WMF

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Die WMF Group GmbH (vormals WMF AG, für Württembergische Metallwarenfabrik) ist ein ehemals börsennotierter Hersteller von Haushalts-, Gastronomie- und Hotelleriewaren, der 1853 von Daniel Straub und den Gebrüdern Schweizer gegründet wurde. 1880 entstand durch die Fusion mit Ritter & Co. die Württembergische Metallwarenfabrik AG. Der Sitz des Unternehmens ist Geislingen an der Steige.

Reklamemarken

Verzeichnis der Reklamemarken und Siegelmarken von WMF.

Geschichte

Gründung

Das Unternehmen ist aus der Metallwarenfabrik „Straub & Schweizer“ hervorgegangen, welche 1853 vom Geislinger Müller Daniel Straub gemeinsam mit den Brüdern und gelernten Metalldrückern Louis und Friedrich Schweizer in Geislingen an der Steige gegründet wurde. Dies war bereits die zweite industrielle Gründung von Straub, denn aus einer Reparaturwerkstätte, die er im Zusammenhang mit dem Bau der Geislinger Steige gegründet hatte, ging 1850 die „Maschinenfabrik Geislingen“ hervor, die vor allem Mühlenturbinen herstellte und in ganz Europa vertrieb. Ab 1862 arbeitete Gottlieb Daimler für etwa drei Jahre als Konstrukteur für die Metallwarenfabrik Straub & Schweizer. Nach dem Ausscheiden der Brüder Schweizer wurde die Fabrik 1866 in „Straub & Sohn“ umbenannt. Die erste Filiale entstand aus dem in Berlin ansässigen Musterlager.

1880 schloss sich das Unternehmen auf Anraten der Württembergischen Vereinsbank um Kilian von Steiner mit der damals finanziell geschwächten, aber fortschrittlicheren Metallwarenfabrik „Ritter & Co“, Esslingen am Neckar, zur „Württembergischen Metallwarenfabrik“ in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft zusammen. Die WMF war gegründet und ging am 9. September 1887 an die Stuttgarter Börse. Die Württembergische Vereinsbank wurde Mehrheitsaktionär des neuen Unternehmens, gab diese Mehrheit allerdings bereits 1882 an den Stuttgarter Fabrikanten und Politiker Gustav Siegle ab. Die Nachkommen der Familie Siegle blieben in der Folge fast 100 Jahre lang, bis zum Verkauf ihrer Anteile im Jahr 1980, Mehrheitsaktionäre bei der WMF.[4]

1881 hatte das Unternehmen eine Betriebskrankenkasse mit Zwangsmitgliedschaft und überdurchschnittlichen Leistungen für ihre Mitarbeiter gegründet. Eine eigene Betriebssparkasse folgte 1883, ein Jugendheim 1907. 1887 gründete das Unternehmen für seine Mitarbeiter zudem den WMF-Wohlfahrtsverein, der verschiedene soziale Leistungen kostenlos oder zu günstigen Preisen anbot.

20. Jahrhundert

Im Jahr 1900 beschäftigte WMF bereits 3000 Mitarbeiter. 1912 baute das Unternehmen – in Zeiten steigender Fleischpreise – für die Abgabe von Fisch zum Selbstkostenpreis an die Mitarbeiter in Geislingen eine eigene Halle, die sogenannte Fischhalle.[5] Diese Halle besteht unter diesem Namen bis heute und beherbergt seit den 1970er-Jahren den Fabrikverkauf des Unternehmens. In den 1920er-Jahren wurden Produkte des designorientierten Projekts Neues Frankfurt hergestellt.

Im Februar 1944 wurde für das Unternehmen das KZ-Außenlager Geislingen/Steige des KZ Natzweiler-Struthof eingerichtet, als abgetrennter Teil des bereits bestehenden Fremdarbeitslagers für Zwangsarbeit in der Heidenheimer Straße mit einer Fläche von 10.000 Quadratmeter. Die ersten Häftlinge für das KZ-Lager, etwa 700 jüdische Frauen, trafen am 28. Juli ein und mussten ab dem 16. August für WMF Zwangsarbeit verrichten. Mindestens zwölf sind im KZ-Lager aus nicht genau ermittelbaren Gründen verstorben. Kranke, schwerer verletzte oder schwangere Frauen wurden in das KZ Auschwitz transportiert, nach dessen Auflösung auch ins KZ Bergen-Belsen. Im März 1945 bemühten sich Aufsichtsrat und Vorstand der WMF um Auflösung des Lagers, bevor die US-Truppen die Gegend erreichten. Ab Ende dieses Monats arbeiteten die Häftlinge nicht mehr für die WMF; im April 1945 wurden die Insassen Richtung KZ Dachau „evakuiert“. Im März 1944 erweiterte WMF sein Barackenlager an der Heidenheimer Straße ein zweites Mal, um zusätzliche 400 „Ostarbeiter“ unterbringen zu können, im November ein drittes Mal. Hunger und Krankheiten waren die Regel. Die gemeldeten Gräber von 24 Polen und 41 Russen sind unauffindbar.[6]

1950 beschäftigte das Unternehmen wieder 3000 Mitarbeiter; Mitte der 1960er-Jahre waren es 6000 Beschäftigte. In den 1950er- und 1960er-Jahren erarbeitete sich die WMF in privaten Haushalten durch die schlicht-funktionalen Entwürfe des Bauhaus-Schülers und Produktdesigners Wilhelm Wagenfeld einen Ruf als Produzent schöner und langlebiger Haushaltswaren, der bis heute anhält.

Ein erfolgreicher Geschäftsbereich ist seit Beginn der 1960er-Jahre die Produktion hochwertiger Kaffeemaschinen für den Gastronomiebereich. Anfang 2006 übernahm das Unternehmen den Schweizer Kaffeemaschinen-Hersteller M. Schaerer AG und baute damit seine Marktstellung in diesem Bereich aus.

1980 wurden die WMF-Anteile der Familie Siegle von der Rheinmetall Berlin AG aus Diversifikationsgründen gekauft.[7] Aufgrund von Kartellvorwürfen wurde die WMF jedoch 1985 für 60 Millionen Mark an den Wiesbadener Investor Wolfgang Schuppli und dessen Helvetic-Gruppe abgetreten. Schuppli wird zugutegehalten, dass er die unter der Führung von Rheinmetall etwas angestaubte Marke WMF innerhalb von wenigen Jahren – unter anderem durch den Austausch des Vorstands, den Ausbau der Markentochtergesellschaften (siehe Abschnitt Marken im Konzern) und die Zusammenarbeit mit internationalen Industriedesignern – erfolgreich sanierte.[8] Ein weiterer Großaktionär durch Erwerb von Siegle-Anteilen war die Deutsche Bank. Schuppli verkaufte 1994 weitere Teile seiner WMF-Aktien an die Deutsche Bank, die Munich Re und die Württembergische Versicherung. Die vier Großaktionäre waren in Folge über einen Poolvertrag verbunden.[9]

21. Jahrhundert

Im April 2006 beteiligte sich die österreichische Fiba-Gruppe durch den Erwerb von Schuppli-Anteilen mit 20 % der Anteile an der WMF und erhöhte ihre Beteiligung im September 2006 auf fast 37 %.[10] Die Helvetic-Gruppe verringerte ihre Beteiligung auf knapp 16 %.[11]

Mitte 2006 erwarb die Schweizer Beteiligungsgesellschaft Capvis über ihre Tochtergesellschaft Crystal Capital von den bisherigen Anteilseignern (Deutsche Bank, Munich Re/Larus und Württembergische Lebensversicherung, allesamt mit je ca. 17 % der Anteile) für 92 Millionen Euro[12] überraschend 52 % der Stammaktien und damit ca. 35 % der Gesamtanteile an der WMF.[13][14]

Bis Anfang 2012 lagen die Stimmrechtsanteile von Crystal Capital bei 52 % und von FIBA bei 37 %. Im Juli 2012 übernahm die US-amerikanische Beteiligungsgesellschaft Kohlberg Kravis Roberts & Co. (KKR) die Anteile von Crystal Capital/Capvis für mehr als 238 Millionen Euro.[15] Durch den weiteren Zukauf u. a. von 12 % Anteilen der Fiba[16] erhöhte sich der Anteil an den Stammaktien auf 71,6 % (49,7 % am Gesamtkapital). Im Zuge dessen wurde bekannt, dass Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder der WMF mit insgesamt knapp 15 % an Capvis beteiligt waren,[17] was nach Ansicht von Fiba-Eigentümer Andreas Weißenbacher 2006 für den Verkauf an Capvis ausschlaggebend gewesen sein soll.[18]

Rohbestecke werden seit Juli 2010 aus dem etwa zehn Jahre zuvor gegründeten Werk im chinesischen Heshan bezogen.[19] Im Frühjahr 2013 veräußerte der Konzern die Marken Princess und Petra des Geschäftsbereiches Elektrokleingeräte, um sich auf das Premiumsegment mit der Marke WMF zu fokussieren.[20]

Im August 2013 löste Peter Feld Thorsten Klapproth als Vorstandsvorsitzenden ab, der diese Position zehn Jahre innehatte.[21] Feld gab im April 2014 bekannt, dass im Konzern rund 400 Arbeitsplätze abgebaut und zirka 50 Filialen geschlossen werden sollen. Der Exportanteil soll von derzeit 46 % auf etwa 80 % erhöht werden und damit zur Expansion beitragen.[22] Der Umsatz der WMF belief sich zum 30. September 2014 auf 718,4 Mio Euro.[23] Im März 2015 wurde die WMF von der Börse genommen und die Notierung der Stamm- und Vorzugsaktien eingestellt; das Unternehmen wurde kurz später in eine GmbH umgewandelt.

Im Mai 2016 übernahm die französische Groupe SEB WMF von KKR für mehr als 1,5 Milliarden Euro.[24]

Marken und Sortiment

Die WMF-Gruppe ist unterteilt in drei Geschäftsbereiche: Globales Kaffeemaschinengeschäft (Umsatz: 348,8 Mio. Euro), Globales Hotelgeschäft (Umsatz: 78,6 Mio. Euro) und Globales Konsumgeschäft mit Tisch & Küche, Filialen und Elektrokleingeräten (Umsatz: 594,0 Mio. Euro). Stand der Umsätze ist der 31. Dezember 2014[23] In diesen Segmenten werden in jeweils unterschiedlichem Umfang die verschiedenen WMF-Marken angeboten.

Die Hauptmarke WMF ist in allen drei Bereichen vertreten. Silit, ein Hersteller von Kochtöpfen, ist seit der Gründung der Marke im Jahr 1920 eine Tochter von WMF, wobei Silit als eigenständige Marke in den Filialen und im Bereich Tisch und Küche und damit auch im Einzelhandel geführt wird. Ebenso ist die Marke Kaiser Backformen der Unternehmensgruppe zugeordnet. Die Marke Alfi (Isolierkannen) wurde 2014 an das US-amerikanische Unternehmen Thermos verkauft.[25]

Seit Juli 2015 erscheinen nach und nach alle WMF-Filialen in neuem Design, das neue PoS-Konzept zeigt einen gemeinsamen Auftritt der Marken WMF, Silit und Kaiser Backformen, die in den verschiedenen Themenbereichen Vorbereiten, Kochen, Essen, Trinken und Backen präsentiert werden. Zudem wird in den WMF-Filialen seit Anfang der 2000er Jahre die home-Linie mit Zukaufsware aus asiatischer Produktion zu günstigeren Preisen angeboten.

2008 wurde die Firma Petra-electric in Burgau erworben, die Elektrokleingeräte herstellt und mit den Marken WMF, nova und Princess die Sparte Elektrokleingeräte innehatte. Im Mai 2013 gab der Konzern bekannt, dass der Geschäftsbereich Elektrokleingeräte die Marken Princess und Petra veräußert habe.[20] Für das Segment Hotel bestehen neben der Hauptmarke WMF die Marken Boehringer Gastro Profi und Hepp. Die Firma M. Schaerer AG in der Schweiz, die rund 93 Mio. Euro mit Kaffeeautomaten umsetzt, ist im Bereich Kaffeemaschinen ebenfalls eine 100%ige Tochter der WMF AG. Zudem gibt es eine Beteiligung mit 24,9 % an der BHS tabletop AG, die hochwertige Porzellanmarken wie Bauscher, Tafelstern professional porcelain und Schönwald unter einem Dach vereint.

Eine der bekanntesten Marken der WMF ist seit 1927 Cromargan bzw. in seiner Weiterentwicklung Cromargan protect,[26] ein rostfreier, säureresistenter Edelstahl mit 18 % Chrom und 10 % Nickel. Dieser neue Edelstahl wurde 1912 von Krupp entwickelt. Der Name ist eine Zusammenbildung von „Crom“ (wegen des besonders hohen Chromanteils) und „Argan“ (weil der Stahl ein silberähnliches Aussehen besitzt).[27] Chrom macht das Material rostfrei, Nickel macht es säurefest und verleiht ihm Glanz. Cromargan wird überwiegend für Bestecke und Küchengeräte verwendet.

Weniger bekannt ist Ikora, eine von WMF in den 1920er Jahren entwickelte Oberflächenveredelung für Metall- und Glasgegenstände, die den Ruf von WMF-Produkten als kunstgewerbliche Gebrauchsgegenstände begründete.


Text: Wikipedia

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