Zerbst

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Zerbst/Anhalt ist eine Stadt im Landkreis Anhalt-Bitterfeld im Land Sachsen-Anhalt.

Reklamemarken und Siegelmarken

Verzeichnis der sortierten Reklamemarken und Siegelmarken mit einem Bezug zu Zerbst.

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Sonstige

Geschichte

Frühgeschichte

Vorgeschichtliche Funde im Gebiet der heutigen Stadt Zerbst weisen auf eine Besiedlung seit dem Ende der Jungsteinzeit (Schnurkeramiker), etwa 3000–2000 v. Chr.

Slawischer Verwaltungsmittelpunkt

Infolge des permanenten Grenzkonflikts zwischen den benachbarten Völkern begannen die Slawen im 9. und 10. Jahrhundert ihr Siedlungsgebiet politisch und militärisch abzusichern. Im Zuge der deutschen Ostkolonisation gelangt das unmittelbar ostelbische Gebiet zunächst unter deutsche Verwaltung. In diese Zeit fällt die erste urkundliche Erwähnung des bedeutenden slawischen Verwaltungsbezirks Ciervisti in der Gründungsurkunde des Bistums Brandenburg aus dem Jahr 948.[6] Infolgedessen kann angenommen werden, dass bereits eine namensgebende (befestigte) slawische Siedlung als Gau-Hauptort existierte. Der allgemeine Slawenaufstand revidierte die Machtverhältnisse wieder zugunsten der Slawen und in der Folgezeit bestimmten stetige Grenzkriege das Geschehen in der Region.

1008 wurde schließlich auch die Burg Zirwisti in der Chronik des Thietmar von Merseburg erwähnt. Er berichtet, dass der polnische Herzog Boleslaw I. während eines Konflikts mit Heinrich II. im Jahre 1007 den Ort einnahm und dessen Einwohner teilweise verschleppte.[7]

Mittelalterliche deutsche Geschichte

Seit dem frühen 12. Jahrhundert kam das Gebiet unter deutschen Einfluss, einige unmittelbar angrenzende Dörfer waren im Besitz der Magdeburger Nicolaikirche.

Es entwickelte sich neben der Burg eine Marktsiedlung. Von 1214 ist die älteste Münze aus Zerbst erhalten.[8] 1215 wurde erstmals die Bartholomäus-Kirche in der Vorburgsiedlung erwähnt, 1235 erstmals das Franziskanerkloster St. Johannes. Um 1250 wurde eine erste steinerne Stadtmauer gebaut.

Seit 1278 waren die Herren von Barby Besitzer von Stadt und Herrschaft Zerbst. 1298 wechselte das Zisterzienserinnenkloster vom Ankuhn nach Zerbst. In dieser Zeit wurde ein Kollegiatstift an der Bartholomäuskirche eingerichtet.

1307 erwarb Graf Albrecht I. die Stadt und begründete die jahrhundertedauernde Herrschaft der askanischen Grafen von Anhalt-Zerbst. Die Stadt wurde das Zentrum ihres Herrschaftsgebietes. 1348 wurde ein Augustinerkloster gegründet. Seit dieser Zeit kämpfte Zerbst mit dem Fürstenhaus um städtische Freiheiten. 1506 kam es zu einem schweren Stadtbrand.

Reformationszeit

1517 predigte Johann Tetzel auch in Zerbst und verkaufte Ablassbriefe. Reformatorische Impulse drangen bald vom nahegelegenen Wittenberg auch nach Zerbst. Nach Besuchen Luthers 1522 wandte sich die Stadt als eine der ersten überhaupt dem evangelischen Bekenntnis zu.[9][10] Die drei Klöster und das Stift wurden aufgelöst.

1582 wurde das Francisceum als Gymnasium illustre gegründet, das für die Verbreitung der Ideen Philipp Melanchthons und des Calvinismus in dieser Zeit eine erhebliche Bedeutung hatte.

Residenzstadt

Von 1603 bis 1793 war Zerbst Residenz des Fürstentums Anhalt-Zerbst, zu dessen Gebiet unter anderem auch die Herrschaft Jever gehörte. Mansfelds Truppen erstürmen die Stadt (Federzeichnung von Max Dorn)

Während des Dreißigjährigen Kriegs kam es zum Niedergang der Stadt. So wurde Zerbst, nachdem es vom Kriegsgeschehen zunächst verschont worden war, 1626 von den unter dänischem Befehl stehenden Truppen Ernst von Mansfelds gestürmt, verheert und besetzt. Die während des Angriffs in die Stadtmauer geschlagene Bresche am Franziskanerkloster (dem heutigen Francisceum) ist noch heute mit einer Inschrift gekennzeichnet. Nach der Niederlage Mansfelds in der Schlacht bei Dessau besetzten kaiserliche Truppen unter Wallenstein die Stadt. Wie Mansfeld wohnte auch Wallenstein für kurze Zeit im „Neuen Haus“ (zerstört 1945) am Zerbster Markt und erlegte der Stadt zur Strafe für die „Unterstützung“ der protestantischen Truppen hohe Kontributionen auf. In den folgenden Jahren bis zum Ende des Kriegs wurde Zerbst wiederholt von verschiedenen Heeren besetzt, wodurch sie letztendlich wirtschaftlich ruiniert wurde und verarmte. Weiterhin wüteten mehrere durch die Besatzungstruppen in die Stadt getragene Pestepidemien in der Stadt, denen wahrscheinlich mehr als jeder dritte Einwohner zum Opfer fiel. Das Zerbster Schloss war ein bedeutender Renaissance- und Barock-Bau. Es brannte im April 1945 nach Bombenangriffen US-amerikanischer Flugzeuge aus und steht seitdem als Ruine in der Stadt.

Nach dem Kriege gelangte die Stadt zunehmend unter den Einfluss der anhaltischen Fürsten, die eine Verwandlung der Bürgerstadt Zerbst zu einer Residenzstadt anstrebten. 1681 wurde mit dem Bau des repräsentativen Schlosses anstelle der Wasserburg begonnen.

Von 1722 bis 1758 war in Zerbst der bedeutende Barockkomponist Johann Friedrich Fasch Hofkapellmeister. Ihm zu Ehren finden seit 1983 Fasch-Festtage statt. 1745 heiratete Prinzessin Sophie Auguste Friederike von Anhalt-Zerbst den russischen Thronfolger Peter III. Als Katharina II. (die Große) bestieg sie selbst 1762 den Zarenthron und regierte bis 1796 Russland. 1797 wurde die Stadt nach der Zerbster Teilung Bestandteil des Fürstentums Anhalt-Dessau.

19. Jahrhundert und Weimarer Republik

In der Zeit der Napoleonischen Kriege wurde Zerbst nach dem Durchzug bei Jena und Auerstedt geschlagener preußischer Truppen von Ende 1806 bis Anfang 1807 von französischen Truppen des 1. Korps unter Marshall Bernadotte besetzt.

Mit dem Beginn der Befreiungskriege zog 1813 das Lützowsche Freikorps in Zerbst ein, wobei der Dichter Theodor Körner im Haus seiner in der Stadt lebenden Verwandten Unterkunft fand (bis zu seiner Zerstörung 1945 wurde dieses als Körner-Haus bezeichnet). In der Vorbereitung der in unmittelbarer Nähe ausgetragenen Schlacht bei Möckern wurde die Stadt Anfang April 1813 von preußischen Truppen unter General Yorck besetzt. Während und nach den Gefechten wurden in der Stadt verwundete Koalitionstruppen in Notunterkünften und Lazaretten versorgt. 1863 erfolgte der Anschluss an das mitteldeutsche Eisenbahnnetz.

Von 1891 bis 1928 verkehrte mit der Zerbster Straßenbahn eine Pferdebahn in der Stadt, die zu den Pferdebahnen gehörte, die in Deutschland am längsten betrieben wurden. 1913 eröffnete das Kaufhaus Schocken seine Zerbster Filiale.

„Drittes Reich“ und Zweiter Weltkrieg

Ab 1935 wurde im Rahmen der deutschen Wiederaufrüstung in unmittelbarer Nähe der Stadt ein Militärflugplatz der Luftwaffe angelegt.

Vom Herbst 1940 bis zum Herbst 1944 war die Jagdfliegerschule 2 dort stationiert und mit der Pilotenschulung beauftragt. Gegen Kriegsende im März/April 1945 waren weiterhin mit Strahljägern des Typs Me 262 ausgerüstete Luftwaffeneinheiten (KG (J) 54, NAGr 1) auf dem Flugplatz stationiert. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurde am Rande des Militärflugplatzes ein Arbeitslager der Organisation Todt für sogenannte „jüdische Mischlinge ersten Grades“ und „jüdisch Versippte“ aus Mischehen errichtet (Sonderkommando J). 700 Männer wurden von dort zur Zwangsarbeit beim Straßenbau, Flughafenbau und Torfstechen eingesetzt. Nach Kriegsende wurde der Flugplatz bis 1992 von Einheiten der Roten Armee genutzt, hauptsächlich von der 126. Jagdfliegerdivision.

Im Zweiten Weltkrieg, besonders als Tagesangriff am 16. April 1945, wurde Zerbst mit seinen Wohn-, Kultur- und Industriebauten durch US-amerikanische Luftangriffe zu 80 Prozent zerstört. Es brannte vier Tage lang, unterstützt durch anhaltenden amerikanischen Artilleriebeschuss. Mindestens 574 Menschen fanden den Tod.[11] Die Luftangriffe im April 1945 wurden durch die Neunte Taktische Luftflotte der USAAF durchgeführt. Von 7.100 Wohnungen wurden 4.100 zerstört (3.700 total) oder beschädigt. Es resultierten 126 Hektar vernichteter Fläche und 372.000 m3 Schutt.[12] Der Arzt Dr. Wille und der Exportkaufmann Heinrich Gelzenleuchter gingen am 21. April den mutigen Schritt, als Parlamentäre den US-Truppen unweit der Stadt die Bereitschaft zur Kapitulation der in der Stadt vorhandenen Wehrmachtseinheiten zu überbringen. Dadurch wurde eine weitere totale Bombardierung nach vier ungenutzt verstrichenen Ultimaten der Amerikaner verhindert.[13] Jedoch lag Zerbst bis zum 26. April täglich unter teils heftigem Artilleriebeschuss. Am 28. April wurde die Stadt kampflos an die US-Bodentruppen übergeben. Es folgte für die Bevölkerung die erste Nacht ohne Beschuss.

DDR-Zeit

Am 6. Mai 1945 löste die Rote Armee die amerikanische Besatzung ab.[14] Damit wurde Zerbst Teil der SBZ und 1949 der DDR.

Die Altstadt wurde in den folgenden Jahrzehnten unter wesentlicher Veränderung des Stadtbildes teilweise wieder aufgebaut. Eine Reihe von historischen Bauten ist erhalten geblieben oder wiederhergestellt worden.

Im Jahre 1956 wurden auf Bestreben des Generals Curtis LeMay, der 1945 die Abwürfe der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki befahl und einen nuklearen Präventivkrieg empfahl, circa 1100 Ziele in Osteuropa und Asien ausgewählt.[15] Eine Atombombe mit 1200 Kilotonnen TNT Sprengkraft sollte den Militärflugplatz Zerbst treffen. Die im August 1945 über Nagasaki abgeworfene Atombombe hatte im Vergleich dazu ein Äquivalent von 20 Kilotonnen TNT.[16]

In der Nacht vom 2. zum 3. Oktober 1990 attackierten mehr als 200 Neonazis und normale Jugendliche aus Zerbst die von der linksalternativen Szene besetzte Kötschauer Mühle am Stadtrand. Im Verlauf dieses größten Angriffes anlässlich der deutschen Vereinigung kam es zu 17 teils schwer verletzten Jugendlichen.[17]

Nach der Wende

Von 1991 bis 2008 wurden 15 Millionen Euro in die Sanierung der Altstadt investiert.

Zu einer Namensänderung kam es am 1. Juli 2006, als sich die Stadt von Zerbst in Zerbst/Anhalt umbenannte.[19] Am 1. Juli 2007 wurde die Stadt Zerbst/Anhalt nebst einigen Gemeinden des bisherigen Landkreises Anhalt-Zerbst in den neu gegründeten Landkreis Anhalt-Bitterfeld mit der Kreisstadt Köthen eingegliedert.

Im Zuge einer Gemeindereform 2010 und der damit folgenden Eingemeindung von 21 Gemeinden wuchs die Stadt Zerbst/Anhalt zur fünftgrößten Gemeinde Deutschlands an.


Text: Wikipedia

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