Markthalle II (Berlin)

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Siegelmarke der Inspektion der Markthallen
Markthalle II, Fassade Friedrichstrasse

Markthalle 1886–1945

Die Markthalle im Inneren des Blocks, erschlossen durch die Grundstücke Lindenstraße 97/98 und Friedrichstraße 18, wurde nach Plänen von Hermann Blankenstein und August Lindemann auf der Grundlage eines Typenbauprojektes errichtet, das der Berliner Magistrat in Auftrag gegeben hatte.

Als die Halle – im Stil der Backsteingotik über einem Stahlträgersystem errichtet – im Jahr 1886 eröffnet wurde, hatten sich in der Nachbarschaft auch eine „Fleischuntersuchungsstation II“ sowie die „Handwerkerschule I“ und zahlreiche Wohnnutzung, darunter Kleingewerbetreibende, angesiedelt.

Im Gegensatz zu einigen anderen Hallen musste die Lindenhalle nicht wegen mangelnder Nachfrage schließen. Sie blieb über die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts ein wichtiges Versorgungselement der Bevölkerung des Stadtzentrums mit Frischwaren (Fleisch, Fisch, Gemüse oder Molkereiprodukte). Schrittweise kamen in der Umgebung Prüf- und Lehreinrichtungen (beispielsweise 1930 die „Gauß-Schule, Lehranstalt für Elektrotechnik“) oder das Belle-Alliance-Handelszentrum im südlichen Bereich hinzu.

Bereits in der Lindenhalle eröffneten wegen der guten Heizung die ersten Blumengroßhändler ihre Stände. Nachdem 250 m² in der Lindenhalle für den Blumengroßhandel nicht ausreichten, wurde eine eigene Großmarkthalle notwendig. Die Stadtplanung hatte die Freigabe des Sternwartengeländes 1912 zum Anlass genommen, die nördlich gelegene Charlottenstraße über den Enckeplatz hinaus, bislang eine Sackgasse, zur Lindenstraße hin zu verlängern. Für den Durchbruch war die Berliner Sternwarte abgetragen worden, die Straße in gerader Fortsetzung der Charlottenstraße bis an die Nordostwand der Lindenhalle verlängert, um dann deren Außenwand in südöstlicher Richtung folgend die Lindenstraße zu erreichen. Nach dem Erwerb des durch den Straßendurchbruch stark verkleinerten, westlichen Teils des Sternwartengeländes für den Blumengroßmarkt entstand dort in der Bescheidenheit der Nachkriegsjahre eine seinerzeit als Schafsstall bezeichnete separate Blumengroßmarkthalle und eröffnete 1922. Am 18. Februar 1927 führte die zunächst verlängerte Charlottenstraße genannte neue Verbindung den Namen Enckestraße, und die Lindenhalle die Enckestraße 12–14 als neue zusätzliche Adresse.

Das gesamte Gebiet um die Lindenhalle wurde am Ende des Zweiten Weltkriegs durch Bombardement zerstört. Die Ruine der fast vollständig zerstörten Lindenhalle wurde bald nach dem Krieg abgeräumt und das Grundstück war 1953 bereits enttrümmert. Auf dem nördlich angrenzenden Grundstück Enckestraße 11 dagegen war die Blumenhalle zu der Zeit bereits vereinfacht wiederhergestellt worden.

Für den Bau einer größeren Halle des Blumengroßmarktes wurde 1963 dessen Grundstück erheblich vergrößert. Dazu wurde das Grundstück der ehemaligen Lindenhalle diagonal geteilt. Im rechten Winkel zur Friedrichstraße wurde auf Höhe der Grenze zwischen deren Grundstücken Nr. 15 und 16 eine Linie quer durch das Grundstück der ehemaligen Lindenhalle gezogen, die dann auf Höhe der abgeräumten Grundstücke 94/95 auf die Lindenstraße traf. Das nördlich der Linie gelegene dreieckige Grundstücksteil kam an den Blumengroßmarkt. Das südliche Dreieck blieb zunächst Brache. Der Großmarkt begann auf seinem erweiterten Grundstück 1963 die Arbeiten für die neue größere Halle.

Nach Jahren der Vernachlässigung des südlichen Teils des Grundstücks der ehemaligen Lindenhalle begannen mit den Planungen für die Internationale Bauausstellung 1984-1987 (IBA) neue Zeiten. Um das gesamte großteils brachliegende Gelände neu gestalten zu können, forderte die IBA anfang der 1980er Jahre den Abriss der benachbarten Blumengroßmarkthalle. Doch 1982 machte der Senat die Vorgabe, den Großmarkt städtebaulich zu integrieren. Ab 1982 plante die IBA eine Fußgängerverbindung, die so genannte Museumspromenade, entlang der Südgrenze der Blumengroßmarkts quer durch den ehemaligen Standort der Lindenhalle von der Friedrichstraße zum Berlin Museum in der Lindenstraße.

Im März 1983 wurde ein «Internationaler engerer Wettbewerb – Block 606 – Entwurf einer Grund- und Sonderschule im städtebaulichen Kontext zum Blumengroßmarkt und dem geplanten Besselpark» ausgeschrieben, den Gino Valle, Mario Broggi und Michael Burkhart im Sommer des Jahres gewannen. Unter Freilassung eines Streifens für die geplante Museumspromenade bezogen Valle, Broggi und Burkhart den kleineren, südlich der Promenade gelegenen Teil des ehemaligen Standorts der Lindenhalle und denjenigen des Belle-Alliance-Handelszentrums in den Komplex der heutigen Liebmann-Schule ein, die nach ihren Plänen von 1986 bis 1988 dort und an der Friedrichstraße 13 erbaut wurde. Bis 1987 entstand quer durch den ehemaligen Standort der Lindenhalle zwischen Liebmann-Schule und Blumengroßmarkt die Museumspromenade, ab 1991 als E.-T.-A.-Hoffmann-Promenade benannt, die auf dem Grundstück Friedrichstraße 15 im rechten Winkel abzweigt und auf Höhe der ehemaligen Grundstücke 94 und 95 die Lindenstraße in spitzem Winkel erreicht.


Blumengroßmarkthalle 1965–2010

Nördlich parallel zur neuen Südgrenze des erweiterten Grundstücks errichtete die Berliner Großmarkt GmbH als Betreiber die neue Blumengroßmarkthalle, die auch Teile des ehemaligen Standortes der Markthalle II und den ehemals südlichen Abschnitt der Enckestraße überdeckt. Mit einfachen Materialien (Beton und Sheddach-Elementen) entstand eine neue eingeschossige Markthalle mit rund 7000 m² Verkaufsfläche. Die umgebenden Flächen (für Zufahrten und Parkmöglichkeiten) bilden zusammen ein Areal von rund 26.000 m². Die Baupläne der Blumengroßmarkthalle stammten von Bruno Grimmek. Sie diente nun als Berliner Blumengroßmarkt.

Das Gebäude ist trotz einer Sanierung im Jahr 1998 marode, die Ausstattung veraltet; zusätzlich klagten die ansässigen 26 Händler über ständige Umsatzrückgänge. Im Jahr 2007 erstellte das Unternehmen Ernst Grüntuch ein Gutachten über den baulichen Zustand der Halle mit Veranschlagung von Sanierungskosten.

Danach fasste der Senat den Beschluss, den Blumengroßmarkt an dieser Stelle zu schließen und die Halle nach einer erneuten Sanierung anderweitig zu nutzen. Die Blumenhändler erhielten Ausweichquartiere in der Großmarkthalle Beusselstraße; auf diesem Gelände wird jedoch eine neue Halle für die Blumen errichtet. Zwischen dem Beschluss zum Auszug der Blumengroßhändler und dem Baubeginn im Jahr 2011 gab es Zwischennutzungen durch Berliner Künstler. Auch im Umfeld der Halle haben sich seitdem bereits viele Künstler und Galerien eingerichtet.


Kulturelle Nutzung

Die Senatsverantwortlichen hatten mit dem Gedanken gespielt, das historische Gebäude zu der vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit versprochenen Kunsthalle umzurüsten. Nachdem dieses Projekt aus Geldmangel abgesagt worden war, sollte die Immobilie an einen Investor verkauft werden. Ob es eine Ausschreibung gegeben hat, ist nicht bekannt. Aber Anfang 2009 ging die Halle an das Jüdische Museum Berlin. Das Museumsmanagement ließ nun mithilfe von Finanzspritzen in Höhe von elf Millionen Euro, von denen 6,6 Millionen durch den Bund bereitgestellt wurden und der Rest aus Privatspenden stammte, die Halle als Akademie umbauen.

Die Innengestaltung mit einem U-förmigen Grundriss in der Hülle des bisherigen Gebäudes entwarf Daniel Libeskind, der bereits für den modernen Bau des Jüdischen Museums die Pläne geliefert hatte. Die riesigen Abmessungen der Halle sind für den vorgesehenen Zweck ein paar Nummern zu groß, deshalb wird ein optischer Trick eingesetzt – drei schräge Kuben aus Holz „schieben“ sich aus dem Boden, werden ineinander geschachtelt und bilden letztendlich ein Haus-in-Haus Konzept. Ein Raum wird damit zur Bibliothek samt Lesesaal, ein zweiter zum Auditorium und in dem in Längsrichtung geplanten Riegel entstehen, kleinteilig gegliedert, Seminar-, Archiv- und Verwaltungsräume. Die verbleibende freie Fläche in der Mitte der Halle soll nach dem Entwurf des französischen Landschaftsarchitekturbüros atélier le balto einen Garten der Diaspora bilden. Die Gartenfläche wird dazu in vier thematisch gestaltete Ebenen gegliedert: „Bildung“, „Kultur“, „Natur“ und „Landschaft“. Trotzdem bleibt ein Drittel der Hallenfläche vorerst ungenutzt. Am 24. Oktober 2011 wurden rund 1000 Teilnehmer eines Festkonzerts anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Jüdischen Museums zu einem Dinner in dieser Halle eingeladen. Die Einweihung des Erweiterungsbaus erfolgte planmäßig im Jahr 2012.

Die noch vorhandene Originalbausubstanz aus der Zeit der Markthalle bleibt so erhalten. Der Einbau einer Heizung ist nicht vorgesehen. Die Nachnutzung des Gebäudes führt jedoch zu Restflächen des Grundeigentums, die in fünf Teilen gesondert vermarktet werden. Bis 15. November 2011 lief deshalb das vom Senat mit dem Arbeitstitel „Checkpoint Art“ bezeichnete Ausschreibungsverfahren.



Text: Wikipedia

unteres Bild: Wikipedia / August Lindemann: Die Markthallen Berlins. 1899, Verlag Springer, Berlin

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