Knorr-Bremse

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Erstes Betriebsgebäude der Knorr-Bremse GmbH in Berlin (1908)

Die Knorr-Bremse Aktiengesellschaft mit Firmenhauptsitz in München ist die Dachgesellschaft des Knorr-Bremse-Konzerns. Das Unternehmen ist der weltweit führende Hersteller von Bremssystemen für Schienen- und Nutzfahrzeuge. Knorr-Bremse ist an über 100 Standorten in 29 Ländern vertreten.

Im Bereich Schienenfahrzeuge stattet Knorr-Bremse Fahrzeuge im Nahverkehr wie beispielsweise U-Bahnen und Straßenbahnen, aber auch Güterzüge, Lokomotiven sowie Personenverkehrs- und Hochgeschwindigkeitszüge mit hoch entwickelten Produkten aus. Neben Bremssystemen zählen hierzu auch Einstiegssysteme, Klimaanlagen, Energieversorgungssysteme, Steuerungskomponenten und Scheibenwischer, Bahnsteigtüren, Reibmaterial sowie Fahrerassistenzsysteme und Leittechnik. Zudem bietet das Unternehmen Fahrsimulatoren und E-Learning-Systeme zur Ausbildung des Zugpersonals an.

Im Bereich Nutzfahrzeuge reicht die Bandbreite an Produktlösungen vom kompletten Bremssystem inklusive Fahrerassistenzsystemen (beispielsweise ABS und ESP) über Drehschwingungsdämpfer bis hin zu Lösungen rund um den Antriebsstrang sowie Getriebesteuerungen. Weltweit beschäftigt der Konzern rund 24.000 Mitarbeiter (Ende 2014). Der Konzernumsatz lag im Jahr 2014 bei 5,2 Mrd. Euro und stieg gegenüber dem Vorjahr um 21 % (2013: 4,3 Mrd. Euro).

Geschichte

Gründung und Aufstieg in Berlin (1905–1920)

Im Jahr 1905 gründete der Ingenieur Georg Knorr in Boxhagen-Rummelsburg (heute ein Teil von Berlin-Friedrichshain) die Knorr-Bremse GmbH, in die er einen bereits 1883 gegründeten Betrieb für Eisenbahn-Druckluftbremsen einbrachte. Geschäftliche Grundlage bildete die Einführung der von ihm entwickelten Druckluftbremse K1 bei den Personenzügen der Preußisch-Hessischen Staatseisenbahnverwaltung. Die Knorr-Bremse GmbH wurde 1911 unter Aufnahme der Continentale Bremsen-GmbH in die Knorr-Bremse AG umgewandelt.

Stammhaus und Anbauten

Die erste Fabrikation erfolgte in bereits vorhandenen Gebäuden in der Neuen Bahnhofstraße, später als alte Fabrik bezeichnet. In den Jahren 1913 bis 1916 wurde eine umfangreiche Erweiterung der Fabrikgebäude und der Neubau eines südlich anschließenden, repräsentativ ausgestatteten Verwaltungsgebäudes durch den Architekten Alfred Grenander ausgeführt, die Außenfassaden der bisherigen Fabrikgebäude wurden dabei mittels Fensterumgestaltungen, Klinkerverblendung, Säulenarkaden, Sandsteinreliefs in den Brüstungsfeldern, Wandpfeilern und Gauben einheitlich gestaltet. Dieser Trakt wurde neue Fabrik genannt. Auf dem Hofgelände erfolgten Erweiterungsbauten (Querflügel und Parallelflügel) und ein eigenes Heizwerk wurde errichtet. Der gesamte Komplex Neue Bahnhofstraße 9–17 steht unter Denkmalschutz.[4] Über eine tunnelartige Verbindungsstraße wurde das in den Jahren 1922 bis 1927 errichtete Hauptwerk auf dem Grundstück Hirschberger Straße / Schreiberhauer Straße (östlich der Eisenbahntrasse) angeschlossen, das Grenander mit turmartigen Bauteilen an drei Ecken akzentuierte. Der direkt an der Ringbahn stehende westliche Turm ist deutlich höher als die anderen und mit großen Fenstern versehen. Die gesamte Anlage der Knorr-Bremse erstreckte sich nun über eine Fläche von 24.380 m². Der Bauteil mit dem Turmbau Hirschberger Straße 4 steht ebenfalls unter Denkmalschutz.[5] Er wird seit den 2000er Jahren durch die Deutsche Rentenversicherung Bund genutzt, die ihn in einen Neubaukomplex einbettete.

Diversifizierter Konzern (1920–1985)

Zwischen 1918 und 1945

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde mit der Einführung der Kunze-Knorr-Bremse auch der Güterzugverkehr vom Hand- auf den durchgehenden Druckluftbremsbetrieb umgestellt. 1923 führte Knorr-Bremse erstmals Druckluftbremsen für Nutzfahrzeuge ein. Nach der Weltwirtschaftskrise setzte Knorr-Bremse die Hik-Bremse im europäischen Schienenverkehr ein und trieb die Umstellung der deutschen Nutzfahrzeugindustrie auf Druckluftbremsen voran. Ende der 1930er-Jahre waren 90 Prozent aller deutschen Lastkraftwagen von 7 bis 16 Tonnen mit Knorr-Bremsgeräten ausgerüstet.

Die Knorr-Bremse AG entwickelte sich zwischen den Weltkriegen unter der Leitung von Johannes Philipp Vielmetter zum größten Bremsenbauunternehmen Europas. Durch Angliederung weiterer Unternehmen entstand ein diversifizierter Konzern mit rund 20.000 Beschäftigten. heutige Hauptverwaltung der Knorr-Bremse AG in München, Moosacher Straße 80 (vormals Süddeutsche Bremsen-AG)

Ab 1920 war die 1917/1918 entstandene (alte) Bayerische Motorenwerke AG (BMW) in München ein Tochterunternehmen der Knorr-Bremse AG und fertigte unter dem neuen Namen Süddeutsche Bremsen-AG Bremsanlagen für die Bayerische Eisenbahn-Verwaltung. (Auf ihrem Betriebsgelände befindet sich heute der Stammsitz der Knorr-Bremse AG.) Die für die Knorr-Bremse AG wenig interessante Motorenabteilung wurde 1922 einschließlich des alten Firmennamens an den Großinvestor Camillo Castiglioni verkauft, der beides zur Bayerischen Flugzeugwerke AG (BFW), der neuen BMW, mitnahm.

Ab 1921 beteiligte sich die Knorr-Bremse AG an der Berliner Werkzeugmaschinenfabrik Carl Hasse & Wrede GmbH. Das Nachfolgeunternehmen Hasse & Wrede GmbH ist heute als Teil des Knorr-Bremse-Konzerns ein führender Hersteller von Drehschwingungsdämpfern für Dieselmotoren.

1926 wurde die Aktienmehrheit an der Motoren-Werke Mannheim AG (MWM) erworben, die aus der Abteilung stationärer Motorenbau der Firma Benz & Cie. des Automobilpioniers Carl Benz hervorgegangen war. Mit dem Verkauf an die Klöckner-Humboldt-Deutz AG (KHD), heute Deutz AG, im Jahr 1985 trennte sich die Knorr-Bremse AG wieder von der Motorensparte.

Die nach langjähriger Kooperation 1938 eingegliederten Eisen- und Stahlwerke Walter Peyinghaus in Egge bei Wetter-Volmarstein an der Ruhr stellten 1997 den Betrieb ein.

Im Zweiten Weltkrieg setzte das Unternehmen ab 1943 Zwangsarbeiter aus mehreren Lagern in Berlin-Lichtenberg ein, die sich u.a. in der Möllendorffstraße 70, am Roederplatz, in der Roederstraße 11–13 und 85–91, Bornitzstraße 1 und Hohenschönhauser Straße 11 befanden. Das betriebseigene Hauptlager bestand aus 22 Baracken für insgesamt 1080 Personen. Es hatte eine Halle mit Krankenräumen, Wasch- und Duschgelegenheiten sowie zwei Schuppen. Bei einem Luftangriff am 22. November 1943 kamen während der Arbeit in der Knorr-Bremse sechs Holländer ums Leben. Mehr als 1200 Zwangsarbeiter wurden im Dienste der Knorr-Bremse AG eingesetzt.[6]

Nach dem Zweiten Weltkrieg – Knorr-Bremse wird eine SAG

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges fiel die Firma in den Sowjetischen Sektor, die Knorr-Erben wurden enteignet. Der Betriebsstandort Neue Bahnhofstraße (zu Rummelsburg gehörend) erhielt den Status einer Sowjetischen Aktiengesellschaft (SAG). Die wieder produzierten Bremsen dienten zunächst ausschließlich zu Reparationszwecken.

Neue Nutzer für die Berliner Gebäude bis 1989

Der Standort in der Hirschberger Straße (zu Berlin-Lichtenberg gehörend) wurde 1954 in den VEB Berliner Bremsenwerk umgewandelt, der bald in der DDR zu einem gefragten Eisenbahn-Bremssystem-Hersteller wurde. Nachdem in der SAG die Produktion eingestellt worden war, bezog ein neu gegründeter Betrieb (VEB Messelektronik Berlin) den Komplex der Neuen Fabrik in der Neuen Bahnhofstraße. Dort blieb er bis zu seiner Abwicklung nach der politischen Wende.

Nutzung der alten und der neuen Fabrik seit 1990

Ab 1990 wurde das Gebäude freigeräumt und neue Mieter zogen ein. 1993 bekam die neugegründete Berufsakademie Berlin hier ihren Sitz.[7] 2003 erfolgte deren Integration in die damalige Fachhochschule für Wirtschaft (FHW), die 2009 in der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) aufging. 2012 waren die Mieter neben der HWR drei Schulungsträger der Berliner Agenturen für Arbeit, zwei Berufsfachschulen und die Ostdeutsche Eisenbahngesellschaft (ODEG). Trotzdem standen 60 Prozent der 25.000 Quadratmeter großen Nutzfläche leer.[8] Am 17. August 2012 erwarb die Berggruen Holdings in der Zwangsversteigerung für 15 Mio. Euro das Objekt, dessen Eigentümer schon in den 90er Jahren in die Insolvenz gegangen waren. Der Kaufpreis betrug zwei Drittel des Verkehrswertes. Es sollten 12 Mio. Euro in die Gebäudemodernisierung investiert werden.[9] Kurz nach dem Erwerb erfolgte die Kündigung der bisherigen Mieter zum 31. März 2013 und es wurde bekannt, dass mit dem Online-Handelsunternehmen Zalando ein Mieter für die gesamte Fläche gefunden worden war.[10] Seit April 2013 arbeiten mehrere hundert Mitarbeiter aus dem Fashion-Bereich Zalandos in dem Gebäude.[11]

Umzug der Knorr-Bremse nach Westdeutschland

Die Süddeutsche Bremsen-AG in München setzte die Produktion in Westdeutschland fort. Entwicklung und Vertrieb von Bremssystemen übernahm die 1946 gegründete und später nach München verlegte Knorr-Bremse GmbH. Die Knorr-Bremse AG wurde 1960 in eine Kommanditgesellschaft (KG) umgewandelt.

Der Wiederaufbau im Westen mündete 1955 in die international erfolgreiche Einführung der Knorr-Bremse mit Einheitswirkung (KE) für Schienenfahrzeuge. Der Bereich Nutzfahrzeugbremsen verlor dagegen nach dem Zweiten Weltkrieg an Boden. Auch das in den 1960er-Jahren etablierte Geschäftsfeld Industrie-Pneumatik stagnierte, und der Dieselmotorenbau begann Ende der 1970er-Jahre hohe Verluste zu schreiben.

Konzentration und Expansion seit 1985

1985 leitete ein Eigentümerwechsel die Konzentration des angeschlagenen Konzerns auf die Produktbereiche Bremssysteme für Schienen- und Nutzfahrzeuge ein. Die Knorr-Bremse GmbH und die Süddeutsche Bremsen-AG wurden 1985 auf die neu gegründete Knorr-Bremse AG fusioniert. Die Knorr-Bremse KG wurde liquidiert. Veräußert oder eingestellt wurden der Dieselmotoren- und Werkzeugmaschinenbau (beide 1985), die Industrie-Pneumatik (1993) und der Stahlguss (1997).

In Berlin gründete sich 1990 aus dem Berliner Bremsenwerk und der Münchner Knorr-Bremse AG das Gemeinschaftsunternehmen Berliner Bremsenwerk – Knorr-Bremsen AG. Im Jahre 1993 wurden die Berliner Produktionsstandorte in der Neuen Bahnhofstraße und in der Hirschberger Straße aufgegeben und das Unternehmen bezog die Gebäude einer früheren Werkzeugmaschinenfabrik in der heutigen Georg-Knorr-Straße 4 in Berlin-Marzahn, die Produktion in Berlin wurde jedoch schrittweise heruntergefahren.

In München erfolgte 1993 die Divisionalisierung des Konzerns. Die Geschäftsfelder Systeme für Schienen- und Nutzfahrzeuge werden seither von getrennten Gesellschaften wahrgenommen. Der Konzentration auf die Kernbereiche folgte eine starke Expansion in beiden Segmenten. Durch die Übernahme bedeutender Hersteller vor allem in den USA und den Aufbau eines globalen Produktionsverbunds wuchs Knorr-Bremse zum weltweit führenden Anbieter von Bremssystemen sowohl für Schienenfahrzeuge als auch für Nutzfahrzeuge. Der Konzernumsatz stieg zwischen 1987 und 2005 kontinuierlich von 311 Mio. EUR auf 2,7 Mrd. EUR.


Text: Wikipedia

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