Wilhelm Tell

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Wilhelm Tell ist ein legendärer Schweizer Freiheitskämpfer. Seine Geschichte spielt in der heutigen Zentralschweiz und wird auf das Jahr 1307 datiert. Der Dichter Friedrich Schiller verfasste in seiner späten Schaffensphase das berühmte gleichnamige Bühnenwerk. Seit dem 15. Jahrhundert erwähnt, wurde er zu einer zentralen Identifikationsfigur verschiedener, sowohl konservativer als auch progressiver Kreise der Eidgenossenschaft. Seit Ende des 19. Jahrhunderts gilt Tell als der Nationalheld der Schweiz.

Reklamemarken

Verzeichnis der Reklamemarken mit einem Bezug zu Wilhelm Tell.

Bruno Hanzig (Görlitz)

Feinseifen- und Parfümfabrik Bergmann & Co.

Hartwig & Vogel

Sonstige

Entstehung einer Legende

Erstmals taucht Tell im Weissen Buch von Sarnen als «Thall»[1] auf, niedergeschrieben um 1472 vom Obwaldner Landschreiber Hans Schriber.[2] In dem «Lied von der Entstehung der Eidgenossenschaft» (auch «Tellenlied» oder «Bundeslied» genannt) taucht um 1477 ebenfalls die Figur des Tell auf. Dieses handelt aus der Zeit der Burgunderkriege und wurde zuerst mündlich weitergegeben.

Die Geschichte Tells fand Eingang in die Luzerner Chroniken von Melchior Russ und Petermann Etterlin, die um 1507 erstmals gedruckt wurden, und in die 1508 bis 1516 verfasste Schweizerchronik des Zürcher Heinrich Brennwald. Der Chronist Aegidius Tschudi verdichtete um 1570 die verschiedenen mündlich und schriftlich überlieferten Versionen der Tell-Erzählung zu einer Sage, die er auf das Jahr 1307 datierte und als wichtiges Element der Befreiungstradition zwischen dem Burgenbruch und dem Rütlischwur einbettete. Tschudis «Chronicon Helveticum» wurde jedoch erst 1734–1736 publiziert. Vor allem über Josias Simlers «De Republica Helvetiorum libri duo», dessen Werk 1576 erstmals erschien und immer neu aufgelegt wurde, erreichte Tschudis Fassung bis ins 18. Jahrhundert hinein ein breites Publikum. Der Geograph und Universalgelehrte Johann Gottfried Gregorii alias Melissantes verbreitete die Geschichte zwischen 1708 und 1729 durch mehrere seiner volksnahen Geographiebücher im deutschsprachigen Raum.[3] Schliesslich wurde vor allem durch die Dramatisierung Friedrich Schillers (1804), aber auch durch den Historiker Johannes Müller die Geschichte zunächst in Europa und später auch weltweit bekannt. 1818 nahmen die Brüder Grimm die Sage in ihr Werk Deutsche Sagen auf.[4]

In Etterlins Tell-Legende lässt der habsburgische Landvogt Gessler zu Altdorf einen Hut auf eine Stange stecken und befiehlt den einheimischen Untertanen, diesen jedes Mal zu grüssen, wenn sie an ihm vorübergehen. Wilhelm Tell, ein weithin bekannter Armbrustschütze, verweigert den Gruss, und der Vogt befiehlt ihm daraufhin, einen Apfel vom Kopf seines Sohnes Walter zu schiessen. Sein Kind müsse andernfalls mit ihm sterben. Tell tut widerstrebend, wie ihm geheissen, und trifft den Apfel. Er wird gefragt, wozu er sich einen zweiten Pfeil genommen hat und antwortet, wenn er sein Kind getroffen hätte, wäre dieser für den Vogt bestimmt gewesen. Daher lässt der Vogt ihn gefesselt auf seine Burg nach Küssnacht überführen. Auf dem Vierwaldstättersee aber bringt ein Sturm das Schiff in Gefahr und Tell wird seiner Fesseln entledigt, um das Boot zu lenken. Geschickt steuert er es gegen das Ufer, wo die Steilwand Axen sich erhebt, und springt dort auf eine hervorstehende Felsplatte, die noch heute Tellsplatte heisst. Er eilt über die Berge nach Küssnacht, erwartet den Vogt in einem Hohlweg, der Hohlen Gasse, und erschiesst ihn aus sicherem Versteck mit der Armbrust und wird so zum Tyrannenmörder.

Von Tells weiterem Leben wird nur berichtet, dass er 1315 in der Schlacht bei Morgarten mitgekämpft und 1354[5] im Schächenbach beim Versuch der Rettung eines Kindes den Tod gefunden habe.

Geschichtskritik

Nachdem schon der Freiburger Franz Guillimann 1607, dann die Basler Christian und Isaak Iselin, der Berner Pfarrer Uriel Freudenberger 1760 sowie Voltaire («Annales de l’Empire») die Geschichte Tells als Sage bezeichnet hatten, kam im 19. Jahrhundert der Historiker Joseph Eutych Kopp, Begründer der kritischen Schweizer Historiografie, zum Ergebnis, dass die Tell-Gestalt in keinem zeitgenössischen Schriftdokument erwähnt wird. Erst im letzten Viertel des 15. Jahrhunderts taucht die Tellsage auf, und zwar in mindestens zwei Versionen. Die ersten Quellen, in der die Erzählung belegt ist, sind das Weisse Buch von Sarnen (um 1470) und das höchstwahrscheinlich um 1477 entstandene «Bundeslied»; sodann wird sie in der Luzerner Stadtchronik erwähnt, die 1482 bis 1488 von Melchior Russ geschrieben wurde. Russ erblickt in Tell den Haupturheber der Befreiung und Stifter des gegen die habsburgische Herrschaft gerichteten Bundes der Eidgenossen.

Im Weissen Buch von Sarnen wird Tells Tat mit dem Rütlischwur in Verbindung gebracht; die Initiative im Freiheitskampf wird aber vornehmlich der Gestalt des Werner Stauffacher zugeschrieben. Diese Version erscheint auch in der 1507 gedruckten Etterlin-Chronik. Erst Tschudi verwob die beiden Traditionsstränge zu einer Gesamtsage, die im Lauf der Jahrhunderte noch mancherlei Zusätze bekam.

Die so genannten Tellskapellen auf der Tellsplatte, in Bürglen und in der Hohlen Gasse stammen erst aus dem 16. Jahrhundert und sind zum Teil nachweislich zu Ehren von Kirchenheiligen gestiftet worden. In Uri liess sich keine Familie Tell ermitteln; die Erkenntnisse der Urner Landsgemeinden von 1387 und 1388, welche Tells Existenz bezeugen sollten, sowie die den Namen «Tello» und «Täll» enthaltenden Totenregister und Jahrzeitbücher von Schattdorf und Attinghausen sind als Erdichtungen und Fälschungen nachgewiesen.

Herkunft der Apfelschuss-Sage

Die Sage vom Apfelschuss tritt zuerst in den Gesta Danorum («Geschichte der Dänen») des Saxo Grammaticus (verfasst ca. 1200–1216) und der altnordischen Thidrekssaga (kompiliert im 13. Jahrhundert) auf. In Letzterer wird der Held Egil genannt, bei Saxo heisst er Toko. Auch im Hexenhammer (1486) wird eine Sage vom Apfelschuss erzählt; der Name des Schützen ist hier Punker von Rohrbach.

In der Schweiz dürfte die Erzählung Saxos von Chronisten des 15. Jahrhunderts zur Ausschmückung der Befreiungssage übernommen worden sein. Schon der Berner Pfarrer Uriel Freudenberger (1738–1743), Prediger am Berner Inselspital, betätigte sich als Geschichtsforscher und stellte 1760 die These auf, es handele sich beim schweizerischen Wilhelm Tell um die Nachdichtung einer Episode aus den Gesta Danorum des Saxo Grammaticus (ca. 1140 bis 1220). Aus Angst vor den Auswirkungen veröffentlichte er die Abhandlung anonym. Die Sage vom Schützen Toko – im Dienste des dänischen Königs – erzählt, dass dieser prahlerische Schütze vom König gezwungen wurde, einen Apfel vom Kopf seines Sohnes zu schiessen und Toko den König als Rache während eines Liebesabenteuers erschoss. Da auch kleine Details bei Aegidius Tschudi, der die Tellsage überliefert, und Saxo Grammaticus übereinstimmen (z. B. steckt auch Toko einen zweiten Pfeil zu sich und bekennt auf die Frage des Königs, dass dieser für ihn gedacht gewesen wäre, falls er den Sohn getroffen hätte), ist evident, dass Saxo die Quelle für die Erfindung des Schweizer Nationalhelden war. Gottlieb Emanuel von Haller übersetzte die Abhandlung Freudenbergers ins Französische und veröffentlichte sie wegen der Befürchtungen Freudenbergers unter seinem eigenen Namen.


Text: Wikipedia

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