Jean-Baptiste de Boyer, Marquis d’Argens

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Marquis d’Argens

Jean-Baptiste de Boyer, Marquis d’Argens (* 27. Juni 1703, Aix-en-Provence; † 12. Januar 1771, Château de la Garde bei Toulon) war ein französischer Schriftsteller und Philosoph, dessen Werk im 18. Jahrhundert in zahlreichen europäischen Ländern große Beachtung fand. Siebenundzwanzig Jahre seines Lebens verbrachte er, von kurzen Unterbrechungen abgesehen, am Hofe Friedrichs des Großen, wo er als Kammerherr des Königs, Direktor der Historisch-philologischen Klasse der Berliner Akademie der Wissenschaften und weiterhin als Schriftsteller und Philosoph wirkte.

Biografie

Kindheit und Jugend in Aix-en-Provence

Der als ältestes von sieben Kindern eines hohen Justizbeamten, Pierre Jean de Boyer d’Eguilles, marquis d’Argens († 1757),procureur général au Parlement am 27. Juni 1703 in Aix-en-Provence geborene Jean-Baptiste de Boyer trat nach Erziehung im Elternhaus und am Jesuitenkolleg seiner Heimatstadt 1718 in das Toulousische Infanterieregiment zu Straßburg ein. Seine Mutter war die Angélique de Lenfant.

1721 kehrt er nach Aix zurück, wo er vor allem seiner Zerstreuung lebte und ab 1722 den Titel eines Marquis führte, unter dem er später bekannt wurde. Wegen einer Liebschaft mit einer Schauspielerin ließen seine Eltern ihn 1722–1723 für zehn Monate auf der Zitadelle von Perpignan festsetzen und anschließend für ein halbes Jahr als Sekretär des französischen Gesandten Jean Baptiste Louis Picon d’Andrezel (1663–1727) nach Konstantinopel reisen. Ende 1724 kehrte d’Argens in Begleitung von d’Andresels Vorgänger Jean Louis Dusson Marquis de Bonnac (1672–1738) nach Aix zurück und fing an, sich auf die juristische Laufbahn vorzubereiten. Nach Abschluss seiner Ausbildung ließ er sich zwar als Anwalt nieder und führte einige Prozesse, konnte seinem Beruf jedoch nur wenig Begeisterndes abgewinnen. Um 1728 verließ er Aix-en-Provence und begab sich nach Paris, wo er einen Großteil seiner Zeit im Atelier des Malers Pierre Jacques Cazes (1676–1754) verbrachte.

Zwischen 1730 bis 1731 nahm d’Argens, seinen eigenen Angaben zufolge, als Augenzeuge an dem in Aix-en-Provence verhandelten Prozess gegen den Jesuitenpater Jean-Baptiste Girard teil, der angeklagt war, seine Beichttochter verführt zu haben. Die die gesamte europäische Öffentlichkeit bewegende Affäre bildet die historische Folie für den 1748 erstmals erschienenen Roman „Thérèse philosophe“, der d’Argens zugeschrieben wird. Sie brachte d’Argens aber auch endgültig vom Juristenberuf ab. 1733 trat er wieder in den Militärdienst ein und nahm in einem Kavallerieregiment am Polnischen Erbfolgekrieg teil. Bei der Belagerung von Kehl wurde er verletzt. Er wechselte in das Regiment Bourbonnais, dann in das des Herzogs von Richelieu. 1734 endete seine militärische Laufbahn infolge eines Sturzes vom Pferd bei der Belagerung der Reichsfestung Philippsburg. Gegen den Willen seiner Eltern nahm er seinen Abschied und ging in die Niederlande.

Die Entwicklung zum Schriftsteller in den Niederlanden

In Den Haag knüpfte er Kontakte zu dem im Verlagsgewerbe tätigen französischen Calvinisten Prosper Marchand (1675–1756), der ihn bei seinen von 1735 bis 1740 entstandenen literarischen und philosophischen Arbeiten beriet und unterstützte.

Aus Angst vor Verfolgung – nach der Publikation seiner ersten Werke hatte sich das Verhältnis zu seinen Eltern mehr als getrübt – wechselte der Marquis während seines fünf Jahre dauernden Aufenthaltes in den Niederlanden achtmal den Aufenthaltsort und pendelte zwischen Den Haag, Amsterdam, Utrecht, Maarssen und Maastricht hin und her. Da ihm das Klima in den Niederlanden nicht bekam, beschloss er 1739, sich in Straßburg niederzulassen, das ihm aus früheren Tagen noch bekannt war. Auf dem Weg dorthin blieb er aber am Hofe der verwitweten Herzogin Maria Auguste von Württemberg hängen, die ihn zu ihrem Kammerherrn (und wahrscheinlich auch zu ihrem Geliebten) machte.

Am Hofe Friedrichs des Großen

Durch Maria Auguste, deren Kinder in Berlin erzogen wurden, wurde d’Argens mit Friedrich II. bekannt, der den Autor der „Lettres juives“ bereits aus seinen Lektüren kannte und sich bemühte, den Philosophen an seinen Hof zu ziehen. Im Winter von 1741 bis 1742 ließ d’Argens sich in unmittelbarer Nachbarschaft des Königs in Potsdam nieder und stieg binnen kurzem zum Kammerherrn des preußischen Königs mit einer jährlichen Pension von 1500 Reichstalern auf. Er engagierte sich bei der Neugründung der Berliner Akademie der Wissenschaften, der er während des ersten Monate ihres Bestehens als Vizedirektor vorstand. Von 1744 bis 1771 war er Direktor der Historisch-philologischen Klasse. Mit ungebremsten Elan setzte er seine schriftstellerische Tätigkeit fort und knüpfte Kontakte zur Berliner Gelehrtenwelt. Insbesondere sein Engagement für den jüdischen Philosophen Moses Mendelssohn ist in der Literaturgeschichte in Erinnerung geblieben.

Engere Kontakte pflegte er jedoch zu den anderen französischen Gästen der Tafelrunde Friedrichs II., insbesondere zu Voltaire, mit dem ihn eine zwar zeitweise getrübte, aber doch lebenslange Freundschaft verband. Sein Verhältnis zum Preußenkönig war insbesondere während des Siebenjährigen Krieges von gegenseitigem Vertrauen gezeichnet.

In späteren Jahren war d’Argens, der im Alter zu einer gewissen Trägheit neigte und sich in kauziger Manier nicht selten als eingebildeter Kranker oder abergläubischer Rationalist gerierte, nicht selten eine Zielscheibe des unerbittlichen Spotts des Hohenzollern. Sein über ein Vierteljahrhundert währender Aufenthalt am Preußischen Hof wurde nur gelegentlich durch Reisen nach Paris oder Südfrankreich, entweder im Auftrag des Königs oder aus familiären Gründen, unterbrochen. Im Herbst 1768 nahm d’Argens Abschied vom Hofe Friedrichs II. und reiste in seine provenzalische Heimat zurück, um dort sein Leben zu beschließen. Er starb am 12. Januar 1771 auf dem Schloss seiner Schwester, der Baronesse de la Garde unweit Toulon. Friedrich II. ließ ihm in der Minoritenkirche zu Aix-en-Provence von Charles-Antoine Bridan ein Grabmonument errichten, von dem heute nur noch Fragmente erhalten sind.


Adresse: Zeppelinstraße 167 Potsdam


Bild: Wikimedia/Jakob van der Schley/Theodor van Pee

Text: Wikipedia

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