau im Zürichsee seiner möglichen Syphiliserkrankung. Er wurde dort neben der Kirche St. Peter und Paul beigesetzt.

Nachwirkung

Ulrich von Hutten war seinen Zeitgenossen in erster Linie als lateinischer Dichter bekannt. Den Humanisten galt er als größte Hoffnung auf diesem Gebiet. Umso enttäuschter reagierten sie auf die Hinwendung Huttens zum politischen Geschehen und seine aggressive Agitation gegen die römische Kirche. Dieser Zwiespalt äußert sich am deutlichsten in Huttens letzter (erhaltener) Schrift, der Expostulatio, in der er die Zurückhaltung der Humanisten, insbesondere des Erasmus von Rotterdam, im Kampf gegen die Kurie beklagt.

Als Angehöriger einer ritterschaftlichen Familie sah Hutten im (bewaffneten) Kampf gegen Rom die vornehmste Aufgabe für seine Standesgenossen. Seine Appelle richteten sich zwar an alle Stände des Reiches, doch träumte er tatsächlich von einem starken Kaisertum, gestützt auf die Ritter. Aus diesem Grund glaubt man, in ihm den Exponenten einer Bewegung zu erkennen, die schließlich zur Formung der Reichsritterschaft führte.

Größte Nachwirkung aber hatte zweifellos die Begründung eines Nationalmythos durch Hutten: In seiner Schrift Arminius – die allerdings erst nach seinem Tod erschien – feierte er den Sieger der Hermannsschlacht als „ersten unter den Vaterlandsbefreiern“,[11] der „das römische Joch“ abgeworfen und Germanien von der Fremdherrschaft befreit hätte. Das historische Ereignis erfuhr eine Deutung, die vor allem das national bewegte 19. Jahrhundert begeisterte.

Nach dem Sieg über Napoleon schlug sich eine Welle patriotischer Begeisterung im deutschen Bürgertum nieder, die auch Caspar David Friedrich erfasste. So malte er in den Jahren 1823/24 das bekannte Ölgemälde „Huttens Grab“, das heute in den Kunstsammlungen zu Weimar der Stiftung Weimarer Klassik hängt.

Während des Zweiten Weltkrieges wurde eine Division (Militär) (Infanterie-Division Ulrich von Hutten) nach von Hutten benannt. Ebenfalls schlug Adolf Hitler vor, eines der beiden im Bau befindlichen Schlachtschiffe der H-Klasse nach ihm zu benennen.[12]

Der historische Name Ulrich von Hutten wird seit 1982 von einer rechtsextremen Organisation vereinnahmt, dem von Otto Ernst Remer und Lisbeth Grolitsch gegründeten Freundeskreis Ulrich von Hutten, der auch eine Zeitschrift mit dem Namen Huttenbriefe publiziert.

Ulrich von Hutten wurde und wird durch die Rezeptionsgeschichte in ein Licht gerückt, das es lange Zeit schwierig machte, seine literarischen Leistungen, aber auch seine politischen Ziele unvoreingenommen zu beurteilen. Erst in jüngerer Zeit findet sein Leben und Wirken wieder Beachtung, vornehmlich im Bereich der Politikgeschichte und Forschungen zur Entwicklung des Nationalismus.

1888 rief der Dichter Karl Henckell mittels eines Anschlags am Schwarzen Brett der Universität Zürich zur Gründung eines Ulrich-von-Hutten-Bundes auf, der vor allem bei den deutschen Studierenden, die mit der Sozialdemokratie sympathisierten, regen Zuspruch fand. Ein literarisches Denkmal wurde von Hutten durch den Satiriker Oskar Panizza geschaffen. Seine burleske Tragödie Das Liebeskonzil ist Ulrich von Hutten gewidmet.

In Berlin erinnert die Huttenstraße im Moabiter „Reformatorenviertel“ an den großen Humanisten, im Rostocker Stadtteil Reutershagen gibt es eine Ulrich-von-Hutten-Straße, in Wien ist die Huttengasse im 14. und 16. Bezirk nach ihm benannt und in der Walhalla in Donaustauf ist zu seinem Andenken eine Büste ausgestellt.

Den wohl umfangreichsten Bibliotheksbestand in Deutschland der Hutten-Sammlung nennt die Hochschul- und Landesbibliothek Fulda ihr Eigen. Die Hutten-Sammlung befindet sich am Standort Heinrich-von-Bibra-Platz.

Nach Ulrich von Hutten sind das Gymnasium der Stadt Schlüchtern (nahe seinem Geburtsort Burg Steckelberg), eine Gesamtschule in Frankfurt (Oder), eine Grund- und eine kooperative Gesamtschule (KGS) in Halle (Saale), eine Regelschule in Erfurt sowie ein anerkanntes Gymnasium im Süden Berlins benannt.

Das Motto der Stanford University von 1891 „Die Luft der Freiheit weht“ stammt aus Huttens Invektiven.[13]


Text: Wikipedia

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