Wesel
Die Hansestadt Wesel liegt am unteren Niederrhein und ist die Kreisstadt des Kreises Wesel.
Reklamemarken und Siegelmarken
Verzeichnis der sortierten Reklamemarken und Siegelmarken mit einem Bezug zu Wesel.
Sonstige
Geschichte
Antike
Funde in den Kiesgruben bei Bislich deuten auf eine Besiedlung des Weseler Raums bereits in der Bronze- und Eisenzeit hin. Aufgrund der häufigen Verlagerungen im Flussbett des Rheins sowie der Lippe und der damit verbundenen Überschwemmungen lässt sich die Frühgeschichte Wesels jedoch nur lückenhaft rekonstruieren. Vermutlich wurde ein Wachposten im rechtsrheinischen Gebiet des späteren Wesel errichtet, als sich das Römische Reich im ersten Jahrhundert v. Chr. an den Niederrhein ausdehnte und der Militärplatz von Vetera (auch Vetera Castra) im linksrheinischen Gebiet des späteren Xanten gegründet wurde; belegt werden konnte dies bislang jedoch nicht.
Mittelalter
Die erste nachweisbare Ansiedlung auf heutigem Weseler Stadtgebiet entstand nach der Zeit der Völkerwanderung im Bereich der damaligen Mündung der Lippe in den Rhein der Stützpunkt Lippeham.[6] Von hier aus unternahm Kaiser Karl der Große mehrere Feldzüge gegen Sachsen und Dänen. Die weitere Entwicklung dieser Siedlung ist weitestgehend unbekannt, vermutlich wurde sie jedoch durch Rhein- und Lippehochwasser überschwemmt und in der Folge aufgegeben.
Als Ursprung der heutigen Stadt wird ein fränkischer Gutshof vermutet, der im Bereich des heutigen Kornmarkts lag.[7] Anfang des 8. Jahrhunderts erwähnte eine Urkundenabschrift im Kloster Echternach erstmals den Namen „Wesele“.[8] Bei Ausgrabungen in der Ruine des Willibrordi-Doms nach dem Zweiten Weltkrieg konnte die Existenz einer Fachwerkkirche im 8. Jahrhundert belegt werden.[9] In einer Urkunde vom 1. Mai 1065 bestätigte König Heinrich IV. die Rückgabe der Kirche und des Besitzes der „villa Wisele“ an das Kloster Echternach.[10]
Wesel hatte sich zu Beginn des 12. Jahrhunderts durch die günstige Lage an Rhein und Lippe zu einem Warenumschlagsplatz entwickelt, als es als Mitgift an die Grafen von Kleve fiel. Im September 1241 verlieh ihm dann der Klever Junggraf Dietrich primogenitus die Stadtrechte – ein Jahr vor seinem Herrschaftssitz Kleve.[11] Dabei erhielten die Bürger Wesels eine Reihe von Privilegien, darunter freie Erbschaft und Zollfreiheit an allen landesherrlichen Zollstätten.[12] Bis 1603 wurden durch die Landesherren insgesamt 122 Privilegien für die Stadtbewohner ausgesprochen, womit Wesel die meistprivilegierte Stadt im Land Kleve war.[11]
Während sich der Handel im 13. Jahrhundert auf den An- und Verkauf von Lebensmitteln und Handwerkserzeugnissen beschränkte, führten im 14. Jahrhundert die Weiterverarbeitung eingeführter Rohstoffe und der Export von Fertigwaren zu einem wirtschaftlichen Aufschwung. Insbesondere die Tuchherstellung trug zum Wohlstand der Stadt bei, die 1407 zu einem Mitglied der Hanse wurde. Damit wurde Wesel für Waren aus den Niederlanden und Westfalen zum wichtigsten Stapel- und Umschlagplatz nach Köln. Bereits auf dem Lübecker Hansetag 1447 galt Wesel als einer der fünf Vororte des Kölnischen Hanseviertels.
Der wirtschaftliche Aufschwung zeigt sich insbesondere in den Bauten dieser Zeit, etwa dem von 1456 bis 1457 errichteten Weseler Rathaus, einem der bekanntesten Profanbauten der rheinischen Gotik. Nach Kriegszerstörung wurde 2011 die Fassade zum Großen Markt rekonstruiert. Von 1498 bis 1540 wurde der Willibrordi-Dom als spätgotische Basilika auf fünf Kirchenschiffe erweitert. Der 1478 erbaute Turm wurde aus dem dreischiffigen Vorgängerbau von 1424 bis 1480 übernommen.
Die auf dem feuchten Wiesengelände (Matena) östlich der Altstadt gewachsene Mathena-Vorstadt wurde 1434 ummauert. 1440 begann der Bau der spätgotischen Pfarrkirche St. Nikolaus und Antonius, die um 1500 fertiggestellt war.[13]
Seit 1342 gab es auch eine Lateinschule, die noch heute als Gymnasium besteht. Seit 1984 trägt es den Namen eines seiner bekanntesten Abiturienten, Konrad-Duden-Gymnasium.
Reformation und Neuzeit
Anders als in vielen Städten der Umgebung nahm die Reformation schon früh Einfluss auf Wesel. Zu Ostern 1540 wurde im Willibrordi-Dom das Abendmahl, dem Wunsche der Bürger entsprechend „in beiderlei Gestalt“ an den herzoglichen Richter, die meisten Ratsmitglieder und 1500 Bürger ausgeteilt. Von diesem Tag an galt Wesel als Stadt des Protestantismus, die viele Glaubensflüchtlinge, insbesondere aus den Niederlanden, anzog. 1564 trat die Stadt zur reformierten Konfession über.[14] 1568 organisierten sich die niederländischen Flüchtlingsgemeinden im Weseler Konvent, der erheblichen Einfluss auf die Verfassung der niederländischen und auch deutschen evangelischen Kirchen ausübte. 1578 erhielt die Stadt als Anerkennung durch die Glaubensflüchtlinge zwei Prunkpokale, die als Geusenbecher bekannt sind. Auf ihnen ist der Ehrenname „Vesalia hospitalis“ (etwa gastfreundliches Wesel) eingraviert.
1609 fiel Wesel mit dem Herzogtum Kleve an die Kurfürsten von Brandenburg. Während des Achtzigjährigen Krieges wurde Wesel zunächst von Spaniern besetzt, bis die Stadt 1629 von niederländischen Truppen erobert wurde. Im Holländischen Krieg wurde Wesel 1672 von französischen Truppen erobert, die die Stadt bis 1680 besetzt hielten und ausplünderten.
Unter Kurfürst Friedrich Wilhelm wurde Wesel schließlich zu einer Festung ausgebaut und ein System von Gräben und Bastionen um die Stadt errichtet. Die städtische Ausdehnung wurde auf Altstadt und Mathena-Vorstadt beschränkt, eine Entwicklung über diese Beschränkung hinaus wurde durch die Rayon-Gesetze untersagt. Von den ehemals dreizehn Stadttoren der Hansezeit blieben lediglich vier erhalten. Aus dem 16. bis 19. Jahrhundert stammen eine Reihe von Festungsbauwerken, an denen vornehmlich Preußen und Frankreich gearbeitet haben. Seit 1706 war Jean de Bodt daran beteiligt.[15]
Am 12. August 1730, eine Woche nach seinem gescheiterten Fluchtversuch, begegnete Kronprinz Friedrich von Preußen, der spätere Friedrich der Große, auf Festung Wesel seinem Vater, dem Soldatenkönig, der ihn infolge eines heftigen Wortwechsels umbringen wollte. Nur das Dazwischentreten des Kommandanten, Generalmajor von der Mosel, verhinderte eine Tragödie.[16]
19. Jahrhundert
Im Dezember 1805 trat Preußen Wesel an Napoléon Bonaparte ab (Vertrag von Schönbrunn). Im Januar 1808 wurde die Stadt als rechtsrheinischer Brückenkopf in das Kaiserreich Frankreich eingegliedert und als 9. Kanton dem Arrondissement de Clèves im Département de la Roer zugeordnet. Am 16. September 1809 wurden hier die elf Schillschen Offiziere hingerichtet. 1813/1814 hielt die französische Besatzungsmacht 148 Studenten des Priesterseminars Gent in der Zitadelle gefangen; 35 von ihnen starben.
Preußen erlangte seinen vormaligen Besitz beim Wiener Kongress 1815 zurück. Wesel wurde unter anderem mit der Zitadelle Wesel zur Garnisonstadt ausgebaut, in der bis zum Ersten Weltkrieg Infanterie, Artillerie sowie zuweilen auch Kavallerie und Pioniere stationiert waren. Wegen dieser Rolle als Festungsstadt konnte Wesel trotz günstiger Lage und Infrastruktur wirtschaftlich nicht mit den Städten des Ruhrgebiets konkurrieren. Auch nach der Entfestigung der Stadt ab 1886 gelang kein wirtschaftlicher Anschluss an das Ruhrgebiet. Der Grüngürtel, der die Innenstadt umgibt, wurde auf den ehemaligen Wällen der Festung angelegt (Glacisanlagen).
Am 23. April 1816 wurde Wesel im Zuge der Preußischen Verwaltungsorganisation kreisangehörige Stadt des neugebildeten Kreises Rees in der späteren Rheinprovinz. Der Sitz des Kreises wurde am 20. Mai 1842 von Rees nach Wesel verlegt, wobei der Kreisname erhalten blieb („Kreis Rees, Sitz in Wesel“). Der damalige Landrat wollte eine vernünftige Ausbildung für seinen Sohn, und in Rees gab es kein Jungengymnasium.
1886 wurde die Entfestigung Wesels beschlossen und Schleifungsarbeiten begannen. 1889 erwarb die Stadt Wesel große Teile des Festungsgeländes. Im Bebauungsplan des Kölner Baumeisters Josef Stübben gewann die Stadt so 62 Hektar an Bauland, was die zivil nutzbare Bestandsfläche mehr als verdoppelte. Auch die vorhandenen Kasernen gewannen an Bauland.[17] In den folgenden Jahren wurden drei Stadttore (Brüner Tor, Rheintor und Klever Tor) abgerissen und lediglich das Berliner Tor beibehalten.[18] Auch das Jöckern-Haus wurde abgetragen. Auf dem Gebiet der ehemaligen Festungswälle entstanden Ringstraßen um die Stadt. Die Zitadelle und Esplanade im Süden blieben erhalten.
Zeit der Weltkriege
Während des Ersten Weltkrieges wurde Wesel militärischer Sammelpunkt, von dem aus Truppen an die Westfront zogen. Mit der Entmilitarisierung des Rheinlands als Folge des Versailler Vertrags wurde Wesel nach dem Krieg als Militärstützpunkt aufgegeben.
Teile des Stadtgebietes waren im Rahmen der Alliierten Rheinlandbesetzung besetzt worden. Dies betraf die Brückenköpfe und den Hafenbereich. Die Besetzung wurde im Oktober 1924 – also noch vor der Räumung der 1. Zone der Alliierten Rheinlandbesetzung 1926 – wieder aufgehoben.[19]
Mit Beginn der Aufrüstung der Wehrmacht in der Zeit des Nationalsozialismus wurden erneut Truppen in Wesel stationiert.
Während des Zweiten Weltkrieges geriet Wesel insbesondere wegen seiner strategischen Lage ins Visier der Alliierten. Vom 7. Februar 1945 bis zum 22. Februar 1945 gab es im Raum Kleve die Schlacht im Reichswald. Vorrückende britische Truppen glaubten zu Beginn der Schlacht, innerhalb von drei bis vier Tagen bis zur Linie Xanten-Geldern vordringen zu können; sie waren überrascht, wie stark und erbittert der Widerstand war. Erst nach dieser Schlacht konnten die Alliierten bei Wesel einen Brückenkopf über den Rhein schlagen und an die Eroberung des Ruhrgebiets gehen (siehe Ruhrkessel). Im Zuge dieses Vorrückens wurde Wesel durch alliierte Bombenangriffe und Granatbeschuss am 16., 17. und 19. Februar 1945 fast vollständig zerstört. Die Rhein- und Lippebrücken wurden von Angehörigen der Wehrmacht gesprengt, unter anderem am 10. März die 1950 m lange Eisenbahnbrücke, die zu diesem Zeitpunkt letzte noch in deutscher Hand befindliche Brücke über den Rhein. Am 23. März wurde Wesel zur Vorbereitung der Operation Plunder erneut bombardiert und von über 3.000 Geschützen unter Feuer genommen. 97 Prozent des Stadtgebiets wurden zerstört, die Reste wurden schließlich von alliierten Truppen eingenommen.
Wiederaufbau
Ab Mitte 1946 begann die planmäßige Enttrümmerung der Stadt und der daran anschließende Wiederaufbau, welcher mit Hilfe des neu gegründeten Notstandswerks „Wesel hilft sich selbst“ realisiert wurde. Auch der Aufbau öffentlicher Gebäude wurde vorangetrieben, hervorzuheben ist insbesondere der Wiederaufbau des Willibrordi-Doms durch den Willibrordi-Dombauverein. Mundart
Weseler Platt und die Mundarten der Ortsteile, ebenso wie die Dialekte der angrenzenden Gemeinden, basieren auf den niederfränkischen Sprachen, die zur Zeit der frühmittelalterlichen Expansion der Franken am Niederrhein gesprochen wurden. Die Mundarten zwischen Emmerich und Duisburg/Mülheim-Ruhr werden dem nördlich der Uerdinger Linie gesprochenen Kleverländischen (auch „Nordniederfränkisch“ genannt) zugeordnet. Es ist gekennzeichnet durch die Verwendung von „ek“ für das Personalpronomen „ich“. Südlich dieser Linie, im Limburgischen (auch „Südniederfränkisch“) wird stattdessen „isch“ oder „esch“ anstelle von „ich“ gesprochen. Noch weiter südlich verläuft die Benrather Linie (maake-maache-Unterscheidung), die das Südniederfränkische zum Mittelfränkischen (mit den ripuarischen Dialekten, u. a. Kölsch,) abgrenzt. Östlich von Wesel im Raume Bocholt verläuft außerdem zum Westfälischen hin die Einheitsplurallinie.[20] Obwohl Weseler Platt in Vereinen und Mundartzirkeln gepflegt wird, geht die Zahl der Mundartsprecher ständig zurück. Jüngere Menschen verwenden immer häufiger ein Niederrheinisches Deutsch als Umgangssprache („Regiolekt“).[21]
Gebietsreform
Am 1. Juli 1969 wurden im Zuge des ersten kommunalen Neugliederungsprogramms die bis dahin selbständigen Gemeinden Flüren (Amt Ringenberg) und Obrighoven-Lackhausen mit der Stadt Wesel zusammengeschlossen.[22]
Am 1. Januar 1975 wurden im Zuge des zweiten Neugliederungsprogramms die bis dahin selbständigen Gemeinden Bislich und Diersfordt sowie der Ortsteil Blumenkamp der Gemeinde Hamminkeln (alle aus dem ehemaligen Amt Ringenberg im Kreis Rees), die Gemeinde Büderich mit Ginderich im Kreis Moers, der Ortsteil Lippedorf der Gemeinde Voerde im Kreis Dinslaken und ein kleiner Gebietsteil der Gemeinde Hünxe des ehemaligen Amtes Gahlen im Kreis Dinslaken in die Stadt Wesel eingegliedert.[23]
Dadurch wuchs das Stadtgebiet von 19,63 km² am 30. Juni 1969 auf 122,46 km² am 1. Januar 1975. Die Einwohnerzahl stieg von 36.046 auf 60.488.
Am 8. Mai 1974 gab der Präsident des Landtags Nordrhein-Westfalen das Abstimmungsergebnis bekannt, wonach Wesel im Rahmen der kommunalen Neugliederung ab 1. Januar 1975 zur Kreisstadt des neuen Kreises Wesel bestimmt wurde.
Text: Wikipedia
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