Xanten

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Xanten (lat. Castra Vetera oder Xantum) ist eine Mittlere kreisangehörige Stadt des Kreises Wesel am unteren Niederrhein in Nordrhein-Westfalen.

Reklamemarken und Siegelmarken

Verzeichnis der sortierten Reklamemarken und Siegelmarken mit einem Bezug zu Xanten.

Schuhfabrik F. W. Böhmer

Sonstige

Geschichte

Frühgeschichte

Erste Belege menschlichen Lebens im Stadtgebiet stellen im Raum Obermörmter gefundene Geweihhacken dar, die aus der ausgehenden Mittelsteinzeit stammen. Im Stadtzentrum wurden jungsteinzeitliche Gräber, Steinwerkzeuge und Töpfereiprodukte, in den Ortschaften Wardt und Vynen jungsteinzeitliche Beile gefunden. Bronzezeitliche Schwerter, Dolche und Ziernadeln wurden in Lüttingen, Wardt und Vynen entdeckt. Die frühesten Spuren einer dauerhaften Besiedlung sind auf dem Gelände des Archäologischen Parks nachweisbar und stammen aus der Eisenzeit.

Römische Besiedlung

Entwicklung

In den Jahren 13 und 12 v. Chr. wurde das römische Legionslager Vetera auf dem Fürstenberg nahe Birten gegründet. Es sollte als Ausgangspunkt für Feldzüge ins rechtsrheinische Germanien dienen und war bis zu seiner Vernichtung im Rahmen des Bataveraufstands im Jahr 70 n. Chr. durch 8000 bis 10.000 Legionäre besetzt. Nach der Zerstörung des Lagers Vetera I wurde nahe diesem ein zweites Lager, Vetera II, errichtet.

Die erste namentlich belegbare Zivilbevölkerung im Xantener Raum waren die im Jahr 8 v. Chr. in linksrheinische Gebiete umgesiedelten Sugambrer. Deren Siedlung unweit nordwestlich der Vetera I sollte sich später zu einer von 10.000 bis 15.000 romanisierten Galliern und Germanen sowie ehemaligen Legionären und deren Angehörigen bewohnten Stadt entwickeln. Der römische Kaiser Marcus Ulpius Traianus erhob sie um 110 n. Chr. zur Colonia und verlieh ihr den Namen Colonia Ulpia Traiana. Die Niederlassung entwickelte sich zum zweitwichtigsten Handelsposten der Provinz Germania inferior nach Claudia Ara Agrippinensium (der Stadt Köln). Einer lateinischen Inschrift zufolge kamen auch Besucher aus dem Gebiet der Niederlande zu Festspielen in die Stadt. Im Jahr 275 wurde Ulpia Traiana durch Franken beinahe vollständig zerstört. Um 310 entstand auf dem Gebiet der Ulpia Traiana eine neue Stadt namens Tricensimae, welche zwar kleiner, dafür aber besser befestigt und leichter zu verteidigen war. Zu Beginn des 5. Jahrhunderts nahmen die Überfälle germanischer Stämme jedoch dermaßen zu, dass die Siedlung endgültig aufgegeben wurde. Die jüngste im Gebiet der antiken Stadt gefundene römische Münze wurde auf die Zeit um 426 datiert.

Entstehung des Viktorstifts und der Stadt Xanten

Im 5. Jahrhundert begannen sich chattuarische Franken auf dem Gebiet niederzulassen.

590 erwähnte Gregor von Tours in seiner Schrift „Liber in gloria martyrum“ die Errichtung eines Oratoriums durch den Kölner Bischof Everigisil in der Nähe der Ortschaft „Bertuna“ zu Ehren des Heiligen Mallosus. Auch wenn „Bertuna“ dem heutigen Ortsteil Birten entsprechen dürfte, muss die Kapelle nicht unbedingt auch dort gestanden haben. Wahrscheinlich wurde sie über dem Gräberfeld südlich der einstigen Colonia errichtet worden sein. Dort ist heute das Xantener Stadtzentrum mit der ehemaligen Stiftskirche St. Viktor. Man hat dort auch mehrere cellae memoriae (bis ins 4. Jahrhundert) nachgewiesen konnte. Gregor von Tours berichtete weiterhin, die Gebeine Mallosus’ seien erst nach Errichtung der Kapelle geborgen und in deren Innern beigesetzt worden, und auch die Gebeine Viktor von Xantens seien bei Bertuna begraben, bislang aber noch nicht gefunden worden.

Im Stadtzentrum wurde in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts ein Stift zu Ehren Viktors angelegt, und zwar bei einer karolingischen Kirche, die sich ab dem Jahr 752 belegen lässt. Die Gebeine, die damals Viktor zugeschrieben wurden, waren also schon vorher geborgen und in einem früheren Gebäude bestattet worden. Weil man glaubte, dass das Stift über der Grabstätte Viktors und seiner Legionäre stand, nannte man Kirche und Stift ad Sanctos (deutsch: bei den Heiligen).

Erst nach Gründung des Stifts entwickelte sich südlich an diesen angrenzend der Stadtkern. Dort siedelten vor allem fränkische und friesische Händler. Auf diesen Kern ging der Name des Stiftes über, als Sanctos. Bereits im Jahr 967 war daraus Xanctum geworden und 1144 Xantum. Doch Santen blieb noch bis ins 18. Jahrhundert als Stadtname in Gebrauch. Heute kennt man ihn im rheinischen Dialekt.

Die mittelalterliche Stadt Xanten entstand also nicht auf dem Gebiet der einstigen römischen Colonia, sondern über deren Friedhof. Aus den Ruinen der Colonia nahm man sich die Steine, die verkauft oder für neue Gebäude (in Xanten) benutzt wurden. Das Gebiet der Colonia wurde nicht überbaut.

Xanten mit dem bedeutenden Viktorstift, das Grundbesitz und Kirchenschätze hatte, litt später unter den Raubzügen der Wikinger in den Rheinlanden. Die Wikinger überwinterten 863 auf der Bislicher Insel, zerstörten die karolingische Kirche (die mittlerweile neu errichtet worden war) und brandschatzten 880 die Ortschaft Birten.

Schließlich kam das Rheinland mit Xanten zum Reich von Otto I. Er siegte mit seinen Truppen im Jahr 939 fränkische, sächsische und lothringische Truppen unter Heinrich I. (Schlacht von Birten, Schlacht von Andernach).

Spätestens seit der Ernennung des Kölner Erzbischofs Brun zum Herzog von Lothringen 953 stand Xanten unter kölnischer Obrigkeit. Im ausklingenden 10. Jahrhundert entstand im Westen der Stiftsimmunität ein befestigter Wohnsitz der Kölner Erzbischöfe, die Bischofsburg, von der nur die Grundmauern erhalten blieben. 1096 gewährte Erzbischof Hermann III. von Hochstaden während des Deutschen Kreuzzugs einigen Juden Zuflucht in der Bischofsburg, die schließlich jedoch die Selbsttötung bevorzugten, um den Kreuzfahrern zu entgehen.

Spätestens mit Beginn der Amtszeit des Kölner Erzbischofs Hermann II. wurden in Xanten Münzen geprägt. Die ältesten erhaltenen Münzen aus den Jahren 1036 bis 1056 tragen die Umschrift SCA TROIA, begründet durch den zu dieser Zeit ebenfalls verwendeten Ortsnamen Troiae Minoris, der wahrscheinlich auf die Colonia Ulpia Traiana zurückging, aber auch Anlass für eine Legende um die Gründung Xantens durch die Trojaner gab. Zwischen 1216 und 1225 entstanden Münzen mit den Umschriften SANTUS VICTOR und MON[ETA] DE SANTEN. Um 1260 geprägte Münzen trugen schließlich die Umschrift SANTEN CIVI[TATIS].

Im Jahr 1122 wurde Xanten als Teil eines Netzwerkes am Niederrhein genannt, kurz darauf wurde das Kloster Hagenbusch als eines von sieben bis zur Säkularisation im Stadtgebiet bestehenden Klöstern gegründet.

Am 15. Juli 1228 verlieh Erzbischof Heinrich von Molenark Xanten einen Tag nach Rees als ältester Stadt des unteren Niederrheins die Stadtrechte, in erster Linie um seine territorialen Ansprüche gegenüber den Grafen von Kleve zu unterstreichen. Friedrich von Hochstaden legte am 29. August 1263 den Grundstein für den Bau des gotischen Kirche St. Viktor, welcher nach 281 Jahren schließlich vollendet und zum Zentrum des niederrheinischen Archidiakonats werden sollte.

Entwicklung der mittelalterlichen Stadt

Im Gegensatz zum längst mit Mauern und Gräben bewehrten Stift war Xanten weitgehend unbefestigt, die zunächst angelegten Holzpalisaden konnten die Besetzung Xantens im Geldrischen Erbfolgekrieg 1372 nicht verhindern. Nachdem Xanten von 1322 bis 1331 an die Grafen von Kleve verpfändet worden war, die gleichfalls Vogtrechte über das Stift und das 1116 gegründete Kloster Fürstenberg besaßen, war neben Rees, der Herrschaft Linn und Rheinberg insbesondere Xanten Anlass für drei zum Ende des 14. Jahrhunderts geführte Kriege zwischen Graf Adolf I. von Kleve und dem Kölner Bischof Friedrich III. von Saarwerden, der versuchte seinen weltlichen Einfluss am Niederrhein zu festigen und auszuweiten. Erst jetzt wurde Xanten ab 1389 auf einem fast rechteckigen Areal von knapp 25 Hektar mit einer bis zu acht Metern hohen Mauer (Bauzeit etwa 60 Jahre), vier Doppeltoren sowie 18 Türmen und Kleintoren befestigt. Während der Rhein im Nordosten und sumpfiges Gelände im Süden und Westen zusätzlichen Schutz boten, wurde die nördliche Befestigung unter anderem mit dem Klever Tor und einem als Kriemhildmühle genutzten Rundturm verstärkt ausgebaut. Während der Linner Fehde konnte Friedrich III. 1392 schließlich Linn und Rheinberg für sich gewinnen, verlor jedoch Rees und den nördlichen Teil Xantens an Adolf I. Von der Teilung der Stadt zeugt das über einen Wehrgang mit dem Meertor verbundene, 1392 erbaute Mitteltor.

Nachdem bereits 1402 das Agnetenkloster Xanten von Franziskanerinnen gegründet worden war, stieg der Ortsteil Marienbaum zwischen 1430 und 1441 zum ältesten Wallfahrtsort des Niederrheins auf. 1460 entstand dort ein Kloster der Birgitten, dessen Abteikirche St. Mariä Himmelfahrt als Pfarrkirche dient.

Mit Beginn der Soester Fehde 1444 fiel auch der südliche Teil Xantens an die Herzöge von Kleve. In der Folgezeit sank die Einwohnerzahl Xantens bedingt durch mehrfache Kriege und Missernten von 5000 zu Beginn des 16. Jahrhunderts bis zum Ende des 18. Jahrhunderts auf etwa 2000. Die Verlagerung des Rheins, an welchem die Stadt bis dahin gelegen hatte und der die Grundlage des Xantener Handels gewesen war, zerstörte mehrfach die Ortschaft Birten. Sie führte zusätzlich zu einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation der Stadt, die zu Beginn des 14. Jahrhunderts noch 14 Gilden gezählt hatte und nun allmählich in wirtschaftlicher Bedeutungslosigkeit versank.

Neuzeitliche Entwicklung 1572 entstand in Xanten eine evangelische Gemeinde, der jedoch bis ins 20. Jahrhundert hinein nur knapp fünf Prozent der Bevölkerung angehörten; bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts wuchs die Gemeinde auf 20 Prozent an. 1547 war bereits im Ortsteil Mörmter eine evangelische Gemeinde entstanden, was bis ins Jahr 1811 zu zwei getrennten reformierten Kirchengemeinden führte. Als Xanten nach dem Jülich-Klevischen Erbfolgestreit als Teil des Herzogtums Kleve mit dem Vertrag von Xanten an die Kurfürsten von Brandenburg fiel, wurde die Evangelische Kirche mit der Katholischen Kirche gleichgestellt, 1647 wurde daraufhin auf dem Großen Markt eine Kirche errichtet und 1662 durch einen Kirchturm erweitert. 1609 wurde das Jesuitenkloster Xanten gegründet, 1628 verlegten Kartäuser ihr Kloster von Wesel nach Xanten und begründeten die Kartause Xanten. Auf der Ostseite des Marktes, heute Standort des Rathauses, stand ursprünglich das Kloster der Kapuziner, errichtet nach 1629.[3] Nach der Säkularisation dienten die Gebäude zu Schulzwecken, Teile verfielen oder wurden abgerissen. 1877 wurde in umgebauten Räumen des ehemaligen Klosters das Königliche Lehrerinnenseminar eröffnet. Von 1923 bis 1934 wurde hier die „Kriemhildschule“, eine staatliche Aufbauschule für Mädchen, untergebracht.[4]

Während des Achtzig- beziehungsweise Dreißigjährigen Krieges wurde Xanten 1598 und erneut 1614 von spanischen, 1641 von hessischen Truppen besetzt und teils entfestigt. Im Französisch-Niederländischen Krieg eroberten französische Truppen 1672 die Stadt, im Spanischen Erbfolgekrieg wurde Xanten abermals besetzt und zu Teilen zerstört.

1794 eroberten französische Revolutionstruppen die Stadt, die daraufhin wie das gesamte linke Rheinufer von Frankreich annektiert wurde. Ab 1798 wurde Xanten zum Verwaltungssitz eines Kantons im Arrondissement de Clèves des Département de la Roer, der neben Xanten auch die Mairien Büderich, Labbeck, Marienbaum, Sonsbeck, Veen und Wardt umfasste. 1802 ließ Napoléon Bonaparte das Viktorstift säkularisieren und die Bibliotheken der aufgehobenen Klöster mit der Stiftsbibliothek Xanten vereinigen. Durch den Wegfall der einstigen Stiftsangehörigen als wohlhabender Käuferschaft verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage erneut. Aus Kostengründen wurde 1821 das Marstor, 1825 das Scharntor und weite Teile der Stadtmauer abgerissen.

Durch den Wiener Kongress gelangte Xanten ab 1814/15 wieder an Preußen, wo die Stadt im Zuge der Preußischen Verwaltungsorganisation am 23. April 1816 dem Kreis Rheinberg zugeordnet wurde, welcher 1823 mit dem Kreis Geldern vereinigt wurde. Von 1857 bis 1975 war Xanten schließlich dem neu gegründeten Kreis Moers angegliedert. Die Ruinen der Colonia Ulpia Traiana weckten zu dieser Zeit erstmals das Interesse von Archäologen, so dass zwischen 1819 und 1844 und abermals zu Beginn des 20. Jahrhunderts Ausgrabungen durchgeführt wurden. Auch die ehemaligen römischen Militärplätze von Vetera wurden in dieser Zeit untersucht.

Obgleich im 19. Jahrhundert 45 Prozent der Bevölkerung im verarbeitenden Gewerbe tätig waren und die Ansiedlung kleinerer Textilmanufakturen, Schnapsbrennereien und Bierbrauereien für einen bescheidenen wirtschaftlichen Aufschwung sorgte, blieb Xanten weitgehend landwirtschaftlich geprägt. Xantener Gewerbetreibende beschränkten sich vor allem auf die Weiterverarbeitung landwirtschaftlicher Produkte, wovon die ursprünglich als Ölmühle, inzwischen als Getreidemühle genutzte Kriemhildmühle und die 1853 errichtete Dampfkornbrennerei zeugen. 1885 lebten 3621 Einwohner in Xanten.

Der Xantener Ritualmordvorwurf sorgte 1891/92 deutschlandweit für Aufsehen und führte zur nachhaltigen Verkleinerung der jüdischen Gemeinde Xantens. Nachdem am 29. Juni 1891 die Leiche eines Jungen mit durchtrennter Kehle aufgefunden und der jüdische Metzger Adolf Buschhoff verdächtigt und später unter dem kriminalistisch unhaltbaren Vorwurf des antichristlichen Ritualmordes angeklagt wurde, kam es zu schweren antisemitischen Übergriffen in der Stadt. In der Folge sank die Zahl der Mitglieder der jüdischen Gemeinde Xantens von 80 im Jahr 1890 auf 46 im Jahr 1895 und 14 im Jahr 1925.

Ab 1922 existierte erneut ein Kloster im Stadtgebiet, das Kloster Mörmter, das bis 2007 bestand. Im September 1927 feierte die katholische Kirchengemeinde ihr 1600-jähriges Bestehen. Zur gleichen Zeit wurden unter anderem von Walter Bader Ausgrabungen unter St. Viktor vorgenommen, bei denen schließlich zwei Märtyrergräber entdeckt und in die neu angelegte Krypta eingebunden wurden. 1937 verlieh Papst Pius XI. der ehemaligen Stiftskirche St. Viktor den Titel einer Basilika minor.

Nationalsozialismus in Xanten

Die Zeit des Nationalsozialismus begann in Xanten im Jahr 1933, als der damalige Bürgermeister Heinrich Wegenaer wegen angeblicher Vetternwirtschaft bei Kreditgeschäften angeklagt und im Meerturm eingesperrt wurde. Sein Nachfolger wurde Friedrich Karl Schöneborn, während der Posten des stellvertretenden Bürgermeisters von nun an durch Heinrich Prang jr. bekleidet werden sollte. Prang hatte bereits 1925 die Ortsgruppe Xanten der NSDAP gegründet. Als daraufhin die lokale Fraktion der Zentrumspartei aufgelöst wurde, schlossen sich drei der ehemals acht Fraktionsangehörigen der NSDAP an. Die verbliebene Opposition wurde hierdurch handlungsunfähig.

Im Folgenden wurde die Geschichte der Stadt zunehmend als Geburtsort Siegfrieds aus dem Nibelungenlied im Sinne der völkischen Ideologie der Nationalsozialisten instrumentalisiert. In der Nachkriegszeit wurde insbesondere im Hinblick auf diese Inanspruchnahme die angedachte Errichtung eines Siegfried-Denkmals verworfen.

Der ungeklärte Mordfall von 1891 hatte bereits vor 1933 zu anhaltender antijüdischer Legendenbildung geführt und wurde im Jahr 1934 durch die antisemitische Zeitung Der Stürmer in einer Sondernummer wieder aufgegriffen; zu diesem Zeitpunkt zählte die jüdische Gemeinde Xantens nur noch acht Mitglieder, die sich wiederum Übergriffen ausgesetzt sah. Hervorzuheben ist hierbei die Zerstörung der Betstube auf der Scharnstraße und die Verwüstung mehrerer Wohnungen im Bereich der Orkstraße und Scharnstraße in der Reichspogromnacht. Nach diesen Ereignissen floh die gesamte jüdische Bevölkerung aus Xanten. Der vor der Stadt gelegene Jüdische Friedhof Xanten blieb dabei weitgehend unversehrt.

Xanten im Zweiten Weltkrieg

Während des Zweiten Weltkrieges errichtete die Luftwaffe die Luftmunitionsanstalt 2/VI in einem der Stadt nahe gelegenen Waldstück, der Hees, die auch Torpedos für den Einsatz der Luftwaffe im Mittelmeerraum produzierte. Arbeiteten dort zunächst beinahe ausschließlich Xantener Bürger, so wurden im Laufe des Krieges vermehrt Frauen und Kinder, vor allem jedoch Ausländer zur Zwangsarbeit herangezogen. Am 20. November 1942 kamen 43 Menschen, darunter zwei Frauen, bei einem Unglück im Arbeitshaus 4 ums Leben. Eine Gedenkfeier für diese Opfer fand am 25. November 1942 statt. 23 von ihnen, darunter eine der Frauen, sind auf der Kriegsgräberstätte in Xanten beigesetzt, die anderen in ihre Heimatorte überführt worden. Ein Gedenkstein für diese Toten befindet sich in der Hees auf dem ehemaligen Gelände der Munitionsanstalt. 35 Soldaten kostete eine weitere Explosion in der Luftwaffenmunitionsanstalt Hees am 6. Oktober 1944 das Leben. Die Toten wurden in drei Sammelgräbern beigesetzt. Die Druckwelle soll noch im Stadtzentrum zu spüren gewesen sein. Im Mai 1940 wurde die 256. Infanterie-Division nach Xanten verlegt, um von dort am bevorstehenden Einmarsch in die Niederlande teilzunehmen.

Als sich im Februar 1945 alliierte Truppen Xanten näherten, verließ Bürgermeister Schöneborn die Stadt; mit ihm floh beinahe die gesamte Stadtverwaltung nach Herbede. Beim Bombenangriff am 10. Februar und 13. Februar 1945 kam auch der Xantener Dombaumeister Johann Schüller ums Leben. Ganze Familien wurden bei den Bombenangriffen ausgelöscht. So starben beim Angriff am 13. Februar allein zehn Mitglieder der Familie Merissen. Am 21. Februar, einem hellen Wintertag, sank St. Viktor in Trümmer, der Nordturm stürzte ein. Ein Bombenangriff am 25. Februar forderte weitere Opfer und Zerstörungen. Am 8. März 1945 wurde Xanten durch kanadische Truppen eingenommen. Das kanadische Militär verlor dabei nach eigenen Angaben 400 Soldaten im Kampf gegen die verteidigenden Fallschirmjäger der Wehrmacht. Die Stadt, die zu diesem Zeitpunkt bereits zu 85 Prozent zerstört war, wurde daraufhin von britischen Truppen besetzt und die Bevölkerung in Vorbereitung auf die Überquerung des Rheins bei Wesel nach Bedburg-Hau evakuiert. Durch Wehrmachtsverbände am rechten Rheinufer abgefeuerte Artillerie-Geschosse verwüsteten Xanten in dieser Zeit zusätzlich. Als die Rheinüberquerung und die Eroberung Wesels im Zuge der Operation Plunder am 23./24. März 1945 gelang, war der Zweite Weltkrieg in Xanten beendet. Die Einwohnerzahl war von 5030 im November 1939 auf rund 2500 gesunken. Noch im April setzten die Briten einen kommissarischen Bürgermeister ein, der mit dem Aufbau einer provisorischen Verwaltung begann.

Xanten seit 1945

Der Wiederaufbau Xantens und die detailgetreue Rekonstruktion von St. Viktor, welche erst durch den Archäologen und Denkmalschützer Walter Bader realisiert werden konnte, dauerten bis 1966. Durch Flüchtlinge aus den Ostgebieten stieg die Bevölkerung in dieser Zeit um beinahe 40 Prozent an.

Am 1. Juli 1969 wurden im Zuge des ersten Neugliederungsprogramms in Nordrhein-Westfalen die Gemeinde Birten des Amtes Alpen-Veen sowie die bis dahin selbstständigen Gemeinden Marienbaum und Wardt in die Stadt Xanten eingegliedert.[5] Die Fläche der Stadt vergrößerte sich von 8 km² auf 72 km², die Einwohnerzahl von rund 7.000 auf 16.000 Einwohner. Wirtschaftliche Grundlage blieb neben der wenig ausgeprägten Industrie die Landwirtschaft. Nach der Auflösung des Kreises Moers wurde Xanten 1975 dem neu gegründeten Kreis Wesel zugeordnet.[6]

Im Jahre 1962 ließ die Nato Im Dreieck Xanten-Labbeck-Sonsbeck eine Raketenabwehrstellung errichten, die von September 1971 bis November 1989 durch die belgische 59. Staffel des 9. Missile Wing im Rahmen der NATO-Luftverteidigung betrieben wurde[7]. Die belgischen Soldaten wurden am Rand des Waldstücks Hees bei Xanten in einer neu errichteten Kaserne stationiert. Die dazugehörende launching area (Raketendepot und Abschussrampe) lag auf halber Strecke zwischen Labbeck und Xanten, und die Feuerleitstelle (integrated fire control) am Waldrand in der Sonsbecker Schweiz. In der Launching Area waren Nike-Hercules-Raketen mit konventionellen Sprengköpfen positioniert, deren Aufgabe primär die Verteidigung des höheren Luftraums war. Zusätzlich konnte der Raketentyp mit taktischen Atomwaffen bestückt werden, die ab 1978 in der verbunkerten Launching Area eingelagert und von einer US-Spezialeinheit kontrolliert wurden. Der militärisch stark gesicherte Sonderbereich für die rund 10 Atomsprengköpfe innerhalb des Geländes wurde hermetisch abgeriegelt und streng bewacht[8]. Mit der Umstellung auf das neue, mobile Luftabwehrsystem "Patriot" wurden die Atomwaffen Mitte 1989, noch vor Ende des kalten Krieges, abgezogen, und Anfang der 90er Jahre auch die mittlerweile veraltete Raketentechnik, so dass der militärische NATO-Standort Xanten komplett aufgegeben wurde und die geräumten Areale in Bundesbesitz übergingen. Der stark gepanzerte Wachturm und einige Bunker sowie Nebengebäude in der ehemaligen Launching Area zeugen noch heute von der einstigen Bedeutung im Kalten Krieg, während die Feuerleitstelle in der Sonsbecker Schweiz abgebaut und weitgehend renaturiert wurde. Die ehemalige belgische Kaserne in Xanten wurde bis 1997 zu einer Wohnanlage mit 43 öffentlich geförderten Mietwohnungen umgestaltet.

Da Xanten als einzige ehemals römische Siedlung nördlich der Alpen nicht auf dem Gelände der Colonia, sondern südlich davon über deren Friedhof entstanden war, wurde 1977 der Archäologische Park Xanten als teilweiser Wiederaufbau der römischen Colonia Ulpia Traiana eröffnet und touristisch erschlossen. Weiterhin wurden verschiedene historische Gebäude des Xantener Stadtkerns restauriert und an Xantener Südsee und Xantener Nordsee, zwei durch einen Kanal verbundene Seen nahe den Ortschaften Wardt und Vynen, im Jahr 1982 das Freizeitzentrum Xanten eröffnet. Am 28. November 1988 erhielt Xanten, welches im selben Jahr von rund 800.000 Touristen besucht wurde, als erste Stadt im Regierungsbezirk Düsseldorf den Titel eines Staatlich anerkannten Erholungsortes.

Am 1. Januar 2010 wurde Xanten zu einer Mittleren kreisangehörigen Stadt erhoben. Seit 2014 ist es zudem staatlich anerkannter Luftkurort.[9]


Text: Wikipedia

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