Johann Nestroy

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Johann Nepomuk Eduard Ambrosius Nestroy (* 7. Dezember 1801 in Wien; † 25. Mai 1862 in Graz) war ein österreichischer Dramatiker, Schauspieler und Opernsänger (Bass). Sein Werk ist der literarische Höhepunkt des Alt-Wiener Volkstheaters.

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Leben

Johann Nepomuk Nestroy wurde als zweites von acht Kindern einer angesehenen Wiener Bürgerfamilie geboren. Er sollte – wie sein Vater, der aus Mährisch-Schlesien eingewanderte Wiener „Hof- und Gerichtsadvokat“ Johann Nestroy – Jurist werden, interessierte sich aber mehr für das Theater. Nestroy besuchte das Akademische Gymnasium von 1811 bis 1813, danach ab 1814 das Schottengymnasium, im gleichen Jahr starb am 15. April seine Mutter Magdalena. In diesem Jahr absolvierte er seinen ersten öffentlichen Auftritt als Pianoforte-Spieler in einem Konzert. Nestroy begann 1819 ein Philosophie-, ab 1820 ein Jus-Studium an der Universität Wien, sang aber zu dieser Zeit bereits einmal im Redoutensaal der Hofburg eine Bass-Solopartie von Georg Friedrich Händel. Er beendete sein Studium 1822 und begann als Bassist seine Opernsänger-Karriere am Kärntnertortheater und an der Wiener Hofoper als Sarastro in Mozarts Zauberflöte.

1823 ging er an das Hoogduitse Schouwburg Amsterdam (Deutsche Theater) in Amsterdam als Sänger, wo er am 18. Oktober als Kaspar in Webers Der Freischütz debütierte und drei Jahre blieb. Später wurde er Schauspieler an den Theatern in Brünn (1826), wo ihm die Polizei wegen Extemporierens Bühnenverbot gab, in Graz (1826) bei Direktor Johann August Stöger, wo er 1827 seine erste Posse selbst schrieb und spielte, alternierend auch an der Bühne von Preßburg. Dabei wechselte er von der Opern- zur Theaterbühne, denn seine Rolle in Zwölf Mädchen in Uniform (er spielte den Sansquartier) überzeugte ihn selbst von seiner komischen Begabung. 1829 hatte er eine Gastspielrolle im Josefstädter Theater in Wien, dann erhielt er 1831 ein Engagement nach Lemberg und debütierte dort als Rappelkopf in Raimunds Der Alpenkönig und der Menschenfeind.

Wegen einer Choleraepidemie aus Lemberg flüchtend, bekam er 1831 sein erstes Engagement von Direktor Carl Carl am Theater an der Wien als Bühnenautor und Komiker, wo seine Karriere als eifriger Theaterschriftsteller begann. Im Jahre 1834 starb sein Vater, im gleichen Jahr wendete er sich von den Zauberstücken seiner ersten Autorenzeit hin zur Lokalposse, zur Parodie und zur volkstümlichen Satire.

1836 erhielt er eine Haftstrafe wegen Extemporierens, die er vom 16. bis zum 21. Jänner verbüßte, im September dieses Jahres war er erstmals als Gast in Graz engagiert. In diesem und den folgenden Jahren absolvierte er jährlich große Sommer-Auslandstourneen, die ihn bis Hamburg (1841) und Berlin (1844) führten. 1838 übernahm Direktor Carl auch das Leopoldstädter Theater, so dass Nestroy ab 1839 nunmehr für zwei Bühnen schreiben und spielen musste.

Bei der Revolution von 1848 nutzte Nestroy als Autor den Wegfall der Zensur, ein Zustand, der allerdings nicht lange andauerte. Manche seiner Stücke in der Zeit danach wurden von ihm deshalb nicht zur Aufführung freigegeben und sind uns erst aus seinem Nachlass bekannt geworden.

Von November 1854 bis November 1860 war Nestroy nach Carls Tod Direktor des Carltheaters in der Leopoldstadt. 1857 starb sein Lieblings-Bühnenkollege Wenzel Scholz. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er in Graz, wo er im Mai 1859 ein Haus erwarb, ebenso eine Villa im August in Bad Ischl. Nestroys letzte Rolle in Wien war der Knieriem in Der böse Geist Lumpazivagabundus im Theater am Franz-Josefs-Kai seines Kollegen Karl Treumann im März 1862, zum letzten Mal überhaupt stand er am 29. April dieses Jahres in Graz auf der Bühne. Er war vermutlich neben Raimund der populärste Wiener Volksstückautor des Vormärz und ein Vorgänger von Ludwig Anzengruber.[1]

Ehe mit Wilhelmine Nespiesni

Maria Wilhelmine Philippine (von) Nespiesni (* 1804 in Wien; † 1870 ebenda) war die illegitime Tochter von Franz de Paula Emmerich Karl Josef Graf Zichy de Zich et Vasonkeö und von Katharina,[2] geb. von Nespiesni,[3] Gattin des Notariatssekretärs Franz Wilhelm Zwettlinger. Wilhelmines Mutter Katharina war ab 1800 für 13 Monate mit dem Ausschussrat Franz Zacher Edler von Sonnenstein[4] vermählt, danach wurde sie die Geliebte des Grafen Zichy, mit dem sie fünf Kinder hatte, das zweite davon war Wilhelmine. 1813 heiratete sie Franz Zwettlinger, der sich der unehelichen Kinder liebevoll annahm.

Im Jahre 1822 lernte Wilhelmine Nespiesni Johann Nestroy bei privaten Theateraufführungen im Hause ihres Stiefvaters kennen. Die Schwiegermutter in spe, Katharina Zwettlinger, verschaffte ihm durch ihre Beziehungen zu Hofkapellmeister Joseph Weigl das erwähnte Engagement an der Wiener Hofoper.

Am 7. September 1823 heiratete der damals 22-Jährige die 19-jährige Wilhelmine in der Augustinerkirche und reiste mit ihr zu seinem ersten Auslandsengagement nach Amsterdam, wo er im Hoogduitse Schouwburg Amsterdam debütierte. Dieses Angebot, das er am 29. August 1823 erhielt, hatte ihm die finanziellen Möglichkeiten zur Hochzeit verschafft, sein Gehalt betrug 1600 Niederländische Gulden. In Amsterdam wurde am 22. April 1824 der Sohn Gustav geboren. Am 24. Mai 1824 musste Wilhelmine mit Gustav Amsterdam wegen einer durch verseuchtes Trinkwasser hervorgerufenen Fieberseuche überstürzt verlassen, Nestroy wurde krank, konnte sich aber bald erholen. Am 30. Juli kehrte Wilhelmine zurück, aber die Familie blieb nur mehr bis zum 13. August und reiste dann sieben Wochen lang gemächlich durch Holland und Deutschland nach Brünn.

Nachdem Nestroy 1826 auf Befehl der dortigen Polizeidirektion Brünn verlassen musste, zog die Familie nach Graz, wo er ein neues Engagement fand. Die sich in der Provinz langweilende Wilhelmine begann dort ein Liebesverhältnis mit einem Grafen Adalbert Batthyány und verließ 1827 ihren Gatten. Der dreijährige Sohn Gustav blieb beim Vater.

Im Jahre 1841 war Wilhelmine von allen ihren Liebhabern – sie hatte nach dem Grafen Batthyány noch einige – verlassen und finanziell am Ende. Sie bat ihren Noch-Gatten um Unterstützung und Nestroy handelte über seinen Rechtsanwalt mit ihr einen harten Vertrag aus. Wilhelmine Nespiesni musste unterschreiben, dass sie allein an der Zerrüttung der Ehe schuld war, dass Nestroy zwar ihre Schulden von 160 Gulden begleiche, aber diese Summe in Raten von der gleichzeitig vereinbarten Alimentation abziehen könne. Auch habe sie ab sofort keine weiteren Forderungen mehr und künftig würden keinerlei Schulden mehr von ihrem Gatten übernommen.[5]

Auf Grund des damaligen österreichischen Eherechts – Eheschließungen wurden nach katholischem Ritus vollzogen, eine Scheidung war deshalb nicht möglich – konnte Nestroy sich erst am 15. Februar 1845 nach einem langwierigen und unschönen Annullierungsprozess zivilrechtlich von Wilhelmine scheiden lassen. Eine neuerliche Verheiratung blieb allerdings dennoch für immer ausgeschlossen. Nestroys damals schon langjährige Lebensgefährtin Marie Weiler hielt sich aus all den Streitigkeiten um Wilhelmine heraus.

Nach einem Polizeibericht vom 21. Oktober 1854 dürfte Wilhelmine Nespiesni in der Folgezeit einen ziemlich fragwürdigen Lebenswandel geführt haben, denn sie wurde darin folgendermaßen beschrieben:

„Nestroy ist seit 29 Jahren von seiner moralisch tief gesunkenen Gattin gerichtlich geschieden […]“

Dieser – für ihn persönlich übrigens sehr positiv ausgefallene – Polizeibericht war notwendig geworden, da sich Nestroy nach Direktor Carl Carls Tod im Auftrag der Erbengemeinschaft erfolgreich um die Direktion des Carltheaters beworben hatte.[6]

Lebensgemeinschaft mit Marie Weiler

Seine Lebensgefährtin, die Sängerin Marie Weiler, die er in seinen Briefen immer als „die Frau“ bezeichnete, liebte er zwar sehr, betrog sie allerdings ständig. Sie hatten drei gemeinsame Kinder, Carl, Marie und Adolf,[7] und sie war ihm bis an sein Lebensende eine große Stütze in finanziellen und auch administrativen Dingen. Nestroy betont in seinem Testament ausdrücklich, dass er nur ihr sein Vermögen zu danken habe. Neben Legaten für seine Kinder und Geschwister machte er sie zur Universalerbin.

Affäre mit Karoline Köfer

Am 12. März 1855 schrieb Johann Nestroy einen langen Brief an die junge Provinz-Schauspielerin Karoline Köfer. Er hatte durch einen in seinem Auftrag nachforschenden Bediensteten erfahren, dass sie in der Inneren Stadt, Schultergasse 402 im dritten Stock wohnte. Routiniert im Anbahnen von Beziehungen formulierte er:

„Mein Fräulein! Nicht nur der Brief an und für sich, mehr noch die, bey möglicherweise gänzlicher Erfolglosigkeit desselben, gewagte Länge dieses Briefes, ist das, was sie in Staunen setzen wird. […] Da ich keinen Abend ohne Theaterbesuch verlebe, fügte es sich, daß ich sie sah, daß ich sie in Stadt- und Vorstadt-Theater wiederholt gesehen …“

– Johann Nestroy: Brief an Karoline Köfer[8]

Auf zwei Seiten bat er um ein Rendezvous, und die durch die Aufmerksamkeit des berühmten Nestroy geschmeichelte Karoline hörte gerne, dass er ihr ein „discreter Freund“ sein wolle. Nestroy kaufte ihr Kleider, Schmuck und andere Geschenke und richtete ihr sogar eine stattliche Wohnung am Laurenzerberg ein. Da er dort immer mehr Zeit verbrachte, machte sich die junge Dame deshalb bald Hoffnungen, Marie Weiler verdrängen zu können. Diese, bei den vielen Affären Nestroys sonst geduldig, hatte diesmal auch wegen der hohen Geldausgaben des spendablen Liebhabers genug. Sie zog aus der gemeinsamen Wohnung aus und bestand auf Gütertrennung. Nestroy flüchtete vor den Problemen bis nach Helgoland, von wo er gemeinsame Freunde bat, sich für ihn bei der Erzürnten einzusetzen. Anonyme Briefe von Karoline Köfer, Schmähschriften auf Marie Weiler, brachten Nestroy dann so sehr gegen die bisher Geliebte auf, dass er beschloss, sie mit einer finanziellen Abfertigung von 500 Gulden loszuwerden. Seiner Lebensgefährtin Marie überließ er als „Versöhnungsgeschenk“ die Administration des Carltheaters in alleiniger Verantwortung.[9]


Text: Wikipedia

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