Calvörde
Calvörde ist eine Gemeinde im Landkreis Börde in Sachsen-Anhalt.
Reklamemarken und Siegelmarken
Verzeichnis der sortierten Reklamemarken und Siegelmarken mit einem Bezug zu Calvörde.
Geschichte
Frühgeschichtliche Funde
Der Raum zwischen Elbe und Ohre war in der Frühgeschichte dünn oder gar nicht besiedelt. Erste Spuren für feste Siedlungsplätze für Calvörde und Umgebung finden sich in der Zeit von 600 bis 300 v. Chr. Im Calvörder Ortsteil Wegenstedt wurde ein mit 75 Gräbern belegter Friedhof entdeckt. Er wird der frühgermanischen Jastorfkultur zugerechnet.[2] In dem Waldstück Mörderberg bei Calvörde fand sich ein Urnenfriedhof. Die Urnengruppe war von einem Steinkreis (Stelen) umgeben.[3] Die Gräberfelder lagen auf einer Anhöhe. Stelenkreis und Lage auf einer Anhöhe sind typische Zeichen für die Jastorfkultur.[4] Solche Gräber wurden immer außerhalb der Siedlungsplätze angelegt. Daraus ist zu schließen, dass es schon 300 Jahre v. Chr. in Calvörde einen festen Siedlungsplatz gab, ohne dass man weiß, wo sich dieser befunden hat und wie lange er Bestand hatte.[5]
Mittelalter
Calvörde wurde 1196 erstmals urkundlich erwähnt. Wo sich heute eine Brücke über die Ohre befindet, gab es eine Furt durch den Fluss. Dort querte die von Südosten kommende und von Leipzig über Magdeburg nach Lüneburg und Hamburg führende Lüneburger Heerstraße den Fluss. Eine zweite Handelsstraße, von Braunschweig kommend, stieß dazu.
Der Leipziger Sprachforscher Jürgen Udolph leitet den Namen ab aus der mittelniederdeutschen Sprachwendung "to der, bi der kalen forde", „bei der kahlen (wenig bewachsenen) Furt“.[6] Eine örtliche Überlieferung schreibt die Entstehung der Furt einem Mann namens Kale zu, so dass der Name also Kales-Förde (Überfahrtsstelle des Kale) bedeutet.[7]
Im 11. Jahrhundert versuchten die Wenden, den Übergang über die Ohre zu sichern, doch nach der Assimilierung durch die Deutschen im 12. Jahrhundert sicherten die Dynastenfamilien der Ohregegend die Region um Calvörde. Diese Dynastenfamilien nannten sich von Hildesleve, von Amensleve und von Grieben. 1208 starb Otto von Grieben, und die Burg und die Güter gingen an seinen Schwiegersohn Ulrich von Regenstein, dessen Nachkommen sich auch mehrere Jahrhunderte hier aufhielten (darunter auch Albrecht und Heinrich von Regenstein). Die Calvörder Einwohner hatten Gartenzins und Wiesenzins abzugelten, sowie einen Teil der Ernte.
Im späten 13. Jahrhundert wurde die Burg Calvörde erstmals erwähnt. Sie wechselte in den folgenden Jahrhunderten mehrfach ihren Besitzer. 1571 wurden Burg und Ort (mit dem Hünerdorf) unter Herzog Julius von Braunschweig Teil des Fürstentums Braunschweig-Wolfenbüttel. Die Burg diente als herzögliches Witwengut. 1737 wurde die baufällig gewordene Burg abgetragen.
Im Jahre 1306 erschien ein Hans von Eilsleve und 1331 ebenso Bruno, Johann und Gebhard, alle genannt Eilsleve, wahrscheinlich alles Lehensträger der Herren von Regenstein. 1318 bis 1344 war Otto der Milde von Braunschweig und 1323 bis 1334 seine Gemahlin Agnes im Besitz der Burg und des Ortes. Ottos Nachfolger war Magnus von Braunschweig. Die Braunschweiger gaben mehreren adligen Familien für längere Zeit die Burg und die Güter als Pfandbesitz ab. 1343 kam Fritz von Wedderden in den Pfandbesitz, und 1357 sein Bruder Gerhard für 1400 Stendalschen Silbers. Beide schenkten 1369 dem Altar der Burgkapelle ein Freihaus an der neuen Stadtbrücke und machten sonstige kirchliche wohltätige Stiftungen in Calvörde.
Schon im 14. Jahrhundert hatte Calvörde einige Stadtrechte und war daher von Wallgraben und Hege umgeben. Es gab auch zwei ordentliche Stadttore, das Gardelegener und das Magdeburger Tor. Auch besaß Calvörde 1343 einen Rat, der ein öffentliches Stadtsiegel führte.[7][8] 1380 erbte der Sohn des Fritz von Wedderden, Gerhard genannt, die Ländereien, auch die seines Onkels Gerhard von Wedderden. 1396 kam Friedrich von Alvensleben in den Besitz der ausgestorbenen Wedderden, somit auch von Calvörde.
Neuzeit – Reformation – Dreißigjähriger Krieg
Mitte des 15. Jahrhunderts fielen viele kleine Dörfer um Calvörde wüst (Isern, Käsdorf, Ranten, Griebitz und Parwitz),[7] und ihre Einwohner zogen nach Calvörde. Am 4. Juli 1492 brannte der Ort mitsamt der Kirche nieder, wurde aber nebst Kirche wieder aufgebaut. Am 11. Mai 1493 besuchte Herzog Heinrich der Ältere Calvörde und übergab Friedrich von Alvensleben das Patronat der Pfarrkirche in Calvörde (St.-Georgs-Kirche) und der dabei befindlichen Vikarien auf Zeit. 1518 starb Friedrich von Alvensleben und sein Sohn Matthias von Alvensleben erbte seine Güter. Durch seine milde Verwaltung war er sehr beliebt. Die Calvörder Einwohner genossen mehrere Weide- und Holzrechte in den nahen Calvörder Bergen. Zehn Jahre später kam Matthias von der Schulenburg, Gutsherr von Altenhausen, in den Pfandbesitz von Calvörde. Er brachte die Reformation in Calvörde in Gang. 1534 ging der Pfandbesitz an Andreas von Alvensleben, aber auch Ludolf X. von Alvensleben hatte Anteil. Dies währte aber nur bis 1559.
1561 wurde die zuvor aus Holz bestehende Hauptstraße mit Kieselstein gepflastert. 1568 wurde in Calvörde die erste Schule errichtet. 1571 wurden die Burg und der Ort unter Herzog Julius von Braunschweig Teil des Fürstentums Braunschweig-Wolfenbüttel und der Herzog vereinigte es mit seinem unmittelbaren Domänenbesitz (Uthmöden, Zobbenitz, Dorst und Born) um Calvörde. 1585 erteilte Herzog Julius von Braunschweig der Bürgerschaft in Calvörde einen Braugildebrief. Calvörde erhielt einen herzoglichen Amtmann, der viele Aufgaben hatte, darunter die gesamte Verwaltung, Administration der Grundstücke, Holzungen, Jagd und Gerichtsbarkeit. 1677 wurde in Calvörde die Amts-Ökonomie gesondert verpachtet und Forst- und Gerichtsverwaltung allmählich davon getrennt. Die Burg blieb im Besitz der Herzöge von Braunschweig, doch die Meierei und das Vorwerk unweit der Burg wurden zu Wohnungen der Beamten umgestaltet. Herzog Julius von Braunschweig hielt sich oft auf dem Schloss auf. Sein dritter Sohn, Joachim Carl, Dompropst zu Straßburg, lebte von 1608 bis 1615 auf diesem Schloss. Er schenkte der Calvörder Kirche den Altar, die Kanzel, den Taufstein und die Orgel.
Um den Anfang des 17. Jahrhunderts erhielt der Flecken das Privileg zu vier Jahrmärkten, wodurch sich Handel und Wandel dort sehr hoben. Im Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) wurde die Burg von kaiserlichen Truppen eingenommen; sie wüteten, raubten und brandschatzten im Amtsgebiet. Viele Einwohner verließen Haus und Hof. Im Herbst 1627 erhielt Calvörde einen kaiserlichen Schutzbrief und einige Truppen wurden von der Burg in den Ort verlegt. Am 29. April 1629 erfolgte die Übergabe des Amtes durch den kaiserlichen Kommissar, Oberst David Becker, Freiherr von der Ehre, an die Herzogin Anna Sophie von Braunschweig. 1635 wurde das nahe Zobbenitz durch kurländische Reiter halb eingeäschert.
1659 starb Herzogin Anna Sophie, und Burg und Amt Calvörde gingen wieder an den Herzog in Braunschweig. Die Burg wurde jetzt mit Militär besetzt. 1783 bis 1796 kam es zur Urbarmachung von Teilen des Drömlings, wobei die neu gewonnenen Flächen zu Weideland wurden.
Napoleonische Zeit und Restauration
Während der napoleonischen Zeit war Calvörde Hauptort des Kantons Calvörde im Königreich Westphalen (1807–1813); zum Kanton gehörten die Dörfer Wieglitz, Bülstringen, Flechtingen, Hasselburg, Lemsell, Hilgesdorf, Grauingen, Mannhausen, Wegenstedt und Etingen. Mit dem Wiener Kongress wurde Calvörde ein Teil des neugegründeten Herzogtum Braunschweig. 1809 wurde der Ort Hünerdorf nach Calvörde eingemeindet. 1814 wurde Calvörde mit dem Kreisamt Vorsfelde verbunden. 1827 entstand ein eigenes Kreisamt Calvörde.
In Calvörde waren viele Handwerke vertreten. Es gab Schuster, Zimmerleute, Tischler, Schneider, Hufschmied, Schlosser, Stellmacher und Drechsler. Um 1831 waren in Calvörde 24 Bierbrauer und elf Branntweinmeister ansässig. Der Ort hatte sich soweit entwickelt, dass ein Eisenbahnanschluss nötig wurde. 1891 wurde das Projekt einer Eisenbahnlinie Neuhaldensleben-Gardelegen-Salzwedel vorgestellt, an die Calvörde angebunden werden sollte. Dieser Plan wurde nicht umgesetzt.[7][9]
Zweites Deutsches Kaiserreich und Erster Weltkrieg
Mit dem Friedensschluss nach dem Deutsch-Französischen Krieg am 18. Januar 1871 wurde an vielen Orten Bäume gepflanzt; in Calvörde wurden im Dreieck drei Bäume auf dem Zimmerplatz gepflanzt, sie sollen künftige Generationen von den vollbrachten Zeiten erzählen. 1873 brach eine Cholera-Epidemie aus, der viele Einwohner zum Opfer fielen. 1890 wurde eine Aktien-Stärkefabrik, welche die einzige im Braunschweiger Lande war, erbaut. Am 25. Juli 1900 wurde das 50-jährige Bestehen des Calvörder Schützenvereins gefeiert. Eine Badeanstalt wurde am 23. Juni 1902 eröffnet. Seit Jahren (ab 1894) bemühte man sich, einen Bahnanschluss an die Staatsbahnstrecke Magdeburg-Oebisfelde zu bekommen. Die Gemeinde sah sich veranlasst, eine eigene Kleinbahn Richtung Wegenstedt zu erbauen. Die Inbetriebnahme erfolgte am 1. Oktober 1909. 1910 wurde in einer Gemeinderatssitzung beschlossen, das jährlich vier große Jahr- und Viehmärkte stattfinden werden, und dass jeden Montag ein Wochenmarkt abgehalten werden darf. Das wohl größte Ereignis in der Zeit des deutschen Kaiserreichs war die Hundertjahrfeier in Calvörde am 9. März 1913. Feierlich wurde auf dem Marktplatz der 22 Tonnen schwere Gedenkstein aufgestellt. Er soll an die Nationale Befreiung von 1813 erinnern. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges änderte sich das Leben nur geringfügig. Der Krieg war weit weg, doch der Männermangel wurde spürbar, die Arbeiten auf den Feldern mussten Frauen erledigen, Hungersnöte breiteten sich gegen Ende des Krieges in Calvörde aus.[7]
Weimarer Republik, Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg
Nach der Novemberrevolution 1918 gehört Calvörde zum Freistaat Braunschweig. Das Leben in Calvörde änderte sich kaum, in den 20 Jahren gab es jeden Montag einen Rinder- und Schweinemarkt. Doch mit dem Nationalsozialismus endete das Marktleben in Calvörde. Calvörde hatte in den 1920er und 1930er Jahre ein vielseitiges und reichhaltiges Vereinsleben. So wurde das Schützenfest immer groß im Forstort Grieps gefeiert. 1935 bekam der Ort eine Wasserleitung mit sehr guter Wasserqualität, vorher hatte jedes Haus seinen eigenen Brunnen auf dem Hof. 1922 wurde auf dem Friedhof ein Kriegerdenkmal nach den Plänen von Professor Lüpke aus Braunschweig errichtet. 1927 erfolgt der Bau der Friedhofskapelle. Am 17. Februar 1924 veröffentlichte der Ortschronist August Oppermann das Calvörder Heimatlied Calvörde, am lieblichen Ohrestrand. Im März 1934 wurde mit dem Bau der Teilstrecke des Mittellandkanals bei Calvörde begonnen, schon 1935 wurde ein Umschlaghafen errichtet. Jetzt übernahmen Frauen wieder die Männerarbeiten auf dem Felde und in den unterschiedlichen Fabriken wie in der Stärkefabrik und der Konservenfabrik Herms. Im Frühjahr 1945 kamen die Alliierten (Briten und US-Amerikaner) aus Richtung Wegenstedt und Flechtingen; der Versuch, die Haldensleberbrücke zu sprengen, um die Alliierten aufzuhalten, wurde durch Calvörder vereitelt. Calvörde wurde eingenommen und der Marktplatz wurde Sammellager der Alliierten.[7]
Nachkriegszeit, DDR und Wiedervereinigung
Nach den Beschlüssen des 1. EAC-Zonenprotokolls aus dem Jahre 1944 und dem Potsdamer Abkommen gehörte die braunschweigische Exklave Calvörde in Zukunft zur Provinz Sachsen der Sowjetischen Besatzungszone. Die Rote Armee zog in Calvörde ein und nahm sich Vieh, Nahrung und Baumaterial vom Volk. Sie baute im Calvörder Forst kleine Bunker, die heute noch stehen. An der ehemaligen Südgrenze nach Wieglitz wurde ein großes Tor errichtet, angebracht wurde am höchsten Punkt ein Roter Stern. Mit der Bodenreform 1946 änderte sich das Leben in Calvörde schlagartig, Flüchtlinge mussten aufgenommen werden. Calvörde wurde dem Landkreis Gardelegen zugeordnet und später dem Kreis Haldensleben. Das Leben normalisierte sich, 1952 wurden zwei Niederlassungen der VEAB (Volkseigener Aufkaufbetrieb) gegründet. 1951 wurde für die stark angestiegene Zahl der Katholiken eine katholische Kirche erbaut, ebenso entstanden die Konsumgenossenschaft Calvörde (1954) und eine Handelsorganisation (1958). Eine LPG wurde gegründet. 1955 wurde das Kino von Grund auf saniert. 1967 wurde die Kleinbahnstrecke stillgelegt und eine Omnibusverbindung eingerichtet. Der Forstort Grieps wurde zum Naherholungsgebiet im Bezirk Magdeburg. Am 8. Januar 1990 kam es in Calvörde zu einer Demonstration der Arbeiter. Am 6. Mai wurde zum ersten Mal in Calvörde eine freie und geheime Kommunalwahl durchgeführt; die CDU erhielt sechs Sitze und die SPD erhielt fünf Sitze im Calvörder Gemeinderat. Die evangelischen Kirchengemeinden gehören seit der Wiedervereinigung wieder zur Braunschweigischen Landeskirche. Ein Jahr nach der Wiedervereinigung wurde ein Gedenkstein zur Deutschen Einheit auf dem ehemaligen Bahnhofsvorplatz errichtet.[7] Seit dem 16. April 2002 führt die Gemeinde Calvörde offiziell den Namenszusatz Flecken.
Text: Wikipedia
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