Wittenburg
Wittenburg ist eine Stadt im Landkreis Ludwigslust-Parchim in Mecklenburg-Vorpommern.
Reklamemarken und Siegelmarken
Verzeichnis der sortierten Reklamemarken und Siegelmarken mit einem Bezug zu Wittenburg.
Geschichte
Vorgeschichtliche Zeit
Schon aus vorgeschichtlicher Zeit lassen sich in und um Wittenburg Spuren menschlicher Siedlungstätigkeit nachweisen. Mit der einsetzenden Völkerwanderung rückten aus den östlichen Gebieten wendische Siedler vor. In der Gegend um das heutige Wittenburg ließ sich ein Stamm der Polaben nieder. Zu dieser Zeit wird die Entstehung der Burganlage mit dem späteren Namen „Amtsberg“ im sumpfigen Gebiet der Motelniederung vermutet.
Mittelalter Wittenburg gehörte Anfang des 12. Jahrhunderts zum Gebiet des abodritischen Teilstammes der Polaben. 1142 belehnte Heinrich der Löwe den sächsischen Grafen Heinrich von Badewide mit dem Land der Polaben, das nach seinem Hauptort bald als Grafschaft Ratzeburg bezeichnet wurde. An den kulturellen, wirtschaftlichen und religiösen Traditionen der Wenden änderte sich dadurch zunächst nichts. Erst im Zuge des Slawenkreuzzuges dürfte die slawische Burganlage in Wittenburg zerstört worden und anschließend eine kleine deutsche Ansiedlung als Grenzstation zum benachbarten Gebiet der Abodriten entstanden sein. Diese wurde im Herbst 1158 durch ein abodritisches Aufgebot unter Pribislaw und Wertislaw eingeäschert, die mit dem erfolgreichen Überfall ihren in Lüneburg von Heinrich dem Löwen eingekerkerten Vater Niklot freipressten. Nach Niklots Tod 1160 kam es unter der Führung des alt-sächsischen Edelfreien-Geschlechts der Witten zu einem Wiederaufbau der Burg, die der deutschen Exklave in Schwerin und dem dort gerade eingerichteten Bistum unter Berno militärische Rückendeckung geben sollte. Am Fuß der Burg entstand erneut eine Siedlung, in der sich Handwerker und Händler niederließen. Es dürfte auch zu ersten zaghaften Ansiedlungen deutscher Kolonisten gekommen sein, auch wenn die ganz überwiegende Mehrheit der Bevölkerung Polaben waren. So bildete die neue Burg den Ausgangspunkt für die spätere Stadtgründung Wittenburgs.
Stadtgründung
Die Stadtgründung Wittenburgs ist urkundlich nicht eindeutig überliefert. 1194 wurde Wittenburg als „provincie“ der Grafschaft Ratzeburg im Isfriedschen Teilungsvertrag erwähnt. Am 25. Mai 1201 kam es bei Waschow zu einer Schlacht zwischen den Ratzeburgern und Schweriner Grafen, in deren Verlauf die Burg sich kampflos ergab. Das Land und die Stadt Wittenburg fielen auf Anordnung des dänischen Königs Waldemar II. drei Jahre später der siegreichen Schweriner Grafschaft zu. Erst unter den neuen Grafen, den Brüdern Gunzelin II. und Heinrich I., setzte eine nennenswerte Besiedlung ein. 1226 verlieh Kaiser Friedrich II. der Stadt Lübeck die Reichsfreiheit und sicherte ihr den ungehinderten Handelsverkehr mit Hamburg, Schwerin, Ratzeburg und Wittenburg zu. Dieses Datum steht auch für die Stadtgründung Wittenburgs, möglicherweise erfolgte sie aber auch schon früher. 1230 wurde Wittenburg schließlich als „civitas“ im Ratzeburger Zehntregister aufgeführt, das die damals zum Bistum Ratzeburg gehörenden Ortschaften geordnet nach Kirchspielen auflistet. In Alt-Wittenburg herrschte das 1319 bestätigte Lübische Stadtrecht.
Hauptstadt der Grafschaft
1282 war Wittenburg Hauptstadt einer selbstständigen Grafschaft, die sich von der Elbe bei Boizenburg bis hinter Crivitz erstreckte. Ungefähr siebzig Jahre dauerte die Wittenburger Grafenzeit, die Glanzperiode der Stadt durch rege Handelsbeziehungen mit Lübeck. Nur Reste der einstigen Befestigungsanlagen sind noch vorhanden; das Mühlentor wurde 1850 und das Steintor 1869 abgerissen. Mit dem Bau der frühgotischen Stadtkirche St. Bartholomäus wurde um 1240 begonnen, sie wurde zwischen 1257 und 1284 geweiht.
Wittenburg bei Mecklenburg
Die Stadt Wittenburg fiel 1358 durch Kauf an die mecklenburgischen Herzöge. Viele Jahre diente ihnen die Burganlage als Notlager und Nebenresidenz, später als Wohnsitz fürstlicher Witwen. 1496 hatte die Stadt 500 bis 600 Einwohner. Wittenburg wurde Landstadt in Mecklenburg und als solche Teil der Städte im Mecklenburgischen Kreis, die bis 1918 auf mecklenburgischen Landtagen der 1523 vereinten Stände vertreten waren. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts weilte Herzogin Sophia mehrere Male im Wittenburger Schloss. Die tatkräftige Herzogin setzte sich für die Einführung und Förderung der Eisenindustrie ein. Durch die Ausnutzung des in der Gegend vorkommenden Raseneisensteins siedelte sie Eisenschmelz- und Hammerwerke an und versuchte damit, den Wohlstand der Stadt zu heben. Diese Werke sind nach dem Dreißigjährigen Krieg wieder verschwunden.
Dreißigjähriger Krieg und danach
Auch während des Dreißigjährigen Krieges stand Wittenburg unter dem Schutz von Herzogin Sophie, indem sie Schutzbriefe erwirkte. In kämpferische Handlungen war Wittenburg in den ersten Kriegsjahren nicht verwickelt, jedoch zermürbten ständige Unternehmungen zur Verteidigung der Stadt und die damit verbundenen Steuern und Abgaben die Einwohner. Schlimm wütete 1629/1630 die Pest in der Stadt. In den folgenden Jahren griffen kriegerische Handlungen auch auf Mecklenburg über. Einquartierungen und Plünderungen mussten die Bürger Wittenburgs mehrfach erleiden. Der schlimmste Tag jedoch war der 1. Februar 1642, als Kroaten die Stadt im Sturm nahmen und furchtbar hausten. 1644 lebten noch etwa 100 Bürger in der Stadt.
1657 brannte fast die gesamte Stadt nebst Rathaus, Kirchendach und Glockenstuhl bis auf drei Häuser nieder. 1679 und 1726 wüteten weitere Stadtbrände.
1735 wurden die Stadt und das Amt Wittenburg mit sieben anderen Ämtern von Herzog Christian Ludwig II. an das Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg verpfändet. Dies war die Folge der Reichsexekution, die Christian Ludwigs Bruder Karl Leopold verursacht hatte. Eine lüneburgische Besatzung lag 33 Jahre in der Stadt. Erst 1768 wurden diese Landesteile mit einer Million Talern wieder eingelöst. Ein Motiv auf dem Wittenburger Notgeld zeigt den Tross mit der Ablösesumme.[4]
Franzosenzeit
Unter der im November 1806 beginnenden Besetzung durch Napoléon Bonaparte, der „Franzosenzeit“, hatten die Wittenburger besonders zu leiden. Die Stadt lag an der großen Heerstraße zwischen Boizenburg und Schwerin und war damit eine besonders günstige Station für unaufhörliche Truppendurchzüge und Einquartierungen.
Zeit des technischen Aufschwungs
Das 19. Jahrhundert brachte durch seine Fortschritte in der Technik und die dadurch bewirkten Umwälzungen auf den Gebieten des Verkehrs und des wirtschaftlichen Lebens sowie in den politischen Verhältnissen auch für Wittenburg eine neue Zeit. Es entstanden neue Straßenzüge, erste Firmen gründeten sich, wie die Gasanstalt und Molkerei. Moderne Bauten, so das Amtsberggebäude 1848, das Rathaus 1852, die Stadtschule am Lindenwall 1874, die kaiserliche Post 1889, der Turmanbau an der Kirche 1908/1909, das Gaswerk 1909 und das Bahnhofsgebäude wurden errichtet. Die Entwicklung wurde 1894 mit dem Anschluss an die Eisenbahnlinie Hagenow–Neumünster stark vorangetrieben. Bis 1923 wurde eine eigene Stromversorgung aufgebaut.
Krieg und Wiederaufbau Im Zweiten Weltkrieg war Wittenburg wenig betroffen: mehrere Todesopfer und zerstörte Gebäude durch Bomben. Nach der Kapitulation Deutschlands besetzten zunächst US-Armee, dann die britischen Truppen die Stadt. Kurz darauf übernahm die sowjetische Besatzungsmacht die Kontrolle. Mit ihr kamen Diebstähle, Vergewaltigungen und der Abtransport von Akademikern, Unternehmern und Großbauern in das sowjetische Speziallager Nr. 9 Fünfeichen.[5] In der Stadt wurden zahlreiche Flüchtlingslager eingerichtet. Die Stadtschule diente als Lazarett. Durch den Zustrom von Umsiedlern, Flüchtlingen und Vertriebenen aus den deutschen Ostgebieten erhöhte sich die Einwohnerzahl kurz nach dem Krieg von 4300 auf 8000. Viele von ihnen fanden in Wittenburg eine neue Heimat.
In der DDR entwickelte sich Wittenburg allmählich zu einer lebendigen Kleinstadt mit zahlreichen Einzelhandelsgeschäften, Handwerksbetrieben, mehreren Schulen, Kinderkrippen und -gärten, Gaststätten, Ärzten, Apotheken, Entbindungsheim, Badeanstalt, Kino und anderen Einrichtungen im Stadtkern. Auf dem Amtsberg zogen Schule und Schulhort in die historischen Gebäude neben dem Amtsbergturm. In der Stadt dominierten zwei größere Betriebe, die Milchkonservenfabrik und die Konsum-Süßwarenfabrik. Hauptsächlich war Wittenburg vom Obstanbau und von der Landwirtschaft geprägt. Der Wittenburger Bahnhof war Ende der 1970er bis Anfang der 1980er Jahre ein wichtiges Transportziel für den Bau der Autobahn A24 zwischen Berlin und Hamburg benötigten Baustoffe.
Von 1952 bis 1990 gehörte Wittenburg zum Kreis Hagenow im Bezirk Schwerin.
Nach der politischen Wende
Im Herbst 1989 wurde durch Kundgebungen und Friedensgebete, durch Demonstrationen und Bürgerforen die Wende auch in Wittenburg eingeleitet. Kurz nach der Grenzöffnung verstand es die Stadt Wittenburg, ihre günstige örtliche Lage und vor allem die unmittelbare Anbindung an die Bundesautobahn 24 Hamburg–Berlin zu nutzen. Durch die Bereitstellung eines attraktiven Gewerbegebietes beidseitig der Hagenower Chaussee siedelten sich in kürzester Zeit diverse hiesige und auswärtige Investoren an. Der Branchenmix der Firmen ist bis heute groß und reicht von Nahrungsmittel- und Elektroindustrie, Maschinenbau und Druckerei über Dienstleistungseinrichtungen bis hin zu den verschiedensten Fachmärkten. Neue Bauvorhaben namhafter Firmen zeugen von ständigen Bemühungen der Stadt, mit weiteren Gewerbeansiedlungen die Infrastruktur zu verbessern und vor allem Arbeitsplätze zu schaffen.
Ab 1991 wurde der historische Stadtkern im Rahmen der Städtebauförderung grundlegend saniert. Aus städtebaulichen Gründen wurde das ehemalige Molkereigelände beseitigt; es entstanden hier ein Einkaufsmarkt, kleinere Fachgeschäfte sowie Wohnungen. Neben dem Wohngebiet am Schäferbruch wurden drei größere Wohnkomplexe gebaut. Im Herbst 1998 wurde eine Sport- und Mehrzweckhalle eingeweiht.
Von 1990 bis 1994 gehörte Wittenburg weiterhin zum Kreis Hagenow, jetzt im Land Mecklenburg-Vorpommern. 1994 wurde die Stadt in den Landkreis Ludwigslust eingegliedert. Seit der Kreisgebietsreform 2011 liegt sie im Landkreis Ludwigslust-Parchim.
Text: Wikipedia
Liste der Autoren
Der Text ist unter der Lizenz „Creative Commons Attribution/Share Alike“ verfügbar; zusätzliche Bedingungen können anwendbar sein. Einzelheiten sind in den Nutzungsbedingungen von Wikipedia beschrieben.