Johanngeorgenstadt

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Johanngeorgenstadt ist eine Bergstadt im sächsischen Erzgebirgskreis.

Reklamemarken und Siegelmarken

Verzeichnis der sortierten Reklamemarken und Siegelmarken mit einem Bezug zu Johanngeorgenstadt.

Geschichte

Am 23. Februarjul. / 5. März 1654greg. wurde in Annaburg von Kurfürst Johann Georg I. von Sachsen die Gründung von Johanngeorgenstadt durch aus der Bergstadt Platten und Umgebung vertriebene böhmische Exulanten am Fastenberg unmittelbar an der sächsischen Grenze im Amt Schwarzenberg genehmigt. Er bestimmte, dass die neue Stadt seinen Namen tragen sollte. Die Grundsteinlegung erfolgte am 1. Maijul. / 11. Mai 1654greg.. Nach dem Ablauf der 1656 gewährten zwei Freijahre überließ der Kurfürst von Sachsen der Stadt wegen der herrschenden Armut die staatlichen Akzise-, Schock- und Tranksteuern bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts. Hiermit wurde Johanngeorgenstadt „freye Bergstadt“.[2] 1662 wurde auf Initiative von Abraham Wenzel Löbel das Bergamt Johanngeorgenstadt eingerichtet. 1680 sind in der Stadt und deren Umgebung etwa 100 Erzgruben gezählt worden. Der Bergbau wurde von Zinn auch auf Silber ausgedehnt. Er erreichte 1716 seinen Höhepunkt und ging im Laufe des 18. Jahrhunderts zurück.

Im Jahr 1770 war Johanngeorgenstadt von einem Erdbeben betroffen, über das sogar in einer Zeitung in Augsburg berichtet wurde:

„Von Leipzig wird gemeldet, daß zu Bockau, Schneeberg, Johann Georgenstadt, Eybenstock und in der ganzen gebürgischen Gegend ein Erdbeben, jedoch sonder Schaden, verspüret worden.“[3]

Die große Hungersnot im Erzgebirge 1771/72 forderte in der Stadt etwa 650 Todesopfer.

Bereits 1651 wurde im heutigen Stadtteil Wittigsthal ein Hammerwerk in Betrieb genommen und 1828 durch den dortigen Hammerherrn Carl Gotthilf Nestler (1789–1864) das erste funktionstüchtige Eisenblechwalzwerk Sachsens in der Haberlandmühle errichtet. Im 19. Jahrhundert begann unter anderem die Produktion von Bandspitze und ab 1860 von Lederhandschuhen. Am 19. August 1867 vernichtete ein verheerender Großbrand 287 der 355 Häuser des Stadtgebietes. Es kamen dabei sieben Erwachsene und fünf Kinder ums Leben.

Die erste Großsprungschanze Deutschlands entstand 1929 in der Nähe von Johanngeorgenstadt. Sie trug den Namen Hans-Heinz-Schanze. Im Zweiten Weltkrieg diente das 1901 von Oskar Puschmann als „Henriettenhof“ erbaute Hotel „Deutsches Haus“ gegenüber dem Bahnhof als Lazarett. Das Hotel des vormaligen Besitzers Arthur Krautmann gehörte damals bereits als Büro-Gebäude zu der Blechwarenfabrik „Wendler & Weiß“ des Fabrikanten Herman Wendler. Ferner befand sich in der Stadt ein Außenlager des KZ Flossenbürg, in dem 1.200 KZ-Häftlinge im Werk IV, ehemals Box Möbelfabrik Heinz, der Erla Maschinenwerk GmbH (Leipzig) Teile für Jagdflugzeuge herstellen mussten. Wöchentlich starben 20 bis 30 von ihnen an den Folgen der schlechten Lebensbedingungen. Das Außenlager wurde am 13. April 1945 geräumt und die Häftlinge auf einen Todesmarsch in Richtung KZ Theresienstadt getrieben. Zwischen Mai und August 1945 diente das ehemalige Lager wieder als Gefängnis.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden die bekannten Uranvorkommen in Schneeberg und Johanngeorgenstadt Ausgangspunkt für die sowjetischen Erkundungsarbeiten auf Uran in Sachsen für das sowjetische Kernwaffenprogramm.

Im Jahr 1946 übernahm die AG Wismut (ab Dezember 1953 SDAG Wismut) die Johanngeorgenstädter Gruben von der Sachsenerz Bergwerks AG. Mit der Gründung des Objektes 01 begann der Uranabbau in der Lagerstätte in rasanter Geschwindigkeit. Neben den direkten Auswirkungen des Bergbaues auf den Ort gab es auch Probleme für die Wirtschaft im Ort. So belegte die AG Wismut einen Großteil der Werkhallen des Eisenwerkes Wittigsthal, sowie das Fabrikgebäude der Firma Wendler & Weiß.

Im Spätsommer 1948 wurde die Mühlbergsiedlung als Quartier für etwa 8000 Kumpel der Wismut-Bergwerke angelegt. Ein Teil der Baracken dafür stammte ursprünglich aus dem Kriegsgefangenenlager Stalag IV B, von 1945 bis 1948 sowjetisches Speziallager Mühlberg an der Elbe.[4]

Analog zu der Umsiedlungsaktion in Oberschlema drängte die Wismut AG auch in Johanngeorgenstadt ab dem Jahr 1951 auf eine Umsiedlung der Bewohner der Altstadt und den Abriss der dortigen Gebäude. Zu diesem Zeitpunkt waren die Auswirkungen des Bergbaus auf die Johanngeorgenstädter Altstadt nicht absehbar. Im Dezember 1951 wurde eine Räumungszone mit einer Fläche von ca. 90 ha festgelegt. Vom geplanten Abriss betroffen waren insgesamt 431 Häuser mit etwa 5600 Einwohnern, fünf größere Betriebe, 199 kleinere Gewerbebetriebe, 26 Kleinbauern und fast alle öffentlichen Einrichtungen der Stadt. Ende 1952 wurde die Räumungszone durch die Verantwortlichen nochmals präzisiert. Betroffen waren jetzt nur noch 412 Häuser.

Da es in der näheren Umgebung von Johanngeorgenstadt keine Möglichkeit zur Unterbringung der Umsiedler gab, wurde der Beschluss zum Aufbau der Neustadt gefasst. Baustart für dieses Projekt war am 20. Februar 1952. Die ersten Wohnungen in der Neustadt konnten am 20. Juli 1953 bezogen werden. Mit der Fertigstellung der ersten Wohnblocks in der Neustadt wurde die Räumung der Altstadt beschleunigt. Geräumt werden sollten nunmehr 440 Häuser, da die Grenzen des zu räumenden Gebietes wieder geändert wurden. Bis zum Jahresende 1956 waren etwa 3480 Einwohner umgesiedelt worden. Durch Verkleinerung des Räumungsgebietes, aber auch durch den Widerstand von betroffenen Einwohnern, wurden bis zum Abschluss der Aktion im Jahr 1957 nur 319 Häuser geräumt und ca. 4000 Einwohner umgesiedelt. Nach dem Abriss der Häuser wurden ab 1960 entlang der Straßen Alleebäume gepflanzt, während auf den Brachflächen der 2013 im großen Umfang gefällte Wald aufgeforstet wurde.

Von 1952 bis 1957 bildete Johanngeorgenstadt einen eigenen Stadtkreis, war anschließend Teil des Kreises Schwarzenberg und später des Landkreises Aue-Schwarzenberg – heute Erzgebirgskreis.

Zu DDR-Zeiten gab es über 40 Ferienheime und Betriebsferienlager in der Stadt. So unterhielt bspw. die Deutsche Reichsbahn mit dem Ingenieurbaubetrieb Dresden das Ferienheim „Helmut Gansauge“ in der Pachthausstraße 21.

Die ab 1990 einsetzende Schließung zahlreicher Betriebe der Handschuh-, Textil- und Möbelindustrie sowie des Maschinenbaues sorgte für einen enormen Rückgang der Bevölkerungszahl weit unter das Vorkriegsniveau. Dies wiederum hatte den Abriss zahlreicher leerstehender Fabrik- und Wohngebäude (vor allem in Neuoberhaus, Pachthaus, Mühlberg und der Mittelstadt, teils frühere Baracken der Wismut-Kumpel) zur Folge. Von den Abbruchmaßnahmen war 2005 auch eines der wenigen Kulturdenkmale der Stadt betroffen: Das zwischen 1806 und 1812 errichtete und vom großen Stadtbrand 1867 verschont gebliebene Gebäude des Bergmagazins wurde mit Genehmigung des Stadtrats abgerissen.

Aufgrund der Haushaltslage (9,7 Millionen Euro Schulden, jährliches Defizit von 600 000 Euro (Stand August 2011)) wird seit 2011 seitens des Sächsischen Innen- und Finanzministeriums Druck auf Johanngeorgenstadt ausgeübt, seine Eigenständigkeit aufzugeben, um so die Finanzprobleme in den Griff zu bekommen. Neben einer Eingemeindung in die Nachbargemeinde Breitenbrunn wurde seitens Johanngeorgenstadt auch eine Fusion aller Gemeinden am Auersberg ins Spiel gebracht, was aber angesichts der entstehenden weiten Wege kaum praktikabel wäre. Verhandelt wird mit der Nachbargemeinde Breitenbrunn, ob eine Eingemeindung oder Fusion realisierbar wäre.[5][6][7]


Text: Wikipedia

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