Weißensee (Thüringen)

Aus veikkos-archiv
Wechseln zu: Navigation, Suche

Weißensee ist eine Stadt im Landkreis Sömmerda in Thüringen.

Reklamemarken und Siegelmarken

Verzeichnis der sortierten Reklamemarken und Siegelmarken mit einem Bezug zu Weißensee.

Geschichte

Die Entwicklung Weißensees vom Mittelalter bis 1933

Die Errichtung einer landgräflichen Burg am Westrand der heutigen Stadt kann als Keimzelle der städtischen Entwicklung betrachtet werden. Es gibt keine archäologischen Funde oder historischen Quellen, die eine vorangehende Besiedlung an diesem Ort belegen. Die heutige Runneburg war die Hauptburg und die heutige Altstadt Weißensees kann als Vorburg bezeichnet werden. Letztere erhielt erst nach dem Aussterben der Landgrafen von Thüringen eigene städtische Rechte, während die Hauptburg in landesherrlichem Besitz blieb. Ab 1168 ließ die Ländgräfin Jutta Claricia von Thüringen, eine Halbschwester von Kaiser Friedrich Barbarossa, die Burg in Weißensee zu einer Residenz der Landgrafen von Thüringen ausbauen. Erstmals wurde der Ort und die Burg als „Wyssense“ 1174 in einer Urkunde von Landgraf Ludwig III., dem Frommen von Thüringen erwähnt. In den Blickpunkt deutscher Geschichte geriet Weißensee 1180, als Heinrich der Löwe in der Schlacht bei Weißensee den thüringischen Landgrafen Ludwig III. und seine Ritter besiegte. In diesem Zeitraum besaß Weißensee auch schon eine Münzstätte.[4] Nach dem hessisch-thüringischen Erbfolgekrieg fielen die thüringischen Landesteile und somit auch Weißensee an Markgraf Heinrich III. von Meißen. 1198 wurde das Markt- und 1265 das Stadtrecht verliehen. Die Wettiner Markgrafen weilten häufig und regelmäßig auf der Burg und in der Stadt. 1382 kam Weißensee wieder in den Besitz der Thüringer. Im Mai 1440 starb der letzte Landgraf von Thüringen, Friedrich IV., der Friedfertige auf der Burg zu Weißensee, die danach in den Besitz der Herzöge von Sachsen kam. Bei der Leipziger Teilung 1485 kamen die Stadt, die Burg und das Amt Weißensee an die albertinische Linie der Wettiner. Während des Bauernkrieges wurde 1525 den aufständischen Bauern der Einlass in die Stadt und die Burg verweigert. Von 1656 bis 1746 gehörten Weißensee mit der Burg und das gleichnamige Amt zum Herzogtum Sachsen-Weißenfels. In dieser Zeit, als die eigentliche landgräfliche Geschichte von Burg und Stadt vergessen war, wurde zum ersten Mal in Akten der Verlegenheitsname „Runneburg“ (runde Burg) verwendet.

Nach dem Wiener Kongress kamen Stadt und Burg 1815 an das Königreich Preußen. Die Stadt wurde Verwaltungssitz für den preußischen Landkreis Weißensee im Regierungsbezirk Erfurt der Provinz Sachsen.

Die früher in der Umgebung existierenden Seen (Ober- und Niedersee) spielten eine große Rolle für den Adel und den Ort. Sowohl im Nieder- als auch im Obersee fand jährlich im Herbst alle 14 Tage der Entenfang gemeinsam mit den Bürgern statt. Als der Entenfang nicht mehr rentabel war, legte der Herzog 1709 den Obersee trocken. 1788 bis 1796 wurde auch der Niedersee in Ackerland umgewandelt. Auf Grund der guten Fruchtbarkeit der so gewonnenen Flächen konnten gute landwirtschaftliche Erträge erzielt werden.[5]

1434 wurde in der damaligen Landgrafenstadt eine Statuta thaberna (Wirtshausgesetz) genannten Verordnung verfasst. Deren zwölfter Artikel legte unter anderem fest, dass zum Brauen lediglich Hopfen, Malz und Wasser zu verwenden sind. Für den Fall der Zuwiderhandlung werden zwei Mark Strafe und ein vierwöchiges Verbot, die Stadt zu betreten, angedroht. Aufgrund seiner Ähnlichkeit zum späteren bayerischen Reinheitsgebot wird dieses Schriftstück auch als Weißenseer Reinheitsgebot bezeichnet. Es wurde 1998 bei den Vorbereitungen für den 800. Jahrestag des Weißenseer Marktrechts im historischen Teil des Stadtarchivs gefunden.

Weißensee in der Zeit des Nationalsozialismus

Widerstand und Naziterror Nach Machtantritt der Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei waren 1933 noch ein Abgeordneter der Sozialdemokratische Partei Deutschlands und ein Abgeordneter der Kommunistische Partei Deutschlands im Stadtrat Weißensees vertreten. Im Frühjahr 1933 wurde jedoch der Sozialdemokrat Hartnick als auch der Kommunist Müller zur Niederlegung ihrer Mandate gezwungen.

Das Oberlandesgericht Kassel verurteilte im April 1935 Otto Ackermann und Erich Krause zu Gefängnisstrafen von 21 und 18 Monaten, weil sie "gleiche Ziele wie die KPD verfolgten, den Sturz der Verfassung und die Errichtung des Proletariats auf gewalttätigem Weg unterstützten."[6]

Konzentrationslager und Zwangsarbeit

Ab Oktober 1939 diente das Gasthaus "Salon", heute im Besitz der katholischen Kirche, als Nachtunterkunft von Kriegsgefangenen aus dem Stalag XI A Altengrabow. Das Arbeitskommando bestand aus 40 Polen, 1941/42 etwa der gleichen Zahl französischer Kriegsgefangener und ab 1942 80 kroatischen und serbischen Gefangenen, die im Werk Sömmerda der Rheinmetall-Borsig AG entgegen der Genfer Konventionen in der Rüstungsproduktion arbeiten mussten.

Im November 1941 bestimmte der Stadtrat die Errichtung eines Lagers für russische Kriegsgefangene in der alten Abdeckerei. Im Sommer 1942 wurde in der Fischerstraße 9 eine Wohnung für die Wachmannschaft des Kriegsgefangenenlagers eingerichtet.

Im "Schützenhaus" richtete die Stadtverwaltung 1941 ein "Gemeinschaftslager" ein, das mit 345 ausländischen Zwangsarbeitern aus acht Ländern belegt war. In der Gaststätte "Erholung" bestand 1942/43 ein Lager für 40 Zwangsarbeiter aus den Niederlanden, und auf dem Gelände der alten Zollstation Michelshöhe entstanden drei weitere Lager. In der Landwirtschaft waren das Stadtgut Lutherborn und das Gut Weißenburg Arbeitsstellen für ausländische Arbeitskräfte. Es ist bekannt, dass drei polnische Frauen im Stadtgut Lutherborn zum Schwangerschaftsabbruch gezwungen wurden. Die polnische Zwangsarbeiterin Leokadia Wezalowska (Jg. 1925) wurde 1944 zu acht Wochen "Erziehungshaft" verurteilt. Nach der Verbüßung kehrte sie auf das Gut Weißenburg zurück.

"Polenunterkünfte" waren unter anderem in: Halbestraße 4; Landgräfin Jutta Straße 10, 38, 49 und 68; Seestraße 1 und 21; Alter Markt; Nikolaiplatz 9 und 11; Burgstraße 13, 14, 15, 18 und 26; Schreberplatz 6; Mühlbergstraße 7; Bergstraße 3 und Johannesstraße 13.

Weiterhin gab es Zwangsarbeiter in Scherndorf, Waltersdorf und Ottenhausen.[6]

Judenverfolgungen und Zwangssterilisierungen

In Weißensee kam es zu dem Transport der jüdischen Jenny Viol, geboren am 6. Februar 1906, die am 31. Januar 1945 aus ihrer Wohnung geholt wurde und mit dem Transport XVI/5, welcher am 2. Februar 1945 Leipzig verließ, in das KZ Theresienstadt gebracht. Sie überlebte und kehrte nach Weißensee zurück.[7]

Nach den Gesundheitsämtern und deren Berichten aus den Jahren 1937 bis 1944 liegt vor, dass um ehemaligen Kreis Weißensee 181 Personen (77 Männer und 104 Frauen) zur Zwangssterilisierung in das Krankenhaus nach Erfurt gebracht wurden. In Weißensee und den Ortsteilen Waltersdorf und Scherndorf waren sechs Personen Opfer der Zwangssterilisierungen.[6]

Judenpogrom Im März 1303 wurde ein Weißenseer Knabe im Alter zwischen 14 und 16 Jahren namens Conrad in einem Weinberg aufgefunden, erhängt an seinem Gürtel. Daraufhin verbreitete sich das Gerücht von einem Ritualmord, für dessen Ausübung nur Juden als Täter in Frage kämen. In den folgenden Wochen wurden 145 jüdische Männer, Frauen und Kinder aus Weißensee und umliegenden Städten auf der Runneburg zusammengetrieben und schließlich auf höchste Anweisung verbrannt. Conrad bekam ein Grab in der Stadtkirche, das schließlich zu einer Wallfahrtsstätte wurde. 711 Jahre später, im April 2014, gedachten Vertreter des Staates, der evangelischen Kirche und der Jüdischen Landesgemeinde der Toten.[8]


Text: Wikipedia

Liste der Autoren

Der Text ist unter der Lizenz „Creative Commons Attribution/Share Alike“ verfügbar; zusätzliche Bedingungen können anwendbar sein. Einzelheiten sind in den Nutzungsbedingungen von Wikipedia beschrieben.