Vorsetzen 35 (Hamburg)

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Germanischer Lloyd

Am 23. Juni 1862 wurde in Hamburg auf Initiative verschiedener Reeder ein Komitee gebildet, das über Fragen der Schiffsklassifikation beraten sollte. Mitglieder dieses Komitees waren folgende Reedereien:

J.C. Godeffroy & Sohn

A.J. Schön & Co.

A.J. Hertz & Söhne

R.M. Sloman

Reklamemarken & Siegelmarken

Verzeichnis der Reklamemarken und Siegelmarken vom Germanischen Lloyd.


Bei einer der Sitzungen erschien erstmals der Name Germanischer Lloyd, vermutlich in Anlehnung an das früher gegründete Lloyd’s Register of Shipping in London. Als erfolgreicher Streiter für eine unabhängige Klasse der Schiffe trat Herr F. Schüler hervor. Er war Schiffbaumeister in Stettin-Grabow und sollte später eine bedeutende Rolle für den Germanischen Lloyd spielen. Daneben war entscheidend das Wirken von Franz Paetow, Vizekonsul in Rostock. Seiner Tätigkeit ist es zu verdanken, dass die Gesellschaft in verhältnismäßig kurzer Zeit eine große Ausdehnung erlangte und sich ein allgemeines Vertrauen erwarb. Von ihm ging schon 1863 der Ruf aus, ein deutsches Klassifikationsinstitut zu begründen, um die bisherige französische Dominanz auf diesem Gebiet abzuschütteln. 1864 entwickelte er in der Broschüre Die Klassificirung von Schiffen, ein Beitrag zum Programm eines deutschen Lloyd zur Klassificirung von Schiffen die dabei zu beachtenden Grundsätze. Er warb auch in Holland und Belgien für die Idee. Anfang 1867 erfolgte eine öffentliche Ankündigung der Gründerversammlung des Germanischen Lloyd. Sie wurde zum 16. März 1867 um 14 Uhr in den großen Saal der Börsenhalle in Hamburg einberufen. Gegründet wurde der Germanische Lloyd am 16. März 1867 in Hamburg als deutsche Klassifikationsgesellschaft, indem Herr August Behn als Vertreter des Gründungskomitees nach eindeutig mehrheitlicher Abstimmung der Gründerversammlung die Statuten unterzeichnete. Die Gründerversammlung wurde von fast 600 Personen besucht. Franz Paetow wurde ins Gründungskomitee gewählt, wo er an den Vorarbeiten mitwirkte. Im Frühling 1868 wurde er vom Verwaltungsrat zum Direktor der neuen Gesellschaft berufen.

Schon im Gründerjahr wurden die ersten Bauvorschriften veröffentlicht, die sich wesentlich von den bisherigen unterschieden. Bisher wurde in Tonnengehalt gemessen; die Messungen des Germanischen Lloyd basierten jedoch auf Länge, Breite und Höhe des Schiffes.

1868 wurde das erste Schiffsregister des Germanischen Lloyd veröffentlicht, das 273 Schiffe umfasste. Nur zwei Jahre später kam das zweite Register mit 735 Schiffen heraus. Aufgrund des schnellen Wachstums war der Germanische Lloyd schon zwei Jahre nach der Gründung in dreizehn deutschen Städten und in über sechzig wichtigen ausländischen Häfen vertreten. 1872, als der Hauptsitz nach Berlin verlegt wurde, umfasste das Register schon 1870 Schiffe, im Jahr 1878 waren es 2353, wovon ca. ein Drittel unter ausländischer Flagge fuhr.

1889 wurde die Genossenschaft in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, da die ursprüngliche Gesellschaftsform sich offenbar nicht zu bewähren schien, und Friedrich Ludwig Middendorf wurde 1890 ihr Technischer Direktor. Da die damalige Reichsregierung aber eine schlagkräftige Institution für diese Aufgaben benötigte, wurde auf Wunsch des Reichsministers des Inneren die Genossenschaft in eine Aktiengesellschaft mit gemeinnützigen Charakter umgewandelt. Wegen seiner Bedeutung für die deutsche Seeschifffahrt wies der Reichskanzler am 17. Januar 1890 erstmals die kaiserlichen Konsulate in den ausländischen Häfen an, die Tätigkeit des Germanischen Lloyd zu unterstützen. Der letzte derartige Erlass wurde vom Auswärtigen Amt an die diplomatischen und konsularischen Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland am 8. April 1969 herausgegeben.

1891 nahm man die Bestimmungen für die Klassifikation und die Besichtigungen von Schiffen und deren Antriebsanlagen auf. Das Register und die Vorschriften wurden ständig überarbeitet, um sie immer auf dem neusten Stand der Technik zu halten. Nachdem 1887 die See-Berufsgenossenschaft (im folgenden See-BG genannt) gegründet wurde, deren Aufgabe es war, Unfallverhütungsvorschriften zu erlassen und deren Einhaltung zu überprüfen, wurde im November 1894 ein Vertrag zwischen der See-BG und dem Germanischen Lloyd abgeschlossen. Der Germanische Lloyd sollte in Zukunft als technischer Berater zur Verfügung stehen. Dieser Vertrag gilt zum größten Teil noch heute.

Die Entwicklung in der Schifffahrt kam schnell voran, und der Germanische Lloyd wuchs stetig. 1914 war bereits 10 Prozent der Welthandelsflotte bei ihm klassifiziert. Dann kam jedoch der Erste Weltkrieg, der dem Germanischen Lloyd große Verluste in der Schiffsklassifikation einbrachte. Viele ausländische Schiffe wechselten die Klasse, da die Hauptverwaltung von der internationalen Schifffahrt abgeschottet war.

Die Regeneration lief langsam an, jedoch konnte schon 1920 das erste Register nach dem Ersten Weltkrieg herausgebracht werden. Mittlerweile konnten die internationalen Beziehungen aufgefrischt bzw. erneuert werden, was unter anderem dadurch zum Ausdruck kam, dass die See-BG und der Germanische Lloyd an den Vorbereitungen für die internationale Freibord-Konferenz mitwirkten.

Der Zweite Weltkrieg versetzte dem Germanischen Lloyd einen noch härteren Schlag als der erste. Viele Verwaltungsgebäude und Büros wurden zerstört, so dass der Lloyd seinen Aufgaben nicht mehr nachkommen konnte. Als kurz vor der Auflösung Proteste von einflussreichen Kräften aus Schifffahrt und Versicherungswesen kamen, wurde ein Zentralbüro in Hamburg eröffnet, so dass die Gesellschaft sich wieder um die Klassifikationsangelegenheiten kümmern konnte. Auf Grund der Wiederaufbauten der Flotten der deutschen Reeder in den 1950er Jahren konnte der Germanische Lloyd sich erholen und die unterbrochenen ausländischen Beziehungen wieder aufnehmen.

Nun beschäftigte er sich, wie eingangs erwähnt, hauptsächlich mit der Überwachung von Neubauten. Es war ihm möglich, eine gute Basis für die kommende Vergrößerung der AG zu schaffen, was auf Grund der starken Vergrößerung der Welthandelsflotte in den Sechzigern letztendlich auch nicht ausblieb. Es folgte eine Ausweitung der Aktivitäten, wie zum Beispiel meerestechnische Bauwerke und Offshore-Geräte, aber auch Anlagenbau. Außerdem wurden weitere große technische Fortschritte in der nun internationalen Organisation erreicht. Sogar die Bundesregierung bedient sich zu ihrer Beratung und teilweise ebenfalls zu ihrer Vertretung in den Arbeitsgruppen der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO) der Mitarbeiter und damit unmittelbar der technischen Kapazität des Germanischen Lloyd. Der Germanische Lloyd ist dadurch eng in die Entwicklung internationaler Schiffssicherheitsvorschriften eingebunden. Im Zuge der internationale Wiedereingliederung stieg der Anteil der ausländischen Flagge auf 50 Prozent Ende der 1970er Jahre. Aufgrund des Fortschritts in der Schiffstechnik war es nötig, wissenschaftliche Berechnungsmethoden zu entwickeln, was der Germanische Lloyd in seinem Haus konsequent durchführte. Forschungsarbeiten wurden auch auf maschinentechnischem Gebiet ausgeführt.

1977 erfolgte ein weiterer Ausbau des Tätigkeitsbereiches mit dem Gebiet Wasserbau (zum Beispiel der Bau von Schleusen) und durch den Einstieg in die Windenergie. Durch die Schiffbaukrise in den 1980er Jahren wurde der Germanische Lloyd hart getroffen, so dass 1987 ein Rückgang von 50 Prozent gegenüber 1985 zu verzeichnen war. Jedoch setzte die Erholung rasch wieder ein, was der breiten Diversifikation zu verdanken war.

In den folgenden Jahren war ein stetiges Umsatzwachstum zu verzeichnen. Es gab jedoch im Jahr 1999 einen Einbruch in der Statistik des Wachstums, was vor allem auf die Asienkrise, der Krise in Russland sowie der Schwäche im Wirtschaftswachstum in Europa zurückzuführen ist.

Jede Sparte der Schifffahrt befand sich in der Mitte 2004 in der Rezession, was einige Verschiebungen und Stornierungen von Neubauten zur Folge hatte. Trotzdem ist der Germanische Lloyd heute nach Anzahl der klassifizierten Schiffe die viertgrößte Klassifikationsgesellschaft der Welt. 28 Prozent der Weltcontainerschiffstonnage fährt mit der Klasse des Germanischen Lloyd, und er hatte die Aufsicht über mehr als 50 Prozent der Containerschiffsneubauten in den vergangenen drei Jahren. Ende Oktober 2005 betrug die Anzahl der Neubauten und der fahrenden Flotte 5800 Schiffe mit 54,3 Mio. BRZ (Bruttoraumzahl).

Auch die Mitarbeiterzahlen sind stetig gestiegen, was ebenso eine Konsequenz des Erfolgs dieser Klassifikationsgesellschaft ist. Insgesamt sind über 3200 Mitarbeiter in 191 Stationen in 78 Ländern auf der ganzen Welt tätig. Unter ihnen sind mehr als 1700 Ingenieure unterschiedlichster Disziplinen (Stand September 2006).

Im Dezember 2006 unterbreitete der Konkurrent Bureau Veritas ein feindliches Übernahmeangebot, das durch die von der Geschäftsleitung und der Belegschaft unterstütztes Kaufangebot des ehemaligen Kaffeeindustriellen Günter Herz überboten wurde, der am 15. Dezember 2006 über 90 Prozent der Aktien übernahm und damit die Unabhängigkeit der Klassifikationsgesellschaft sicherstellte.

Seit Februar 2010 befindet sich der Germanische Lloyd im neuen GL-Hauptgebäude in der Hafencity (Brooktorkai 18, 20457 Hamburg).

Am 20. Dezember 2012 wurde bekannt gegeben, dass der Germanische Lloyd eine Fusion mit Det Norske Veritas (DNV), einem seiner Konkurrenten auf dem Gebiet der Schiffsklassifikation, anstrebt. Der neue Konzern soll DNV GL Group heißen. Die in Norwegen ansässige DNV-Stiftung soll in Zukunft 63,5 % der Anteile an der DNV GL Group halten, die Investmentgesellschaft Mayfair um Günter Herz 36,5 %.

Zum 12. September 2013 wurde die Fusion des Germanischen Lloyd mit Det Norske Veritas wirksam. Die Wettbewerbshüter der vier erforderlichen Gerichtszuständigkeiten (Südkorea, USA, EU/Norwegen und China) hatten dieser Fusion zugestimmt.



Text: Wikipedia

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