Erste Straßenbahn der Welt

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Erste elektrische Straßenbahn von Siemens & Halske 1881

Die Elektrische Straßenbahn Lichterfelde–Kadettenanstalt war die erste elektrische Straßenbahn der Welt. Sie führte vom Bahnhof Lichterfelde der Anhaltischen Bahn (heute Bahnhof Berlin-Lichterfelde Ost) zur Preußischen Hauptkadettenanstalt in der Zehlendorfer Straße (heute Finckensteinallee), wurde von Siemens & Halske errichtet und ab dem 16. Mai 1881 betrieben. Werner von Siemens selbst bezeichnete die Bahn nicht als Straßen-, sondern als „elektrische Eisenbahn“. Er führte auch aus, sie könne „keineswegs als Muster einer elektrischen Bahn zu ebener Erde betrachtet werden; sie ist vielmehr eine von ihren Säulen und Längsträgern herabgenommene und auf den Erdboden verlegte Hochbahn aufzufassen“. Die Siemens'sche Strecke ging, nachdem sich Siemens & Halske von ihr getrennt hatten, letztendlich im Straßenbahnnetz von Groß-Berlin auf, sodass bereits seit Anfang des 20. Jahrhunderts die Bahn als erste elektrische Straßenbahn der Welt angesehen wird.


Vorgeschichte

Nachdem Siemens auf der Berliner Gewerbeausstellung 1879 die erste elektrische Lokomotive der Welt präsentiert hatte, versuchte er 1880 und 1881 Konzessionen für elektrische Hochbahnen in der Friedrich- und der Leipziger Straße zu erhalten. Diese wurden ihm jedoch aufgrund fehlender Systemreife vom Polizeipräsidenten versagt. Zur Weiterentwicklung seiner elektrischen Bahn suchte Siemens nun nach der Möglichkeit, eine ebenerdige Versuchsstrecke anzulegen.


Strecke

Für die Errichtung der Haupt-Kadettenanstalt in Lichterfelde war eine 2,4 Kilometer lange regelspurige Materialtransportbahn vom Bahnhof Lichterfelde der Anhaltischen Bahn zur Baustelle an der Zehlendorfer Straße angelegt worden. Nach der Fertigstellung der Anstalt lag diese Strecke brach. Siemens & Halske konnte die Strecke erwerben und für den geplanten Betrieb umbauen. Hierfür wurde die Strecke auf eine Spurweite von 1000 Millimeter gebracht.

Das Streckengleis befand sich auf einer eigenen Trasse entweder neben den Fahrwegen oder im freien Gelände. Das Betreten des Bahnkörpers war per Verordnung vom 14. April 1881 untersagt.

Die Versorgung der Wagen mit Gleichstrom erfolgte über die beiden Schienen, die als Hin- und Rückleiter dienten.[1] Die höchste vorkommende Spannung zwischen den beiden Schienen betrug 180 Volt. Da die Entfernung von einem Meter zwischen den beiden Schienen an Wegeübergängen von Pferden überbrückt wurde, kam es zu Unfällen. Als Konsequenz aus diesen wurden die Schienen im Bereich der Übergänge stromlos gemacht.


Fahrzeuge

Für den Betrieb bauten Siemens & Halske drei Pferdebahnwagen um. In den so entstandenen zweiachsigen Triebwagen fanden bei jeweils zwölf Sitzplätzen maximal 26 Fahrgäste Platz. Jeder Wagen besaß nur einen Gleichstrom-Motor unter der Mitte des Fahrzeuges mit einer Leistung von 5½ PS, der seinen Fahrstrom über Schleifkontakte von den mit eiserenen Radkränzen versehenen Holzscheibenrädern erhielt. Eine gewisse Leckstrom-Durchleitung durch das Holz über die Achsen und auch die direkten Streuströme zwischen den Schienen durch den Boden wurden hingenommen.

Die Wagen erreichten hiermit eine Durchschnittsgeschwindigkeit von etwa 15 km/h. Die in der Konzession zugelassene mittlere Geschwindigkeit war auf 20 km/h festgesetzt, die Wagen konnten allerdings auch eine Geschwindigkeit von bis zu 40 km/h erreichen.

Über den Verbleib der Wagen ist nichts bekannt, angeblich seien sie schon 1910 „vor langer Zeit“ verbrannt gewesen.


Betrieb

Mit Betriebsbeginn am 16. Mai 1881 galt ein Fahrplan, der zwölf Fahrten je Richtung vorsah. Die Fahrten waren so gelegt, dass von und zu jedem Zug auf der Anhaltischen Bahn eine Ab- bzw. Zubringerfahrt erfolgte. Eine Fahrt kostete mit 20 Pfennig mehr als ein damaliger Durchschnittsstundenlohn. In den ersten drei Monaten beförderte die Straßenbahn bereits 12.000 Fahrgäste.


Streckenerweiterung

1890 wurde die Strecke bis zum Bahnhof Groß-Lichterfelde der Berlin-Potsdam-Magdeburger Eisenbahn (heute S-Bahnhof Lichterfelde West) verlängert. Die Verlängerung war mit einer Oberleitung versehen, am Übergang von alter zu neuer Strecke wurde automatisch die Stromzuführung umgeschaltet. 1893 wurde die alte Strecke teilweise durch eine neue Streckenführung ersetzt, die gesamte Strecke war nun mit Oberleitung ausgestattet, was die Störanfälligkeit deutlich reduzierte. Das Straßenbahnnetz wurde 1895 durch den Neubau der Strecken nach Steglitz und von Steglitz nach Südende vergrößert. Eigentümer des nunmehr Elektrische Straßenbahn Groß-Lichterfelde – Lankwitz – Steglitz – Südende getauften Betreibers blieb bis zu dem am 1. April 1906 wirksam werdenden Verkauf an den Kreis Teltow (Teltower Kreisbahnen) die Firma Siemens. Nach der Bildung von Groß-Berlin lag die Strecke auf Berliner Gebiet, am 16. April 1921 wurde sie von der Berliner Straßenbahn übernommen, die sie am 10. September 1923 in die Berliner Straßenbahn-Betriebs-GmbH einbrachte.

Teile der alten Strecke mussten ab 1900 dem Teltowkanal weichen, sodass die ehemalige Streckenführung im heutigen Straßenbild teilweise nicht mehr nachvollziehbar ist. Am 9. Oktober 1925 wurde die Meterspurstrecke stillgelegt und durch eine Normalspurstrecke ersetzt, die am 1. Januar 1929 zur BVG kam. Ab 1930 übernahmen nach und nach Busse den Gesamtverkehr.


Erinnerungsstätten

Zur 100-jährigen Wiederkehr der Inbetriebnahme wurde 1981 an der Kreuzung Morgenstern- und Königsberger Straße ein Denkmal in Form einer historischen Haltestelle aufgestellt. Zum 125-jährigen Jubiläum wurde das Denkmal durch die BVG saniert und durch ein Gleisstück ergänzt.

Im Bahnhof Lichterfelde Ost befindet sich heute im Bahnsteigtunnel eine Informationstafel zur Elektrischen Straßenbahn Lichterfelde–Kadettenanstalt, deren Erstellung und Anbringung durch die Stiftung „Werner-von-Siemens-Ring“ initiiert wurde.


Weitere Entwicklung

1883 ging mit Siemens-Technik die Lokalbahn Mödling–Hinterbrühl in der Nähe von Wien als Überlandstraßenbahn in Betrieb. Diese benutzte zur Stromzuführung eine zweipoligen Fahrleitung in Kupferrohren mit kleinem Durchmesser und einem Schlitz an der Unterseite (Schlitzrohrfahrleitung). 1884 wurde mit dem gleichen System von der Frankfurt-Offenbacher Trambahn-Gesellschaft die erste Strecke einer elektrischen Straßenbahn im kommerziellen Nahverkehr in Deutschland eröffnet. In München bestand von 1886 bis 1895 die Ungererbahn. Sie erhielt den Fahrstrom ebenfalls über die Fahrschienen.

Das erste elektrisch betriebene Straßenbahn-Netz entstand ab 1890 in Halle (Saale), nachdem die AEG die Hallesche Straßenbahn-AG erworben und deren Strecken elektrifiziert hatte.



Text: Wikipedia

Bild: Wikipedia

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