Weißer Hirsch

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Der Weißer Hirsch ist ein Stadtteil von Dresden.

Reklamemarken und Siegelmarken

Katalog der Reklamemarken und Siegelmarken mit einem Bezug zum Weißer Hirsch.

Lahmann-Sanatorium

Geschichte

Vom Gasthaus zur Guts- und Landgemeinde

Erstmals erwähnt wurde das Gebiet des heutigen Weißen Hirschs im Zusammenhang mit den Mönchen des Altendresdner Augustinerklosters, die 1420 vom späteren Kurfürst Friedrich I. ein Stück Wald zum Holzschlagen erhielten. Es lag südlich der heutigen Bautzner Landstraße. Noch heute trägt ein Teil des Ortes den Namen „Mönchsholz“. Bautzner Landstraße auf dem Weißen Hirsch mit dem zweiten Gasthof Weißer Hirsch (l.) gegen Ende des 19. Jahrhunderts

Oberküchenmeister Georg Ernst von Dölau erwarb 1664 an der alten Bautzner Poststraße ein Weinbergsgrundstück, auf dem er ein Winzerhaus erbaute. Die Gast- und Schankprivilegien erhielt er jedoch nicht.[1] Im Jahr 1685 kaufte der kurfürstliche Kapellmeister Christoph Bernhard den Weinberg und errichtete in dem Winzerhaus eine Schänke, die 1688 das Schankrecht erhielt. Sie wurde nach ihrer Lage nahe der Heide „Zum Weißen Hirsch“ genannt und gab schließlich dem gesamten Stadtteil seinen Namen. Der wirtschaftlich erfolgreichen Schänke wurde im Jahr 1726 der Status „kanzleischriftsässiges Gut“ verliehen, verbunden mit einigen Privilegien.

Das Gut wechselte die Besitzer und Pächter und wurde unter Oberlandweinmeister Heinrich Roos erneuert. Im 18. Jahrhundert entwickelte sich um das Gut eine kleine Gemeinde von Obst- und Gemüsebauern, die auch als Winzer tätig wurden. Die Truppendurchmärsche gen Osten während des Siebenjährigen Krieges in der Mitte des 18. Jahrhunderts setzten der Gemeinde zu, doch die Lage an der Verbindungsstraße bewirkte, dass das Überleben des Gutes nie ernsthaft in Frage gestellt war. Im Jahr 1838 wurde der Weiße Hirsch in eine freie Landgemeinde umgewandelt.

Der Dresdner Vorort wurde wie auch die nahegelegenen Dörfer am Ufer der Elbe zunehmend von den Städtern als Ausflugsziel und später verstärkt als Daueraufenthalt für den gesamten Sommer aufgesucht. Im Jahr 1867 errichtete Theodor Lehnert im Nordwesten der Ortsflur Weißer Hirsch am Waldrand ein luxuriöses Bad für kränkelnde Menschen, das er nach seiner Tochter Frida „Fridabad“ nannte. Die Gäste verbanden ihre Sommerfrische nun gern mit einer Badekur – der Grundstein für die Entwicklung des Ortes zum Kurort war gelegt.

Die Entwicklung zum Kur- und Villenort

Der Seifenfabrikant Ludwig Küntzelmann kaufte 1872 das alte Gut „Weißer Hirsch“ und teilte die Gutsfelder in Parzellen auf, auf denen „eine Colonie der Villen und Sommerfrischen“ entstand. Die ihm genehmigte Bauordnung „verbot gewerbliche Anlagen mit Dampfmaschinenbetrieb sowie alle rauch- und lärmbelästigenden Einrichtungen.“[2] Zudem durften die Gebäude nur im Villenstil und maximal dreigeschossig errichtet werden. Zwischen einzelnen Gebäude war ein Mindestabstand vorgeschrieben. Auf Küntzelmanns Gesuch an das Innenministerium erhielt der Weiße Hirsch im Jahr 1875 den Namenszusatz „klimatischer Kurort“. Mithilfe des 1876 gegründeten „Verschönerungsvereins Weißer Hirsch/Oberloschwitz“ wurden Bäume gepflanzt, Wege angelegt, Ruhebänke aufgestellt und ein Kinderspielplatz angelegt. Bis zum Jahr 1882 entstand so mit dem „Waldpark“ eine Stütze des Kurbetriebs.

Die weitere Entwicklung vom „Weißen Hirsch“ hin zu einem Kurort von europäischem Rang wurde wesentlich durch den Arzt Heinrich Lahmann geprägt. 1887 pachtete er das in Konkurs gegangene Fridabad und eröffnete es im Folgejahr als Sanatorium unter dem Namen „Dr. Lahmanns physiatrisches Sanatorium“ neu. Lahmann baute seine Behandlungen auf damals neuen, modernen Naturheilverfahren auf und forschte selbst auf diesem Gebiet. Er mietete 15 Villen in der nahen Umgebung des Sanatoriums, die als Gästeunterkunft dienten. Innerhalb weniger Jahre hatte Lahmanns Sanatorium Weltruhm erreicht und wurde jährlich von bis zu 7000 wohlhabenden Patienten aufgesucht. Lahmanns Vorbild folgten weitere Mediziner wie Heinrich Teuscher und Max Steinkühler, die auf dem „Weißen Hirsch“ eigene Privatsanatorien errichteten.[3]

Mit dem Bau zahlreicher Villen und der Ansiedlung vieler Geschäfte und Cafés entwickelte sich der „Weiße Hirsch“ zunehmend zu einer gehobenen Wohngegend und wurde wie das angrenzende Loschwitz ein bevorzugter Wohnort von Wissenschaftlern, Künstlern, Fabrikanten und hohen Beamten. Ab 1897 war der „Weiße Hirsch“ eine eigenständige Kirchgemeinde und im Jahr 1898 der Waldfriedhof angelegt. Im Jahr 1899 wurde der „Weiße Hirsch“ mit der Linie Waldschlößchen–Bühlau an das Dresdner Straßenbahnnetz angebunden. Der Erste Weltkrieg führte zu einem vorläufigen Ende des Kurortes „Weißer Hirsch“. In Lahmanns Sanatorium wurde 1914 ein Lazarett eingerichtet und erst 1919 wieder aufgelöst. Neben dem Sanatorium hatte Jacques Bettenhausen das „Parkhotel Weißer Hirsch“[4] erbauen lassen und im Dezember 1914 eröffnet. Ab den 20er Jahren fanden in der kurz als „Parkhotel“ bezeichneten Lokalität auch Vergnügungsveranstatungen statt. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde der Kurbetrieb auf dem „Weißen Hirsch“ eingestellt und das Parkhotel zur Unterbringung von Wehrmachtsangehörigen verwendet.[5]

Der Weiße Hirsch von 1918 bis 1933

Am 7. Januar 1921 wurde der Weiße Hirsch nach Dresden zwangseingemeindet und erhielt die Bezeichnung „Kurort Weißer Hirsch-Dresden“. Der Kurbetrieb war bis 1919 fast zum Erliegen gekommen. Die Nachkriegszeit und Inflation erschwerten die Wiederaufnahme der alten Traditionen und Gepflogenheiten. Der zunehmende Verkehr auf der Verbindungsstraße nach Bautzen wurde zum Problem und auch das Natur- und Lebensgefühl der Städter war nicht mehr in demselben Maße vorhanden. Man suchte nach neuen Anreizen und fand sie zunächst im Heilwasser. Bereits 1884 hatte man die auf der Ortsflur liegende Degele-Quelle und die Schwesternquelle erschlossen und als Oster- und Trinkwasser genutzt. Erste Probebohrungen und Untersuchungen in der Dresdner Heide fielen positiv aus, doch die 1926 gegründete Moorbad AG ging bankrott, da nicht genügend Aktionäre gefunden wurden, um die Pläne zu verwirklichen. Es blieb das Wasser der Weiße Hirsch – Heilquelle, das ab August 1928 auf dem Konzertplatz in einem Trinkhäuschen gereicht wurde. Im Jahr 1930 wurde das Luft- und Schwimmbad in Bühlau fertiggestellt und 1932 der Golfplatz in der Dresdner Heide erstmals bespielt. Der Kurbetrieb erlebte einen neuen Aufschwung und es waren nun überwiegend Künstler, die es auf den Weißen Hirsch zog.

Zeit des Nationalsozialismus

Nach dem Erlass der Nürnberger Rassengesetze ließ der Besuch ausländischer Kurgäste stark nach. Wie überall gab es starke Einschränkungen für jüdische Kurgäste. Sie durften nur in jüdischen Pensionen wohnen, waren von Veranstaltungen sowie der Nutzung von Luftbad und Lesehalle ausgeschlossen. Schilder mit der Aufschrift „Juden unerwünscht“ nahmen zu.

Am 31. Januar 1938 fand im benachbarten Oberloschwitz im Gasthof „Weißer Adler“, bis dahin bekannt für exklusive Tanzveranstaltungen, eine Massenkundgebung mit über 2000 Funktionären und Mitgliedern der NSDAP zur „umfassenden Abrechnung mit dem Judentum“ statt. Gleichzeitig gab Gauleiter Martin Mutschmann drastische Maßnahmen bekannt, die der Vertreibung der jüdischen Kurgäste vom Weißen Hirsch dienten. Ziel war es, das „Bad zu einer durch hebräische Anmaßung nicht mehr gestörten Erholungsstätte“ zu machen. Nach dem 9. November 1938 verloren sich die Spuren jüdischer Hotel-, Fremdenheim- und Pensionsbesitzer, und an der Mordgrundbrücke verkündete ein Schild: „Der Weiße Hirsch ist judenfrei“.

Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs kam der Kurbetrieb erneut zum Erliegen. Wie schon während des Ersten Weltkrieges wurden die Sanatorien auch ab 1940 vorwiegend als Lazarette genutzt, nach der Bombardierung Dresdens am 13. Februar 1945 auch als Auffanglager und Versorgungsstelle für Flüchtlinge.

Der Weiße Hirsch von 1945 bis heute

Ein Sanatoriumsbetrieb war nach Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr möglich. Im Jahr 1945 wurden viele Villenbesitzer enteignet und die Villen in Volkseigentum überführt und als Wohnraum für Ausgebombte und Heimatvertriebene zur Verfügung gestellt. Die großen Wohnungen in den Villen und ehemaligen Pensionen wurden dabei oftmals mit 4 bis 5 Mietparteien belegt. Das Lahmannsche Sanatorium war bis zum Abzug der russischen Streitkräfte aus Deutschland 1993 Lazarett der Sowjetarmee, in anderen Sanatorien und Villen waren Kinderheime oder Lehrlingswohnheime untergebracht. Da die Häuser Volkseigentum und die Mieten dementsprechend niedrig waren, war für die Instandhaltung der anfänglich noch intakten Bauten weder Geld noch Material vorhanden. Die Bautzner Landstraße entwickelte sich mit den Jahren zu einer stark frequentierten Fernverkehrsstraße. Seine Anziehungskraft als Wohnviertel verlor der Weiße Hirsch dennoch nicht. Viele Künstler und Kulturschaffende, Wissenschaftler, Ärzte aber auch verdiente Staats- und Kulturfunktionäre nahmen bevorzugt in den großbürgerlichen Villen ihren Wohn- oder Alterssitz. Nach der politische Wende (1989) im Osten Deutschlands und der Deutsche Wiedervereinigung (1990) wurden viele Villen an die Alteigentümer rückübertragen[6] und in der Folgezeit von ihnen saniert und modernisiert. Einige Gebäude blieben jedoch auch nach 1989 ungenutzt und verfielen, darunter das unter Denkmalschutz stehende Lahmannsche Sanatorium. Das Areal wurde erst 2011 verkauft, ab 2013 saniert und als Dr. Lahmann Park mit luxuriösen Wohnungen vermarktet; ein prominenter Bewohner ist seit April 2015 der ehemalige sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich.[7]

Im Jahr 1955 gründete der Naturforscher und Erfinder Manfred von Ardenne sein Forschungsinstitut Manfred von Ardenne in Oberloschwitz in unmittelbarer Nachbarschaft zum Weißen Hirsch. Zu dem international renommierten Institut gehörte auch eine Klinik. Es war die einzige private Forschungseinrichtung und einer der größten privatwirtschaftlichen Arbeitgeber in der DDR. Das Institut existierte bis zum Jahr 1990. Für das Institut waren etwa 500 Wissenschaftler, Ärzte, Ingenieure und Mitarbeiter tätig. Die überwiegend anwendungsorientierte Forschung konzentrierte sich vor allem auf die Nutzung von Elektronen- und Ionenstrahlung für wissenschaftliche und technische Zwecke, die Vakuumbedampfung, die Elektronenmikroskopie und andere Bereiche der Biomedizintechnik. Etwa ab der Mitte der 1960er Jahre bildete die Behandlung von Krebserkrankungen den Schwerpunkt der Forschung. Zu den bekanntesten Ergebnissen der Arbeit des Instituts zählten die Eigenentwicklung einer Herz-Lungen-Maschine sowie die Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie bei Krebs. Aus dem Institut entstanden nach 1990 die Firmen Von Ardenne Anlagentechnik GmbH und Von Ardenne Institut für Angewandte Medizinische Forschung GmbH. Darüber hinaus geht auch das Dresdner Fraunhofer-Institut für Elektronenstrahl- und Plasmatechnik auf Arbeitsgruppen des ehemaligen Ardenne-Instituts zurück. Auf dem einstigen Institutsgelände befindet sich heute eine kleine Volkssternwarte, die Sternwarte Manfred von Ardenne.[8]

Auch für Dresdner aus anderen Stadtteilen und Besuchern der Stadt lohnt sich die Fahrt mit der Dresdner Standseilbahn oder mit der Straßenbahn der Linie 11 zum „Weißen Hirsch“. Am Nordrand des Stadtteils, der an das Waldgebiet der Dresdner Heide grenzt, lädt sowohl im Sommer als auch im Winter der Konzertplatz Weißer Hirsch zu einem Besuch ein. Im Winter verwandelt sich der Konzertplatz alljährlich in eine Natureisbahn mit über 1.000 m² Eisfläche. Außerdem kann auf drei Bahnen dort Eisstock gespielt werden – ein kurzweiliges Vergnügen vor allem bei Firmen- und Familienfeiern. Winterliche Leckereien werden von der Konzertplatzküche am Rande der Eisbahn angeboten. In den Sommermonaten dient der Konzertplatz sowohl als Veranstaltungsort und Freilichttheater aber auch als Biergarten, Familienoase, Kinderspielplatz und Event-Location.[9]


Text: Wikipedia

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