Burg Reinfels

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Die Burg Rheinfels ist die Ruine einer Spornburg auf einem Bergrücken zwischen dem linken Ufer des Rheins und dem Gründelbachtal oberhalb von St. Goar gelegen. Nach ihrem Ausbau zur Festung war sie die größte Wehranlage im Mittelrheintal zwischen Koblenz und Bingen und wurde nur noch von der Festung Ehrenbreitstein übertroffen, die im Mittelrheintal oberhalb des rechtsrheinischen, gleichnamigen Koblenzer Stadtteils liegt. Seit 2002 ist die Burg Rheinfels Teil des UNESCO-Welterbes Oberes Mittelrheintal.

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Geschichte

Von der Erbauung bis ins 18. Jahrhundert

1245 wurde die Burg von Diether V. von Katzenelnbogen als Zollburg für die rheinaufwärts fahrenden Schiffe erbaut. Gemäß der einzigen zeitgenössischen Quelle wird in den Wormser Annalen unter dem Jahr 1256 erwähnt, dass Diether V. den Landfrieden gegen Mainzer Bürger gebrochen habe. Grund waren wahrscheinlich die seit längerer Zeit erhobenen Zölle. Die darauf erfolgte Belagerung durch ein Heer des Rheinischen Städtebundes blieb erfolglos; dadurch erlangte die Burg den Ruf, uneinnehmbar zu sein. Der hessische Chronist Wigand Gerstenberg schmückte die Geschichte 1493 weiter aus, was sich durch zeitgenössische Quellen nicht belegen lässt.

Im 13. Jahrhundert wurde die Grafschaft Katzenelnbogen in die Obergrafschaft im Gebiet um Darmstadt und in die Niedergrafschaft mit der Residenz Rheinfels geteilt. Um 1360/1370 erfolgte unter Graf Wilhelm II. von Katzenelnbogen (1332–1385) ein großangelegter Ausbau der Kernburg. Weitere Ausbauten betrafen das Frauenhaus (jetzt Museum) mit einem rheinseitigen Eckrundturm und einem hofseitigen Treppenturm sowie die mächtige Schildmauer, flankiert von zwei Türmen, Uhrturm und Büchsenmeisterturm. Von 1360 bis 1371 baute der Graf auf der gegenüberliegenden Rheinseite die Burg Neukatzenelnbogen, Burg Katz genannt. Dadurch wurde es möglich, auch von den rheinabwärts fahrenden Schiffen Zoll zu erheben (St. Goarer Doppelzoll).

Nachdem 1402 die Ober- und Niedergrafschaft wieder vereinigt wurden, blieb die Residenz auf Burg Rheinfels. Unter Graf Johann IV. und seinem Sohn Philipp erlangte das höfische Leben im 15. Jahrhundert auf Burg Rheinfels seinen Höhepunkt. Nach neueren Erkenntnissen wurde erst unter Philipp der runde Bergfried erhöht und mit einem Butterfassturmaufsatz (s. Marksburg) aufgestockt. Dies war mit einer Gesamthöhe von 54 m der höchste bekannte Bergfried einer deutschen Burg und man konnte bei klarer Sicht weit in Hunsrück und Taunus hineinschauen. Philipps Söhne Philipp der Jüngere († 1453) und Eberhard († 1456) starben früh; damit fielen Grafschaft und Burg 1479 an Landgraf Heinrich III. von Hessen-Marburg, der mit Anna, der Tochter Philipps, verheiratet war. In einem Jahrzehnte währenden Erbstreit mit dem Haus Nassau konnte sich der Landgraf behaupten. Mit Heinrichs Sohn Wilhelm III. starb seine Familie aus und Rheinfels fiel mit Marburg an Wilhelm II. von Hessen, der die gesamte Landgrafschaft Hessen wieder in einer Hand vereinigte.

Landgraf Philipp der Großmütige von Hessen ließ die Burg zu einem Renaissanceschloss umbauen. Nach seinem Tod wurde sie im Wege der Erbteilung unter seinen Söhnen Sitz der kurzlebigen Landgrafschaft Hessen-Rheinfels. Landgraf Philipp II. von Hessen-Rheinfels (1541–1583) ließ die Burganlage sanieren und weiter ausbauen. Im Verlauf des Marburger Erbfolgestreites zwischen den Landgrafschaften Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt wurde die Niedergrafschaft einschließlich Burg Rheinfels durch das Reichshofgericht 1623 Hessen-Darmstadt zugesprochen. Landgraf Moritz von Hessen-Kassel erkannte das Urteil jedoch nicht an. Die rechtmäßigen Besitzer mussten sich erneut an das Reichsgericht wenden. Ferdinand von Bayern, Kurfürst und Erzbischof von Köln, der das Urteil vollstrecken sollte, ließ die Burg 1626 belagern, und nach schweren Kämpfen wurde Rheinfels am 2. September 1626 an Hessen-Darmstadt übergeben.

Nachdem Landgraf Georg II. von Hessen-Darmstadt die Burg restauriert hatte, wurde sie abermals 1647 von Hessen-Kassel erobert. Am 14. April 1648 schlossen die beiden hessischen Landgrafschaften einen Vergleich, durch den die Burg Rheinfels und die Stadt St. Goar zwischen Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt geteilt wurden. 1649 machte Landgraf Ernst von Hessen-Rheinfels-Rotenburg, Sohn aus zweiter Ehe des vormaligen Landgrafen Moritz von Hessen-Kassel, Rheinfels zu seiner Residenz und baute es 1657–1674 zu einer umfangreichen Festung aus, die gegen Frankreich gerichtet war. Er begründete so die (zweite) jüngere Nebenlinie „Hessen-Rheinfels“, (später Hessen-Rheinfels-Rotenburg) des landgräflichen Hauses von Hessen-Kassel und residierte auf Rheinfels bis 1692.

Auf einer Forschungsreise durch Deutschland wurden die Jesuiten bzw. Bollandisten Godefridus Henschenius (1600–1682) und Daniel Papebroch (1628–1714) am 10. August 1660 von Landgraf Ernst I. sowie seiner Gattin auf Rheinfels zum Essen eingeladen. Papebroch schreibt darüber:[1]

„Hof halten sie in einer sehr stark befestigten Burg auf einem sehr hohen Berg, die dennoch bequeme Wohnverhältnisse bietet, soweit wir das aus verschiedenen Räumen, durch die wir geführt wurden, entnehmen konnten. Sehr schön ist auf der Burg eine Kapelle mit einer vergoldeten Decke, genaugenommen einer Decke die überall von goldenen Inschriften auf dunklem Untergrund überzogen ist; an den Wänden befinden sich Bilder zur Passionsgeschichte. Unter der Sängerempore sieht man die Wappen des Landgrafen mit folgender Aufschrift: 'Ernst, aus seinem Geschlechte der erste Rückkehrer in die katholische Kirche, voll brennender Hoffnung, es mögen ihm gar viele nachfolgen'. Dann sah man seine einzelnen Wappen, Stück für Stück, ein jedes mit seinem Motto darunter. Die bemerkenswertesten Verse standen unter einem Doppelkreuz, das das Wappen der Abtei Hersfeld ist, die im Westfälischen Frieden an den Landgrafen fiel; sie lauten: ‚Unfreiwillig füge ich dieses Wappen meinen Wappen bei, denn was Dein ist soll man Dir gekreuzigter Jesu geben‘.“

– Udo Kindermann: Kunstdenkmäler zwischen Antwerpen und Trient: Beschreibungen und Bewertungen des Jesuiten Daniel Papebroch aus dem Jahre 1660; Erstedition, Übersetzung und Kommentar, Böhlau Verlag, Köln, 2002, S. 61 u. 62, ISBN 3-412-16701-0

Landgraf Ernst, in ständigen finanziellen Schwierigkeiten, schloss mit dem französischen König Ludwig XIV. einen Geheimvertrag ab, worin er ihm gegen hohe Rentenzahlungen Burg Rheinfels zu überlassen versprach. Landgraf Karl von Hessen-Kassel erfuhr rechtzeitig von diesem Vorhaben, nahm die Burg im Handstreich und verteidigte sie, mehrmals schwer belagert, gegen die Franzosen. Die Verteidigung der Burg erfolgte unter Georg Ludwig (1655–1696) von Schlitz genannt von Görtz, Generalmajor in Hessen-Kassel. Er wurde mit einer lebenslangen Statthalterschaft belohnt.

Im Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688–1697) unternahmen französische Truppen unter der Führung von Lieutenant-général Comte de Tallard im Dezember 1692 einen Angriff auf die Festung, der am Widerstand der Besatzung aus Hessen-Kassel scheiterte. Der Comte de Tallard hatte König Ludwig XIV. die Schlüssel der Festung Rheinfels als Neujahrsgeschenk versprochen. Bei einem Erkundungsritt auf dem Wackenberg im Kreise seiner Offiziere traf ihn die Kugel des Drechslermeisters Johann Kretsch, einem Mitglied der Schützenkompanie zur Verteidigung der Stadt St. Goar. Als Posten auf der Galerie der Stiftskirche richtete er seinen Doppelhaken (schweres Gewehr) auf denjenigen mit dem höchsten Federbusch. Trotz der für damalige Gewehre sehr großen Entfernung von 200 m traf er sein Ziel, die Kugel drang Tallard in die Brust und fuhr an der Seite wieder hinaus. Der als tollkühn bekannte Tallard musste schwerverletzt sein Kommando niederlegen; den Oberbefehl übernahm Maréchal de camp Thomas de Choisy. Die Belagerung geriet dadurch ins Stocken, was wohl zur Rettung der Festung beitrug.[2] Zum Schluss standen 3000 Verteidiger gegen 28.000 französische Soldaten. Bei zwei Sturmversuchen starben 4000 Franzosen und 6500 wurden verwundet; die Verteidiger beklagten 564 Tote und 885 Verwundete. Auch der zweite Angriff wurde abgeschlagen, und bei Herannahen des Entsatzheeres am 3. Januar 1693 unter Führung von Landgraf Karl von Hessen-Kassel, bestehend aus pfälzischen, brandenburgischen, münsterischen und vier hessischen Regimentern, zogen die Franzosen ab.

Landgraf Karl bemühte sich vergeblich, den deutschen Kaiser für seine Wünsche nach dauerndem Besitz der Burg Rheinfels geneigt zu machen. Verbündete fand er in England und den Niederlanden. Als diese beiden Länder 1713 mit Frankreich den Frieden zu Utrecht schlossen, wurde im Friedensvertrag die Bestimmung aufgenommen, dass Hessen-Kassel die Burg Rheinfels und die Stadt Sankt Goar behalten dürfe. Die Nachfahren von Landgraf Ernst I. von Hessen-Rheinfels-Rotenburg bestanden auf der Rückgabe aufgrund eines Urteils des Kaisers von 1711. Nach einem Rechtsstreit übertrug der Landgraf von Hessen-Kassel die Burg 1718 einem Enkel des Ernst von Hessen-Rheinfels-Rotenburg, dem Landgrafen Wilhelm dem Jüngeren von Hessen-Wanfried, der sich nunmehr Wilhelm von Hessen-Rheinfels nannte. Hessen-Kassel wurden die Besatzungsrechte der Burg im Kriegsfall eingeräumt.

Nach dem Tod Wilhelms von Hessen-Rheinfels 1731 übernahm sein Halbbruder Christian von Hessen-Wanfried, der sich nach Verlegung der Landgrafenresidenz nach Eschwege Christian von Hessen-Eschwege nannte, die Landgrafschaft Rheinfels mit der Burg. Bei einem erneuten Truppenüberfall im Jahre 1734 unter der Leitung des französischen Freikorpsführers Kleinholz mit 200 Dragonern und 800 Mann, erfolgte wieder eine Übergabe der Burg Rheinfels an Hessen-Kassel. In einem Hausvertrag von 1735 verzichtete schließlich Hessen-Eschwege-Wanfried auf die Besatzungsrechte der Burg und trat sie endgültig an Hessen-Kassel ab.

1755 starb Christian von Hessen-Eschwege-Wanfried als letzter Nachkomme der hessischen Nebenlinie Hessen-Wanfried und die Landgrafschaften Hessen-Eschwege und Hessen-Rheinfels mit St. Goar und der Burg Rheinfels fielen entsprechend dem Hausvertrag an Hessen-Rotenburg und verblieben dort mit Unterbrechungen bis 1815.

Als im Siebenjährigen Krieg (1756–1763) französische Truppen des Marschalls Soubise am 1. Dezember 1758 die Burg angriffen, war eine Verteidigung durch die dort stationierte Landmiliz gegen die weitaus überlegenen und besser bewaffneten Angreifer nicht möglich; Rheinfels wurde von seinem Kommandanten, dem Hessen-Kasseler Obristen Henrich Donat von Freiwald, kampflos übergeben.[3][4]

Französische Revolutionstruppen im November 1794

Den Oberbefehl als Festungskommandant hatte Generalmajor Philipp Valentin von Resius, ein Greis von 77 Jahren. Die Festung selbst war bestens verproviantiert und die Besatzung mit 3000 Mann ausreichend, nicht mitgerechnet die Besatzungen der benachbarten Geschützbatterien auf den umliegenden Anhöhen. Am 1. November 1794 (Allerheiligen) nahm das Unglück seinen Verlauf: Auf die Nachricht eines französischen Trommlers, dass bereits ein Belagerungsheer von 30.000 Mann (Armée de la Moselle) zum Sturm bereit wäre, ging der Kommandant mit der gesamten Mannschaft kopflos über eine hastig errichtete Brücke auf die andere Rheinseite. Der Abzug der Besatzung erfolgte so überstürzt, dass die Außenposten vergeblich auf ihre Ablösung warteten und die französischen Truppen unter dem Kommando von Général de division Jean René Moreaux am 2. November in der Festung noch die halbgedeckten Tische der letzten Mahlzeit vorfanden. Auf Grund der kampflosen Räumung seiner Festung verurteilte der Landgraf den Kommandanten zum Tode, dieses Urteil wurde später nach Aberkennung aller Titel und Würden in lebenslange Haft umgewandelt. In Spangenberg wurde von Resius in Haft gehalten, bis ihn der Tod 1798 im Alter von 80 Jahren von der Gefangenschaft befreite.[5]

Die französischen Revolutionstruppen zerstörten die Festung: 1796 wurden die vorgelagerten Festungswerke gesprengt, 1797 Schloss und Bergfried.

Victor Hugo schrieb zu den Folgen der Sprengung (die er 1807 und Napoleon Bonaparte zuordnete) auf seiner Rheinreise 1840: "Sonderbar ! Alles zerbarst mit Ausnahme der vier Mauern der Kapelle. Nicht ohne eine gewisse wehmütige Regung betritt man diesen Ort des Friedens, der allein vor dem allgemeinen Einsturz bewahrt worden." Und zum damaligen Zustand schloss er: "Heutzutage ist der Rheinfels ... eine Art Vorwerk eines Bauernhofs. Ein paar Weinstöcke gedeihen kümmerlich, und zwei oder drei Ziegen weiden darin."[6]

1812 wurde die Ruine als französisches Staatseigentum an den St. Goarer Kaufmann Peter Glass verkauft. Das beim Abbruch gewonnene Material wurde zum größten Teil beim Bau der Festung Ehrenbreitstein bei Koblenz verwendet.

Von 1815 bis heute

1815 trat Victor Amadeus von Hessen-Rotenburg, der letzte Landgraf von Hessen-Rotenburg, die Gebiete am Rhein (St. Goar und Rheinfels) an Preußen ab und erhielt als Ausgleich die Fürstentümer Ratibor und Corvey. Burg Rheinfels, 1938

Nachdem die Ruine einige Zeit als Steinbruch genutzt worden war, kaufte sie 1843 Prinz Wilhelm von Preußen, der spätere Kaiser Wilhelm I., der sie damit vor weiteren Zerstörungen bewahrte. Seit 1925 ist die Stadt St. Goar Besitzerin der Burg. Die Kommune nahm 1963/64 sowie in den 1990er Jahren Restaurierungen vor.


Text: Wikipedia

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