Truppenübungsplatz Zossen-Wünsdorf: Unterschied zwischen den Versionen

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Von der einstigen Wasserburg Zossen mit geschlossener Mauer, fünf Bastionen und Zugbrücke über den umgebenden Wassergraben kündet heute nur noch der Rest eines Wach- und Wehrturmes im Stadtpark. Bekannter als diese Geschichte ist die Entwicklung im 20. Jahrhundert: 1907 begann bei Zossen und Wünsdorf die Anlage eines Truppenübungsplatzes für das Garde- und das III. Armeekorps aus Berlin. 1911 mussten die Einwohner von Zehrensdorf bei Wünsdorf ihren auf dem Übungsplatz liegenden Ort verlassen, entstand als erstes Kasernengelände das Truppenlager Zossen. Kurz danach wurden bei Wünsdorf eine Militär-Turnanstalt und eine Infanterie-Schießschule errichtet. Es folgten ein Truppen-Barackenlager und nach Kriegsbeginn 1914 zwei Sonderlager für Kriegsgefangene. In einem der Lager, dem Halbmondlager für Muslime, wurde 1915 sogar eine Moschee eingeweiht. Verstorbene Kriegsgefangene wurden auf einem Friedhof bei Zehrensdorf beigesetzt. Nach Kriegsende wurden die Kriegsgefangenenlager aufgelöst und vorübergehend von zugezogenen Familien aus anderen Teilen Deutschlands genutzt. Besiedelt wurde auch wieder das 1911 geräumte Zehrensdorf. Die Reichswehr nutzte die Militär-Turnanstalt sowie weitere Bauten und den Truppenübungsplatz.
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[[File:001100302148.jpg|thumb|300px|Jagdsaal im Kasino]]
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[[File:Militärturnanstalt Wünsdorf 1919.jpg|thumb|300px|Militärturnanstalt Wünsdorf (1919)]]
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[[File:Sportler vor Heeressportschule 1936.jpg|thumb|300px|Sportler vor Heeressportschule (1936)]]
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Ende des 19. Jahrhunderts  wurden in Berlin weitere Truppen des kaiserlichen Heeres  stationiert. Die stürmische industrielle Entwicklung, der Ausbau zur Reichshauptstadt und die damit verbundene rasante Bevölkerungsentwicklung engten die Möglichkeiten für die Schieß - und Übungsplätze der Truppe in den Grenzen der Stadt erheblich ein.
  
Mit der ab 1935 offen beginnenden Wiederaufrüstung im NS-Staat erfuhr auch Zossen-Wünsdorf einen starken Ausbau des Kasernengeländes als Standort für Panzertruppen. 1936 wurde Zehrensdorf erneut und nunmehr für immer geräumt. Ab 1937 begann der Bau unterirdischer Bunkeranlagen für den Generalstab des Oberkommandos des Heeres (OKH) mit insgesamt 23 Bunkerhäusern („Maybach I“ und „Maybach II“) sowie einem Bunker für die Nachrichtenzentrale („Zeppelin“), genutzt ab August 1939 bis April 1945. Ebenfalls mit Blick auf den geplanten Krieg wurden insgesamt 19 Luftschutztürme errichtet. Ein alliierter Luftangriff am 15. März 1945 forderte in der Region etwa 120 Tote, beendete aber nicht den Betrieb der Militäranlagen. Erst kurz vor dem 20. April 1945, als sowjetische Einheiten das Gelände besetzten, verließen die letzten Wehrmachtssoldaten Bunker und Kasernen.
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Ab 1906 wurden deshalb im preußischen Großen Generalstab Überlegungen zur Schaffung neuer Truppenübungsplätze außerhalb der Stadt angestellt. Neben dem weiteren Ausbau der bestehenden Truppenlager Döberitz und Jüterbog, mit bereits vorhandenem Eisenbahnanschluss und ausgebautem Telegrafennetz wurde über einen weiteren Truppenübungsplatz in Zossen entschieden.  
  
Die Sowjetarmee blieb nach 1945 im Gelände, auf dem die Bunkerhäuser und ein Teil der Luftschutztürme gesprengt wurden. 1953 wurde Wünsdorf Sitz des Oberkommandos der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland (GSSD), von 1989 bis 1994 Westgruppe der Truppen (WGT) genannt. Um die über 20.000 Militärangehörigen und Zivilangestellten, zum Teil mit Familien, unterzubringen, mussten 500 Deutsche an der Fernverkehrsstraße 96 ihre Häuser räumen. Die Straße wurde zwischen Wünsdorf und Zossen gesperrt. Eine Umleitung von Zossen nach Wünsdorf erfolgte für fast 40 Jahre über Mellensee und Klausdorf. Als Verkehrsverbindung des Oberkommandos mit der Sowjetunion entstand nicht nur der ab 1960 genutzte Militärflugplatz Sperenberg, sondern 1977 auch ein Militärbahnhof Wünsdorf mit täglicher Zugverbindung nach und von Moskau. Am 1. September 1994 verließ Generaloberst Burlakow, der letzte Oberkommandierende der WGT, nach dem Rücktransport von über 500.000 Mann mit Militärtechnik aus Ostdeutschland nach Russland vom Flugplatz Sperenberg aus Deutschland.
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Nach umfangreichen Bodenaufkäufen begann 1910 die Militärgeschichte des Standortes Zossen/Wünsdorf. Die Berliner Truppen verlegten periodisch per Militäreisenbahn nach Zossen um den neuen Truppenübungsplatz zur Geländeausbildung zu nutzen. Dabei nahmen sie im neu errichteten Stammlager Zossen zeitweilig Quartier.
  
Ab 1998 entwickelte sich in einem Teil des Geländes zwischen Zossen und Wünsdorf die „Bücherstadt“ mit mehreren Antiquariaten, Museen und Angeboten für Bunker-Führungen.
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Mit Beginn des I. Weltkrieges wurde das Stammlager als Ausbildungszentrum für die Ersatztruppen genutzt. Um die Ausbildungskapazität zu erweitern wurde südlich davon, an der heutigen Bundesstrasse 96, zusätzlich ein großes Barackenlager (Kriegslager) errichtet.
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Auf geheime Anweisung der Obersten Heeresleitung entstanden ab 24. November 1918 die Freikorps. Im Stammlager Zossen war u.a. das „ Freiwillige Landesjägerkorps" - unter Führung von Generalmajor Georg Maercker - konzentriert worden.
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Nach Abschluss des Versailler Vertrages und der Aufstellung des 100.000-Mann-Heeres wurden der Truppenübungsplatz Zossen und die Lager vom deutschen Militär aufgegeben. Das Stamm- und Kriegslager diente nun der Unterbringung von Umsiedlern aus den abgetretenen Ostgebieten sowie russischen Emigranten. Von 1925 bis 1929 wurde ein Teil des Stammlagers als Kindererholungsheim der Stadt Berlin genutzt.
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Ab 1. November 1933 begann mit der Aufstellung des Kraftfahr-Lehrkomandos im Stammlager Zossen der getarnte Aufbau der deutschen Panzertruppe, die sich im Juli 1935 auf dem Truppenübungsplatz erstmals Hitler präsentierte. Die Panzereinheiten bezogen dann ab 1935 die neu errichteten Kasernen in Wünsdorf.
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Mit der Wiederaufrüstung der deutschen Wehrmacht wurde das Stammlager Zossen im August 1936 als zukünftiger Mobilmachungs- bzw. Kriegsstandort für das Hauptquartier des Oberkommandos des Heeres (OKH) festgelegt und der Bau von bombensicheren Luftschutzanlagen angeordnet.
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Zur geschützten Unterbringung der Feldführung des OKH wurden daraufhin zwei Bunkersiedlungen errichtet ("Maybach-I" und "Maybach-II"). Da der Standort Zossen über eine unzureichende fernmeldetechnische Ausstattung verfügte, um die Truppenführung im Kriege zu gewährleisten, wurde in Anbindung an die Bunkersiedlung „Maybach-I“ ein unterirdischer Fernmeldebunker (Tarnname "Zeppelin") gebaut.
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Bis zum 26. August 1939 stellte das HQu OKH die Arbeitsbereitschaft in den Kasernen und fertig gestellten Bunkern von Zossen her. Im Verlaufe des II. Weltkrieges wurde von hier die Führung der Operationen des Feldheeres realisiert. Zeitweise verlegten Teile des Hauptquartiers in andere Feldquartiere, um in Hitlers Nähe zu sein, was zu einer Auflockerung der Belegung im Stammlager Zossen führte.
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Am 15. März 1945 flogen 584 amerikanische Bomber die Kasernenkomplexe von Zossen und Wünsdorf an. Es fielen fast 7.000 Spreng- und Brandbomben auf die Anlagen. Die Zerstörungen hielten sich in Grenzen. Das Hauptquartier OKH setzte seine Arbeit auch während des Angriffs fort.
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Nach diesem Luftangriff erfolgte die Verlagerung der Dienststellen aus Zossen/Wünsdorf nach Mittel- und Süddeutschland.
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Am 21. April 1945 erreichten die Truppen der 3. sowjetischen Garde-Panzerarmee das Stammlager Zossen. Die Bunkeranlagen fielen unversehrt in die Hände der Roten Armee und wurden zwischen 1946 und 1948 gesprengt.
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Bis Anfang der 1950er Jahre wurde das Stammlager zur Unterbringung sowjetischer Truppeneinheiten genutzt. Dann als 3. Militärsiedlung bezeichnet, beherbergte es den Stab der 16. Luftarmee und seine sicherstellenden Einheiten. Von hier wurden die sowjetischen Luftwaffendivisionen und -truppenteile, die auf dem Territorium der DDR basiert waren, im täglichen Dienst geführt. Dazu wurden neue Bunkeranlagen, wie der zentrale Führungspunkt der Luftstreitkräfte/Luftverteidigung "Nickel" errichtet
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Die südlich gelegene 4. Militärsiedlung umfasste eine neue Kaserne, die in den 1950er Jahren im Umfeld der ehemaligen „Maybach-II“- Anlage errichtet wurde. Dort war das 69. Mot.-Schützenregiment untergebracht.
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Im Rahmen des Abzuges der Westgruppe der Truppen (Bezeichnung seit 1989) aus Deutschland wurden die Kasernen der 3. und 4. russischen Militärsiedlung bis zum Sommer 1994 geräumt. Ab 1996 begann für den Standort Zossen/Wünsdorf mit einem Konversionsprogramm des Landes Brandenburg eine friedliche Umgestaltung der ehemaligen Kasernenkomplexe.
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[http://www.veikkos-archiv.com/index.php?title=Zossen_Quellenverzeichnis Quelle]

Aktuelle Version vom 19. März 2014, 17:21 Uhr

Schule für Motorisierung 1944
Ansichtskarte des Truppenübungsplatzes (1916)
Ansichtskarte des Truppenübungsplatzes (1915)
Ansichtskarte des Truppenübungsplatzes (1916)
Ansichtskarte des Freibades (1935)
Jagdsaal im Kasino
Militärturnanstalt Wünsdorf (1919)
Sportler vor Heeressportschule (1936)

Ende des 19. Jahrhunderts wurden in Berlin weitere Truppen des kaiserlichen Heeres stationiert. Die stürmische industrielle Entwicklung, der Ausbau zur Reichshauptstadt und die damit verbundene rasante Bevölkerungsentwicklung engten die Möglichkeiten für die Schieß - und Übungsplätze der Truppe in den Grenzen der Stadt erheblich ein.

Ab 1906 wurden deshalb im preußischen Großen Generalstab Überlegungen zur Schaffung neuer Truppenübungsplätze außerhalb der Stadt angestellt. Neben dem weiteren Ausbau der bestehenden Truppenlager Döberitz und Jüterbog, mit bereits vorhandenem Eisenbahnanschluss und ausgebautem Telegrafennetz wurde über einen weiteren Truppenübungsplatz in Zossen entschieden.

Nach umfangreichen Bodenaufkäufen begann 1910 die Militärgeschichte des Standortes Zossen/Wünsdorf. Die Berliner Truppen verlegten periodisch per Militäreisenbahn nach Zossen um den neuen Truppenübungsplatz zur Geländeausbildung zu nutzen. Dabei nahmen sie im neu errichteten Stammlager Zossen zeitweilig Quartier.

Mit Beginn des I. Weltkrieges wurde das Stammlager als Ausbildungszentrum für die Ersatztruppen genutzt. Um die Ausbildungskapazität zu erweitern wurde südlich davon, an der heutigen Bundesstrasse 96, zusätzlich ein großes Barackenlager (Kriegslager) errichtet.

Auf geheime Anweisung der Obersten Heeresleitung entstanden ab 24. November 1918 die Freikorps. Im Stammlager Zossen war u.a. das „ Freiwillige Landesjägerkorps" - unter Führung von Generalmajor Georg Maercker - konzentriert worden.

Nach Abschluss des Versailler Vertrages und der Aufstellung des 100.000-Mann-Heeres wurden der Truppenübungsplatz Zossen und die Lager vom deutschen Militär aufgegeben. Das Stamm- und Kriegslager diente nun der Unterbringung von Umsiedlern aus den abgetretenen Ostgebieten sowie russischen Emigranten. Von 1925 bis 1929 wurde ein Teil des Stammlagers als Kindererholungsheim der Stadt Berlin genutzt.

Ab 1. November 1933 begann mit der Aufstellung des Kraftfahr-Lehrkomandos im Stammlager Zossen der getarnte Aufbau der deutschen Panzertruppe, die sich im Juli 1935 auf dem Truppenübungsplatz erstmals Hitler präsentierte. Die Panzereinheiten bezogen dann ab 1935 die neu errichteten Kasernen in Wünsdorf.

Mit der Wiederaufrüstung der deutschen Wehrmacht wurde das Stammlager Zossen im August 1936 als zukünftiger Mobilmachungs- bzw. Kriegsstandort für das Hauptquartier des Oberkommandos des Heeres (OKH) festgelegt und der Bau von bombensicheren Luftschutzanlagen angeordnet.

Zur geschützten Unterbringung der Feldführung des OKH wurden daraufhin zwei Bunkersiedlungen errichtet ("Maybach-I" und "Maybach-II"). Da der Standort Zossen über eine unzureichende fernmeldetechnische Ausstattung verfügte, um die Truppenführung im Kriege zu gewährleisten, wurde in Anbindung an die Bunkersiedlung „Maybach-I“ ein unterirdischer Fernmeldebunker (Tarnname "Zeppelin") gebaut.

Bis zum 26. August 1939 stellte das HQu OKH die Arbeitsbereitschaft in den Kasernen und fertig gestellten Bunkern von Zossen her. Im Verlaufe des II. Weltkrieges wurde von hier die Führung der Operationen des Feldheeres realisiert. Zeitweise verlegten Teile des Hauptquartiers in andere Feldquartiere, um in Hitlers Nähe zu sein, was zu einer Auflockerung der Belegung im Stammlager Zossen führte.

Am 15. März 1945 flogen 584 amerikanische Bomber die Kasernenkomplexe von Zossen und Wünsdorf an. Es fielen fast 7.000 Spreng- und Brandbomben auf die Anlagen. Die Zerstörungen hielten sich in Grenzen. Das Hauptquartier OKH setzte seine Arbeit auch während des Angriffs fort.

Nach diesem Luftangriff erfolgte die Verlagerung der Dienststellen aus Zossen/Wünsdorf nach Mittel- und Süddeutschland.

Am 21. April 1945 erreichten die Truppen der 3. sowjetischen Garde-Panzerarmee das Stammlager Zossen. Die Bunkeranlagen fielen unversehrt in die Hände der Roten Armee und wurden zwischen 1946 und 1948 gesprengt.

Bis Anfang der 1950er Jahre wurde das Stammlager zur Unterbringung sowjetischer Truppeneinheiten genutzt. Dann als 3. Militärsiedlung bezeichnet, beherbergte es den Stab der 16. Luftarmee und seine sicherstellenden Einheiten. Von hier wurden die sowjetischen Luftwaffendivisionen und -truppenteile, die auf dem Territorium der DDR basiert waren, im täglichen Dienst geführt. Dazu wurden neue Bunkeranlagen, wie der zentrale Führungspunkt der Luftstreitkräfte/Luftverteidigung "Nickel" errichtet

Die südlich gelegene 4. Militärsiedlung umfasste eine neue Kaserne, die in den 1950er Jahren im Umfeld der ehemaligen „Maybach-II“- Anlage errichtet wurde. Dort war das 69. Mot.-Schützenregiment untergebracht.

Im Rahmen des Abzuges der Westgruppe der Truppen (Bezeichnung seit 1989) aus Deutschland wurden die Kasernen der 3. und 4. russischen Militärsiedlung bis zum Sommer 1994 geräumt. Ab 1996 begann für den Standort Zossen/Wünsdorf mit einem Konversionsprogramm des Landes Brandenburg eine friedliche Umgestaltung der ehemaligen Kasernenkomplexe.


Quelle